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„Preußen im Westen“. Großbritannien, die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946 und die Wiedergeburt der Demokratie in Deutschland | APuZ 28/1995 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 28/1995 Von Versailles nach Potsdam Deutsche Frage und internationales System Zwischen Krieg und Frieden Die Potsdamer Konferenz 1945 Die Besatzungspolitik der Alliierten in Deutschland 1945-1949 „Preußen im Westen“. Großbritannien, die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946 und die Wiedergeburt der Demokratie in Deutschland

„Preußen im Westen“. Großbritannien, die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946 und die Wiedergeburt der Demokratie in Deutschland

Wilhelm Ribhegge

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Zusammenfassung

Zu den Absichten der alliierten Siegermächte nach 1945 zählte die Zerschlagung Preußens. Preußen wurde durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 am 25. Februar 1947 förmlich aufgelöst. Aus. Teilen der Erbmasse Preußens wurde schon vorher, im Sommer 1946, das neue Land „Nordrhein-Westfalen“ gebildet, das der Fläche und der Bevölkerung nach das größte Land der Bundesrepublik wurde -ähnlich wie Preußen im Deutschen Reich -und dies nach der deutschen Vereinigung 1990 blieb. Seit seiner Gründung hat Nordrhein-Westfalen immer wieder durch seine Politiker und durch seine Parteien eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und danach in der politischen Geschichte der Bundesrepublik gespielt. Paradoxerweise aber ist die Geschichtlichkeit des Landes Nordrhein-Westfalen, die zugleich die Geschichtlichkeit der Bundesrepublik prägt, im allgemeinen Geschichtsbewußtsein kaum präsent. Der Beitrag beschreibt den Entscheidungsprozeß im Kabinett und in der Administration der britischen Labour-Regierung unter Premierminister Clement Attlee und Außenminister Ernest Bevin, der zur Gründung des neuen Landes Nordrhein-Westfalen führte. Neuere Publikationen und Quelleneditionen ermöglichen es, diesen Vorgang zu erschließen und ihn vor dem Hintergrund der Umorientierung im Verhältnis der bisherigen Kriegsalliierten -Großbritannien, Frankreich, die USA sowie die Sowjetunion -zu rekonstruieren. Die Briten erkannten, daß dauerhafte Lösungen für Deutschland nur in der Kooperation mit den Deutschen auf der Grundlage demokratischer und föderaler Strukturen möglich waren. Die britische Labour-Regierung leistete mit ihrer Nachkriegspolitik einen entscheidenden Beitrag zur Wiedergeburt der Demokratie in Deutschland und zur Einbindung des neuen demokratischen Deutschland in Westeuropa. Die geschichtliche und politische Neuorientierung, für die das neugegründete Land Nordrhein-Westfalen stand, war kein Zufallsprodukt, sondern sie war gewollt und sie wurde durch bewußtes und planvolles politisches Handeln herbeigeführt.

I. Die Rolle Nordrhein-Westfalens in der Geschichte der Bundesrepublik

Zu den Absichten der alliierten Siegermächte nach 1945 zählte die Zerschlagung Preußens. Preußen wurde durch das Kontrollratsgesetz Nr. 46 am 25. Februar 1947 förmlich aufgelöst. Gut ein halbes Jahr zuvor war aus Teilen der Erbmasse Preußens im Sommer 1946 in der britischen Besatzungszone das neue Land „Nordrhein-Westfalen“ gegründet worden. Das im Kern aus den beiden westlichen Provinzen Preußens, Rheinland und Westfalen, gebildete neue Land übernahm vom alten Preußen dessen Industriekapital an Rhein und Ruhr. Mit der Gründung Nordrhein-Westfalens verlagerte sich der Schwerpunkt des neuen Deutschland von der Spree an den Rhein -lange bevor es zur Gründung der Bundesrepublik und zur Festlegung Bonns als Regierungssitz kam.

Zentrale Fragen der späteren deutschen Innen-und Außenpolitik der Nachkriegszeit hatten ihren Ursprung in Nordrhein-Westfalen (NRW): Mit dem Protest gegen die Demontage der Fabrikanlagen durch die Alliierten seit 1947 verbanden sich die rudimentären Anfänge eines die neuen demokratischen Parteien übergreifenden „Nationalbewußtseins“. Die Einführung der Mitbestimmung in der Montanindustrie 1951 beseitigte die politische Macht der Schwerindustrie an Rhein und Ruhr und beendete die Geschichte eines fast hundertjährigen Klassenkampfs zwischen Arbeitern und Unternehmern in Deutschland. Der Beitritt Deutschlands zur Montanunion 1952 ebnete den Weg in die Europäische Gemeinschaft, die heutige Europäische Union. Selbst in der parteipolitischen Entwicklung der Bundesrepublik sollte NRW eine zentrale Rolle spielen. Anfangs wurde das Land von der CDU Konrad Adenauers dominiert. Später, seit 1966, wurde es von einer sozialliberalen Koalition regiert, der Vorläuferin der sozialliberalen Koalition in Bonn von 1969. Schließlich kam es zur absoluten Mehrheit der SPD. Wegen der unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisse in Bund und Ländern wurde die SPD, die 1946 die Gründung des Landes NRW abgelehnt hatte, nicht zuletzt über die Rolle des Landes im Bundesrat fast unfreiwillig zu einer der Säulen des deutschen Föderalismus.

In dem Milieu dieses Landes waren zwei Persönlichkeiten verwurzelt, die mehr als manche andere das politische und intellektuelle Gesicht Deutschlands in der Nachkriegszeit prägten: der Politiker Konrad Adenauer und der Schriftsteller Heinrich Böll. Beide waren in Köln aufgewachsen. In ihrer antipreußischen Grundhaltung hatten sie vielleicht mehr gemeinsam, als sie sich selbst eingestanden. Beide, Adenauer wie Böll, wurden trotz oder wegen ihrer Gegensätzlichkeit gleichsam zu Leitfiguren für die deutsche Öffentlichkeit der Nachkriegszeit. In ihrem Handeln, Reden und Schreiben wurde der Versuch sichtbar, ein neues Kapitel der deutschen Geschichte nach 1945 auf-zuschlagen. Beide gehören aber zur Geschichte jenes scheinbar so geschichtslosen Landes, das 1946 unter dem Namen „Nordrhein-Westfalen“ gegründet wurde.

Sucht man in Werken zur britischen Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts nach Hinweisen auf die Gründung Nordrhein-Westfalens, so ist das Ergebnis negativ: Nirgendwo wird sie als eine bedeutende Leistung der britischen Außenpolitik der Nachkriegszeit erwähnt. Dieser Befund entspricht der Vernachlässigung derselben Tatsache in Werken über die deutsche Geschichte bei deutschen Historikern. Nordrhein-Westfalen war das größte und bevölkerungsstärkste Land der Bundesrepublik, und es blieb dies auch nach der deutschen Vereinigung 1990. Bis zu einem gewissen Grade übernahm das Land NRW jene Funktion für die Bundesrepublik, die das ehemalige Land Preußen für das Deutsche Reich gehabt hatte, und es beherbergte sogar die Bundeshauptstadt Bonn auf seinem Territorium, zumindest bis zum Beschluß des Bundestags von 1991 über den Wechsel der Hauptstadt von Bonn nach Berlin. Aber es besteht anscheinend ein allgemeiner Konsens unter Historikern, dieses Land unbeachtet zu lassen. 1946 neugeschaffen, war Nordrhein-Westfalen ein Neuankömmling unter den deutschen Ländern ohne den Reiz, den Ruhm, aber auch ohne die mögliche Problematik einer älteren Tradition, wie sie die Länder und früheren Königreiche Bayern, Würt-B temberg und Sachsen oder eben auch Preußen bis zu seiner förmlichen Auflösung 1946 vorweisen konnten.

Die Landesregierung von NRW und die im Landtag vertretenen Parteien waren sich dieses Mangels an historischer Landesidentität immer bewußt, und deshalb erinnerte man 1986 in Feiern an das Jubiläum der Gründung des Landes vor vierzig Jahren. Ein Nebenprodukt des Jubiläums war die Veröffentlichung einer Reihe von Büchern zur Landesgeschichte. Dazu zählte auch die Dokumentation über die Ruhrfrage und die Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946, die auf der Grundlage von Forschungen in französischen, amerikanischen und vor allem britischen Archiven von Rolf Steininger erstellt wurde Die meisten Quellen stammen aus dem britischen Public Record Office. Die Dokumentation enthält vor allem archivalisches Material über die britische Außenpolitik der Labour-Regierung unter Clement Attlee als Premierminister und Ernest Bevin als Staatssekretär des Auswärtigen. Ohne Großbritannien wäre Nordrhein-Westfalen nicht entstanden, und da das Land ein Modell für die spätere Gründung der Bundesrepublik wurde, wäre möglicherweise ohne die Gründung Nordrhein-Westfalens auch die Entwicklung der Bundesrepublik nicht so verlaufen, wie es tatsächlich geschah.

