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Die Wähler der PDS bei der Bundestagswahl 1994. Zwischen Ideologie, Nostalgie und Protest | APuZ 51-52/1994 | bpb.de

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APuZ 51-52/1994 Kohls knappster Sieg. Eine Analyse der Bundestagswahl 1994 Auf einer Woge der Euphorie Veränderungen der Stimmungslage und des Meinungsklimas im Wahljahr 1994 Die Wähler der PDS bei der Bundestagswahl 1994. Zwischen Ideologie, Nostalgie und Protest Nichtwähler 1994. Eine Analyse der Bundestagswahl 1994 Die Wahlslogans von 1949 bis 1994

Die Wähler der PDS bei der Bundestagswahl 1994. Zwischen Ideologie, Nostalgie und Protest

Jürgen W. Falter/Markus Klein

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Zusammenfassung

Im Rahmen dieses auf Umfragen gestützten Beitrags wird gezeigt, daß die Wahl der PDS 1994 von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt worden ist, die weniger objektiver als subjektiver Natur zu sein scheinen. Wer formal hochgebildet ist, der ehemaligen DDR eher positiv als negativ gegenübersteht, sich sozial von der Gesellschaft der Bundesrepublik in irgendeiner Weise benachteiligt fühlt, negative Wahrnehmungen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft besitzt und zumindest einige Kemaussagen des Sozialismus bejaht, erscheint nach unseren Ergebnissen geradezu prädestiniert zur Wahl der PDS. Insofern sind die Motive der PDS-Wähler der Bundestagswahl 1994 in der Tat durch eine Mischung aus Ideologie, Nostalgie und Protest gekennzeichnet.

I. Das Wahlergebnis und seine Bedeutung

Abbildung 1: Die Wahlergebnisse der PDS in den Bundesländern bei den Bundestagswahlen 1990 und 1994 (Angaben in Prozent der gültigen Stimmen) Quelle: Eigene Darstellung.

Totgesagte leben länger. So auch die PDS, deren sicherer parlamentarischer Exitus von vielen Wahlforschern und politischen Kommentatoren spätestens für die Bundestagswahl 1994 vorausgesagt worden war Bundesweit erreichte die PDS bei der zweiten gesamtdeutschen Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 4, 4 Prozent der gültigen Stimmen. Wie schon bei der letzten Volkskammer-wahl der DDR und der Bundestagswahl 1990 fielen ihre Wahlerfolge regional höchst unterschiedlich aus. Während sie in den alten Bundesländern auf nur knapp 1 Prozent der gültigen Stimmen kam, waren es im Osten fast 20 Prozent. Dabei läßt sich in beiden Landesteilen ein deutliches Nord-Süd-Gefälle erkennen (vgl. Abb. 1). Die besten Resultate erzielte die PDS im Osten wie im Westen in den Stadtstaaten. Spitzenreiter in den alten Bundesländern ist Bremen mit 2, 7 Prozent, gefolgt von West-Berlin und Hamburg; in den neuen Bundesländern liegt Ost-Berlin mit 34, 7 Prozent vor Mecklenburg-Vorpommern mit 23, 6 Prozent. Schlußlichter sind im Westen Bayern, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Baden-Württemberg mit weniger als 1 Prozent PDS-Stimmen und im Osten Sachsen und Thüringen mit 16, 7 bzw. 17, 1 Prozent PDS-Stimmen.

Abbildung 8: Politikverdrossenheit bei PDS-Wählern und dem Rest der Wahlberechtigten (nur Ostdeutschland; arithmetisches Mittel) Quelle: Eigene Darstellung

In Abbildung 1 sind, etwas dunkler schraffiert, gleichzeitig die Wahlergebnisse der PDS von 1990 abgebildet. Damit werden die Veränderungen zwischen der Bundestagswahl 1990 und der vergangenen Bundestagswahl sichtbar. Im Westen konnte die PDS ihren stärksten absoluten Anstieg in den Stadtstaaten erzielen, im Osten wuchs sie relativ gleichmäßig in allen Landesteilen, wobei die stärkste absolute Zunahme in Ost-Berlin und Mecklenburg-Vorpommern, die schwächste in Sachsen zu verzeichnen war.

II. Sozialgeographische Analyse des PDS-Wahlergebnisses

Abbildung 2: Der Zusammenhang zwischen den Wahlergebnissen der PDS und Strukturmerkmalen der Wahlkreise (Korrelationskoeffizienten x 100) Quelle: Eigene Darstellung

