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Die Entwicklung der Demokratie in Lateinamerika | APuZ 4-5/1994 | bpb.de

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APuZ 4-5/1994 Welche Lateinamerikapolitik entspricht deutschen Interessen? Die Entwicklung der Demokratie in Lateinamerika Lateinamerikas soziale Schuld Brasilien: Sozio-ökonomische und außenpolitische Perspektiven vor dem Hintergrund eines blockierten Entwicklungspotentials

Die Entwicklung der Demokratie in Lateinamerika

Wilhelm Hofmeister

/ 20 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Während der achtziger Jahre erlebten die meisten lateinamerikanischen Länder ein Aufbrechen der in den sechziger und siebziger Jahren an die Macht gekommenen autoritären Regime und einen Übergang zur Demokratie. Die Herausforderung der neunziger Jahre besteht daher in der Konsolidierung der demokratischen Systeme. Die Entwicklung in den verschiedenen Ländern der Region zeigt, daß in einigen Staaten bereits relativ starke demokratische Strukturen bestehen, während in anderen Ländern noch prekäre demokratische Verhältnisse mit der Gefahr eines autoritären Rückschlages herrschen. Allgemein können als Elemente der Behinderung von Demokratie festgehalten werden: eine noch vielerorts schwächliche und defizitäre demokratische Infrastruktur mit schwachen Parlamenten, ein ineffizienter Justizapparat, schwache politische Parteien, eingeschränkte Leistungsfähigkeit der demokratischen Regierungen zur Bewältigung der schwierigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme im Gefolge von Autoritarismus, Korruption und Gewalt sowie die nur mühsame Eingliederung der Militärs in die demokratische Gesellschaft. Gleichzeitig sind aber auch demokratieförderliche Elemente auszumachen: Trotz aller Schwächen und der großen Wirtschafts-und Sozialprobleme haben sich die demokratischen Strukturen bisher als haltbar und auch reformfähig erwiesen. Der Konsens über das leitende soziopolitische und sozioökonomische Entwicklungsparadigma, d. h. repräsentative Demokratie und eine marktwirtschaftliche Ordnung, ist größer als je zuvor. Mit der Beständigkeit und Effizienz der demokratischen Institutionen kann sich somit eine demokratische politische Kultur festigen.

I. Einleitung

„Demokratisierung“ ist heute der zentrale Begriff zur Kennzeichnung der politischen Entwicklung in vielen Regionen der Erde. Am augenfälligsten sind die Ereignisse und Entwicklungen in Ost-und Süd-osteuropa. Das darfjedoch den Blick nicht versperren auf die „herkömmlichen“ Entwicklungsländer und Dritte-Welt-Regionen, in denen sich ebenfalls seit den achtziger Jahren -also noch vor dem Fall der Berliner Mauer und dem Zusammenbruch des Sowjetimperiums -eine Entwicklung zur Demokratie vollzogen hat

Lateinamerika übte in diesem Kontext gewissermaßen eine Vorreiterrolle aus. Mit Beginn der achtziger Jahre kam hier eine Demokratisierungswelle in Gang, die mittlerweile außer Kuba und dem Sonderfall Mexiko alle lateinamerikanischen Länder erfaßt hat. Die achtziger Jahre, die wegen der zunehmend schwierigen sozioökonomischen Bedingungen häufig als „verlorenes Jahrzehnt“ bezeichnet wurden, stehen somit gleichzeitig für das Aufbrechen des Autoritarismus und den Übergang zur Demokratie

Da sich das Aufbrechen der autoritären Herrschaftssysteme und der Übergang zur Demokratie im wesentlichen während der achtziger Jahre vollzogen und mittlerweile in einer ganzen Reihe von Ländern bereits demokratische Wahlen und Regierungswechsel stattgefunden haben -in einigen Ländern zum ersten Mal in ihrer Geschichte -, stehen die neunziger Jahre in Lateinamerika unter der Herausforderung der Konsolidierung der Demokratie. Wie sich die Demokratie in den einzelnen Ländern entwickelt hat, welche Behinderungen und Probleme ihr entgegenstehen und wie sich die demokratischen Chancen und Aussichten Lateinamerikas darstellen, wird im folgenden erörtert.

II. Zur Entwicklung der Demokratie in den Ländern Lateinamerikas

Die lateinamerikanischen Länder lassen sich im Hinblick auf die Entwicklung ihrer Demokratien aus gegenwärtiger Sicht in vier Gruppen zusammenfassen: -Länder mit relativ gefestigten demokratischen Verhältnissen, in denen allerdings -neben den überall auf dem Subkontinent vorhandenen großen sozialen Problemen und entsprechenden Herausforderungen für die staatliche Wirtschafts-

und Sozialpolitik -ein belastendes Erbe aus der Zeit des Autoritarismus in den staatlichen und politischen Institutionen und in der politischen Kultur erkennbar ist, das die Konsolidierung der Demokratie noch behindert: Argentinien, Uruguay, Chile, Kolumbien, Ekuador, die Dominikanische Republik sowie die demokratische Ausnahmeerscheinung Costa Rica;

-Länder mit relativ prekären demokratischen Verhältnissen, in denen praktisch erst seit wenigen Jahren zum ersten Mal eine demokratische Institutionenordnung und demokratische Verfahren Geltung haben und wo neben komplexen sozialen und innenpolitischen Problemstellungen eine demokratische politische Kultur erst rudimentär entwickelt ist: die zentralamerikanischen Länder Guatemala, Honduras, Nicaragua, El Salvador, Panama sowie Bolivien und Paraguay im Süden des Kontinents;