Das mangelnde Interesse der Historiker für die Anfänge Nordrhein-Westfalens im Rahmen der allgemeinen Geschichte mag damit Zusammenhängen, daß Historiker -jedenfalls lange Zeit -mehr an den Ursprüngen der Kriege, besonders der beiden Weltkriege, interessiert waren. Diese geringe Beachtung der mühseligen Arbeit der Wiederherstellung einer friedlichen, demokratischen Wohlfahrtsgesellschaft mag vielleicht die erstaunliche Tatsache erklären, daß die Erfolgsgeschichte der Deutschlandpolitik der britischen Labour-Regierung während der entscheidenden Jahre unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in Vergessenheit geriet

II. Der britische Entscheidungsprozeß

1. Die Entscheidung in Downing Street 10

Die endgültige Entscheidung für die Schaffung Nordrhein-Westfalens fiel auf einer Sitzung des „Overseas Reconstructions Committee“ (ORC), einem Ausschuß des britischen Kabinetts, unter dem Vorsitz Clement Attlees als Premierminister in Downing Street 10 am Freitag, den 21. Juni 1946. Die Argumente der vorhergegangenen Diskussion zusammenfassend hält das Protokoll fest: „Der Ausschuß stimmte darin überein, daß die größeren Vorzüge bei der Errichtung des vorgeschlagenen neuen Landes bei dem Vorschlag mit dem größeren Gebiet liegen, das die bisherigen Provinzen Westfalen und Nordrhein umfaßt.“ Der Ausschuß folgte dabei nicht der Argumentation des Chefs des „German Control Office“ und Ministers, John Hynd, der sich für die Schaffung nicht eines großen Landes, sondern für die zweier kleinerer Länder ausgesprochen hatte. Hynds Opposition beruhte auf der Überlegung, daß von der größeren Lösung 60 Prozent der Bevölkerung der . britischen Zone in Deutschland erfaßt würden und dadurch, wie er es formulierte, ein „Preußen im Westen“ entstehen könne. Als Labour-Politiker war Hynd besorgt, daß „Industrielle und Kapitalisten an der Ruhr künftig einen beherrschenden politischen Einfluß auf dieses große Land ausüben werden. Auch wenn die Industriellen ihre Macht verloren hätten, so könnten sie diese durch ihren Einfluß auf die Katholische Demokratische Partei zurückgewinnen.“ Gemeint war die CDU, die in den beiden Provinzen die stärkste Partei war und deren Vorläuferin, die katholische Zentrumspartei, hier bereits in der Weimarer Zeit aktiv gewesen war, allerdings mit einem starken linken Flügel. Der Kabinettsausschuß war jedoch nicht bereit, Hynds parteipolitischer Argumentation zu folgen und die Entscheidung von vermeintlichen künftigen Wahlergebnissen abhängig zu machen. So gab schließlich das britische Kabinett seine volle Zustimmung für ein „Preußen im Westen“.

Dem britischen Kabinett war von den Spezialisten im Foreign Office wie in der Kontrollkommission in Berlin versichert worden, daß die Bevölkerung der beiden Provinzen mit großer Mehrheit die Lösung zugunsten des größeren Landes unterstütze. Die ablehnende Haltung Kurt Schumachers, des Führers der deutschen Sozialdemokratie, wurde erst einige Tage nach der endgültigen Entscheidung nach London übermittelt. Ernest Bevin hatte in seinem Memorandum zur Vorbereitung der Sitzung folgendermaßen argumentiert: „Die deutschen Gefühle und Traditionen sind ganz auf der Seite eines Landes, dessen Grenzen sich eng an die bestehenden provinziellen Grenzen anlehnen... Die demokratischen Kräfte in Deutschland, die Sozialisten und christlich-demokratischen Parteien, die zu unterstützen in unserem Interesse liegt, könnten dazu gebracht werden, eine Neuorganisation zu akzeptieren, die sich an die traditionellen Grenzen anlehnt, aber sie würden entschieden gegen die Schaffung einer neuen künstlichen Einheit Widerstand leisten.“ 2. Gemeinsame Furcht, aber getrennte Politik der Alliierten Studiert man die Masse der Quellen, die in der Steininger-Dokumentation zusammengetragen sind, so zeigt sich, daß der Entscheidungsprozeß seit der Potsdamer Konferenz vom Juli/August 1945 im wesentlichen von der Entwicklung der Vier-Mächte-Beziehungen zwischen Großbritannien, der Sowjetunion, den Vereinigten Staaten und Frankreich bestimmt wurde. Die Administration des besiegten und besetzten Deutschland führte zu wachsenden Differenzen zwischen den Kriegsalliierten und zu Mißtrauen gegenüber den jeweiligen Zielen und Absichten der anderen, obwohl diese Haltung paradoxerweise auf der allen gemeinsamen Furcht vor dem Wiedererstehen eines neuen, mächtigen, vereinigten Deutschland beruhte.

Dahinter stand die Erinnerung an die negativen Folgen des Versailler Vertrages und den nicht zuletzt damit zusammenhängenden Aufstieg Hitlers nach dem Ersten Weltkrieg. Alle vier Mächte stimmten darin überein, daß sich dieser Vorgang nicht wiederholen dürfe. Aber eben diese gemeinsame Furcht sollte auch die gemeinsame Grundlage zerstören, die die Mächte bisher verbunden hatte. Ihre gegenseitigen Beziehungen verschlechterten sich drastisch innerhalb eines Jahres. Selbst unter den westlichen Alliierten -beispielsweise zwischen Großbritannien und Frankreich -brachte die gemeinsame Furcht unterschiedliche politische Strategien, Ziele und Pläne hervor, und diese erwiesen sich letztlich als unvereinbar. So nahm selbst der Kalte Krieg seinen Ausgang wieder von Deutschland, wie bereits zuvor der Erste und der Zweite Weltkrieg, wenngleich diesmal ganz offensichtlich ohne eine aktive deutsche Mitwirkung. 3. Rückblick: Die britische Haltung gegenüber Deutschland im Zweiten Weltkrieg Nach dem Scheitern der Appeasement-Politik Chamberlains war die Labour-Party 1940-unter anderem mit Clement Attlee und Ernest Bevin in das neugebildete Kabinett Churchill eingetreten. Der Patriotismus des Überlebens einte die Nation und die gegnerischen politischen Lager: „Die Briten waren bereit, für ihre Selbstbehauptung zu kämpfen, um eine destruktive, rücksichtslose und nihilistische Macht zu zerbrechen, bevor man selbst von ihr zerbrochen wurde.“ So faßt der englische Historiker Robert Blake die Motive zusammen, die die Briten gegen Hitler-Deutschland einte Die Regierung konzentrierte ihre Arbeit auf die Organisation aller Kräfte zur Niederwerfung Deutschlands. Überlegungen für die Behandlung Deutschlands nach dem Krieg, der ja noch nicht beendet war, wurden aus naheliegenden Gründen im britischen Kabinett kaum angestellt. Nicht einmal die auf der Casablanca-Konferenz im Januar 1943 gegenüber Deutschland aufgestellte Kriegszielforderung des „unconditional surrender“ war im britischen Kabinett beraten worden

Trotz der enormen Machtkonzentration in der Regierung war Großbritannien kein totalitäres Land. Die Presse kommentierte weiter kritisch die Politik der Regierung, die sich den Debatten und Abstimmungen im Parlament zu stellen hatte und die Fortsetzung ihrer Politik durch Mehrheiten sichern mußte. Hier, in der öffentlichen Meinung, bereitete sich auch der Wechsel des politischen Meinungsklimas vor, der bei den ersten Nachkriegs-wahlen 1945 zur Abwahl Churchills und zum überraschenden Sieg der Labour-Party führte.

Die britische öffentliche Meinung während des Zweiten Weltkriegs, schreibt Michael Foot, sei bemerkenswert unberührt von jener grobschlächtigen „Anti-Hunnen“ -Propaganda geblieben, die während des Ersten Weltkriegs die öffentliche Meinung des Landes beherrschte Die Diskussion über die künftige Behandlung Deutschlands fand weniger in den Gremien und Organen der Regierung als in der Presse und im vorpolitischen Raum statt. Dies erklärt teilweise, warum Vertreter des deutschen Widerstands praktisch keinen Zugang zu den Zentren der politischen Macht in London gefunden hatten, wohl aber Gehör im vorpolitischen Raum So hatte der deutsche kirchliche Widerstand über Dietrich Bonhoeffer einen Fürsprecher in dem anglikanischen Bischof von Chichester, George Bell, der im britschen Oberhaus die Politik des „unconditional surrender“ und die Bombardierung deutscher Städte offen kritisierte

Der walisische Labour-Rebell Aneurin Bevan (Ernest Bevin), der nach 1945 dem Kabinett Attlee angehörte, lehnte während des Kriegs in der linkssozialistischen Zeitschrift „Tribune“ eine „rassistische“ Beurteilung der Deutschen sowie eine Kollektivschuld des deutschen Volkes ab Es hatte -ähnlich wie in den USA um Henry Morgenthau -auch in Großbritannien um Lord Vansittart Stimmen gegeben, die eine radikale Abrechnung mit Deutschland nach dem Krieg verlangten. Aber sie spielten 1945 in den deutschlandpolitischen Plänen der britischen Regierung keine Rolle mehr.

Sicherheitpolitische Überlegungen verdrängten bald den Gedanken an Vergeltung. Es folgte die Einsicht, daß ein wirtschaftlich daniederliegendes Deutschland für das gleichfalls wirtschaftlich geschwächte Großbritannien eine enorme Belastung , sein würde.