Analysiert man die Stimmergebnisse der PDS in Ost-und Westdeutschland auf Wahlkreisebene, so zeigen sich einige Gemeinsamkeiten: Sowohl in den neuen als auch in den alten Bundesländern liegen die PDS-Stimmen im allgemeinen dort über dem Bundesdurchschnitt, wo die Bevölkerungsdichte hoch ist, wo der Dienstleistungssektor stark vertreten ist, wo überdurchschnittlich viele Menschen in Einpersonenhaushalten und wo vergleichsweise viele Ausländer leben Es handelt sich hierbei sichtlich um Indikatoren der Verstädterung und der Metropolenbildung. Man kann daher auch formulieren: Zwischen den Wahlerfolgen der PDS und der Existenz eines urbanen Milieus besteht ein enger Zusammenhang. Unterdurchschnittliche Wahlerfolge hatte die PDS vor allem in Wahlkreisen mit einem hohen Anteil von Personen in der Landwirtschaft oder im produzierenden Gewerbe zu verzeichnen (vgl. Abbildung 2) Die einzige augenfällige Diskrepanz zwischen West und Ost besteht hinsichtlich der Arbeitslosenquote: Während es im Osten die PDS in Gebieten mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosenquote vergleichsweise schwer hatte, erreichte die PDS im Westen im Schnitt um so bessere Wahlergebnisse, je höher die Arbeitslosenquote im Frühjahr 1994 lag. Für den Westen -in den neuen Bundesländern fand bisher keine Volkszählung statt -lassen sich einige weitere Merkmale in die sozialgeographische Analyse einbeziehen. Es zeigt sich, daß der PDS-Anteil 1994 in Westdeutschland im Schnitt um so höher ausfiel, je mehr Real-und Hochschulabsolventen und je weniger Personen mit Hauptschulabschluß in einem Wahlkreis lebten. Schließlich, auch dies belegt Abbildung 2, hatte es die PDS 1994 in den alten Bundesländern im allgemeinen um so schwerer, je höher der Katholikenanteil in einem Wahlkreis lag.

Abbildung 9: Die Zustimmung zu den Einzelfragen der Sozialismusskala bei PDS-Wählern und dem Rest der Wahlberechtigten (nur Ostdeutschland; Prozentanteil zustimmende Antworten) Quelle: Eigene Darstellung. — PDS-Wähler

Natürlich ist kein Wahlkreis nur katholisch oder evangelisch, nur ländlich oder städtisch und nur von Personen mit Hochschul-oder Hauptschulabschluß besiedelt. Vielmehr überlagern sich in der Realität diese Merkmale. In beiden Wahlgebieten konnte die PDS ihre größten Wahlerfolge in Regionen erzielen, die sich durch die folgende Merkmalskombination auszeichnen: eine hohe Bevölkerungsdichte, einen überdurchschnittlichen Anteil von Personen im Dienstleistungssektor und eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote. In den Wahlkreisen dieses Typs erreichte sie im Westen 2, 1 und im Osten stolze 35 Prozent der Stimmen. Es sind gleichzeitig die Regionen, in denen sie in den neuen Bundesländern mit 14 Prozentpunkten den höchsten Stimmenanstieg gegenüber 1990 verzeichnete. Geradezu PDS-, Tiefburgen stellen sowohl hinsichtlich des Wahlergebnisses von 1994 als auch hinsichtlich des Stimmenanstiegs die Wahlkreise mit geringer Bevölkerungsdichte und einem niedrigen Anteil von Personen im Dienstleistungssektor dar, wobei die Arbeitslosenquote in diesem Wahlkreistypus eher von untergeordneter Bedeutung für das Abschneiden der PDS gewesen zu sein scheint

Abbildung 10: Die Wahl der PDS nach der Häufigkeit der Zustimmung zu den Aussagen der Sozialismus-skala (nur Ostdeutschland; Prozent PDS-Wähler in der jeweiligen Kategorie) Quelle: Eigene Darstellung.

Als Fazit der sozialgeographischen Analyse können wir festhalten, daß sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern die PDS-Wahlergebnisse in den urbanen Dienstleistungszentren 1994 sehr viel höher ausgefallen sind als in anders strukturierten Gebieten und daß sie sich in den klassischen Arbeitergebieten Ostdeutschlands nach wie vor sehr schwer tat.

III. Zur parteipolitischen Herkunft der PDS-Wähler

Abbildung 3: Das Wahlverhalten der PDS-Wähler 1994 bei der Bundestagswahl 1990 Quelle: Eigene Darstellung. NWBR/NW: Bei der Bundestagswahl 1990 nicht wahlberechtigt bzw. nicht gewählt.

In den neuen Bundesländern hatten laut Wahltags-befragung des Dortmunder FORSA-Instituts über die Hälfte der PDS-Wähler bereits 1990 für diese Partei gestimmt Über vier Fünftel ihrer Wähler von 1990 haben ihr demzufolge 1994 die Treue gehalten. Das ist mehr als bei jeder anderen Partei. Rund 15 Prozent der ostdeutschen PDS-Wähler kamen dieser Quelle zufolge von der SPD, gut 10 Prozent waren 1990 noch nicht wahlberechtigt oder waren nicht zur Wahl gegangen, weitere knappe 10 Prozent hatten nach eigenem Bekunden damals für die CDU gestimmt (vgl. Abbildung 3). Diese Werte deuten auf die Existenz einer PDS-Stammklientel hin, was für eine nominell so junge, allerdings in einer langen, fast achtzigjährigen Tradition stehende Partei ungewöhnlich ist. Doch findet diese Hypothese Unterstützung, wenn man auf das Vorliegen langfristiger Parteibindungen blickt. Fast 70 Prozent der ostdeutschen PDS-Wähler bezeichnen sich im Herbst 1994 als längerfristige Anhänger ihrer Partei, davon sieht sich rund die Hälfte als stark oder sehr stark mit der PDS verbunden. In den neuen Bundesländern weist lediglich die CDU einen ähnlich hohen Prozentsatz an längerfristigen Parteianhängern mit starker oder sehr starker Bindung auf. Ein knappes Drittel der ostdeutschen PDS-Anhänger gab überdies in einer direkt vor der Bundestagswahl 1994 durchgeführten Umfrage von BASIS RESEARCH (Frankfurt) an, seine Parteibindung schon „seit vielen Jahren“ zu besitzen; weitere 60 Prozent hatten sie nach eigenem Bekunden bereits „seit ein paar Jahren“. In der Zusammenschau deuten diese Ergebnisse auf eine relativ weit fortgeschrittene Verfestigung des PDS-Wählerstamms hin und damit -entgegen vielen Erwartungen -auf durchaus realistische Überlebenschancen der Partei, zumindest im Osten.

