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Viel Kritik und wenig Krise | APuZ 6/1985 | bpb.de

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APuZ 6/1985 Die Krise des Parlamentarismus und Chancen zu ihrer Überwindung. Ist der Deutsche Bundestag seiner Aufgabe gerecht geworden? Viel Kritik und wenig Krise Wir haben noch keine Parlamentarismuskrise Ohne Basisdemokratie stirbt das Parlament Haben wir eine Krise des Parlaments?

Viel Kritik und wenig Krise

Norbert Lammert

/ 19 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die sogenannte „Flick-Affäre", die ganz gewiß keine Krise des Parlaments signalisiert, hat die labile öffentliche Reputation des Bundestages wieder verstärkt ins allgemeine Bewußtsein gehoben. Die konkreten Herausforderungen seiner parlamentarischen Arbeit gehen freilich über die begrenzten Dimensionen dieser beklagenswerten Affäre weit hinaus. über die Defizite seiner Arbeit ist sich der Bundestag selbst nicht jederzeit mindestens ebensosehr im klaren gewesen wie die kritische Öffentlichkeit. Daß die schon in den fünfziger Jahren debattierten möglichen Änderungen und Verbesserungen der Arbeit und Selbstdarstellung des Parlaments in ihren Ergebnissen eher bescheiden geblieben sind, muß durchaus nicht auf die mangelnde Ernsthaftigkeit dieser Dauerbemühungen zurückgeführt werden, sondern liegt vor allem in der weithin anerkannten Tatsache begründet, daß für eine durchgreifende Reform angesichts der beachtlichen Leistungen des Bundestages zumindest in der Vergangenheit kein hinreichender Bedarf bestand. Wenn auch von einer „Krise des Parlamentarismus“ wenig zu sehen ist, so gibt es doch von innen wie von außen genügend Ansätze berechtigter Kritik, um den neuen Anlauf zu rechtfertigen; den der Bundestag selbst in diesen Monaten zur Bestandsaufnahme und Verbesserung seiner Arbeitsweise und Wirkung unternommen hat Über die notwendigen technischen und organisatorischen Verbesserungen hinaus wird das Ansehen des Parlaments im wesentlichen vom Verhalten seiner Mitglieder abhängig sein. Gewissensentscheidungen, die diesen Namen verdienen, gibt es nur selten. Aber an Gelegenheiten zur Zivilcourage mangelt es eigentlich nicht. Erst wenn der aufrechte Gang freigewählter Parlamentarier gebrochen wäre, befände sich der Parlamentarismus wirklich in der Krise.

„Herr Bundestagspräsident, was hat eigentlich ein Abgeordneter in diesem Haus zu bestellen? Wie kann er Einfluß auf die Politik nehmen? Was kann er überhaupt tun?“ Konrad Adenauer, MdB, zu Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bundeskanzlers

Der Parlamentarismus ist nicht in der Krise, auch wenn von Zeit zu Zeit bedeutende Köpfe aus sehr verschiedenartigen Gründen am Deutschen Bundestag, seinen Binnen-strukturen und seinen Außenwirkungen verzweifeln. Manche kritischen Anfragen sind aktueller, manche eher ritueller Natur. Das bei Publizisten, Wissenschaftlern und Politikern grundsätzlich angelegte Bedürfnis an kritischer Auseinandersetzung addiert höchst unterschiedliche, gelegentlich widersprüchliche Vorwürfe zu einem allgemeinen Unbehagen am Deutschen Parlament, das einen so sachkundigen und souveränen Beobachter westlicher Demokratien wie Ernst Fraenkel schon vor mehr als zwanzig Jahren zu der Bemerkung veranlaßte: „... das kritikbedürftigste Moment des Bonner Parlamentarismus scheint mir die landläufige Kritik zu sein, die an ihm geübt wird."

Nein, weder der Bundestag im besonderen noch der Parlamentarismus im allgemeinen sind in einer schwelenden oder in einer akuten Krise. Die Frage müßte freilich nicht ausdrücklich verneint werden, wenn sie nicht immer wieder gestellt würde. Die bündige Feststellung, der Deutsche Bundestag sei besser als sein Ruf 3), trifft sicher zu, bestätigt aber — unfreiwillig? — einen weitverbreiteten Eindruck, den sie doch dementieren will.

Die aktuelle Herausforderung des Bundestages von unbestritten grundsätzlicher Bedeutung ist die Bewältigung der sogenannten Flick-Affäre. Sie signalisiert schon deswegen keine „Krise des Parlaments“, weil es von allen betroffenen Institutionen — Parteien, Regierung und Verwaltung — unmittelbar am wenigsten betroffen ist. Ich sehe mit Golo Mann „den Flick-Skandal nicht in so gewaltigen Dimensionen, wie er heute in Deutschland gesehen wird ... das wird später höchstens einmal eine Fußnote in der Geschichte...sein“ Gleichwohl ist unübersehbar und vom Bundestag durch Beschlußfassung ausdrücklich bestätigt, daß in diesem Zusammenhang „in Teilen der Bevölkerung eine Vertrauenskrise gegenüber den politischen Parteien und den parlamentarischen Institutionen enstanden" ist