Der Planungsstab für Wirtschaft und Industrie (EIPS) im Foreign Office hatte in einem Memorandum vom 2. September 1944 eine von den militärischen Stäben geforderte territoriale Zerstückelung Deutschlands abgelehnt, weil dies die Wirtschaftskraft Deutschlands lähmen werde. Im November 1944 legte das Foreign Office ein weiteres Memorandum vor, das unterstrich, daß eine Neuordnung der deutschen Verhältnisse nur mit Zustimmung der Deutschen selbst von Dauer sein könne, daß der Föderalismus den deutschen Traditionen am ehesten entspreche und er deshalb das beste Instrument zur politischen Umerziehung der Deutschen sei. In diesem Memorandum fand sich auch die Überlegung, Preußen aufzulösen und aus dessen Provinzen Teilstaaten zu bilden. Dabei tauchte bereits der Gedanke auf, aus den westlichen Provinzen Preußens ein neues Land „Rheinland-Westfalen“ zu schaffen

III. Ernest Bevin und die Deutschlandpolitik der Labour-Regierung

1. Grundsätzliche Weichenstellungen Die Entscheidung des britischen Kabinetts 1946 für Nordrhein-Westfalen enthielt in ihrer Konsequenz eine Entscheidung über die Zukunft des Ruhrgebiets und der Ruhrindustrie. Dabei war sich das britische Kabinett sehr wohl bewußt, daß die einseitig getroffene Entscheidung auch die Beziehungen zu den anderen Alliierten, besonders zu Rußland, berührte. Das Protokoll jener Sitzung des Kabinettsausschusses hielt fest, daß man sich darin einig sei, „daß in der Diskussion der Probleme Deutschlands mit den anderen Besatzungsmächten wir von uns aus nicht auf den Bruch des Potsdamer Abkommens oder auf eine Teilung Deutschlands entlang der Grenze der sowjetischen Zone hinarbeiten sollten. Wenn es zu einem Bruch kommen sollte, muß die Verantwortung dafür ganz eindeutig der sowjetischen Regierung zugeschoben werden.“ Diese Richtlinie der britischen Außenpolitik gegenüber Rußland war von Ernest Bevin erarbeitet und formuliert worden. Daran hielt er sich in den kommenden Monaten und Jahren.

In seiner Biographie „Ernest Bevin. Foreign Secretary“ weist Alan Bullock auf die unterschiedlichen Tendenzen bei den internen Entscheidungsvorgängen in der britischen Außenpolitik hin, die schließlich 1946 zusammenliefen und zu der Einsicht führten, daß die Aufteilung Deutschlands in eine sowjetische Zone und in drei westliche Zonen dann ein dauerhafter Zustand werden könne, wenn der Wiederaufbau Deutschlands noch länger zugunsten einer fiktiven Einheit („for the sake of a fictitious unity“) hinausgezögert werde. Als er-stes wurde ein ökonomisches Argument genannt: Deutschland sollte sich selbst versorgen können, so daß Großbritannien nicht länger gezwungen wäre, für dessen Unterhalt zu sorgen. Das zweite Argument war humanitärer Natur: Das deutsche Volk sollte nicht einem Zustand der Armut, des Hungers und der Hoffnungslosigkeit überlassen werden. Das Foreign Office unterstützte schließlich ein drittes Argument -das politische: Wenn sich die westlichen Mächte nicht ernsthaft für den Wiederaufbau ihrer Zonen entsprechend ihrem eigenen Modell einer liberalen Demokratie einsetzen würden -so wie es die Russen entsprechend ihrem eigenen Modell der östlichen kommunistischen Demokratie betrieben dann könnten die Deutschen zu der Einsicht gelangen, daß sie keinen Rückhalt durch den Westen hätten, und sich dem Demokratiemodell zuwenden, das vom Osten angeboten werde

Bei dieser Deutung wurde die Deutschlandpolitik zugleich zu einem Kampf für die deutsche Demokratie. Das veränderte die gesamte Szenerie und beschwor die Frage nach der deutschen Identität und Orientierung zwischen Ost und West herauf. Aus dieser Perspektive umschrieb die britische Entscheidung für Nordrhein-Westfalen nicht nur die Grenzen des neuen Landes und fand sie eine Lösung für die Kontrolle der industriellen Macht an der Ruhr -wobei dies natürlich von entscheidender Bedeutung war -, sondern die Tendenz dieser Lösung zielte darauf ab, das deutsche Volk mit einem demokratischen Bundesstaat, der in die westeuropäische Gesellschaft integriert sein sollte, versöhnen beeindruckt, in Biographie zu Es der Bullocks über Bevin nachzulesen, wie Bevin Schritt für Schritt seine eigenen Schlußfolgerungen zog, die aus der Erfahrung und der Konfrontation im Umgang mit den alliierten Mächten resultierten. Als erfahrener Gewerkschaftsführer war er sich bewußt, daß der erfolgreiche Wiederaufbau der Demokratie nicht allein von politischen Prinzipien, sondern auch von der wirtschaftlichen Lage und der sozialen Wohlfahrt abhing. Die britische Einstellung gegenüber Deutschland im Jahre 1946 unterschied sich also grundlegend von der in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg.

Im Gegensatz zu der weitverbreiteten Vorstellung, daß Berlin das beherrschende Zentrum Deutschlands gewesen sei, muß man sich vor Augen halten, daß Berlin zweifellos die Hauptstadt war, aber das Zentrum der wirtschaftlichen Ressourcen Deutschlands und Preußens die Schwerindustrie an der Ruhr bildete. Das Ruhrgebiet gehörte teils zur preußischen Provinz Westfalen und teils zur preußischen Provinz Rheinland. 1945 war der südliche Teil der Provinz Rheinland mit den Regierungsbezirken Koblenz und Trier von dem nördlichen Teil abgetrennt und der französischen Besatzungszone zugewiesen worden. Der nördliche Teil der Provinz mit Bonn, Aachen, Köln, Düsseldorf und Essen gehörte zur britischen Zone, die weiterhin das gesamte nördliche Gebiet Deutschlands bis zur Nordsee und zur dänischen Grenze umfaßte. Nur Bremen und Bremerhaven als „US Port of Embarcation“ waren davon ausgenommen und der amerikanischen Zone zugewiesen worden.

Berlin war von der sowjetischen Zone umgeben; die Stadt war der Sitz des alliierten Kontrollrats und stand unter Vier-Mächte-Kontrolle. Gegen Ende des Krieges waren die östlichen Provinzen Preußens von den sowjetischen Truppen besetzt worden, ebenso das Zentrum Berlins und die östlichen Bezirke der Stadt Berlin. So mochte es scheinen, als sei der Kern der politischen Macht des jetzt geschlagenen Deutschland überwiegend in russische Hände gefallen. Aber mit der Ausnahme Sachsens und von Teilen Thüringens war die sowjetische Besatzungszone überwiegend agrarisch. Sowjetrußland hatte zwar mit Berlin das Machtzentrum des deutschen Nationalismus erobert, aber das Zentrum der wirtschaftlichen Macht und der materiellen Ressourcen -die Schwerindustrie an der Ruhr mit ihren Bergwerken, Stahlwerken und der Masse an Fabriken der Eisenindustrie -

befand sich vollständig in britischen Händen.

Historisch gesehen waren die westlichen Provinzen Preußens, das Rheinland und Westfalen mit dem Ruhrgebiet, nicht ursprünglich preußisch, sondern sie gehörten erst seit 1815 zu Preußen, nachdem der Wiener Kongreß diese Regionen -zuvor überwiegend katholische Fürstbistümer, darunter Köln, Münster, Paderborn -Preußen zugeteilt hatte. Niemand in Wien hatte damals die geringste Vorstellung davon gehabt, daß das Ruhrgebiet in der Mitte zwischen beiden Provinzen die am stärksten industrialisierte und bevölkerungsreichste Region Preußens, Deutschlands, ja sogar Europas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden sollte. 2. Die Ruhrfrage Als Bevin 1945 Außenminister wurde, erkannte er sofort die Bedeutung der Ruhr und die enormen Konsequenzen, die sich aus der Tatsache ableiteten, daß das Ruhrgebiet unter britischer Besatzung stand. Das Potsdamer Abkommen sah allerdings vor, daß Deutschland als ökonomische Einheit behandelt werden sollte. In bezug auf die Reparationen wurde darin den Sowjets zugestanden, daß ihB nen zehn Prozent der industriellen Kapazitäten in den westlichen Zonen zugänglich gemacht werden sollten, zusätzlich noch weitere 15 Prozent unter der Bedingung, daß dabei der entsprechende Gegenwert an landwirtschaftlichen, chemischen und forstwirtschaftlichen Produkten der östlichen Zone zum Austausch den westlichen Zonen zur Verfügung stehen würde.

Meinungsverschiedenheiten im Alliierten Kontrollrat in Berlin zu Beginn des Jahres 1946 über die Höhe des zukünftigen Industrieniveaus in Deutschland führten zu den ersten gravierenden Differenzen. Großbritannien sah sich isoliert, als es Plänen widersprach, die deutsche Stahlproduktion von 37 Millionen Tonnen im Jahre 1937 drastisch auf 4, 6 Millionen zu reduzieren, wie es Rußland, oder auf 7 Millionen Tonnen, wie es Frankreich, oder auf 7, 8 Millionen Tonnen, wie es die Vereinigten Staaten vorschlugen. Die Briten wollten eine Mindestproduktion von 9 Millionen garantieren. Die Sowjets argumentierten dagegen, daß sie kein Interesse daran hätten, die Militärmacht Deutschland wieder zu errichten. Steininger würdigt ausdrücklich in der Einleitung zu seiner Dokumentation die Haltung der Briten, ihren Widerstand gegen die einschneidenden Restriktionen. Sie befürchteten, daß diese Restriktionen zu einem Zusammenbruch der deutschen Industrie und als weitere Folge zu verstärkten Verpflichtungen Großbritanniens führen würden, um die Lebensverhältnisse der deutschen Bevölkerung in ihrer Zone zu sichern. Alan Bullock bemerkt dazu: „The reason was not only the cost to Britain of a zone with the biggest concentration of heavy industry and the highest figure for unemployment, but Bevin’s strongly held belief that there could be no European recovery without a major contribution from the Ruhr. The problem was how to make this compatible with the security against a revival of German military power.“

Politisch noch ernsthafter als die Frage der Höhe des Industrieniveaus war das Problem, wie man mit der wirtschaftlichen und politischen Macht fertig werden sollte, die sich aus den Eigentumsverhältnissen in der Ruhrindustrie ergaben. Im Dezember 1945 waren die Bergwerke bereits der Kontrolle des britischen Militärbefehlshabers unterstellt worden. Deutsche Industrielle mußten sich den Kriegsverbrecherprozessen in Nürnberg stellen. Rußland drängte auf eine Viermächtekontrolle der Ruhr entsprechend der Regelung für Berlin. Französische Politiker, die noch von dem Trauma des Ersten Weltkriegs beeinflußt waren, wollten ihre Sicherheitsprobleme durch die Schaffung eines autonomen Ruhrstaats, abgetrennt von Deutschland -etwa ähnlich der Regelung für Danzig nach dem Ersten Weltkrieg -, lösen. Bei den Zusammenkünften im Rahmen der Serie von Konferenzen des Außenministerrats, die in Potsdam initiiert worden waren, wandte sich Molotow gegen die französischen Ruhrpläne. Byrnes nahm für die Vereinigten Staaten eine ähnliche Haltung ein, wenngleich in abgemilderter Form.