Abbildung 11: Die Häufigkeit der Zustimmung zu den Aussagen der Sozialismusskala bei PDS-Wählern und dem Rest der Wahlberechtigten (nur Ostdeutschland; Anteil der jeweiligen Antwort-kategorie innerhalb der PDS-Wählerschaft und beim Rest der Bevölkerung) Quelle: Eigene Darstellung.

Im Westen setzt sich die PDS-Wählerschaft von ihrer parteipolitischen Herkunft her naturgemäß heterogener zusammen. Nur ein Viertel ihrer Wähler von 1994 gab im Rahmen der FORSA-Wahltagsbefragung an, bereits vier Jahre zuvor für sie gestimmt zu haben. Je ein weiteres Viertel stieß von den Grünen und der SPD zur PDS. Schließlich hatten 1990 rund 10 Prozent entweder noch nicht gewählt oder sie waren damals noch nicht wahlberechtigt. Relativ die meisten Wähler scheinen mithin die westdeutschen Grünen an die PDS verloren zu haben

IV. Die Wahl der PDS in den sozialen * Gruppen im Ost-West-Vergleich

Abbildung 4: Die Wahl der PDS nach Geschlecht, Alter, Beruf, Gewerkschaftsmitgliedschaft, Konfession und Ortsgröße Quelle: Eigene Darstellung

Die Aufgliederung der Wählerschaft nach Geschlecht und Alter zeigt, daß im Osten Männer und Frauen in etwa gleich stark PDS wählen, während im Westen die PDS bei Männern etwas erfolgreicher gewesen zu sein scheint als bei den Frauen (vgl. Abbildung 4). Hinsichtlich des Alters gibt es Parallelen zwischen den neuen und den alten Bundesländern: Bei Wählern über 60 ist die Partei klar unter-, bei Wählern unter 45 hingegen klar überrepräsentiert. In Ostdeutschland gab im Oktober 1994 rund ein Viertel der Wähler zwischen 18 und 45 Jahren der PDS die Stimme.

Abbildung 12: Der gemeinsame Einfluß von Bildung, DDR Nostalgie, sozialer Benachteiligung und sozialistischen Einstellungen auf die Wahlentscheidung zugunsten der PDS (nur Ostdeutschland) Quelle: Eigene Darstellung

Größere Ost-West-Differenzen bestehen beim Beruf. So konnte die PDS in den neuen Bundesländern erstaunlich große Erfolge bei Angestellten und vor allem bei Beamten erzielen. Jeder vierte Angestellte und jeder dritte Beamte (!) gab ihr, falls er sich an der Wahl beteiligte, die Stimme. Man kann mit einiger Berechtigung vermuten, daß es sich bei diesen Berufsgruppen, die ja in der Hauptsache dem öffentlichen Dienst angehören, um die Privilegienträger des alten Systems handelt. Größere Erfolge hatte die PDS ferner bei Arbeitslosen und in der Ausbildung befindlichen Wählern. Überdurchschnittlich häufig stimmten im Osten schließlich auch Gewerkschaftsmitglieder, Konfessionslose sowie Groß-und Kleinstadt-bewohner für sie. Bei Arbeitern, Selbständigen und Rentnern sowie bei Landbewohnern dagegen war die Partei des Demokratischen Sozialismus im Osten mit lediglich 13 Prozent bis 17 Prozent der abgegebenen Stimmen wie schon 1990 weit weniger erfolgreich als beim Durchschnitt aller Wähler Im Westen erzielte die PDS nennenswerte, deutlich über dem Durchschnitt liegende Resultate vor allem bei Arbeitslosen und in Ausbildung befindlichen Wählern sowie bei den (zahlenmäßig allerdings weit schwächer als im Osten vertretenen) Konfessionslosen und den Bewohnern von Großstädten, während sie unter Katholiken, vor allem den praktizierenden, bei Bewohnern kleiner Gemeinden und Rentnern nicht sonderlich erfolgreich war.

V. Die PDS -Eine Partei der Vereinigungsverlierer?

Abbildung 5: Die Wahl der PDS nach Einkommen, Bildung, Schichteinstufung, Arbeitslosigkeit und weiteren Merkmalen (nur Ostdeutschland) Quelle: Eigene Darstellung.