-Länder, in denen die demokratische Entwicklung erhebliche Strukturdefizite aufweist und deren demokratisches System sich vor allem aufgrund von Korruption und Mißwirtschaft in einer offenen Krise befindet, so daß ein autoritärer Rückschlag möglich erscheint bzw. bereits erfolgt ist; als eines der wichtigsten Strukturdefizite erscheint die allgemeine Erschütterung des Parteiensystems und die Desavouierung der politischen Parteien, so daß auch keine demokratische Opposition als glaubwürdige Herrschaftsalternative zur Verfügung steht: Venezuela, Brasilien, Peru;-Länder, deren Regimetyp den westlichen Vorstellungen von repräsentativer Demokratie widerspricht und in denen erst mehr oder weniger zaghafte Anzeichen einer Regimetransformation erkennbar sind: Mexiko, Kuba und Haiti.

Im folgenden wollen wir die politische Entwicklung dieser Länder anhand einiger Beispiele kurz skizzieren. Danach werden die Behinderungen und die Chancen der Demokratie etwas systematischer zusammengefaßt. 1. Länder mit gefestigten demokratischen Verhältnissen Costa Rica: Das kleine zentralamerikanische Land gilt als die lateinamerikanische „Musterdemokratie“ schlechthin. Seit fast schon einem halben Jahrhundert an demokratische Verhältnisse gewöhnt und ausgestattet mit einem stabilen Parteien-system, in dem sich zwei demokratische Parteien in der Ausübung der politischen Herrschaft abwechseln, hat Costa Rica eine demokratische politische Kultur entwickelt, die mittlerweile als die wichtigste Grundlage für die weitere Entwicklung der Demokratie gelten kann. Diese sollte stabil genug sein, um eine etwaige Zunahme innergesellschaftlicher Spannungen aufgrund notwendiger wirtschaftlicher Strukturanpassungsmaßnahmen auszuhalten.

Chile: Zwar war das Land mit seiner erst 1990 vollzogenen Regimetransformation ein Nachzügler im Rahmen der Demokratisierungsprozesse, doch ein breiter demokratischer Konsens innerhalb des erneuerten und wieder gefestigten Parteiensystems, die Lernfähigkeit der politischen und gesellschaftlichen Eliten sowie die Leistungsfähigkeit und Effizienz der Regierung, dazu günstige makroökonomische Rahmenbedingungen lassen einen raschen Fortschritt bei der Konsolidierung der chilenischen Demokratie erkennen Das zeigte sich auch bei den Wahlen im Dezember 1993, die der Christdemokrat Eduardo Frei deutlich gewann, der damit die Mitte-Links-Koalition seines Partei-freundes Patricio Aylwin fortsetzen wird. Trotz dieser günstigen Entwicklung ist freilich nicht zu übersehen, daß in den Institutionen, besonders in der Justiz und hinsichtlich der Sonderrolle der Streitkräfte, das autoritäre Erbe noch nachwirkt und ein nicht geringer Teil der Bevölkerung noch wenig Anteil hat an den Erträgen des wirtschaftlichen Fortschritts.

Argentinien: Das Land an der Südspitze des Kontinents, das in unserem Jahrhundert bis 1983 viele Perioden autoritärer und populistischer Herrschaft erlebt hat, machte in den vergangenen Jahren wesentliche Fortschritte bei der Festigung seines demokratischen Systems Hatte sich der erste demokratisch gewählte Präsident Alfonsin im Dauerstreit zwischen den alten Machtfaktoren, den Militärs und den Gewerkschaften, aufgerieben, so daß er vor dem Hintergrund einer sich gefährlich zuspitzenden Wirtschafts-und Sozialkrise sein Amt vorzeitig aufgab, stellte sich unter dem neuen Präsidenten Menem seit 1989 eine Konsolidierung des demokratischen Prozesses, die Eindämmung der Macht jener traditionellen „Machthalter“ sowie die Festigung eines demokratischen Grundkonsenses ein, der im November 1993 in einem Übereinkommen zwischen den alten Rivalen Alfonsin und Menem über eine Verfassungsreform zum Ausdruck kam, was letzterem wahrscheinlich 1995 die Wiederwahl sichert. Und das alles bei gleichzeitiger Durchführung einer neoliberalen Strukturanpassungspolitik mit drastischen Einschnitten in sozialpolitische Besitzstände, umfassenden Privatisierungsmaßnahmen und einer Reduzierung des Staatsanteils. Das entzog zwar den an staatlichen Beistand gewöhnten Unternehmern, Gewerkschaften und Mittelschichten den Boden, war aber gleichzeitig auch Grundlage für eine beachtliche, wenn auch noch nicht endgültig konsolidierte wirtschaftliche Erholung. Die Neuorientierung der traditionellen Parteien ist eine wesentliche Grundlage für diese positive Entwicklung, die auch durch eine wachsende Bereitschaft zur Bekämpfung der Korruption sowie das Bemühen um mehr Effizienz in verschiedenen Bereichen der öffentlichen Verwaltung unterstützt wird.