In der britischen Politik führte die Ruhrfrage zu intensiven Beratungen, in die die britischen Stellen der Kontrollkommission in Berlin, das Foreign Office, die militärischen Stäbe, das Kabinett und mehrere Kabinettsausschüsse einbezogen wurden. Das Ergebnis dieser internen britischen Debatte schien für längere Zeit ungewiß zu sein. Den ersten Entwurf hatte der „Economic and Industrial Planning Staff“ (EIPS) im September 1945 vorgelegt. Er sprach sich noch für die Abtrennung des Ruhrgebiets von Deutschland aus Obwohl es geradezu faszinierend ist, die zahlreichen Vorschläge, Memoranden, Briefe, unterschiedlichen Entwürfe und die Kabinettsprotokolle zu lesen, ist es unmöglich, alle Einzelheiten dieses politischen Entscheidungsprozesses zu beschreiben. Er führte schließlich zu der Entscheidung zugunsten der Schaffung des Landes Nordrhein-Westfalen als eines der vier neuen Länder der britischen Zone. Das Land wurde im August 1946 durch einen förmlichen Akt gegründet. Das Ruhrgebiet wurde in das neue Land integriert und die Schwerindustrie unter die Kontrolle des britischen Militärbefehlshabers gestellt.

Die Schwerindustrie sollte auf dem Wege der Sozialisierung in deutsche Eignerschaft übertragen werden entsprechend dem Modell der von der Labour-Regierung herbeigeführten Nationalisierung der britischen Kohleindustrie, doch wurde dieser Plan nie eingelöst. Eine langfristige militärische Besetzung Nordrhein-Westfalens sollte die militärische Sicherheit garantieren. Als nächster Schritt sollte eine internationale Kontrollbehörde für die Ruhrindustrie geschaffen werden, an der auch die benachbarten westeuropäischen Staaten beteiligt werden sollten, von der die Sowjetunion jedoch ausdrücklich ausgeschlossen bleiben sollte. Diese Lösung sah die Integration des Ruhrgebiets in den Prozeß der Wiederherstellung des wirtschaftlichen und politischen Lebens in Deutschland vor und basierte auf der Vorstellung des Wiederaufbaus Deutschlands als eines künftigen Bundesstaats in enger Verbindung mit der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Westeuropas.

Die Einbindung der Lösung der Ruhrfrage in die Schaffung des neuen Landes Nordrhein-Westfalen stellte zweifellos eine Herausforderung an die Ab-sichten der sowjetischen Deutschlandpolitik dar, wenngleich die Deutung der-Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1946 als einer der ersten Akte der Politik des Antikommunismus zu Beginn des Kalten Krieges zweifellos überzogen ist Es ist wohl wahr, daß die ersten Anzeichen des Mißtrauens, das Bevin der sowjetischen Haltung entgegenbrachte, auf seine erste Begegnung mit Stalin und Molotow in Potsdam zurückgehen. Auch hatte die Labour Party anfangs keine geringen Schwierigkeiten, Bevins Politik gegenüber der Sowjetunion und seinem Programm, die Russen von der Ruhr fernzuhalten, innerlich zu folgen. Bevin zog eine pragmatische der ideologisch motivierten Politik vor, und er vermied sorgfältig eine direkte Konfrontätion mit der Sowjetunion. Man kann sogar bezweifeln, ob Molotow und dessen Kollegen die Konsequenzen der britischen Lösung der Ruhrfrage und die damit verbundene Schaffung eines „neuen Preußens im Westen“, wie John Hynd es formuliert hatte, wirklich realisierten. Obwohl im Zuge der Außenministerkonferenz in Paris im Juli 1946 ständig Zusammenkünfte stattfanden vermied es Bevin sorgfältig, den Punkt Nordrhein-Westfalen überhaupt auf die Tagesordnung der Beratungen kommen zu lassen.

Bei diesen Beratungen griff Bevin die Russen ständig an, weil sie den Zugang zu ihrer eigenen Zone verweigerten und den Transfer von Gütern in die westlichen Zonen verböten. Er zog daraus die Folgerung, daß unter diesen Bedingungen Großbritannien gezwungen wäre, seine eigene Verantwortung für seine Zone auszuüben und es deshalb eigene Lösungen vorbereiten müsse. Als Molotow sich in seiner berühmten Rede in Paris am 10. Juli 1946 für eine Politik der deutschen Wiedervereinigung aussprach und die westlichen Alliierten davor warnte, Deutschland in verschiedene autonome Staaten zu zerstückeln und die Ruhr von Deutschland zu trennen, wurde diese Rede als eine Herausforderung empfunden, aber es war zu spät. Das britische Kabinett hatte seine endgültige Entscheidung für die Ruhr bereits drei Wochen zuvor getroffen, und eine Woche später wurden die Vorsitzenden von SPD und CDU, Kurt Schumacher und Konrad Adenauer, in Berlin von den geplanten Maßnahmen für das Rheinland und Westfalen unterrichtet.

Durch ihre rigorosen politischen Maßnahmen in der Ostzone hatten die Sowjets tatsächlich den britischen Entscheidungsprozeß vorangetrieben. Die britischen Offiziellen in Berlin waren höchst alarmiert, als sie die politischen Aktivitäten der sowjetischen Behörden in Berlin und in der Ostzone beobachteten, die u. a. zu der Zwangsvereinigung von Kommunisten und Sozialdemokraten in die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) führten. Die britischen Vertreter hatten direkten Kontakt mit Sozialdemokraten, die die britischen Behörden in Berlin aufsuchten und um Unterstützung bei ihrem Kampf gegen die Zwangsvereinigung der beiden Parteien baten. Angehörige der britischen Behörden unterstützten die antikommunistische Linie des SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher.

Die Erfahrungen mit dem Alltag kommunistischer Praxis bestärkten die Briten in ihrer Überzeugung zugunsten einer starken, soliden Lösung für die Ruhr. Das Ruhrgebiet sollte nicht eine Bastion der Kommunisten werden. Es sollte in das überwiegend agrarische und katholische Hinterland des Rheinlands und Westfalens eingebettet werden. Dieser Vorschlag wurde von dem Oberpräsidenten der Nordrhein-Provinz in Düsseldorf, Robert Lehr, unterstützt Auch er sprach sich für die größere Lösung aus, die eine bessere Finanzkraft und langfristig mehr Wohlstand versprach.

Sowjetische Widerstände waren nicht das einzige Hindernis, das die Briten zu überwinden hatten. Es gab ein anderes, eher delikates Problem, das mit der französischen Politik verbunden war, die eine Abtrennung der Ruhr von Deutschland verlangte. Die französischen Forderungen fanden eine kräftige Unterstützung durch Duff Cooper, den britischen Botschafter in Paris, der für seine Opposition gegen die Appeasement-Politik der dreißiger Jahre hoch angesehen war. In mehreren Memoranden plädierte er für den französischen Vorschlag der Abtrennung der Ruhr

Die Unterlagen, die dem Kabinettsausschuß für die Beschlußvorbereitung am 21. Juni vorgelegt wurden, enthielten ein Memorandum Bevins, das sich detailliert mit Coopers Argumenten befaßte und sie verwarf Gegenüber den französischen Erwartungen faßte der Staatssekretär zusammen: Es sei unmöglich, diese Frage ohne Bezug zu dem verheerenden Ruhrexperiment von 1923 zu behandeln, als die Franzosen versuchten, Pläne durchzusetzen, die ihren heutigen ähnlich seien und die aus denselben Gründen wie damals vorgebracht würden. Jenes Experiment verzögerte die Erholung nach dem letzten Krieg, löste die große inflationäre Welle von 1923 bis 1925 aus, erstickte die junge Republik von Weimar und bereitete so den Weg für den Nationalsozialismus vor

Bevins Erklärung zeigt, daß er sich des historischen Bezugsrahmens bewußt war, in dem sich die britische Strategie gegenüber Deutschland und Europa bewegte. Als eine der größeren Besatzungsmächte in Deutschland übernahm Großbritannien die Führung bei der Wiederherstellung der Struktur für ein künftiges demokratisches Deutschland. Der französische Alliierte, belastet durch die Verwicklungen seiner eigenen Innenpolitik nach dem Krieg, wurde respektvoll und freundlich behandelt, aber die britische Außenpolitik vermied es strikt, sich in den Fallen der nationalen französischen Gefühlslage der Nachkriegszeit fangen zu lassen.