An dieser Stelle enden für uns zunächst einmal die Möglichkeiten des Ost-West-Vergleiches der PDS-Wählerschaft, da unter Berücksichtigung des Fall-Zahlenproblems für weitergehende Fragestellungen derzeit nur Daten für die neuen Bundesländer zur Verfügung stehen. Wir stützen uns im folgenden auf die in Anmerkung 6 beschriebene, in den vier Wochen vor der Wahl durchgeführte Umfrage unter zirka 2650 Personen, von denen gut die Hälfte in den neuen Bundesländern lebt. Rund ein Fünftel davon sind PDS-Wähler. Die Analyse dieser Daten zeigt zunächst einmal, daß in den neuen Bundesländern, auf die sich alle weiteren Ausführungen beschränken, die Wahl der PDS sehr deutlich mit dem Bildungsabschluß variiert: Je höher die formale Bildung, desto wahrscheinlicher eine Wahl der PDS. Wie aus Abbildung 5 hervorgeht, lag bei den Befragten mit abgeschlossenem Studium die PDS-Wahl-absicht bei rund 35 Prozent; von den Befragten mit Volks-oder Hauptschulabschluß dagegen wollten ihr nur ganze 14 Prozent die Stimme geben. Weit unterdurchschnittliche Erfolge erzielte die PDS auch bei Personen mit sehr niedrigem Haushaltseinkommen, während Personen mit einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 3500 DM überdurchschnittlich häufig die Absicht äußerten, PDS zu wählen. Daneben wurde sie häufiger von Personen gewählt, die seit 1990 unfreiwillig ihre Stellung wechseln mußten und/oder zwischen 1990 und 1994 schon einmal arbeitslos geworden waren

Die objektiven Sozialindikatoren liefern mithin kein einheitliches Bild. Sie belegen, daß die PDS in recht unterschiedlichen Sozialgruppen erfolgreich war. Festgehalten werden kann an dieser Stelle, daß die PDS weder die bevorzugte Partei der Arbeiter noch der nach Einkommen, Bildung oder Schicht Unterprivilegierten ist. Da sie gerade auch von überdurchschnittlich qualifizierten, mehr als andere verdienenden Wählern, die zum Teil als Angestellte oder Beamte in vergleichsweise sicheren beruflichen Positionen sitzen, überdurchschnittliche Unterstützung erfuhr, kann ausgeschlossen werden, daß es nur Vereinigungsverlierer im objektiven Sinne waren, die ihr im Oktober 1994 die Stimme gaben. Hinsichtlich der subjektiven Schichteinstufung wird aus Abbildung 5 deutlich, daß einerseits sich der Arbeiterschicht, andererseits aber auch sich der Mittelschicht zurechnende Befragte überdurchschnittlich häufig PDS gewählt haben. In das bisherige Bild paßt dabei, daß gerade sich zur unteren Mittelschicht zählende Personen mit 33 Prozent eine weit über dem Durchschnitt liegende PDS-Wahlbereitschaft zu erkennen gaben.

Sehr viel eindeutiger als innerhalb der Sozialgruppen sieht es auf der Einstellungsebene aus. Negative Weitsicht und trübe Zukunftserwartungen scheinen die Wahl der PDS erheblich zu fördern. So bekam die PDS besonders viele Stimmen von Personen, die meinten, die Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik sei ungerecht bzw. sie selbst würden von der Gesellschaft ungerecht behandelt (vgl. Abbildung 5). Abbildung 6 belegt, daß die Wahl der PDS besonders stark von der Wahrnehmung der allgemeinen und der eigenen Wirtschaftslage geprägt ist: Wer die Wirtschaftslage negativ sieht, und zwar relativ unabhängig davon, ob damit die frühere, heutige oder künftige Wirtschaftslage gemeint ist, wählt weitaus häufiger PDS als Personen, welche die Wirtschaftslage positiv einschätzen