Kolumbien: Seit dem Ende eines blutigen Bürgerkrieges 1958 wird das Land von der Liberalen und Konservativen Partei regiert, die zusammen schon über 150 Jahre das politische Leben Kolumbiens dominieren. Mit einer Verfassungsreform 1991 und den Bemühungen zur Integration der guerilla in das politische System sind seit Beginn der neunziger Jahre wichtige Maßnahmen zur institutioneilen und politischen Modernisierung durchgeführt worden; die gravierenden, teilweise noch auf die Kolonialzeit zurückgehenden sozialen Unterschiede bestehen jedoch fort. Der zivile, demokratische Rahmen dürfte weiter Bestand haben, wenngleich die vorübergehende Aussetzung bürgerlicher Freiheiten oder die Ausweitung desHandlungsspielraums der Militärs im Kontext der Bekämpfung der Drogenkriminalität belastend auf die Demokratie wirkt. 2. Länder mit relativ prekären demokratischen Verhältnissen Der Versuch des guatemaltekischen Präsidenten Serrano im Mai 1993, die Verfassung außer Kraft zu setzen, das Parlament aufzulösen und sich selbst mit autoritärer Macht auszustatten, verwies schlagartig auf die Probleme der Demokratisierung in Zentralamerika. Der Massenprotest gegen jene Aktion sowie ihre Ablehnung durch die Streitkräfte, die den Präsidenten nach 14 Tagen zum Abdanken zwangen, sind zugleich aber ein Beleg für die Fortschritte des Demokratisierungsprozesses.

Die Probleme der demokratischen Transformation werden am Beispiel der zentralamerikanischen Länder Guatemala, El Salvador und Nicaragua besonders deutlich -auch wenn sich der Übergang dort in einem länder-und regionalspezifischen Rahmen vollzog, der durch die hohe Bedeutung externer Einflüsse und kriegerische Auseinandersetzungen innerhalb der einzelnen Länder der Region geprägt war. Bei allen Problemen in diesen Ländern läßt sich mittlerweile ein Bedeutungszuwachs der legitimierten politischen Institutionen verzeichnen. Die bereits wiederholte Durchführung demokratischer Wahlen und Regierungswechsel und ihre Anerkennung durch die traditionellen Eliten, die bis Ende der siebziger Jahre solche Verfahren abblockten, sind dafür ein Beleg. Allerdings sind die Probleme nicht zu übersehen: „Diese Errungenschaften der Transition dürfen ... das Faktum nicht beschönigen, daß das Funktionieren demokratischer Muster und Institutionen in Zentralamerika nach so langer Zeit autoritärer Regime selbstverständlich enorme Startschwierigkeiten aufweist. Der politische Wettbewerb und die Partizipation möglichst breiter Teile der Bevölkerung waren und sind weiterhin durch fortdauernde Menschenrechtsverletzungen und Begrenzungen bei der Ausübung der politischen Rechte eingeschränkt. Die accountability politischer Entscheidungen ist noch begrenzt: Die effektive Unterordnung der Militärs unter die zivile Gewalt stößt noch auf Widerstände. Insbesondere aber die Schwäche der demokratisch legitimierten Institutionen unterminiert die Durchsetzungskraft der zivilen Regime.“ Rückschläge wie in Guatemala, die durchaus wieder zur Wiedererrichtung langjähriger autoritärer Regimes führen können, sind daher nicht auszuschließen.

Bolivien: Mit seinen über 150 Staatsstreichen und Putschversuchen war das Land bis 1982 ein Beispiel für politische Instabilität in Lateinamerika. Seither gab es 1985 -zum ersten Mal in der Geschichte des Landes -sowie 1989 und 1993 einen demokratischen Regierungswechsel. Die Wahl-und Regierungsbündnisse des vergangenen Jahrzehnts zeigten die gewachsene Fähigkeit der politischen Eliten zum demokratischen Konsens, so daß Bolivien zum Beispiel der Durchführbarkeit drastischer wirtschaftlicher Strukturanpassungsmaßnahmen innerhalb demokratischer Rahmenbedingungen wurde. Trotz günstiger makroökonomischer Entwicklungstrends der vergangenen Jahre ist Bolivien zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht ein „Land mit begrenzten Möglichkeiten“ Neben gravierenden Armutsproblemen und der von der Drogenökonomie gestützten Volkswirtschaft gibt es noch vielfältige politische Probleme von der Regierungstätigkeit über die Labilität von Parteien und Parlament bis zur Korruption. Ob der demokratische Rahmen unter dem Gewicht der sozioökonomischen Probleme und neuer Massenmobilisierungen Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. 3. Länder mit Gefahr eines Rückschlages für die Demokratie Venezuela: Seit 1958, dem Ende einer von Militarismus und Caudillismus geprägten Geschichte, entwickelte sich Venezuela zu einem der demokratischen Vorzeigeländer des Kontinents. Angeführt wurde dieser Prozeß im wesentlichen von der sozialdemokratischen Partei Acciön Democrätica (AD) und der christlich-sozialen Partei COPEL Beide verstanden es allerdings nicht, in dem Land ein sich selbst tragendes Entwicklungsmodell durchzusetzen Der Reichtum aus den Ölquellen des OPEC-Mitgliedstaates versickerte in Korruption und Mißwirtschaft. Der Versuch des Präsidenten Carlos Andres Perez zu einer neoliberalen Anpassungspolitik führte im Februar 1991 zu Protesten und Warenhausplünderungen der Armen; im Februar 1992 gab es einen Putschversuch, der aber (vorerst) scheiterte. Der Präsident, der wirtschaftlich durchaus Erfolg hatte, wurde im April 1993wegen nachgewiesener Korruption aus dem Amt gejagt. Die Wahlen vom Dezember 1993 fanden in einem gereizten innenpolitischen Klima statt; Putsch oder Bürgerkrieg -beides galt als möglich. Ob der neu gewählte Präsident Rafael Caldera die Wirtschafts-und Sozialkrise lösen kann, bleibt fraglich. Das alte bipolare Parteiensystem ist zersplittert, und das Vertrauen der Bevölkerung in die Leistungsfähigkeit der Regierung ist gering.