Ebensowenig ging Großbritanniens Labour-Außenminister in der Falle eines sentimentalen sozialistischen Nationalismus fangen, den die sowjetische Politik vertrat. Am 2. Juli sandte Bevin von Paris aus ein Telegramm an das Foreign Office, das ganz klar seine Entschlossenheit deutlich machte, die unmittelbaren Pläne für Deutschland einzulösen und dabei die Alliierten von jeder Mitwirkung bei den geplanten Maßnahmen auszuschließen: „Ich habe mit General Robertson“ -dem britischen stellvertretenden Militärgouverneur für Deutschland -„die Bekanntmachung unserer Pläne besprochen. Ich habe nicht vor, irgendeine förmliche Ankündigung hier zu machen, da dadurch der Eindruck erweckt werden könnte, als hätten die anderen Mächte das Recht, zuvor befragt zu werden. Aber es mag wünschenswert sein, an irgendeinem Punkt während der Diskussionen beiläufig unsere Absicht zu erwähnen, das neue Land“ -also Nordrhein-Westfalen -„jetzt sofort zu gründen.“

Die Zeit der Unentschiedenheit war vorbei. Am 11. Juli 1946 fragte Bevin Molotow in Paris direkt, ob Rußland bereit sei, an der Wiederherstellung der deutschen Wirtschaft mitzuwirken und ein gemeinsames Export-Import-Programm durchzuführen. Als Molotow ablehnte, kündigte Bevin an, daß die Briten ihr eigenes Programm einleiten würden. Sie könnten „nicht länger Dollar leihen, um Waren für Deutschland zu importieren“

In Paris wurde Bevin von dem amerikanischen Außenminister Byrnes unterstützt, der eine künftige britisch-amerikanische Zusammenarbeit für ihre jeweiligen Zonen ankündigte. Der Stillstand der Wiederaufbaupolitik der Alliierten schien zu einem Ende gekommen zu sein. Die treibende Kraft dabei war Großbritannien gewesen.

IV. Haltung und Reaktion deutscher Politiker

Sehr viel Rücksicht auf die Vorstellungen der deutschen Politiker über das neu zu schaffende Land hatte man allerdings nicht genommen. Es war lediglich ein Akt der Höflichkeit gewesen, wenn die beiden führenden Repräsentanten der beiden großen deutschen Parteien, Schumacher für die SPD und Adenauer für die CDU, vorab am 15. Juli 1946 in Berlin von General Robertson über die britische Entscheidung zur Schaffung des neuen Landes Nordrhein-Westfalen informiert wurden, bevor diese durch die Presse am 17. Juli offiziell bekannt-gegeben wurde Der Historiker und frühere Mitarbeiter der britischen Kontrollkommission in Berlin, Noel Annan, hat anschaulich beschrieben, wie beide Politiker, die er damals als junger britischer Offizier begleitete, von einem Militärflughafen in Westfalen nach Berlin eingeflogen wurden. Während der gesamten Reise, im Flugzeug wie im Wagen, sprachen die beiden führenden Parteipolitiker der Nachkriegszeit kein Wort miteinander

Natürlich hatten die Kommunal-und Landespolitiker in den Provinzen Rheinland und Westfalen, auch die Politiker der Parteien, von den britischen Plänen gewußt. Es hatte eine Reihe von Eingaben und Vorschlägen gegeben, so eine des Münsteraner Oberbürgermeisters Zuhorn, eine des. Kölner Oberbürgermeisters Pünder und die Eingabe des Oberpräsidenten der Nordrhein-Provinz, die der endgültigen britischen Entscheidung am nächsten kam. Es gab Einwände dagegen, lediglich den nördlichen (von den Briten besetzten) Teil der Provinz Rheinland, also „Nordrhein“ ohne den Regierungsbezirk Koblenz, in das neue Land einzubringen. Aber die deutschen Vorschläge waren in sich widersprüchlich und zudem mit lokalen, regionalen und parteipolitischen Interessen unlösbar verquickt. Zu einer einheitlichen Meinungsbildung unter den deutschen Politikern und zu einem entsprechenden mehrheitsfähigen Vorschlag ist es nie gekommen.

In Berlin stimmte Adenauer dem britischen Vorschlag zur Gründung des Landes NRW, der weitgehend seinen eigenen Vorstellungen entsprach, zu. Schumacher lehnte ihn ab, doch äußerte er sich anschließend in der Presse zurückhaltend: Außen-politisch sei die Neugründung des Landes zu begrüßen, weil dadurch den Plänen zur Abtrennung des Ruhrgebiets ein Riegel vorgeschoben werde. Die innenpolitischen Folgen seien jedoch komplizierter und gefährlich. Ein solches „Riesenland“ sei für Deutschland viel zu groß Vor dem Zonenausschuß der CDU berichtete Adenauer am 1. August über die Mitteilung General Robertsons. Er kommentierte die britischen Pläne: „Dieses Land Nordrhein-Westfalen ist ein Land in den drei westlichen Zonen, das die größte Einwohnerzahl haben wird und dazu ein sehr großes wirtschaftliches Schwergewicht, in dem auch aller Wahrscheinlichkeit nach die CDU die Mehrheit haben wird. Diese letztere Tatsache hat offenbar Herrn Schumacher und seine Parteifreunde dazu bewogen, die nationalen Gesichtspunkte, die hier in erster Linie meines Erachtens maßgebend sein müssen, zurückzustellen und die parteipolitischen Gesichtspunkte an die erste Stelle zu rücken.“

Eine Verordnung der britischen Kontrollkommission setzte am 23. August die Gründung des neuen Landes Nordrhein-Westfalen in Kraft. Zum gleichen Datum wurden in der britischen Zone die Länder Schleswig-Holstein und Hannover (Niedersachsen) gebildet. Ende August wurde von den britischen Behörden das Kabinett der Landesregierung unter dem parteilosen Ministerpräsidenten Amelunxen, dem bisherigen Oberpräsidenten von Westfalen in Münster, ernannt. Die CDU fühlte sich durch überfahren, lehnte eine Regierungsbeteiligung zunächst ab und trat erst einige Monate später in das Kabinett ein. Am 2. Oktober trat der gleichfalls von den Briten ernannte 200köpfige Landtag in der neuen Landeshauptstadt Düsseldorf zusammen. Im Februar 1947 fanden die ersten Landtagswahlen statt, bei denen die CDU -wie zuvor bereits bei den Kommunalwahlen -die stärkste Partei des Landes wurde. Der daraufhin gebildeten Koalitionsregierung unter Ministerpräsident Arnold (CDU) gehörten die CDU, die SPD und die KPD an Die Verschärfung der innerdeutschen Ost-West-Spannungen führte im Februar 1948 zum Ausscheiden der KPD aus der Landesregierung.

V. Exkurs: Großbritannien und Deutschland

Es seien hier noch einige Bemerkungen eingefügt, die das Geschehen des unmittelbaren politischen Entscheidungsprozesses von 1946 übergreifen, indem sie einige tieferliegende Bezüge der deutschen und europäischen Geschichte einbeziehen. In der Bithel Memorial Lecture von 1982 erwähnte Lord Annan ein Gespräch, das er im Dezember 1945 mit Konrad Adenauer in dessen Haus in Rhöndorf geführt hatte. Man diskutierte über die deutsche und europäische Vergangenheit, und Adenauer fragte Annan, ob er wisse, welches der größte Fehler gewesen sei, den die Engländer jemals in ihren Beziehungen zu Deutschland gemacht hätten. Adenauer gab die Antwort selbst: „Es war der Wiener Kongreß, als Sie so törichterweise Preußen an den Rhein gebracht haben als Sicherung gegen Frankreich und gegen einen neuen Napoleon.“ Die Antwort erscheint als ein etwas seltsamer Kommentar zu dem Gang der Geschichte der deutsch-britischen Beziehungen und als ein Schritt in die Utopie alternativer Geschichte.

Manche deutschen Historiker neigten bzw. neigen dazu, den Gang der deutschen Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert zum Guten oder zum Schlechten als eine jeweils in sich geschlossene Entwick-lung zu beschreiben. Die „deutschnationale“ und die „nationalliberale“ Version der Historiographie bis 1933 lieferte eine positive Interpretation der deutschen Geschichte im nationalistischen Sinne. Die nachfolgende Historikergeneration, die gegen die Vorgänger rebellierte, insbesondere die Historiker der „sozialliberalen“ Version seit den sechziger Jahren, interpretierten die deutsche Geschichte prinzipiell negativ: eine Nationalgeschichte, die ihre Höhepunkte nicht im gesellschaftlichen Fortschritt und in liberalen Errungenschaften, sondern in Regression und politischem Desaster fand -den beiden Weltkriegen und dem Nationalsozialismus.

Vorwiegend angelsächsische Historiker kritisieren dagegen eine solche geschlossene und „lineare“ Version der deutschen Geschichte mit ihren Vereinfachungen Positive Trends der deutschen Geschichte, die nicht in das Klischee einer allein von „Preußen“ dominierten Geschichte fallen, zeichnen für das Rheinland und Westfalen Margaret Andersons Biographie Ludwig Windthorsts des Führers der Partei des katholischen Zentrums und parlamentarischen Gegenspielers Bismarcks, sowie die neueren Studien von Jonathan Sperber über „Populär Catholicism in Nineteenth Century Germany“ sowie über „The Rhineland Radicals. The Democratic Movement and the Revolution of 1848-1849* Ein lebendiges biographisches Bild der Komplexität der deutschen Geschichte zeich-net Gordon A. Craig in seinem Buch „Das Ende Preußens. Acht Porträts“

VI. Preußen im Westen: Rheinland und Westfalen

Nach 1848 entstanden in den beiden westlichen Provinzen Preußens Bastionen der Linksliberalen („Fortschrittspartei“) und der katholisch-demokratischen Bewegung -zwei politische Gruppierungen, die sich nur widerstrebend in das preußische System bis 1914 integrieren ließen. Die Wurzeln der modernen deutschen Demokratie lassen sich bis in die liberalen und katholischen Bewegungen in West-und Süddeutschland des 19. Jahrhunderts zurückverfolgen, und seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gehört dazu auch die Sozialdemokratie mit ihren Hochburgen in den großen Städten, im Ruhrgebiet, in den Industrieregionen Sachsens, Thüringens, Berlin-Brandenburgs und Braunschweig-Hannovers.