Der bislang unbewiesene und dennoch peinliche Geruch der Käuflichkeit von Politikern lastet schwer auf dem Ansehen der Republik und ihrer demokratischen Institutionen und hat zu Recht nicht nur eine breite Öffentlichkeit, sondern vor allem auch das Parlament elektrisiert. Zwar kann von einer allgemeinen Legitimations-oder Akzeptanzkrise der demokratischen Institutionen in der Bundesrepublik ernsthaft keine Rede sein aber die demoskopisch gemessenen signifikanten Vertrauenseinbrüche gegenüber dem Bundestag im Herbst 1984 müssen gewiß ernst genommen werden

Daß Parteien und Parlamentarier als zweifellos nicht ganz einflußlose Adressaten einer funktionierenden demokratisch-repräsentativen Ordnung, die ihre politische Willensbildung nach dem Willen der Verfassung pluralistisch, aber nicht plebiszitär organisiert, zum Gegenstand mehr oder weniger massiver Beeinflussung durch von ihren Entscheidungen betroffene Personen und Institutionen werden, ist weder unzulässig noch unerwünscht, soweit es der Urteilsbildung der Abgeordneten durch Erweiterung ihres Informationsstandes dient. Der Versuch der Bestechung von Abgeordneten ist dagegen unzweifelhaft eine bewußte Attacke auf ihre verfassungsrechtlich verbürgte Unabhängigkeit von Weisungen und Aufträgen und sollte daher aus grundsätzlichen wie praktischen Gründen analog zu ähnlichen Regelungen für Regierung und Verwaltung als Straftatbestand sanktioniert werden.

Verblüffen kann im übrigen nicht, daß möglicherweise der Versuch der Einflußnahme auf Parlamentarier stattgefunden hat, bemerkenswert ist allenfalls, daß trotz möglicher Rechts-verstöße, an denen nach heutigem Erkenntnisstand auch alle großen im Parlament vertretenen Parteien beteiligt waren, das Parlament den Gedanken einer Amnestie inzwischen mit allen Fraktionen verbindlich verworfen hat Regierung und Führung der Koalitionsfraktionen haben in einer Frage, die sie selber unter hohem persönlichem Einsatz der Parteivorsitzenden der Koalitionsparteien als besonders bedeutsam dargestellt haben, erkennen müssen, daß sie nicht für jeden Vorschlag im Parlament über verläßliche Mehrheiten verfügen — auch dann nicht, wenn die angestrebten Regelungen tatsächlich oder vermeintlich im besonderen Interesse einzelner Mitglieder des Bundestages und ihrer Parteien liegen. Solange das Parlament der Versuchung widersteht, den die Verfassungswirklichkeit kennzeichnenden Parteienstaat in die Konkurrenz mit Verfas-sungsnormen des Rechtsstaates zu treiben und unaufgebbare rechtsstaatliche Prinzipien vordergründigen eigenen Interessen zu opfern, kann von einer Krise des Parlamentarismus keine Rede sein.

Zur sogenannten „Flick-Affäre“ ist in den vergangenen Monaten in allen Druckerzeugnissen vielleicht schon zu viel geschrieben, kommentiert und spekuliert worden. Der Vorwurf der Korruption gegen die Republik ist erst kürzlich von Karl Carstens mit der ihm in den Jahren seiner Bundespräsidentschaft zugewachsenen persönlichen Autorität zurückgewiesen worden: „In keinem Fall ist bisher nachgewiesen worden, daß ein führender Politiker oder Beamter käuflich war. Einzelne Praktiken, die bei der Gewährung von Parteispenden geübt wurden, und die zu beanstanden sind, wenn auch viele Beteiligte dabei in gutem Glauben gehandelt haben, wurden durch die Institutionen unserer freiheitlichen Staatsordnung, durch Justiz und Parlament, aufgedeckt und verfolgt. Das Parlament, und das heißt die Parteien selbst, werden, soweit dies noch nicht geschehen ist, dafür Sorge tragen, daß sich ähnliches nicht wiederholt. Von einer Staatskrise kann keine Rede sein."

Ein beachtlicher Teil der Aufklärung und politischen Aufarbeitung der in diesem Zusammenhang relevanten Sachverhalte ist vom Bundestag selbst durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in Angriff genommen worden, dem niemand den Vorwurf mangelnder Gründlichkeit oder rücksichtsvoller Schonung der prominentesten Repräsentanten von Staat und Parteien gemacht hat Die notwendigen Folgerungen müssen der komplizierten Erkenntnis Rechnung tragen, daß das uralte Thema der wechselseitigen Abhängigkeit von Politik und Wirtschaft durch diese jämmerliche Affäre „zugleich dramatisiert und verharmlost" wird: „Was da als Muster durchscheint — das simple do ut des, der Politikerkauf —, ist nicht die übliche Metho-de, so funktioniert das nicht... Verharmlosend ist diese Darstellung allerdings insofern, als der Einfluß der Wirtschaft (und anderer Interessengruppen) normalerweise sehr viel klüger organisiert, subtiler und vielfältiger ist."