Aus einer anderen Perspektive formuliert bedeutet das, daß die Wähler der PDS sehr viel düsterere Wirtschaftserwartungen haben als andere. Diese pessimistische Weitsicht erstreckt sich auch auf andere Einstellungsdimensionen. So belegt Abbildung 7, daß die Wähler der PDS praktisch alle staatlichen Institutionen der Bundesrepublik sehr viel negativer beurteilen als der Rest der ostdeutschen Wähler. Besonders negativ ist die Bewertung der Bundesregierung und des Bundestages. Erstaunlich negativ ist angesichts der Tatsache, daß die PDS nur durch die von Karlsruhe beschlossene Aufteilung in zwei Wahlgebiete 1990 überhaupt den Sprung in den Bundestag schaffte, aber auch die Einschätzung des Bundesverfassungsgerichtes und der Gerichte allgemein durch die PDS-Wähler. Vergleichsweise positiv hingegen fällt die Einschätzung der Polizei durch die PDS-Wähler aus. Hier bestehen auch die geringsten Differenzen zum Rest der Bevölkerung. Dieses gering ausgeprägte Institutionenvertrauen kann als Hinweis auf eine gewisse politische Entfremdung und eine vergleichsweise niedrige Systemakzeptanz der PDS-Wähler interpretiert werden. Je geringer das Vertrauen in die genannten Institutionen, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Wahl der PDS durch die Befragten. Von den Personen, die demBundesverfassungsgericht sehr geringes Vertrauen entgegenbringen, wählen beispielsweise 53 Prozent PDS; von denen, die ihm sehr hohes Vertrauen entgegenbringen, nur rund 5 Prozent. Ähnliche Unterschiede bestehen zwischen den Wählern der PDS und den übrigen Wahlberechtigten im Ausmaß der Politikverdrossenheit. Sämtliche Indikatoren weisen in die gleiche Richtung, wie Abbildung 8 belegt. Gleichgültig, ob es um die „Machtgier“ der Parteien, die „Korruptheit“ der Politiker oder die „zu geringe Volksnähe“ der Bundestagsabgeordneten geht: Stets haben die Wähler der PDS weitaus negativere Bewertungen als der Rest der Wahlberechtigten. Je politikverdrossener ein Befragter ist, je skeptischer er die Parteien und Politiker beurteilt, desto wahrscheinlicher ist eine Stimmabgabe zugunsten der PDS. Auch hier möge ein Beispiel zur Illustration genügen: Von denen, die mit der Aussage, die Parteien wollten nur die Stimmen der Wähler, voll und ganz übereinstimmen, haben rund 31 Prozent im vergangenen Oktober PDS gewählt, also 50 Prozent mehr als der Durchschnitt aller Befragten; von denen, die mit dieser Aussage nicht einverstanden waren, dagegen nur rund 5 Prozent.

Solche und weitere, hier nicht referierte Ergebnisse der Umfrage deuten auf ein erhebliches Ausmaß an Systementfremdung und Mißtrauen gegenüber der Politik und ihren Akteuren bei PDS-Wählern hin. Dies schlägt sich beispielsweise auch im vergleichsweise geringen Ausmaß der Demokratiezufriedenheit unter den PDS-Anhängern nieder. Es ist bezeichnend, daß in unserer Umfrage die PDS von denjenigen, die mit der Demokratie in der Bundesrepublik „sehr unzufrieden“ sind, 55 Prozent der Stimmen erhielt, von der Gegengruppe der „sehr Zufriedenen“ dagegen keine einzige Stimme.

VI. Sozialistische Einstellungen als Bestimmungsfaktor der PDS-Wahl

Abbildung 6: Die Wahl der PDS nach der Wahrnehmung der allgemeinen und der eigenen wirtschaftlichen Lage (nur Ostdeutschland; Prozentanteil PDS-Wähler in der jeweiligen Kategorie) Quelle: Eigene Darstellung

Auf mindestens einer weiteren Einstellungsdimension unterscheiden sich die PDS-Wähler signifikant von anderen Wählern, wie Abbildung 9 belegt. Es handelt sich hierbei um insgesamt sechs Indikatoren einer kleinen, von uns konstruierten Skala zur Messung sozialistischer Vorstellungen. Abbildung 9 belegt, daß die Wähler der PDS jeder einzelnen der sechs Aussagen weitaus häufiger zustimmen als der Rest der Befragten in den neuen Bundesländern. So billigen über 50 Prozent der PDS-Wähler der untergegangenen DDR „mehr gute als schlechte Seiten“ zu, unter den übrigen Befragten sind es rund 30 Prozent. Weiter sind ziemlich genau 60 Prozent der PDS-Wähler (gegenüber 40 Prozent der anderen Wahlberechtigten) für eine Verstaatlichung der Wirtschaft, halten rund 90 Prozent der PDS-Wähler (gegenüber 60 Prozent der übrigen Befragten) den Sozialismus für eine gute, wenn auch bisher schlecht verwirklichte Idee. Fast zwei Drittel der PDS-Wähler sind „voll und ganz“ von der Richtigkeit dieser Aussage überzeugt, weitere 24 Prozent stimmen ihr „eher zu“. Wechselt man die Perspektive, dann finden sich unter denjenigen, die der Sozialismus-Aussage „voll und ganz“ zustimmen, 41 Prozent Wähler der PDS; unter denen, die ihr „überhaupt nicht“ zustimmen, dagegen nur 6 Prozent.

Faßt man die sechs Indikatoren aus Abbildung 9 zu einer „Sozialismusskala“ zusammen, dann zeigt sich ein bemerkenswerter, fast linearer Zusammenhang: Je mehr Aussagen der Skala zugestimmt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer Wahl der PDS. Von denen, die allen sechs Aussagen zustimmen, wollten bei der Bundestagswahl 1994 fast zwei Drittel für die PDS votieren, von denen, die nur maximal einer Aussage zustimmen, dagegen lediglich 3 Prozent (vgl. Abbildung 10).Dreht man die Perspektive um und vergleicht den Anteil der Befragten mit ausgeprägter sozialistischer Ideologie innerhalb der PDS mit dem innerhalb der übrigen Wählerschaft, so zeigt sich zunächst, daß es unter den PDS-Wählern -im Gegensatz zu den übrigen Wahlberechtigten -kaum Personen ohne deutlich erkennbare Elemente sozialistischer Ideologie gibt. Rund 40 Prozent der PDS-Wähler stimmen mindestens fünf der sechs Aussagen der Skala zu, sind also nach unserer Definition eindeutig sozialistisch orientiert. In der restlichen Wahlbevölkerung sind es nur rund 10 Prozent (vgl. Abbildung 11). Legt man einen etwas weicheren Maßstab an und geht von mindestens vier positiv beantworteten Aussagen aus, um vom Vorhandensein sozialistischer Grundorientierungen zu reden, weisen sogar zwei Drittel aller PDS-Wähler (gegenüber 27 Prozent der übrigen Wahlberechtigten) solche Orientierungen auf. Gänzlich oder zumindest fast vollständig frei von derartigen Elementen sozialistischer Ideologie sind innerhalb der PDS-Wählerschaft lediglich zwischen zwei und vier Prozent, innerhalb der übrigen Wahlberechtigten hingegen rund 30 Prozent.