Obwohl es. Preußen gelang, sich in einer Art Kohabitation mit der überwiegend katholischen Bevölkerung im Westen einzurichten, so hielt sich im rheinisch-westfälischen Katholizismus doch ein latenter Dissens gegenüber der protestantischen Hohenzollernmonarchie bis in den Herbst 1918, dem Beginn der Novemberrevolution und der Weimarer Demokratie. Der aus Westfalen stammende Bischof von Mainz, Wilhelm Emmanuel von Ketteier, der den deutschen Katholizismus behutsam dazu brachte, die Bismarcksche Reichs-gründung von 1871 und die „kleindeutsche“ Lösung der deutschen Einigung zu akzeptieren, hatte noch 1866 vor dem „Borussianismus“, der Doktrin von Preußens Sendung in die Welt, gewarnt Jene kritische Äußerung Adenauers über Preußen gegenüber dem jungen Noel Annan ist in diesem historischen Kontext zu sehen.

Sicherlich standen die häufig protestantischen „Ruhrbarone“ wie Krupp, Stinnes, Hugenberg, Thyssen, Vogler und andere bis 1918 meist in einem vertrauten Verhältnis zur preußischen Monarchie, und sie unterstützten nach 1918 die Parteien der Rechten. Albert Vogler, der Leiter der Vereinigten Stahlwerke -Europas größtem Stahl-giganten -in den zwanziger und dreißiger Jahren, der im Reichstag Abgeordneter der Deutschen Volkspartei (DVP) war, wurde nach 1933 nationalsozialistischer Reichstagsabgeordneter.

Aber die Mehrheit der Bevölkerung des Rheinlands und Westfalens wählte bis 1933 katholisch -das Zentrum -, liberal, sozialdemokratisch oder kommunistisch. Nach 1918 waren Rheinland und Westfalen, das „Preußen im Westen“ der Weimarer Zeit, Stützpunkte der Demokratie, sicherlich mehr als andere deutsche Regionen. Nicht nur Adenauer, sondern auch sein literarischer Widerpart und Kölner Mitbürger, der Schriftsteller Heinrich Böll, stehen für diese westlich orientierte Tradition der politischen Kultur in Deutschland und Preußen. Und wenn man sich an die erregten Debatten des Bundestags im Juni 1991 vor der Abstimmung über die künftige Hauptstadt -Berlin oder Bonn -erinnert, so fanden sich unter den vorgetragenen Argumenten manche Stimmungen und Gefühle, die in eben diesen unterschiedlichen politischen Traditionen in Deutschland wurzelten.

Auch ein Blick in die bewegte Geschichte der Ruhrindustrie, die nicht nur Wirtschaftsgeschichte, sondern auch Sozialgeschichte und politische Geschichte war, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts begann und deren Dramatik mit der Verabschiedung des Mitbestimmungsgesetzes für die Kohle-und Stahlindustrie 1951 einen gewissen Abschluß fand, vergegenwärtigt die geschichtlichen Dimensionen des heutigen Nordrhein-Westfalen. Das Mitbestimmungsgesetz beendete die politische Macht der Schwerindustrie, die für fast ein Jahrhundert in Deutschland vorherrschend gewesen war. Das Gesetz über die Mitbestimmung wurde gemeinsam von den Christlichen Demokraten und von den Sozialdemokraten verabschiedet

In einem gewissen Sinn war die Mitbestimmung jene Realisierung der innenpolitischen Lösung der „Ruhrfrage“, die Bevins Nachkriegspolitik 1946 initiiert hatte. Die Kontrolle der wirtschaftlichen Macht der Schwerindustrie durch die Einführung der Mitbestimmung war die demokratische Antwort auf die „Ruhrfrage“ auf dem weiteren Feld der Innenpolitik.'

Der Abschluß des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl („Montanunion“) kurz darauf -er wurde am 18. April 1951 in Paris unterzeichnet und trat im Juli 1952 in Kraft -war jene internationale Lösung der „Ruhrfrage“, um die man sich seit Kriegsende bemüht hatte. Zu dieser Zeit hatte sich Großbritannien allerdings bereits von seinem kontinentalen Engagement der Nachkriegszeit zurückgezogen, so daß dieses Abkommen lediglich zwischen der neugeschaffenen Bundesrepublik Deutschland und den unmittelbar benachbarten Staaten -Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg -abgeschlossen wurde

Die spätere Entwicklung seit den fünfziger Jahren hat zum Teil die Erinnerung an die Tatsache verdeckt, daß die Gründung Nordrhein-Westfalens ein Markstein in der Neuorientierung der deutschen Politik nach dem Zweiten Weltkrieg war Natürlich gab es Animositäten zwischen der britischen regionalen Militärregierung und der deutschen Verwaltung in Nordrhein-Westfalen. Es gab erregte Debatten über die Frage der beabsichtigten Demontage der deutschen Fabriken und einen einhelligen Protest des Landtags in Düsseldorf gegen die vorgeschlagene Liste der Industriewerke, die zur Demontage anstanden. Einige Redner in dieser Landtagsdebatte fühlten sich verpflichtet, der Besatzungsmacht eine Lektion in Sachen Demokratie zu erteilen, unter ihnen Konrad Adenauer, damals der Führer der CDU-Fraktion im Landtag

Im allgemeinen waren die deutsch-britischen Beziehungen in Nordrhein-Westfalen während der Besatzungszeit weniger freundlich als in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, den übrigen Ländern der britischen Zone. Aber es ist offenkundig, daß die britische Verfassungstradi-tion die Wiedererrichtung der Demokratie in Westdeutschland beeinflußte. Die örtliche Selbstverwaltung in der britischen Zone wurde in Anlehnung an das Modell der britischen kommunalen Demokratie und Selbstverwaltung reorganisiert, indem streng zwischen den Kompetenzen lokaler Beamter der Verwaltung und den Kompetenzen des gewählten Gemeinderats -dem politischen Gremium der Selbstverwaltung -unterschieden wurde

Das politische Leben in Nordrhein-Westfalen tendierte nach der Übergangsphase einer großen Koalition zwischen CDU und SPD zu dem System einer starken Regierung, verbunden mit einer starken Opposition -ein System, das auch für die Anfänge der Parteiendemokratie der Bundesrepublik insgesamt mit ihrer sogenannten „Kanzlerdemokratie“ bestimmend wurde. Der Landtag, zunächst ernannt, wurde erstmals im April 1947 gewählt. Das Programm der Entnazifizierung wurde allmählich von den britischen Militärbehörden auf die deutschen Stellen in Zusammenarbeit mit den demokratischen Parteien und den Gewerkschaften übertragen und schließlich von dem inzwischen gewählten Landtag auf eine landesgesetzliche Grundlage gestellt.

VII. Nordrhein-Westfalen und der deutsche Föderalismus

Die Entstehung der Länder und damit des deutschen Föderalismus nach 1945 ist in einem engen Zusammenhang zu sehen mit der Zerschlagung des nationalsozialistischen Deutschland sowie mit den Plänen und Maßnahmen zur Wiederbelebung der deutschen Politik und Verwaltung nach dem Ende des Kriegs. Die Dezentralisierung Deutschlands war eine Forderung, die zunächst gemeinsam von allen Besatzungsmächten getragen und praktiziert wurde. So entstanden seit 1945 zunächst in der amerikanischen und sowjetischen Besatzungszone, später in der britischen und zuletzt in der französischen Besatzungszone die neuen deutschen Länder -teils im Rückgriff auf bereits bestehende Länder wie Bayern, Sachsen, Thüringen, Hamburg und Bremen, teils aus ehemaligen preußischen Provinzen wie Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, teils durch Neubildungen wie Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und schließlich durch den Zusammenschluß dreier kleinerer Länder im Fall des Landes Baden-Württemberg. Der Zuschnitt der Länder und das Prinzip des innerstaatlichen Föderalismus, die die Besatzungsmächte nach Kriegsende durch ihre Festsetzungen vorgegeben hatten, wurden auch nach der deutschen Einigung 1990 beibehalten bzw. für die früheren Länder der DDR wieder in Kraft gesetzt und im Grundgesetz festgeschrieben. Die föderale Struktur Deutschlands bestand bereits vor der Gründung der Bundesrepublik und der DDR 1949. Es handelt sich also um eine gesamtdeutsche Gemeinsamkeit aus der Zeit vor der Teilung Deutschlands im Zuge der Entstehung des Kalten Kriegs und des Ost-West-Konflikts; eine Tatsache, die leicht vergessen wird.