Deshalb kann es nicht um die Herstellung völliger Unabhängigkeit von Parteien und Abgeordneten gehen — sie bleibt eine Utopie—, wohl aber um die Offenlegung solcher Abhängigkeiten und die damit verbundene Begrenzung der Einflüsse. Auf der Linie dieser Überlegungen hat der Bundestag bereits eine Überarbeitung der bislang unverbindlichen Verhaltensregeln seiner Mitglieder in Angriff genommen, wobei die beschlossene Prüfung „auch darauf erstreckt werden soll, ob die Verhaltensregeln, gegebenenfalls in verschärfter Form, in das Abgeordnetengesetz aufgenommen werden sollen, um die Unabhängigkeit der Abgeordneten zu gewährleisten"

Der Bürger scheint durchaus zu akzeptieren, •daß die politischen Parteien Geld brauchen, weil beispielsweise Wahlkämpfe nicht kostenlos zu führen sind, auch wenn der üblich gewordene Aufwand sicher reduziert werden könnte; aber der Bürger akzeptiert offensichtlich nicht mehr, „daß seine nach Bonn entsandten parlamentarischen Vertreter ihre im Dienste am Staate erworbenen Kenntnisse im großen Stil privatwirtschaftlich vermarkten"

Die wichtigsten Befunde bei der Aufarbeitung der entstandenen Vertrauenskrise sind möglicherweise am wenigsten kodifizierbar. Manche mögen die Erwartungen unfair und die Ansprüche unbillig finden, die Abgeordneten hinsichtlich der Höhe, der Herkunft und der Offenlegung ihrer Einkünfte zugemutet werden sollen. Doch dies ist keine exklusive Erfahrung der Politik: Wo Vertrauen beschädigt oder verlorengegangen ist, muß ein hoher Preis gezahlt werden, um es wiederherzustellen. Die konkreten Herausforderungen des Bundestages und seiner parlamentarischen Arbeit gehen freilich über die begrenzten Dimensionen dieser „beklagenswerten und jämmerlichen Affäre" weit hinaus. Über die Defizite seiner Arbeit, die ihm auferlegten und die von ihm selbst zu verantwortenden Schwierigkeiten in der Wahrnehmung seiner Funktionen und seine zumindest unbefriedigende, die parlamentarischen Realitäten eher verzerrende Außenwirkung ist sich der Bundestag selbst jederzeit mindestens ebenso sehr im klaren gewesen wie die kritische Öffentlichkeit. Eugen Gerstenmaier weist in seinen Memoiren darauf hin, daß „unter dem zum wirren Schlagwort gewordenen Begriff der Parlamentsreform" vor, während und nach seiner Amtszeit als Bundestagspräsident, also spätestens seit der 2. Legislaturperiode, viel über die Frage geschrieben worden sei, „welche Änderungen, Verbesserungen und sonstige Maßnahmen vorgenommen werden sollten oder müßten, um dem deutschen Parlamentarismus eine optimale Gestalt zu geben. Das Motiv ist anerkennenswert, das Ergebnis denkbar bescheiden."

Tatsächlich hat der Bundestag die mit dem Begriff der Parlamentsreform weder zutreffend noch vollständig beschriebene Notwendigkeit einer ständigen Anpassung seiner Arbeitsweise an die veränderten Anforderungen als „immerwährende Aufgabe" verstanden Daß die Ergebnisse in der Tat bescheiden geblieben sind, muß durchaus nicht auf die mangelnde Ernsthaftigkeit dieser Dauerbemühungen zurückgeführt werden, sondern liegt vielmehr vor allem in der weithin anerkannten Tatsache begründet, daß für eine durchgreifende Reform angesichts der beachtlichen Leistungen des Bundestages zumindest in der Vergangenheit bis in die jüngere Gegen-wart kein hinreichender Bedarf bestand. Wo immer der Bundestag nicht an verabsolutierten Leitbildern eines angeblich „klassischen" Parlamentarismus gemessen wird, dessen historische Realität im übrigen von ausgewiesenen Parlamentarismus-Forschern längst als „literarische Fiktion" * entromantisiert wurde, kann seine Arbeit sich durchaus sehen lassen; sie wird im Ausland bisweilen höher eingeschätzt als zu Hause: Die europäische Diskussion zur Parlamentarismus-Reform betrachtet das Bonner Parlament seit langem eher als Reform-Modell denn als abschrekkendes Beispiel, insbesondere ausgerechnet im „klassischen" angelsächsischen Bereich

. Alles in allem, der Bundestag hat seine Herausforderung bisher bestanden. Es gibt kein Thema, daß die Bürger bewegt, das er nicht aufgegriffen hätte — wobei man über den Zeitpunkt und die Art und Weise, wie das geschah, trefflich streiten kann. Er hat, verglichen mit änderen parlamentarischen Demokratien, stabile Mehrheiten hervorgebracht und darüber die Minderheiten nicht zur Ohnmacht verdammt. Er hat sich als Gesetzgeber emsig in die Schächte des Gesetzberges vergraben und auch hier seine Pflicht erfüllt, wobei sich unterdessen alle einig sind, daß weniger mehr gewesen wäre. Schließlich hat das Parlament Wechsel und Wandel in geordneten Bahnen ermöglicht, von Adenauer über Erhard, Kiesinger, Brandt und Schmidt zu Kohl und ihren unterschiedlichen Parlamentsmehrheiten. Es hat Parteien kommen und gehen gesehen, an die sich heute nur noch die Zeithistoriker erinnern. Und jüngst, mit einer Mischung aus Beharren auf den eigenen Formen und Regeln und Toleranz, hat es die . Grünen'in die Lehre genommen."