Peru: Der autoritäre Rückschlag, von dem oben die Rede war, ist in Peru bereits eingetreten. Nach dem Scheitern der von den Militärs ab 1968 betriebenen „Revolution von oben“ mit ihrem anspruchsvollen sozialen und wirtschaftlichen Reformprogramm haben die zwei ersten demokratischen Regierungen ab 1980 das Land nicht aus einer sich zuspitzenden Wirtschafts-und Sozial-krise führen können. Die traditionellen politischen Parteien von links bis rechts, aber auch das Parlament, die Justiz und die öffentliche Verwaltung haben durch Mißwirtschaft und Korruption an Ansehen verloren, so daß der unbekannte Alberto Fujimori bei den Wahlen von 1990 einen überraschenden Sieg gegen die etablierten Gruppen feiern konnte. Trotz eines Anfangserfolges seiner neoliberal geprägten Wirtschaftspolitik mißtraute Fujimori der Reformkapazität des hergebrachten Systems und setzte mit einem sogenannten „Selbstputsch“ (autogolpe) im April 1992 Verfassung und Parlament außer Kraft. Aufgrund internationalen Drucks wurden zwar im November 1992 Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung und im Oktober 1993 ein Referendum über eine neue Verfassung durchgeführt, doch Präsident Fujimori regiert weiter mit autokratischem Stil, die Regierungskontrolle funktioniert de facto nicht, die Leistungsfähigkeit der Regierung zur Bewältigung der enormen wirtschaftlichen und sozialen Probleme bleibt trotz positiver Ansätze eingeschränkt, die Justiz scheint ein Willkürinstrument des Regimes zu sein, und die Militärs werden in ihrem rücksichtslosen Kampf gegen die menschenverachtende Terrororganisation Leuchtender Pfad immer weniger kontrollierbar. Ob des Präsidenten Grat-wanderung zwischen populistischer Legitimation und autokratischer Herrschaftspraxis nicht doch in einen offenen Autoritarismus mündet, läßt sich abschließend nicht beantworten.

Brasilien: Das größte Land Lateinamerikas taumelt von einer Staatskrise in die nächste. Nachdem 1992 der Staatspräsident wegen nachgewiesener Korruption aus dem Amt gejagt worden war, haben die aufgedeckten 1993 Millionenbetrügereien innerhalb des Parlaments der Glaubwürdigkeit der demokratischen Institutionen weiter geschadet -zumal die dauernden politischen Krisen die Wirtschafts-und Sozialkrise weiter verschärfen Die beiden bisher dominierenden politischen Parteien des politischen Zentrums sind durch die Skandale desavouiert, so daß zur Zeit nur die sozialistische „Arbeiterpartei“ als Herrschaftsalternative erscheint; ein gefestigtes System demokratischer Parteien gibt es noch nicht. Ob ein Präsident aus ihren Reihen vom wirtschaftlichen Establishment und den Militärs toleriert werden wird, muß sich nach den Parlaments-, Gouverneurs-und Präsidentschaftswahlen 1994 zeigen. Zwar sind mit den Korruptionsfällen der letzten Jahre auch Kräfte der Selbstreinigung gestärkt worden, doch bleibt fraglich, ob das zum Erhalt des demokratischen Systems ausreicht. Auf jeden Fall würde ein autoritärer Rückfall in Brasilien erhebliche Auswirkungen auf die Demokratie in Lateinamerika haben. 4. Länder mit nicht repräsentativ demokratischen Regimetypen In Mexiko, Kuba und Haiti gibt es keine repräsentativen Demokratien. Während diese Diagnose hinsichtlich der beiden Karibikstaaten eindeutig ausfällt, ist der Fall Mexikos komplizierter Zwar ist die mexikanische Entwicklung seit mehr als einem halben Jahrhundert von politischer Stabilität gekennzeichnet und die Verfassung formal den Prinzipien repräsentativer Demokratie verpflichtet, doch de facto übt im Regime der „institutionalisierten Revolution“ die Staatspartei PRI das Machtmonopol aus. Die Gewaltenteilung ist faktisch aufgehoben, die Oppositionsparteien haben aufgrund autoritärer Maßnahmen und Wahlbetrugs noch keine reale Chancen zur Herbeiführung eines Machtwechsels. Erst seit Ende der achtziger Jahre nimmt die politische Reformbereitschaft zu. Ob die Integration Mexikos mit den USA und Kanada innerhalb der Nordamerikanischen Freihandelszone die politische Öffnung und eine Regime-transformation begünstigen wird, bleibt ungewiß.