Es wäre aber falsch, die Durchsetzung des Föderalismus historisch ausschließlich aus einem aufgezwungenen Akt der Besatzungsmächte abzuleiten. In einem Beitrag „Der Föderalismus in der deutschen Geschichte“ hat Thomas Nipperdey darauf hingewiesen, daß die Länder nach ihrer Gründung aus eigenem Antrieb ihr Eigenleben und Eigengewicht entfalteten. Ganz unabhängig von der Besatzungspolitik habe es nach 1945 eine „Renaissance von Regionalismus und Dezentralisierung“ gegeben: „Der Zentralismus und Unitarismus schien durch den Gang der deutschen Geschichte bis 1933 und durch die Verhältnisse im Dritten Reich, die man lange Zeit ja nur unter diesem Aspekt ansah, diskreditiert. Die Abkehr vom Nationalismus und Machtstaat, der Antiborussismus, die Tendenz zur nicht nur funktionalen, sondern auch horizontalen Gewaltenteilung im Sinne mancher Verfassungspläne der deutschen Widerstandsbewegung, die Abneigung gegen die Anonymität von Massenorganisationen, Bürokratien und Großstaaten (eine Folge konservativer Interpretation des Faschismus), das alles gab jedenfalls den Ideen der Dezentralisierung Auftrieb. Die Katastrophe des Reiches konnte zu einer Orientierung an regionalen Traditionen führen, die historische Besinnung zu einer Kritik an den „Irrwegen“ der deutschen Geschichte, an der Bismarckschen, der preußischen Reichsgründung.“

Bereits 1918/19, nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs, hatte es eine ähnliche Entwicklung gegeben, als sich die Länder des Deutschen Reichs anstelle der bisherigen Königreiche und Fürsten-tümer des Reichs einen Verfassungsstatus erkämpften und dauerhaft sicherten, noch bevor die frei gewählte Weimarer Nationalversammlung zusammentrat Der Föderalismus hat in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts also durchaus eine demokratische Tradition. Der ursprüngliche, später verworfene Verfassungsentwurf, den der linksliberale Stäatsrechtler Hugo Preuß im Auftrag des Rats der Volksbeauftragten für die Verfassungsberatungen der Weimarer Nationalversammlung entworfen hatte, sah die Auflösung Preußens und die Aufteilung ganz Deutschlands in sechzehn Länder vor Die Auflösung Preußens, das ein Drittel des Reichsgebiets umfaßte, kam aber 1918/19 nicht zustande. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie durch das Kontrollgesetz Nr. 46 vom 25. Februar 1947 Wirklichkeit. Diese Tatsache trug zweifellos zum Erfolg des Föderalismus nach 1945 bei. Es gab kein Preußen-Deutschland mehr, sondern nur noch -bis 1949 -ein Deutschland der deutschen Länder. Auch die Bundesbank, die im In-und Ausland als Zitadelle der deutschen Wirtschaft angesehen wurde, wurde als „Bank deutscher Länder“ gegründet.

In einer von der neuen nordrhein-westfälischen Landesregierung herausgebrachten Broschüre, die zur Eröffnung des (noch ernannten) Landtags in Düsseldorf am 2. Oktober 1946 erschien, hieß es: „Nordrhein-Westfalen! Ein neuer Begriff, ein neues Land! Mit seiner Gründung hat sich der Westen des Reiches in einer staatsrechtlich neuen Form konsolidiert. Auf dem Ruinenfeld, das die zwölfjährige Nazidiktatur als trostloses Erbe der deutschen Gegenwart hinterließ, erhebt sich nunmehr in den westlichen Bezirken Deutschlands ein Land, das ebensosehr in den positiven Werten der Vergangenheit wurzelt, als es gegenüber den Einflüssen und Zivilisationstendenzen des westlichen Europas geöffnet ist. Wenn irgendwo in deutschen Landen die Demokratie ein Heimatrecht besitzt, dann in diesem Gebiet an Rhein und Ruhr, weil hier schon immer der Pulsschlag demokratischen Lebens spürbar war und der Geist der Menschlichkeit die Herzen von Millionen erfüllte. Mit diesem geschichtlichen Gründungsakt wird ein Schlußstrich unter ein Kapitel der deutschen Geschichte gezogen, in dessen Verlauf Preußen vorherrschend den Gang der Dinge bestimmte.“

Hier wurde gleichsam die Philosophie des neuen Landes für das historisch-politische Selbstverständnis des Alltags formuliert: Die Distanzierung vom Nationalsozialismus verband sich dabei mit der Distanzierung von der politischen Tradition Preußen-Deutschlands sowie mit der Berufung auf überkommene humane und demokratische Wertvorstellungen in der Bevölkerung der eigenen Region, wobei die Nähe zu Westeuropa betont wurde. „Wir wollen an Rhein und Ruhr eine humane Demokratie aufbauen“, so formulierte es Rudolf Amelunxen, der erste Ministerpräsident des neuen Landes, in seiner Ansprache zur Eröffnung des Landtags mit dem Pathos des Neuanfangs, „in der alle Gewalt und alles Recht, alle Wünsche und Fahrziele tatsächlich vom Volke ausgehen, in der niemand nach Geburt und Stellung, jeder nach Leistung und Moral bewertet und behandelt wird.“ Zur Positionsbestimmung Nordrhein-Westfalens hieß es: „Deutschland ist nicht Nabel der Welt, Rhein und Ruhr sind nicht Zentrum Europas. Aber sie haben eine europäische Bedeutung.“

Man verstand die Gründung des Landes -das belegen die Zitate -nicht nur als einen administrativen Vorgang, sondern auch als einen Akt der Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Vergangenheit sowie vor allem als einen Neubeginn der deutschen Demokratie.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die Ruhrfrage 1945/46 und die Entstehung des Landes Nordrhein-Westfalen. Britische, französische und amerikanische Akten, eingeleitet und bearbeitet von Rolf Steininger, (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Vierte Reihe, Band 4), Düsseldorf 1988. Vgl. für die entsprechenden deutschen Dokumente zur Landesgründung: Nordrhein-Westfalen. Deutsche Quellen zur Entstehungsgeschichte des Landes 1945/46, eingeleitet und bearbeitet von Wolfgang Hölscher, (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Vierte Reihe, Band 5), Düsseldorf 1988.

  2. Zur britischen Labour-Regierung und zu den Biographien Attlees und Bevins vgl. Kenneth D. Morgan, Labour in Power 1945-1951, Oxford 1982; Kenneth Harris, Attlee, London 1982; Alan Bullock, Ernest Bevin. Foreign Secretary, Oxford 1985.

  3. „The Committee ... agreed that the balance of advantage lay on the side of establishing the proposed new Province with the larger area comprising the existing Westphalian and North Rhineland Province as proposed by the Foreign Secretary.“ R. Steininger (Anm. 1), Dokument 195, S. 899.

  4. „The industrialists and capitalists would exercise a dominant political influence throughout this large province. For even though the industrialists had lost their power they might regain it through the influences of the Catholic Democratic Party.“ R. Steininger (Anm. 1), Dokument 195, S. 899.

  5. „German feelings and traditions are all on the side of a province whose boundaries have a close relation to existing provincial boundaries and which have some historical backing ... The democratic elements in Germany, the Socialist and Christian Democratic parties, which is in our interest to support, could be brought to accept a reorganization based on traditional boundaries but would strongly oppose the creation of a new artificial unit.“ R. Steininger (Anm. 1), Dokument 185, S. 874.

  6. Robert Blake, The Decline of Power 1915-1964, London 1985, S. 220L

  7. In einer Auseinandersetzung mit Churchill nach dem Krieg beklagte Ernest Bevin, daß Churchill das Kabinett wegen der Politik des „unconditional surrender“ nie befragt habe und daß diese Politik die Nachkriegsprobleme nur noch erschwert habe. Vgl. Michael Foot, Aneurin Bevan. A Biography, Bd. 1: 1897-1945, London 1962, S. 422.

  8. Vgl. ebd., S. 422.

  9. Vgl. Klaus-Jürgen Müller/David N. Dilks (Hrsg.), Großbritannien und der deutsche Widerstand 1933-1944, Paderborn 1994.

  10. Vgl. R. Blake (Anm. 6), S. 277; George Bell, The Church and Humanity 1939-1946, London 1946; Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer. Theologe -Christ -Zeitgenosse, München 1978, S. 824-835.

  11. So Bevan in der Juni-Ausgabe 1943 der „Tribune“: „It is essential to grasp firmly the principle that men und women are more the creatures of their social institutions and their political machinery than they are of the bloodstreams and of their remote history.“ Zitat bei M. Foot (Anm. 7), S. 423.

  12. Vgl. Lothar Kettenacker, Preußen in der alliierten Kriegsplanung 1939-1947, in: Studien zur Geschichte Englands und der deutsch-britischen Beziehungen. Festschrift für P. O. Kluge, hrsg. von Lothar Kettenacker, München 1981, S. 332f. Ferner der Überblick „Planungen der Alliierten im Krieg“, in: R. Steininger (Anm. 1), S. 12-53.

  13. Zit. bei R. Steininger (Anm. 1), Dokument 195, S. 900.

  14. A. Bullock (Anm. 2), S. 267.

  15. Vgl. ebd.

  16. Vgl. Paul Johnson, A History of the Modern World.

  17. A. Bullock (Anm. 2), S. 266.

  18. Vgl. R. Steininger (Anm. 1), Dokument 11, S. 320-328.

  19. Vgl. die entsprechende Deutung R. Steiningers in der Einführung zu der Dokumentation (Anm. 1).

  20. Vgl. A. Bullock (Anm. 2), S. 259.

  21. Vgl. R. Steininger (Ahm. 1), Dokumente 148, S. 745-747, und 171b, S. 821.

  22. Vgl. das Memorandum Coopers vom 29. 5. 1946 (R. Steininger [Anm. 1], Dokument 175, S. 836-844).

  23. Vgl. Bevins Memorandum vom 13. 6. 1946 (R. Steininger, ebd., Dokument 188, S. 883-887).

  24. „Finally, it is impossible to consider this question without reference to the disastrous Ruhr experiment of 1923, when the French tried to put into Operation similar plans to those which they have now put forward and for the same reasons. This experiment retarded the recovery of Europe after the last war, precipitated the great inflationary wave of 1923-25 and stifled the infant Republic of Weimar and so contributed to paving the way for National Socialism. That fact that the French forget this experiment in their present arguments is yet another proof, that, as a result of their experiences at the hands of the Germans, they are unable to view this question in a balanced and objective männer. Because we sympathise with sufferings there is no reason why we should adopt the distorted view which results from them.“ R. Steininger, ebd., Dokument 188, S. 887.