Dennoch gibt es im Deutschen Bundestag weder Anlaß noch Neigung zu schulterklopfender Selbstzufriedenheit. Die eingangs behandelten jüngeren Entwicklungen haben seine labile öffentliche Reputation wieder verstärkt ins allgemeine Bewußtsein gehoben. Wenn auch von einer „Krise des Parlamentarismus" wenig zu sehen ist, so gibt es doch von innen wie von außen genügend Ansätze berechtigter Kritik, um den neuen Anlauf zu rechtfertigen, den der Bundestag in diesen Monaten zur selbstkritischen Bestandsaufnahme und Verbesserung seiner Arbeitsweise und Wirkung unternimmt

Sowohl in der Plenaraussprache wie in der vom Bundestag einstimmig eingesetzten Adhoc-Kommission unter Vorsitz des Bundestagspräsidenten ist die ganze Bandbreite der Problemfelder angesprochen worden, für die durchaus unterschiedlich bewerteter Veränderungsbedarf besteht. Sie reichen von den Grundsatzfragen der verfassungsrechtlichen Stellung des Bundestages und seiner Mitglieder im institutionellen Gefüge der Bundesrepublik Deutschland, dem Spannungsverhältnis zwischen Regierung und Parlament einerseits, Parteienprivileg und Ungebundenheit des Abgeordneten von Weisungen und Aufträgen andererseits, über den Ausbau parlamentarischer Minderheitenrechte, insbesondere die Stärkung von Stellung und Rechten der parlamentarischen Opposition, die Forderung nach Verstärkung plebiszitärer Elemente innerhalb des Systems repräsentativer Demokratie bis hin zu den praktischen Fragen der Vereinfachung, Straffung und Steigerung der Effizienz parlamentarischer Arbeit im Bereich der Gesetzgebung, der Kontrolle von Regierung und Verwaltung und der ständigen Kommunikation mit und im Auftrag der breiten Öffentlichkeit. Zwar liegen die einzelnen Vorschläge teilweise weit auseinander, aber vielleicht hat gerade deshalb die Bereitschaft des Bundestages, „nicht nur über andere und anderes..., sondern auch, und zwar ebenso, auch kritisch über sich selbst... ohne Tabus und ohne falsche Rücksicht zu reden" — so Bundestagspräsident Barzel in seinem einleitenden Beitrag zu dieser Grundsatzdebatte im Plenum —, eine im ganzen zustimmende und unterstützende Resonanz zumindest in der publizistischen Öffentlichkeit gefunden: „Das hohe Haus ist mit sich selbst durchaus nicht völlig zufrieden" — diese Überschrift gibt nicht nur den Verlauf der Debatte zutreffend wieder, sondern auch die ihr zugrunde liegenden Eindrücke und Absichten ihrer Initiatoren.

Die möglichen Ergebnisse der gegenwärtigen Beratungen lassen sich nicht vorweg nehmen. Da es weder darum geht, den Parlamentarismus neu zu erfinden, noch darum, ihn zu überwinden, müssen sich alle Vorschläge daran messen lassen, inwiefern sie einen konkreten Beitrag zur verbesserten Wahrnehmung der dem Parlament zukommenden Funktionen versprechen: der demokratischen Legitimation von Macht und Herrschaft, der Gesetzgebung, der Kontrolle und der Kommunikation als politisches Forum der Nation. Schon aus diesem Grunde kommt nach meiner persönlichen Überzeugung der Vorschlag nicht in Betracht, die Zahl der Sitzungswochen auf weniger als zwanzig im Jahr zu begrenzen. Zwar würde dies die Legitimationsfunktion des Parlaments gewiß nicht beeinträchtigen, und auch die Gesetzgebung ließe sich möglicherweise in diesem engeren zeitlichen Rahmen durchaus befriedigend erledigen, aber ein — über das Jahr gerechnet — nur noch in jeder dritten Woche präsentes Parlament müßte seine Kontroll-und Kommunikationsfunktion in nicht hinnehmbarer Weise einschränken.

Der dem Parlament gelegentlich vorgeworfene „Verlust an Dialogfähigkeit" ist sicher nicht nur, aber auch eine Folge seiner engen zeitlichen Kapazitäten: „Es scheint, als ob Parteien und Fraktionen im Parlament sich im Getriebe politischer Routine verkrallt, vergraben und verausgabt hätten. Ständig zu hoher Leistungsentfaltung gezwungen, hat dieses Parlament vielleicht gerade in den letzten Jahren nicht deutlich gesehen, was starke Gruppen in der Öffentlichkeit bewegte, geschweige denn, daß es dies stets zur rechten Zeit diskutiert und mit bündigen Antworten bedacht hätte. So sind wichtige Positionen und Themen . draußen artikuliert und besetzt worden — zum Teil sicher auch von Kräften, denen es um diese Themen gar nicht geht, sondern um die Überwindung eben dieses Systems."