Dabei zeigt ein Vergleich zwischen der Plazierung der Befragten auf der Sozialismusskala und ihrer Wahrnehmung der eigenen und der allgemeinen Wirtschaftslage, daß diese um so negativer ausfällt, je höher man auf der Sozialismusskala rangiert. So weisen 63 Prozent aller Befragten, die allen sechs Aussagen der Sozialismusskala zustimmen, zugleich eine negative Einschätzung der allgemeinen Wirtschaftslage auf, während es bei denjenigen, die maximal einer Aussage der Skala zustimmen, nur 17 Prozent sind. Analoge Zusammenhänge lassen sich zwischen anderen Einstellungsdimensionen wie der Politikverdrossenheit, dem Institutionenvertrauen oder der Demokratie-zufriedenheit und dem Rang, den ein Individuum auf der Sozialismusskala einnimmt, nachweisen. Derartige Zusammenhänge können als Indiz dafür angesehen werden, daß das Vorhandensein eines relativ geschlossenen sozialistischen Überzeugungssystems die Wahrnehmungen und Einschätzungen des einzelnen prägt und auf diesem Wege sein politisches Handeln mitbestimmt.

VII. Die Überlagerung der Einflußfaktoren im Kontrastgruppenvergleich

Abbildung7: Das Institutionenvertrauen bei PDS-Wählern und dem Rest der Wahlberechtigten (nur Ostdeutschland; arithmetisches Mittel) Quelle: Eigene Darstellung. voll und ganz

Wir wollen zum Abschluß ein Erklärungsmodell vorstellen, in das einerseits der wichtigste von uns ermittelte Sozialfaktor, die formale Bildung, und andererseits einige signifikant mit der PDS-Wahl zusammenhängende Einflüsse auf der Einstellungsebene eingehen. Hierbei handelt es sich um das Gefühl, die DDR habe mehr gute als schlechte Seiten gehabt („DDR-Nostalgie“), den Eindruck, man werde von der Gesellschaft sozial benachteiligt („Benachteiligung“) und die im vorangegangenen Abschnitt vorgestellte Sozialismusskala (allerdings ohne das Merkmal „DDR-Nostalgie“). Die Überlagerung dieser Faktoren wird in Form eines sogenannten Kontrastgruppenvergleichs dargestellt. Dabei werden die Befragten in mehreren aufeinanderfolgenden Schritten in immer homogenere Merkmalsklassen eingeordnet. In den Kästeben von Abbildung 12 werden zwei Arten von Informationen wiedergegeben: Die jeweils erste Zahl informiert über den Prozentsatz der PDS-Wähler innerhalb der entsprechenden Kontrastgruppe (so wählen 31 Prozent der formal höher Gebildeten, aber nur 15 Prozent der formal weniger Gebildeten PDS); die jeweils zweite Zahl gibt Auskunft über den Anteil der Befragten mit der entsprechenden Merkmalskombination innerhalb der PDS-Wählerschaft (z. B. besitzen trotz der sehr viel größeren Affinität der Höhergebildeten zur PDS nur 47 Prozent der PDS-Wähler Abitur oder einen Hochschulabschluß, 53 Prozent dagegen weisen maximal einen Realschulabschluß auf, da es auch in den neuen Bundesländern weitaus mehr Wahlberechtigte mit Haupt-oder Realschulabschluß als mit Abitur oder Hochschulexamen gibt).