III. Behinderungen der Demokratie

Bereits der flüchtige Überblick über die politische Entwicklung einzelner Länder hat einige Strukturprobleme sichtbar gemacht, die die Demokratisie-rung in Lateinamerika begleiten und behindern. Diese Probleme treten in vielen Ländern auf, allerdings in jeweils unterschiedlicher Ausprägung oder Gewichtung. Die wichtigsten dieser Behinderungen der demokratischen Entwicklung sind: 1. Die unterentwickelte und defizitäre demokratische Infrastruktur Der Übergang zu demokratischen Regierungsformen ist formal zwar in den meisten Ländern vollzogen, doch waren bzw. sind die politischen und staatlichen Institutionen vielerorts zu schwach oder nicht angemessen zur Abstützung und Absicherung der politischen Modernisierung und des sozialen Wandels. Die Verfassungsentwicklung hinkte bisher der politischen Entwicklung hinterher, wenngleich in den vergangenen Jahren in Paraguay, Guatemala, Kolumbien, Bolivien und auch Brasilien wichtige Verfassungsreformen durchgeführt wurden. In Argentinien, Chile und Uruguay werden weitere Reformen noch angestrebt.

Rechtsstaatlichkeit im Sinne einer Verwirklichung der Herrschaft des Rechts, der Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Rechtsakten und der Gleichheit vor dem Recht ist in vielen Ländern noch nicht verwirklicht, was vielfach eng korrespondiert mit einer schlechten, ineffizienten und korrupten Justizverwaltung, so daß etwa in Chile Richter amtieren, die noch vom autoritären Regime ernannt wurden und diesem verhaftet sind Die politischen Partizipationsmöglichkeiten, etwa auf der Gemeindeebene, sind zum Teil noch ebenso eingeschränkt wie der Handlungsspielraum der Kommunen, abgesehen von der mangelnden Erfahrung mit kommunaler Selbstverwaltung. Die präsidentialistischen Regierungssysteme bedeuten in der Praxis eine disproportionale, mithin nur eingeschränkt funktionierende Gewaltenteilung zugunsten der Position der Präsidenten; allerdings ist vor einer pauschalen Kritik am Präsidentialismus und dem Plädoyer für einen Parlamentarismus auch die eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Parlamente, ihre unzureichende Organisation und personelle wie sachliche Ausstattung sowie die ungenügende parlamentarische Erfahrung der Abgeordneten und Senatoren in Rechnung zu stellen. Die zentralen Probleme sind die unzureichenden checks and balances zwischen Exekutive und Legislative und fehlende Mechanismen in Regierungsund Wahlsystemen zur Begünstigung von tragfähigen parlamentarischen und Regierungsmehrheiten.

Eng damit zusammen hängen die Probleme der politischen Parteien, die nach wie vor die „kennzeichnende Institution des modernen politischen Systems“ sind mit maßgeblicher Bedeutung für den Verlauf des politischen Entwicklungsprozesses. Neben der traditionellen Fragmentierung der Parteiensysteme ist auch in Lateinamerika der weltweite Trend einer Auflösung der Integrations-und Bindefähigkeit der politischen Parteien zu beobachten, was sowohl mit dem Abschleifen oder dem Verlust früherer ideologischer Bastionen als auch einer weitverbreiteten Skepsis hinsichtlich der Problemlösungskapazitäten der politischen Parteien zu tun hat Diese Entwicklung ist insofern problematisch, als wir einen engen Zusammenhang zwischen funktionsfähigen Parteien und der Konsolidierung von Demokratie unterstellen. 2. Die eingeschränkte Leistungsfähigkeit der demokratischen Regierungen Die Übergangsprozesse unter den schwierigen politischen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen stellen hohe Anforderungen an die Kompetenz der Regierenden in einer Vielzahl von Aufgabenfeldern. Dabei hatten viele der Zivilisten, die nun erstmals Regierungsverantwortung übernahmen, nur in den wenigsten Fällen Erfahrung in hohen Staats-und Verwaltungsämtern; die Zahl qualifizierter Fachkräfte ist vielerorts ohnehin noch relativ gering. Hinzu kommt, daß eine effektive Durchsetzung von Regierungsentscheidungen aufgrund traditioneller Verhaltensweisen der öffentlichen Verwaltung, Schlamperei, Unfähigkeit oder offenen Widerstandes seitens der Exekutivorgane besonders in den „jungen“ Demokratien noch erheblich eingeschränkt ist. So ist den ersten demokratisch gewählten Präsidenten von El Salvador und Guatemala, Napoleon Duarte (1984-1989) und Vinicio Cerezo (1986-1991), gewiß die Absicht und der Wille zur Beendigung der Menschenrechtsverletzungen und des blutigen Kampfes zwischen Militärs und guerilla zu unterstellen. Doch wenn die Reichweite von Präsidentenentscheidungen am Portal des Regierungspalastes endet, Polizei und Streitkräfte zur Umsetzung von politischen Vorgaben nicht bereit sind und es keine Machtinstrumente gibt, sie dazu zu zwingen, muß die Arbeit der Regierung darunter leiden.Etwas anderes sind die von den Regierungen verfolgten Konzepte und Modelle. Die Demokratie-entwicklung in Lateinamerika ist mittlerweile in vielen Ländern begleitet von einer Neudefinition der Rolle des Staates einer Absage an früher vertretene etatistische Entwicklungsvorstellungen und der mehr oder weniger rigiden Anwendung neoliberaler Ordnungskonzepte -eingeführt nicht zuletzt auf Druck des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank im Kontext der Bemühungen zur Überwindung der Krise des „Schuldenjahrzehnts“. Diese Anpassungspolitiken erfordern ein hohes Maß an Kompetenz und Steuerungskapazität der Regierung, weil sie mit einem einschneidenden Umbau des Staatsapparates und hohen sozialen Kosten verbunden sind Gelegentlich erschien es schon so, insbesondere aufgrund der chilenischen Erfahrungen, daß nur die Militärs zur Durchführung solcher Prozesse in der Lage wären. Seit einigen Jahren verfestigten sich jedoch die Hinweise, daß auch demokratische Regierungen solche Anpassungspolitiken einigermaßen erfolgreich durchführen können (z. B. in Argentinien oder Bolivien). Allerdings zeigt der Fall Venezuelas die Grenzen solcher Politiken: Trotz Fortschritt bei der Stabilisierung der Wirtschaft (Wachstumsrate 1992 = sieben Prozent) kam es zu Massenprotesten, die die politische Instabilität weiter anheizten. Das führt die Breite des Anspruchs an die Leistungsfähigkeit der Regierung deutlich vor Augen. Auch Demokratien müssen sich letztlich über Leistungen legitimieren -unabhängig von ihren im Vergleich zu autoritären Regimen größeren Legitimationsreserven 3. Die weiter bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme Lateinamerika bleibt vorerst ein Kontinent mit gravierenden Armutsproblemen. Das bedeutet eine langfristige Hypothek für die Demokratie. Während der achtziger Jahre hat die Armut in den meisten Ländern der Region zugenommen, und die Realeinkommen sanken Armut und Ungleichheit besitzen zwar eine lange Tradition auf dem Kontinent, doch verhindert das weder die Proteste und Plünderungen der Armen in Caracas oder Rio de Janeiro, noch dämmt es die Gefahren für die Demokratie ein, die aus der sozialen Krise erwachsen können. Nicht zuletzt deshalb fordern Weltbank und Währungsfond neuerdings sozialpolitische Komplementärprogramme zur Abfederung der wirtschaftlichen Strukturanpassungspolitiken. Doch die Verwirklichung solcher Vorgaben mittels neuer sozialpolitischer Konzepte ist noch schwieriger als die Durchführung der marktwirtschaftlichen Reformen, die übrigens dort, wo sie konsequent durchgeführt wurden, wenigstens makroökonomisch relativ erfolgreich waren. Auch wenn die Stabilität von Demokratien nicht allein von wirtschaftlichem Wachstum abhängt ist diese Herrschaftsform mit extremen Einkommens-unterschieden auf Dauer nicht vereinbar. 4. Die Gefahr aus Korruption und Gewalt Auch wenn Korruption und Gewalt zu den traditionellen Stilelementen lateinamerikanischer Politik gehören, scheinen sie in den letzten Jahren eine neue Dimension angenommen zu haben. Die Länder mit den deutlichsten Anzeichen für Korruption oder mit den spektakulärsten Korruptionsfällen sind diejenigen mit den prekärsten demokratischen Verhältnissen: In Brasilien und Venezuela wurden 1992 und 1993 die Staatspräsidenten wegen Korruption aus ihrem Amt verjagt, in Guatemala hat der Korruptionsvorwurf gegen quasi das gesamte Parlament eine Systemkrise heraufbeschworen, in Peru hatte unter der vorherigen Regierung das Ausmaß an Korruption dermaßen zugenommen, daß davon die politischen Institutionen nachhaltig erschüttert wurden. Das Ausmaß des Schadens, den die Korruption für den demokratischen Prozeß und für die Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur hervorrufen kann, ist nicht zu unterschätzen, scheint aber allmählich deutlicher erkannt zu werden.