Aus guten Gründen sind besonders viele Vorschläge zur Stärkung der Kontrollfunktion des Bundestages gegenüber Regierung und Verwaltung gemacht worden: Ausbau der wissenschaftlichen Dienste des Parlaments, stärkere Informationspflichten der Bundesregierung, Neugestaltung der Fragestunde, Verstärkung der personellen und sachlichen Ressourcen des Bundestages. Dabei steht als unvermeidliche Nebenwirkung auch eine beträchtliche Vergrößerung der Parlamentsbürokratie zur Debatte, deren erhebliche Risiken nüchtern gegen die erhofften Chancen abgewogen werden müssen. Es bliebe ohnehin aussichtslos, dem hochgradig spezialisierten, tiefgestaffelten Apparat der Bundesministerien und ihrer nachgeordneten Behörden und Institute einen annähernd gleichwertigen parlamentseigenen Dienst entgegenzustellen. Das voraussehbare Ergebnis wäre die auf zweifelhafte Weise erweiterte Möglichkeit des zur Entscheidung aufgerufenen Parlamentariers, sich von dem Sachverstand des Regierungs- oder des Parlamentsapparats abhängig zu machen. Seinen grundsätzlichen Widerstand gegen solche Tendenzen hat der am längsten amtierende Bundestagspräsident Eu-gen Gerstenmaier neben dieser Gefahr mit dem zutreffenden Hinweis begründet, daß anders als zu Zeiten des Barons de Montesquieu das Parlament heute eine viel stärkere und unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf die Regierung und ihre Apparatur besitze, und schließlich das bedenkenswerte Argument hinzugefügt, auch der kritische Parlamentarier dürfe „das gesunde Maß von Mißtrauen nicht so übertreiben, daß er in jeder Sachäußerung von Regierungsseite eine absichtliche oder zumindest fahrlässige Irreführung des Parlamentes befürchtet. Die Ratio unseres Staates erträgt das nicht.“

Eine permanente Kontrolle jeglichen Regierungs-

und Verwaltungshandelns ist im übrigen weder möglich noch nötig, vielmehr kommt es darauf an, daß prinzipiell jeder Verwaltungsvorgang dem wirksamen Zugriff des Parlaments ausgeliefert bleibt. Diese notwendige und zugleich beschränkte Art der Kontrolle „ist ihrem Wesen gemäß sporadisch, zufällig, hat eine Tendenz zur Unverhältnismä-ßigkeit, zur Statuierung des Exempels" Diese Bereitschaft und Fähigkeit besteht grundsätzlich auf allen Seiten des Bundestages, sosehr die politische Struktur eines parlamentarischen Regierungssystems mit seiner funktionalen Verklammerung von Regierung und Parlamentsmehrheit die Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle scheinbar auf die Opposition konzentriert, tatsächlich aber ausdifferenziert: „Man kann aus der Modifizierung der Konfrontation von Parlament und Regierung zum Teil sogar eine Verschärfung parlamentarischer Kontrolle folgern, weil eben der größere Teil des Parlaments Zugriff auf die Regierung und dadurch mittelbar auch auf die Verwaltung besitzt. Es wäre allerdings verfehlt, mehrheitliche Kontrollaktionen in der Regel coram publico zu erwarten. Wandel in der Methode ist aber noch längst kein Indiz für ein Defizit in der Sache."

Dieser von Heinrich Oberreuter zutreffend herausgearbeitete differenzierte Kontrollbegriff gehört fraglos zu den aktuellen, bislang nicht befriedigend gelösten Herausforderungen in der Arbeitsweise des Bundestages: „Die in der Öffentlichkeit sichtbare Kontrolle der Opposition ist in der Regel nicht effizient, und die effiziente Kontrolle im Schoß der Mehrheit ist in der Regel in der Öffentlichkeit nicht sichtbar."

Die vieldiskutierte Präsenz im Plenum entscheidet ganz sicher nicht über die Leistungsfähigkeit und den Wirkungsgrad einer parlamentarischen Demokratie. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sie ganz offensichtlich und erheblich über das Ansehen des Parlamentarismus und der Parlamentarier entscheidet, zumal die meisten Bürger den Bonner Bundestag in der Tat nur so kennen, „wie er sich auf dem Fernsehschirm darstellt"

Trotz bester Vorsätze entscheidet sich die große Mehrheit aller Parlamentarier angesichts der verläßlichen Aussicht, an meistens langatmigen Plenardebatten mit für sie geringem Informationswert und minimalen Anforderungen an die eigene Kreativität und politische Phantasie teilnehmen zu müssen, mit schlechtem Gewisssen dafür, an anderer Stelle gleichzeitig konstruktivere Arbeit zu leisten — und damit gerade die interessierte Öffentlichkeit zu verärgern, die ihre Abgeordneten und ihren Arbeitseinsatz nirgendwo mehr erwartet und beobachtet als im Plenum des Bundestages.

Dieser von allen als übel empfundene Zustand ist durch Geschäftsordnungsbestimmungen nicht befriedigend zu regeln, offensichtlich auch nicht durch Selbstdisziplin der Abgeordneten, vielleicht noch am ehesten durch eine gezielte Neuorganisation der Parlamentsdebatten.