Die Auszählung zeigt, daß 90 Prozent der PDS-Wähler der alten DDR mehr gute als schlechte Seiten zubilligen, daß sich 51 Prozent von der Gesellschaft sozial benachteiligt fühlen und daß rund drei Viertel mehr oder minder stark einer sozialistischen Ideologie anhängen. Bei den höhergebildeten PDS-Anhängern sind es sogar 85 Prozent „Ideologen“. Ferner belegt Abbildung 12, daß jeder der vier Einflußfaktoren auf die PDS-Wahl einen von den anderen unabhängigen Effekt ausübt. Insbesondere der Bildungsfaktor „schlägt“ durch alle Einstellungskombinationen durch. Von Höhergebildeten, die an der DDR mehr gute als schlechte Seiten sehen, sich sozial benachteiligt fühlen und mindestens drei der fünf Aussagen der Sozialismusskala zustimmen, haben 65 Prozent die PDS gewählt, von den Niedrigergebildeten mit genau der gleichen Einstellungskombination dagegen „nur“ 35 Prozent. Aber auch der Indikator „DDR-Nostalgie“ steigert die Wahl der PDS noch einmal beträchtlich: bei den weniger Gebildeten um 17 Prozentpunkte von 4 auf 21 Prozent, bei den Höhergebildeten sogar um 37 Prozentpunkte von 8 auf 45 Prozent. Von kaum geringerer Bedeutung ist der Effekt des Gefühls sozialer Benachteiligung und des Faktors „Sozialismus“. Die weiterführende statistische Analyse zeigt, daß die „sozialistische Ideologie“ dabei vergleichsweise stärker zur Erklärung der PDS-Wahl beiträgt als die Faktoren „Nostalgie“ und „Benachteiligung“ und daß die Bildung über alle Merkmalskonstellationen hinweg einen eigenständigen Einfluß auf die PDS-Wahl ausübt, der selbst dann noch erhalten bleibt, wenn man weitere Merkmale wie das Institutionenvertrauen, die Politikverdrossenheit oder die frühere und heutige Beschäftigung im öffentlichen Dienst in das Erklärungsmodell mit einbezieht Wir interpretieren dies als Hinweis auf einen gewissen Sozialisationserfolg der alten DDR, der selbst jenseits von sozialistischer Weltanschauung und Ideologie zu wirken scheint und naturgemäß bei denjenigen am stärksten wirkt, die in ihrer Bildungskarriere am längsten diesem Einfluß ausgesetzt waren (und auch am meisten von ihm profitierten).

Als Fazit bleibt festzuhalten, daß die Wahl der PDS 1994 von einer Vielzahl von Faktoren beeinflußt worden ist, die weniger objektiver als subjektiver Natur zu sein scheinen. Wer formal hochgebildet ist, der alten DDR eher positiv als negativ gegenübersteht, sich sozial von der Gesellschaft der Bundesrepublik in irgendeiner Weise benachteiligt fühlt, negative Wahrnehmungen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft besitzt und zumindest einige Kernaussagen des Sozialismus bejaht, erscheint nach unseren Ergebnissen geradezu prädestiniert für die Wahl der PDS. Insofern sind die Motive der PDS-Wähler der Bundestagswahl 1994 in der Tat durch eine Mischung aus Ideologie, Nostalgie und Protest gekennzeichnet.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Abweichend Karl Schmitt, Politische Landschaften im Umbruch: Das Gebiet der ehemaligen DDR 1928-1990, in: Oscar W. Gabriel/Klaus G. Troitzsch (Hrsg.), Wahlen in Zeiten des Umbruchs, Frankfurt u. a. 1993, S. 403-441; Jürgen W. Falter, Wahlen 1990. Die demokratische Legitimation für die deutsche Einheit mit großen Überraschungen, in: Eckhard Jesse/Armin Mitter (Hrsg.), Die Gestaltung der deutschen Einheit. Geschichte -Politik -Gesellschaft, Bonn 1992, S. 187.

  2. Natürlich wählen Ausländer nicht PDS; sie sind auch nicht Ursache für die Wahlerfolge der PDS, sondern sie stellen einen Indikator für eine bestimmte Struktur eines Wahlkreises dar.

  3. In Abbildung 2 sind sogenannte Korrelationskoeffizienten wiedergegeben, mit deren Hilfe der statistische Zusammenhang zwischen bestimmten Gebietsmerkmalen, etwa dem Katholikenanteil und dem Prozentsatz der PDS-Stimmen, auf Wahlkreisebene beschrieben wird. Je höher der Koeffizient, desto stärker der Zusammenhang. Der Korrelationskoeffizient kann zwischen den Extremwerten -1 und + 1 liegen; eine Korrelation von 0 bedeutet, daß zwischen den beiden analysierten Merkmalen kein systematischer Zusammenhang besteht. Je näher der Koeffizient bei + 1 oder -1 liegt, desto enger ist der Zusammenhang, wobei ein positiver Koeffizient bedeutet, daß die beiden untersuchten Merkmale auf Wahlkreisebene auch positiv Zusammenhängen, daß also der PDS-Anteil im Schnitt um so höher liegt, je größer z. B.der Anteil des Dienstleistungsgewerbes ist. Ein negativer Koeffizient bedeutet, daß zwischen beiden Merkmalen ein reziproker Zusammenhang besteht, daß also der PDS-Anteil im Schnitt um so höher ausfällt, je geringer z. B.der Anteil der im produzierenden Gewerbe Beschäftigten in einem Wahlkreis ist und umgekehrt.