Die Gewalt hat ebenfalls eine neue, mehrschichtige Dimension angenommen. Wurde Gewalt in der Zeit des Autoritarismus vor allem als HerrSchaftsinstrument des Staates wahrgenommen oder als „strukturelle Gewalt“ diskutiert, so ist es heute die Kriminalität, die in den Großstädten und/oder im Zusammenhang mit dem Drogenhandel dominiert. Daneben existiert z. B. in El Salvador, Guatemala, Brasilien, Peru staatliche und parastaatliche Gewalt, verkörpert u. a. von den berüchtigten Todesschwadronen, die Menschenrechtsverletzungen hervorbringt und insgesamt der Entwicklung demokratischer Rechtsstaatlichkeit entgegensteht 5. Die mühsame Eingliederung der Militärs in die demokratische Gesellschaft Das Rollenverständnis der Militärs gegenüber dem demokratischen Staat bleibt vielerorts ambivalent Zwar haben die Militärs in den meisten Fällen während der autoritären Perioden im wahrsten Sinne des Wortes „abgewirtschaftet“, doch bleibt ihr Vertrauen in die Fähigkeit der demokratischen Regierungen zur Aufrechterhaltung der staatlichen Ordnung ebenso gering wie ihre Neigung zur Schuldanerkennung für die Menschenrechtsverletzungen während ihrer Herrschaft. Zudem schützen sie nicht selten die Interessen der wirtschaftlichen Eliten, und nicht zuletzt haben sie noch wenig Erfahrungen im Zusammenleben mit demokratischen Regierungen. Das alles trägt dazu bei, daß die Militärs sich nur ganz allmählich mit zivilen Regierungen arrangieren und deren Superiorität anerkennen. Auch wenn den Militärs momentan in der Regel wenig Neigung zu autoritären Abenteuern unterstellt wird und der Annäherungsprozeß zur zivilen Gesellschaft langsam voranschreitet, sind sie in den letzten Jahren stärker bei der Bekämpfung des Drogenhandels und der Kriminalität eingesetzt worden, was neue politische Ambitionen wecken könnte. Angesichts auch der übrigen hier genannten Herausforderungen und Probleme für die Demokratie ist daher weiterhin mit gelegentlichen autoritären Rückschlägen zu rechnen. 6. Das Fortdauern traditioneller Einstellungsmuster Personalismus, das Denken in hierarchischen Ordnungen und eine übertrieben expressiv-transzendentale Geisteshaltung sind als kennzeichnende Einstellungsmuster der politischen Kultur Lateinamerikas genannt worden, die trotz der Möglichkeiten einer korrigierenden politischen Sozialisation, welche Veränderungen in den obwaltenden Ausprägungen jener Elemente anstoßen kann, noch immer „belastend ... für Entwicklungen in Richtung auf demokratische oder zumindest partizipatorische politische Systeme geblieben ist“ Ein Wandel in der politischen Kultur aber wird sich in dem Maße vollziehen, in dem die demokratischen Ordnungen an Stabilität und Kohärenz hinzugewinnen und Leistungsfähigkeit bei der Lösung der vielschichtigen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemstellungen beweisen.