In diesem Zusammenhang verdient die Anregung Beachtung, vielleicht statt ganztätiger Mammut-Debatten die Plenarsitzungen des Bundestages an drei Vormittagen einer Sitzungswoche durchzuführen Eine solche Regelung könnte auch manchen Journalisten die persönliche'Teilnahme an den Debatten erleichtern, über die sie anschließend Berichte und kraftvolle Kommentare verfassen. Lebendigere Debatten, mehr Spontaneität und größere Präsenz setzt freilich auch eine Verkürzung der üblichen Redezeiten voraus, deren übertriebene Inanspruchnahme den Debattenverlauf noch mehr lähmen als die oft beklagte Strukturierung durch die parlamentarischen Geschäftsführer. Das Rederecht von Bundesregierung und Bundesrat ist nun einmal verfassungsrechtlich verankert. Seine exzessive Inanspruchnahme bleibt ein Ärgernis, zumal wenn dadurch in der Praxis die parlamentarischen Beiträge der in der Verfassung leider nicht ausdrücklich vorgesehenen „einfachen Abgeordneten" in die wenig faszinierende Rolle eines Pausenfüllers in der „Elefantenschau" geraten.

Zur Entlastung knapper Debattenzeiten könnte auch die Eröffnung der Möglichkeit beitragen, Reden zu Protokoll zu geben. Dabei geht es nicht um eine dogmatische und sture Handhabung des Prinzips der freien Rede; mit Adolf Arndt, dem bedeutenden Parlamentarier der SPD, ziehe ich die sorgfältig ausformulierte, schriftlich niedergelegte Rede jederzeit „dem freien Stuss" vor. Wer sich aber die große Mühe macht, eine Rede im Wort-laut auszuformulieren, sollte zumindest die Möglichkeit haben, sie zu Protokoll zu geben, zumal dies den Vorzug hätte, daß sie dann auch unbeschädigt von Zwischenrufen und Zwischenfragen im Protokoll wie vorgesehen erscheinen könnte.

Die oft sehr vordergründig kritisierte Fraktionsdisziplin steht nach meinen persönlichen Erfahrungen der verfassungsrechtlichen Stellung und Ungebundenheit der Abgeordneten von Weisungen und Aufträgen nicht im Wege Kalkulierbar und rechtfertigungsfähig werden parlamentarische Entscheidungsprozesse nur durch identifizierbare Verantwortlichkeiten. Den Abgeordneten mangelt es in der Regel nicht an Selbstbewußtsein, aber sie sollten die Bedeutung der eigenen Person nicht überschätzen. Wenn jeder Abgeordnete zu jedem einzelnen Sachverhalt seine sicher immer interessante, aber eben nicht immer maßgebende persönliche Meinung zum Besten geben wollte, dann verkäme der Parlamentarismus zum unverbindlichen Palaverismus. Schon die Erfahrungen der vergangenen Monate mit der inzwischen geradezu inflationierten Inanspruchnahme des Rechts persönlicher Erklärungen zu Abstimmungen, die die Geschäftsordnung des Bundestages vorsieht, haben deutlich gemacht, daß Wirksamkeit und Ansehen des Parlaments nicht nur vom Engagement, sondern auch von der Selbstdisziplin seiner Mitglieder abhängen. Wenn wichtige und unverzichtbare Individualrechte der einzelnen Abgeordneten zur kleinen Münze persönlicher Eitelkeit oder der Verschleppung von Abstimmungen verkommen, dann zerstören sie ihren Rang als Dokumentation der Unabhängigkeit frei gewählter Abgeordneter, statt sie zu stärken.

Zu den unbewältigten Herausforderungen des modernen Parlamentarismus gehört nicht zuletzt seine Abhängigkeit von den Massenmedien, die durch eine entschlossene Verbesserung seiner eigenen Informationsdienste auch nicht annähernd, kompensiert werden kann. „Die Medien sind längst schon Vollstrecker des Prinzips parlamentarischer Öffentlichkeit geworden .. ," Nicht nur betroffene Parlamentarier, die sich von den Medien subjektiv, nicht immer zu Unrecht, vernachlässigt oder unfair behandelt fühlen, beklagen die damit verbundenen Risiken: „Damit ist demokratische Legitimation an entscheidender Nahtstelle in Abhängigkeit von journalistischen Selektions-und Interpretationsmustern von mitunter zweifelhafter Zuverlässigkeit geraten — ein Problem, das jenes bittere Diktum scharf umreißt, in Bonn bleibe nichts geheim, außer dem, was im Plenum des Bundestages gesprochen werde.

Man verkürzt komplexe innenpolitische Entwicklungen gewiß in unzulässiger Weise, wenn man das Entstehen und Anwachsen der GRÜNEN als einer neuen, zunächst außerparlamentarischen und schließlich parlamentarischen Kraft zu einem Produkt der modernen Medienkultur erklärt Daß jedenfalls „der Herausforderung des Systems und der Sprengung seiner Verfahrensregeln bessere Medienchancen eingeräumt sind als der mühsamen kontinuierlichen Arbeit an seinem Bestand und seiner Verbesserung auf den normativ vorgegebenen Bahnen“ ist politisch wie wissenschaftlich ernsthaft nicht zu bestreiten. Die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit des Deutschen Bundestages mag von den vielen kleinen Reformmaßnahmen wesentlich abhängen, die gegenwärtig mit großem Eifer geprüft und diskutiert werden, über sein Ansehen entscheiden sie sicherlich nicht. Die „Blutarmut" an der das Parlament möglicherweise krankt, hat andere Ursachen.