  4. Weitergehende statistische Analysen, die wir hier aus Platz-, aber auch aus Verständnisgründen nicht im einzelnen dokumentieren können, belegen, daß in den neuen Bundesländern die PDS-Stimmen am stärksten vom Merkmal Dienstleistungen, gefolgt von der Bevölkerungsdichte und erst dann, und zwar negativ und nur ganz schwach, von der Arbeitslosenquote beeinflußt worden sind. Im Westen mit seinen nur sehr niedrigen PDS-Ergebnissen sehen die statistischen Zusammenhänge etwas anders aus: Hier ist der wichtigste Einflußfaktor die Bevölkerungsdichte, gefolgt vom Katholikenanteil, von dem das PDS-Wahlergebnis erwartungsgemäß negativ beeinflußt wird, ferner dem Merkmal Dienstleistungen und, auch hier wieder am schwächsten, von der Arbeitslosenquote, die allerdings im Gegensatz zum Osten in den alten Bundesländern auch nach Berücksichtigung der Wirkungen der übrigen Faktoren einen positiven statistischen Einfluß auf das PDS-Wahlergebnis ausübt. Der relative Einfluß der verschiedenen sozialgeographischen Merkmale wurde mit Hilfe multipler Regressionsanalysen ermittelt.

  5. Wir möchten dem Inhaber von FORSA, Manfred Güllner, herzlich für die schnelle und unbürokratische Überlassung seines Datensatzes mit der für RTL durchgeführten Wahltagsbefragung und weiterer für diese Analyse nützlicher Datensätze danken.

  6. Diese Umfrage wurde in ihrem mündlichen Teil von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen eines von Hans Rattinger (Bamberg), Oscar W. Gabriel (Stuttgart), Karl Schmitt (Jena) und Jürgen W. Falter (Mainz) durchgeführten Projektes über „Die Transformation der politischen Kultur in den neuen Bundesländern“ und in ihrem schriftlichen Teil von der Fritz Thyssen-Stiftung finanziell gefördert.

  7. Allerdings gibt es im Zusammenhang mit den PDS-Wählern aus den alten Bundesländern enorme Fallzahlenprobleme, so daß größere Zufallsschwankungen nicht auszuschließen sind. Vergleicht man jedoch die Ergebnisse der Wahltagsbefragung von FORSA mit denjenigen der Forschungsgruppe Wahlen, lassen sich hinsichtlich der parteipolitischen Herkunft der PDS-Wähler im Westen durchaus ähnliche Zusammenhänge feststellen. Für den Osten existieren derartige Fallzahlprobleme angesichts des Wahlerfolges der PDS ohnehin nicht.

  8. Der Durchschnitt für alle ostdeutschen Befragten wird in den Abbildungen 4 und 5 durch die gestrichelte, bei 20 Prozent liegende Linie abgebildet. Für die alten Bundesländer liegt der PDS-Durchschnitt bei 1 Prozent; er wird in Abbildung 4 durch die linke der beiden gestrichelten Linien symbolisiert. Alle rechts von der jeweiligen gestrichelten Linie liegenden Säulen repräsentieren überdurchschnittliche PDS-Wahlerfolge innerhalb der jeweiligen Sozialkategorie, alle links von der jeweiligen Linie liegenden Säulen stehen für unterdurchschnittliche PDS-Erfolge. Die Prozentangaben in Abbildung 4 stützen sich auf die Wahltagsbefragungen der Forschungsgruppe Wahlen und des FORSA-Instituts, die in Abbildung 5 auf eigene, in Anmerkung 6 erwähnte Umfragen.

  9. Ähnliche Ergebnisse bereits bei Patrick Moreau/Viola Neu, Die PDS zwischen Linksextremismus und Linkspopulismus, in: Interne Studien der Konrad-Adenauer-Stiftung, Nr. 76/1994, Sankt Augustin 1994; vgl. ferner Patrick Moreau/Jürgen P. Lang, PDS -Das Erbe der Diktatur, in: Politische Studien, Sonderdruck 1/1994; Patrick Moreau (in Zusammenarbeit mit Jürgen Lang und Viola Neu), Was will die PDS?, Frankfurt-Berlin 1994, S. 156 ff.

  10. Aus den Absolutzahlen unterhalb von Abbildung 6 ergeben sich weitere bemerkenswerte Informationen. Die eigene Wirtschaftslage sehen sehr viel mehr Befragte bereits heute in einem positiven Lichte als die allgemeine Wirtschaftslage, wobei v. a. hinsichtlich letzterer die optimistischen Zukunftserwartungen dominieren.

  11. Die Überprüfung dieser und einer Vielzahl weiterer, alternativer Erklärungsmodelle erfolgte mit Hilfe des statistischen Verfahrens der logistischen Regression.

Weitere Inhalte

Jürgen W. Falter, Dr. rer. pol., geb. 1944; o. Professor für Politikwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg. zus. mit H. Rattinger und K. Troitzsch) Wahlen und politische Einstellungen in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt -Bern 1989; Hitlers Wähler, München 1991; Wer wählt rechts? Die Wähler und Anhänger rechtsextremistischer Parteien im vereinigten Deutschland, München 1994. Markus Klein, M. A., geb. 1969; Student der Volkswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sowie wiss. Angestellter am dortigen Institut für Politikwissenschaft. Veröffentlichungen u. a.: Die Rolle der Frau im geteilten Deutschland, in: Politische Vierteljahresschrift, 34 (1993); (zus. mit W. Bürklin und A. Ruß) Dimensionen des Wertewandels, in: Politische Vierteljahresschrift, 35 (1994).