  25. R. Steininger, ebd., Dokument 205. S. 915.

  26. A. Bullock (Anm. 2), S. 184.

  27. Die Hannoversche Presse berichtete am 17. Juli 1946 als erste deutsche Zeitung von der bevorstehenden Gründung eines neuen Landes mit dem “ Namen „Nordrhein-Westfalen“ durch die Briten.

  28. „I watched the two men to see how they would greet one another. In Britain the leaders of the two opposing parties would probably not have liked each other, but they would have exchanged civilities. Throughout the journey whether in the aircraft or in the car, neither spoke a word to the other.“ Noel Annan, How Dr. Adenauer rose resilient from the ruins of Germany, in: The 1982 Bithell Memorial Lecture, London 1983, S. 19.

  29. Vgl. W. Hölscher (Anm. 1), S. 86f. Die zahlreichen lokalen und regionalen Stellungnahmen vor und nach der Entscheidung über die Gründung des neuen Landes NRW werden in dem Quellenband von Wolfgang Hölscher ausführlich dokumentiert.

  30. Zitat bei: R. Steininger (Anm. 1), Einleitung, S. 201.

  31. Mitglieder des damaligen Kabinetts Arnold waren auch die späteren Bundespräsidenten Heinrich Lübke und Gustav Heinemann, beide CDU. Heinemann, Bundesinnenminister im ersten Kabinett Adenauer, wurde in den fünfziger Jahren ein entschiedener Gegner der Deutschlandpolitik Adenauers. Er trat aus der CDU aus, gründete die „Gesamtdeutsche Volkspartei“, deren mehrheitlich protestantische Anhänger sich nach dem Scheitern dieses parteipolitischen Experiments zum großen Teil der SPD anschlossen, darunter auch Johannes Rau, seit 1978 Ministerpräsident von NRW.

  32. N. Annan (Anm. 28), S. 12. Zu Noel Annans späterer Rolle im intellektuellen Leben Englands vgl.seine Erinnerungen: Noel Annan, Our Age. The Generation That Made Post-war Britain, London 1990.

  33. David Blackbourn und Geoff Eley äußerten ihre Kritik in einem Essay über den sogenannten „Sonderweg“ der deutschen Geschichte (Mythen deutscher Geschichtsschreibung. Die gescheiterte bürgerliche Revolution von 1848, Frankfurt/M. -Berlin-Wien 1980). Eine „breitere“, angelsächsische Version der deutschen Geschichte findet sich beispielsweise in den Werken von Gordon Craig, William Carr, James Joli, Norman Stone, James Sheehan und in weiteren Spezialstudien, darunter Klaus Epsteins Biographie des katholischen Zentrumspolitikers Matthias Erzberger, der den christlichen Gewerkschaften und dem einflußreichen „Volksverein für das katholische Deutschland“ in Mönchengladbach nahe-stand und der am Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Demokratie zum Begründer der politischen Tradition der Christlichen Demokratie in Deutschland wurde. (Klaus Epstein, Matthias Erzberger und das Dilemma der deutschen Demokratie, Frankfurt 19762.) Gegen eine allzu lineare Sicht der deutschen Geschichte wendet sich auch Mary Fulbrook, A Concise History of Germany, Cambridge 1991.

  34. Margaret L. Anderson, Windthorst. A Political Biography, Oxford 1981 (deutsch: Windthorst. Zentrumspolitiker und Gegenspieler Bismarcks, Düsseldorf 1991).

  35. Princeton 1984. Die Untersuchung bezieht sich ausschließlich auf die Regionen Rheinland und Westfalen, also auf die geschichtlichen Kernregionen des heutigen Nordrhein-Westfalen im 19. Jahrhundert.

  36. Princeton 1991. Zu dem historisch-politischen Hintergrund Nordrhein-Westfalens im 19. Jahrhundert vgl. die Beiträge über „Liberalismus“, „Zentrum“, „Kirchen, Gesellschaft und Staat“, „katholische Kirche“, „Kulturkampf“, „Presse“, „Literatur“, „Preußen“, „Landstände und Landtage“, „Bevölkerung“, „Kölner Dom“, „Karneval“ und „Lan

  37. München 1985. Hier werden in Form von „Parallelbiographien“ Persönlichkeiten der preußischen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts vorgestellt: vom Stein und von der Marwitz, Bettina von Arnim und Bismarck, der Romanautor Theodor Fontane und Kaiser Wilhelm II.; für die Weimarer Republik die beiden Porträts des sozialdemokratischen preußischen Ministerpräsidenten Otto Braun und des Zentrums-politikers und Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer. Gerade die Skizzen der beiden letztgenannten Weimarer Politiker erinnern daran, daß es außer einem „JunkerPreußen“ auch ein demokratisches Preußen gab. Vgl. Francis L. Carsten, Geschichte der preußischen Junker, Frankfurt am Main 1988.

  38. „Es ist eine wahre Torheit, zu glauben, daß vor einem solchen doktrinären Hirngespinst vom Weltberuf die ganze Welt stehenbleibt, und sich willenlos angliedern lassen werde. Je aufrichtiger wir das Beste Preußens wollen, desto mehr können wir in solchen Richtungen nur die Wege zum Verderben sehen.“ Wilhelm Emmanuel von Ketteier, Deutschland nach dem Kriege von 1866, in: J. Mumbauer, Wilhelm Emmanuel von Kettelers Schriften, München 1911, S. 67. Vgl. Wilhelm Ribhegge, Konservative Politik in Deutschland. Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, Darmstadt 19922, S. 88-93.

  39. Vgl. Wilhelm Ribhegge, Schwerindustrie, Gewerkschaften und Politik an der Ruhr im 19. und 20. Jahrhundert, in: ders., Europa -Nation -Region. Perspektiven der Stadt-und Regionalgeschichte, Darmstadt 1991, S. 147-206.

  40. Vgl. John Gillingham, Coal, Steel and the Rebirth of Europe 1945-1955: The Germans and French from Ruhr Conflict to Economic Community, Cambridge 1991; Ursula Rombeck-Jaschinski, Nordrhein-Westfalen, die Ruhr und Europa. Föderalismus und Europapolitik 1945-1955, Essen 1990.

  41. Vgl. Peter Hüttenberger, Nordrhein-Westfalen und die Entstehung seiner parlamentarischen Demokratie, Siegburg 1973.

  42. Vgl. Stenographische Berichte über die 27. Sitzung des Landtags NRW am 29. Oktober 1947, S. 23.

  43. Vgl. Wilhelm Ribhegge, Entbehrungen, britische Besatzung und die Mühsal des Wiederaufbaus: Die Jahre der Nachkriegszeit 1945-1949, in: ders. (Hrsg.), Geschichte der Stadt und Region Hamm im 19. und 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1991, S. 372-441. Zur britischen Besatzungspolitik vgl. die Erinnerungen des Historikers A. G. Dickens über seine Tätigkeit als Presseoffizier in Lübeck: Arthur Geoffrey Dickens, Lübeck Diary, London 1947. Kritisch: John E. Farquharson, The British Occupation of Germany 1945-6: A Badly Managed Disaster Area?, in: German History, 11 (1993), S. 316-338.

  44. Thomas Nipperdey, Der Föderalismus in der deutschen Geschichte, in: Nachdenken über die deutsche Geschichte, München 1986, S. 60-109, hier S. 99.

  45. Vgl. Reinhard Rürup, Entstehung und Grundlagen der Weimarer Verfassung, in: Eberhard Kolb (Hrsg.), Vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, Köln 1972, S. 218-243, hier S. 226-228.

  46. Vgl. Wilhelm Ribhegge, Frieden für Europa. Die Politik der deutschen Reichstagsmehrheit 1917-18, Essen 1988, S. 379f.

  47. Baustein zum neuen Reich. Landtagseröffnung Nordrhein-Westfalen 2. Oktober 1946, hrsg. von der staatsbürgerlichen Bildungsstelle der Landesregierung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf 1946, S. 5.

  48. Begrüßungsansprache des Ministerpräsidenten Dr. Rudolf Amelunxen, ebd., S. 7-12, hier S. 11.

Weitere Inhalte

Wilhelm Ribhegge, Dr. phil., geb. 1940; Professor für neuere deutsche und europäische Geschichte an der Universität Münster. r Veröffentlichungen u. a.: August Winnig. Eine historische Persönlichkeitsanalyse, Bonn-Bad Godesberg 1973; Geschichte der Universität Münster. Europa in Westfalen, Münster 1985; Frieden für Europa. Die Politik der deutschen Reichtstagsmehrheit 1917/18, Bonn-Essen 1988; Konservative Politik in Deutschland. Von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, Darmstadt 1989; Europa-Nation-Region. Perspektiven der Stadt-und Regionalgeschichte, Darmstadt 1991; (Hrsg, und Mitautor) Hamm. Geschichte der Stadt und Region im 19. und 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1991.