Der Vergleich seiner aktuellen Arbeit mit den Entscheidungsgegenständen und Debatten seiner Anfangsjahre ist unangemessen und irreführend; die großen Richtungsent-Scheidungen, die sein erstes Jahrzehnt gekenntzeichnet haben, sind nicht beliebig verlängerbar. Gewissensentscheidung, die diesen Namen verdienen, gibt es nur selten. Aber an Gelegenheiten zu Zivilcourage mangelt es eigentlich nicht. Rückgrat ist aber keine Frage der Geschäftsordnung und deshalb auch nicht der „Parlamentsreform". Das muß schon jeder Abgeordnete für sich selbst erledigen und dabei möglichst selbstkritisch überprüfen, ob er im Einzelfall nicht vielleicht dickes Fell mit stabilem Rückgrat verwechselt. t Jenseits der notwendigen technischen und organisatorischen Verbesserungen entscheidet sich hier vermutlich die Zukunft des Parlamentarismus. Erst wenn der aufrechte Gang freigewählter Parlamentarier gebrochen wäre, befände sich der Parlamentarismus wirklich in der Krise.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Wiedergabe eines Gesprächs in den Memoiren Eugen Gerstenmaiers, Streit und Friede hat seine Zeit. Ein Lebensbericht, 1980, S. 363.

  2. Fraenkel hält diese Kritik für „reaktionär und schizophren. Sie sehnt sich heimlich nach einer starken Regierung und bekennt sich öffentlich zu der Herrschaft eines allmächtigen Parlaments. Sie beschimpft den Abgeordneten, wenn es zu einer Regierungskrise kommt, und verhöhnt ihn, wenn er getreulich die Fraktionsparole befolgt. Sie verkennt die notwendigerweise repräsentative Natur eines jeden funktionierenden Parlamentarismus und verfälscht seinen Charakter, indem sie ihn plebiszitär zu interpretieren versucht." Ernst Fraenkel, Strukturdefekte der Demokratie und deren Überwindung, in: ders., Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 19642, S. 55.

  3. Spiegelgespräch mit dem Historiker Golo Mann zur Flick-Affäre und zur Tugend in der Politik, in: DER SPIEGEL Nr. 49 vom 3. Dezember 1984, S. 35.

  4. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: „Parteienfinanzierung und Unabhängigkeit des politischen Mandats", Bundestags-Drucksache 10/2386; vgl. hierzu die Debatte vom 16. 11. 1984, Plenarprotokoll 10/102, abgegebene Stimmen: 448, mit Ja: 255, mit Nein: 193.

  5. Siehe dazu etwa die von dem Mannheimer Sozialforscher Max Kaase bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Politikwissenschaft vorgetragenen empirischen Befunde, zusammenfassend wiedergegeben u. a. in der Wochenzeitung DAS PARLAMENT Nr. 48 vom 1. Dezember 1984, S. 12. Siehe dazu auch Heinrich Oberreuter, Parteien zwischen Nestwärme und Funktionskälte, Zürich — Osnabrück 1983, S. 17.

  6. Nach dem Infas-Politogramm 44/1984, ausgestrahlt im deutschen Fernsehen, Bericht aus Bonn, am 2. November 1984, ist das Vertrauen in die Institution Bundestag nach dem Rücktritt Rainer Barzels vom Amt des Bundestagspräsidenten von nahezu drei Viertel auf weniger als zwei Drittel der Befragten zurückgegangen, während die Zahl der Befragten, die kein Vertrauen zu haben angaben, von 17 Prozent auf nahezu 31 Prozent fast verdoppelt wurde.

  7. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (Anm. 5), Ziff. 4 a).

  8. Karl Carstens in seiner Ansprache anläßlich des Empfangs zu seinem 70. Geburtstag am 4. Dezember 1984 im Konrad-Adenauer-Haus in Bonn; u. a. im vollen Wortlaut wiedergegeben in: Union in Deutschland (UiD) Nr. 1/85, CDU-Dokumentation 1/1985, S. 12.

  9. Nach Auffassung des Vorsitzenden Dr. Manfred Langner, MdB, besteht unter den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses ein hohes Maß an Übereinstimmung in der politischen Bewertung der bisherigen Ergebnisse, die er für ein „Lehrstück der Politik" hält, siehe dazu Gespräch mit Manfred Langner in: DIE WELT vom 4. Januar 1985.

  10. Rolf Zundel, Viel ändern wird sich nicht. Die völlige Unabhängigkeit der Parlamentarier bleibt eine Utopie, in: DIE ZEIT Nr. 46 vom 9. November 1984, S. 5. 11a) Erinnert sei in diesem Zusammenhang an Winston Churchills berühmte Bemerkung, der interessen-und bindungslose Gentlemen möge im Himmel vorkommen, sicher aber nicht im englischen Unterhaus; zitiert bei E. Fraenkel, Historische Vor-belastungen des deutschen Parlamentarismus, in: ders. (Hrsg.), Deutschland und die westlichen Demokratien, 1964, S. 22.

  11. Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP (Anm. 5) Ziff. 4 b).

  12. Wolfgang Wiedemeyer, Kommentar zur Diskussion um Rainer Barzel im Südwestfunk II am 17, Oktober 1984.

  13. Golo Mann (Anm. 4), S. 47.

  14. Eugen Gerstenmaier (Anm. 1), S. 372.

  15. Siehe dazu die Zusammenstellung im: Daten-handbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages. 1949— 1982, Bonn 1983, S. 961— 975.