IV. Chancen für die Demokratie

Die Chancen für die Demokratie in Lateinamerika lassen sich in einigen Thesen zusammenfassen:

Die demokratische Infrastruktur hat sich trotz aller Schwächen bisher als haltbar und reformfähig erwiesen.

Der demokratische Prozeß der Gegenwart ist einzigartig in der Geschichte Lateinamerikas. Noch nie gab es hier so viele demokratische Regierungen und Systeme. Zudem sind in den vergangenen Jahren in nahezu allen Ländern wichtige politische Verfassungs-und Wirtschaftsreformen durchgeführt worden, was eine bislang kaum für möglich gehaltene Reformfähigkeit der Staaten und der sie tragenden Gruppen beweist. Wichtige Debatten werden beispielsweise über die Veränderung der Regierungssysteme oder die Dezentralisierung der Staaten geführt, und es ist auch, bisweilen vielleicht ein bißchen zu zögerlich, mit ihrer Umsetzung begonnen worden. Dennoch besteht z. B. im Hinblick auf den entwicklungspolitisch so bedeutsamen Parteienbereich noch viel Handlungs-und Modernisierungsbedarf. Schließlich muß die Entwicklung der politischen Institutionen, das haben wir schon vor langer Zeit gelernt, Schritt halten mit der gesellschaftlichen Modernisierung. Die Lücke zwischen beiden Faktoren erscheint heute geringer, auch wenn sie noch lange nicht geschlossen ist.Der Konsens über das leitende soziopolitische und sozioökonomische Entwicklungsparadigma ist größer als je zuvor.

Mit dem Niedergang des Sozialismus ist auch in Lateinamerika die Anziehungskraft und Akzeptanz von repräsentativer Demokratie und marktwirtschaftlicher Ordnung größer geworden. Die alten ideologischen Konflikte sind weitgehend obsolet geworden, der Konsens über Parteigrenzen hinweg ist heute einfacher. Für die Konsolidierung der Demokratie ist das nur förderlich.

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verbessert.

Die wirtschaftliche Leistungskraft Lateinamerikas ist heute so gut wie schon lange nicht mehr. Die makroökonomische Situation in bezug auf Exportsteigerung, Inflationsbekämpfung und Reduzierung der Auslandsschulden hat sich in den meisten Ländern deutlich verbessert, wenngleich der angesprochene soziale Problemstau und die weitere Verschlechterung der terms of trade anhaltende Belastungen mit sich bringen. Für die Konsolidierung der Demokratien kommt es jetzt darauf an, die günstigeren makroökonomischen Daten in konkrete soziale Verbesserungen für die Menschen umzuwandeln. Daran wird die Glaubwürdigkeit der demokratischen Systeme gemessen.

Mit der Beständigkeit und Effizienz der demokratischen Institutionen etabliert und festigt sich eine demokratische politische Kultur.

Ein Jahrzehnt der Demokratie, zumal vor dem Hintergrund der genannten Probleme, ist noch zu wenig für die unerschütterliche Verankerung der demokratischen politischen Kultur. Dennoch ist das Überleben der demokratischen Ordnungen und die Anwendung demokratischer Verfahren, wie sie in Wahlen und Regierungswechseln besonders deutlich zum Ausdruck kommen, ein wichtiges Element zur Schaffung von Legitimität. Für die Stärkung einer demokratischen politischen Kultur kann das nur förderlich sein.

V. Perspektiven der Demokratie in Lateinamerika

Der Demokratie stehen in Lateinamerika noch immer erhebliche Behinderungen entgegen. Rückschläge in der demokratischen Entwicklung sind daher nicht auszuschließen. Dennoch haben die Akzeptanz von repräsentativer Demokratie und die Entwicklung einer demokratischen Infrastruktur an Kohärenz hinzugewonnen. Außerdem ist hervorzuheben, daß die Verwirklichung von Demokratie westlicher Prägung ein fester Bestandteil des Entwicklungsleitbildes Lateinamerikas ist.

Ohne hier nur ein monokausales Erklärungsmuster anbieten zu wollen, entsteht doch bei dem Überblick über die Demokratieentwicklung Lateinamerikas der Eindruck, daß dort, wo gefestigte Parteiensysteme vorhanden sind bzw. sich die Parteiensysteme konsolidieren, die größten Chancen für die Demokratie bestehen. Zugleich haben wir gesehen, wie schwer Korruption der Demokratie schaden kann. Das sind Aspekte, auf die eine demokratiefördernde entwicklungspolitische Zusammenarbeit, wie sie besonders die politischen Stiftungen der Parteien leisten, zu achten hat.