  16. „Man darf ohne Übertreibung sagen, daß hier ein Parlament einen Staat wieder aufbaute ... Wie immer man zu den Einzelheiten stehen mag, im ganzen hat der Bundestag als Gesetzgeber in jenen Jahren eine bewunderungswürdige Leistung vollbracht, die Rekonstruktions-, Restitutions-und Integrationsgesetzgebung gewesen ist ... Man muß den Parteien, die damals die Gesetzgebung des Bundestages trugen, und das waren sowohl die Parteien der Koalition wie die SPD ... einen gesetzgebenschen Mut zusprechen, der höchsten Respekt verlangt.“ Wilhelm Hennis, Zur Arbeit des Deutschen Bundestages, in: Richard Löwenthal/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Die zweite Republik. 25 Jahre Bundesrepublik Deutschland, Eine Bilanz, Stuttgart 1974, S. 220 f.

  17. Winfried Steffani, Parlamentarische Demokratie — Zur Problematik von Effizienz, Transparenz, Partizipation, in: ders. (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, Opladen 19732, S. 23.

  18. Siehe dazu die Beiträge im Sammelband von Heinrich Oberreuter (Hrsg.), Parlamentsreform. Probleme und Perspektiven in westlichen Demokratien, Passau 1981; besonders auch: Bernard Crick, The Reform of Parliament, London 19702.

  19. Helmut Herles, Der Bundestag ist gar nicht schlecht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 25. September 1984.

  20. Siehe dazu den stenographischen Bericht des Deutschen Bundestages vom 20. September 1984, der eine breite Aussprache über „Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages“ dokumentiert (Plenarprotokoll 10/85), an der sich nicht weniger als 45 Mitglieder des Parlaments beteiligt haben.

  21. Überschrift im Handelsblatt vom 21. September 1984.

  22. Heinrich Oberreuter, Aktuelle Herausforderung des Parlamentarismus, in: ders. (Anm. 18), S. 26. Die von prominenten Parlamentariern angesprochene „Gefahr der Entfernung, ja Entfremdung zwischen Wählern und Gewählten" - so u. a. Rainer Barzel und Hildegard Hamm-Brücher in der zitierten Bundestagsdebatte - ist nirgendwo stärker angelegt als in diesem Zusammenhang.

  23. Ebd.

  24. Eugen Gerstenmaier (Anm. 1), S. 376 f.

  25. Gerhard Leibholz, Die Kontrollfunktion des Parlaments, in: ders., Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe 19673, S. 299.

  26. Heinrich Oberreuter (Anm. 23), S. 23.

  27. Ebd.

  28. Rudolf Strauch in seinem Kommentar über die Debatte zur „Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages" in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 21. September 1984.

  29. So u. a.der Abgeordnete Dr. Langner in der Aussprache des Bundestages am 20. September 1984, dessen Anregung sich viele nachfolgende Redner in der Debatte angeschlossen haben.

  30. Adolf Arndt zur Begründung seines Vorschlags an den damaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier, den § 37 der Geschäftsordnung des Bundestages einfach zu vergessen; siehe dazu: Eu-gen Gerstenmaier (Anm. 1), S. 390.

  31. Die exponierte Gegenposition haben in der Debatte des Bundestages am 20. September 1984 die Abgeordneten Frau Hamm-Brücher (FDP) und Frau Hartenstein (SPD) vertreten. Während letztere die mit Verfassungsauftrag ausgestatteten Abgeordneten allzu oft von der „Parlamentsmaschinerie ... zusammengedrückt, plattgedrückt wie eine Flunder" sieht, sind es nach Auffassung von Frau Hamm-Brücher „die ungezählten kleinen Zwänge und Tabus, die den Art. 38 GG im parlamentarischen Alltag nach Ansicht so vieler Kollegen zur Lyrik oder zur Leerformel degradieren". Plenarprotokoll 10/85 (Anm. 21), S. 6205 und S. 6233.

  32. Heinrich Oberreuter (Anm. 23), S. 27.

  33. Ebd.

  34. Über Entstehungsgründe, programmatische Entwicklung sowie Mitglieder-und Wählerstrukturen der GRÜNEN liegt inzwischen eine umfangreiche Literatur vor; siehe dazu u. a.: Gerd Langguth, Der grüne Faktor, Osnabrück 1984; Klaus Gotto/Hans-Joachim Veen (Hrsg), Die Grünen — Partei wider Willen, Mainz 1984; Hans-Joachim Veen, Wer wählt grün?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 35-36/84.

  35. Heinrich Oberreuter (Anm. 23).

  36. Hans-Peter Schütz im Kommentar zur Bundestagsdebatte über „Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages", in: Stuttgarter Nachrichten vom 21. September 1984.

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Norbert Lammert, Dr. rer. soc., geb. 1948; Tätigkeit als Dozent in der Erwachsenenbildung sowie Lehrbeauftragter für Politikwissenschaft; seit 1980 Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU/CSU-Fraktion); stellv. Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. Zahlreiche Veröffentlichungen im Bereich der Parteienforschung und zu wirtschafts-und gesellschaftspolitischen Problemen, u. a.: Das Phänomen der „Staatsverdrossenheit" und Strukturdefekte der Parteien, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 25/79.