Was die Perspektiven der Demokratie in Lateinamerika angeht, so ist darauf zu verweisen, daß mit jedem Jahr, mit jeder Wahl, mit jedem demokratisch herbeigeführten Regierungswechsel ein weiterer Schritt zur Festigung des demokratischen Weges getan wird. Der Weg bleibt lang, doch: „caminando se hace camino“ -der Weg entsteht beim Gehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Samuel Huntington, The Third Wave: Democratization in the Late Twentieth Century, Norman 1991; Rainer Tetzlaff (Hrsg.), Perspektiven der Demokratisierung in Entwicklungsländern, Hamburg 1992; vgl. auch Dieter Nohlen, Mehr Demokratie in der Dritten Welt?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 25-26/88, S. 3ff.

  2. Vgl. Barbara Stallings/Robert Kaufmann (Hrsg.), Debt and Democracy in Latin America, Boulder 1989.

  3. Vgl. Wilhelm Hofmeister, Die Konsolidierung der Demokratie in Chile, in: KAS-Auslandsinformationen, (1993) 3, S. 8-22.

  4. Vgl. die verschiedenen Beiträge im Themenheft Argentinien der KAS-Auslandfsinformationen, (1993) 12.

  5. Vgl. Petra Bendel/Dieter Nohlen, Demokratisierung in Zentralamerika: Wie weit trägt der Wandel?, in: Petra Bendel (Hrsg.), Zentralamerika: Frieden -Demokratie -Entwicklung?, Frankfurt a. M. 1993.

  6. Ebd., S. 22f.

  7. Michael Krempin, Keine Zukunft für Bolivien?, Saarbrücken-Fort Lauderdale 1989, S. 111.

  8. Vgl. Nikolaus Werz, Die „Lateinamerikanisierung“ Venezuelas, in: Jahrbuch Dritte Welt 1990, München 1989, S. 240-256.

  9. Vgl. Alfred Stephan (Hrsg.), Democratizing Brazil, New York 1989; Ben Ross Schneider, Brazil under Collor, in: Policy Journal, 321-347; Frankfurter World 8 (1991), S. Allgemeine Zeitung vom 4. Dezember 1993.

  10. Vgl. Manfred Mols, Mexiko im 20. Jahrhundert, Paderborn 1981.

  11. Vgl. Corporacion de Promociön Universitaria, La cultura juridica en Chile, Santiago 1992.

  12. Samuel Huntington, Political Order in Changing Societies, New Haven 1968, S. 89.

  13. Vgl. Marcelo Cavarozzi/Manuel A. Garreton, Muerte y resurreccin. Los partidos politicos en el autoritarismo y las transiciones del Cono Sur, Santiago 1989; Ronald Mc. Donald/J. Mark Ruhl, Party Politics and Elections in Latin America, San Francisco -London 1989.

  14. Vgl. Corporaciön de Promociön Universitaria, Desafos del Estado en los anos 90, Santiago 1991; Guillermo O’Donnell, Acerca del Estado, la democratizaciön y agunas problemas conceptuales, in: Desarrollo Econömico, 33 (1993) 130, S. 296 ff.

  15. Vgl. Hartmut Sangmeister, Reformpolitik in Lateinamerika, Chancen und Risiken des wirtschaftspolitischen Paradigmenwechsels, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/91, S. 3-17; Jorge A. Jaraquemada, America Latina: Los desafios de la estabilidad democrätica, in: Contribuciones, (1992) 1, S. 75ff.

  16. Vgl. Detlef Nolte, „Una democracia sitiada?“ Chancen und Gefahren für die Demokratie in Lateinamerika, in: Lateinamerika. Analysen -Daten -Dokumentation, (1990) 13, S. 26f.

  17. Vgl. CEPAL, La situaciön social en America Latina, Santiago 1993; Juan Carlos Torre, The politics of economic crisis in Latin America, in: Journal of Democracy, 4 (1993) 1, S. 104-116.

  18. Vgl. Marc Lindenberg/Shantayana Devarajän, Prescribing Strong Economic Medicine. Revisiting the Myths about Structural Adjustment, Democracy and Economic Performance in Developing Countries, in: Comparative Politics, 25 (1993) 2, S. 169-182.

  19. Vgl. Hans-Werner Tobler/Peter Waldmann (Hrsg.), Staatliche und parastaatliche Gewalt in Lateinamerika, Frankfurt a. M. 1991.

  20. Vgl. Günther Maihold, Demokratie mit erhobenen Händen? Militär und demokratischer Wandel in Lateinamerika, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 43/90, S. 17-29; Gustavo E. Cueras, Las Fuerzas Armadas y transiciön a la democracia en America Latina, in: Poh'tica, (1990) 22/23, S. 83-99.

  21. Manfred Mols, Demokratie in Lateinamerika, Stuttgart 1985, S. 132.

  22. Vgl. Wilhelm Hofmeister, Dezentralisierung in Lateinamerika, in: Politik und Zeitgeschichte, B 28/92, S. 3-13.

Weitere Inhalte

Wilhelm Hofmeister, M. A., geb. 1956; Leiter der Abteilung Lateinamerika in der Konrad-Adenauer-Stiftung; Lehrbeauftragter an der Universität zu Köln. Veröffentlichungen u. a.: Dezentralisierung in Lateinamerika, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28/92; Bolivien, in: Dieter Nohlen (Hrsg.), Handbuch der Wahldaten Lateinamerikas und der Karibik, Opladen 1993.