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Bemerkungen zum Geschichtsunterricht im Übergang: Gesellschaftslehre als Alternative? Die Krise des Geschichtsunterrichts und ihre Vermarktung | APuZ 41/1974 | bpb.de

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APuZ 41/1974 Artikel 1 Zwischen Marx und Stalin Kritische Anmerkungen zur marxistischen Periodisierung der Weltgeschichte Geschichte in Wissenschaft und Unterricht heute Gedanken zu einer nach-historistischen Konzeption der Geschichtswissenschaft und zur sozialen Funktion des Geschichtsunterrichts Bemerkungen zum Geschichtsunterricht im Übergang: Gesellschaftslehre als Alternative? Die Krise des Geschichtsunterrichts und ihre Vermarktung

Bemerkungen zum Geschichtsunterricht im Übergang: Gesellschaftslehre als Alternative? Die Krise des Geschichtsunterrichts und ihre Vermarktung

Gerhard Schneider

/ 23 Minuten zu lesen

Vergegenwärtigt man sich die wissenschaftlichen und teilweise auch journalistischen Veröffentlichungen der letzten Jahre zum Geschichtsunterricht, so fällt einem zunächst die eklatante Disharmonie der Standpunkte in die Augen: Da werden Argumente für den isolierten Fortbestand des herkömmlichen Geschichtsunterrichts noch immer in die Diskussion eingebracht und damit einer Konzeption des Geschichtsunterrichts das Wort geredet, die eigentlich spätestens seit den Saarbrücker Rahmenvereinbarungen der Kultusminister zum Fach Gemeinschaftskunde — zumindest für die gymnasiale Oberstufe — überwunden zu sein schienen. Die vielfältigen Vorschläge für eine Revision des Stoffplanes, die berechtigterweise verstärkt auf bislang „versäumte Lektionen" hinweisen, bleiben für sich genommen ohne weiterwirkende Konsequenzen im Hinblick auf eine grundlegend neue Geschichtsdidaktik; sie sind eher in der Tradition der alten Frage nach der Bewältigung der Stoffülle zu sehen.

Die oft beschworene Kooperationsbereitschaft der Geschichte mit anderen Fächern (Geographie, Gemeinschaftskunde, Deutsch, Religion u. a.) hat noch keine konkreten Ergebnisse gebracht und ist — trotz jahrzehntelangen Bemühens — bisher folgenlos und nahezu ohne Niederschlag in der theoretischen Literatur geblieben Wer die Sprachlosigkeit jener Verfechter der Kooperationsidee anläßlich des Kongresses „Geschichtsdidaktik und Curriculumentwicklung“ (2. — 4. Oktober 1973 in Göttingen) erlebt hat, als sie aufgefordert wurden, das mögliche Kooperationsfeld abzustecken oder doch zumindest inhaltliche Angaben über Ansatzpunkte der Kooperation zu machen, der konnte sich die objektiven Schwierigkeiten ausmalen, die sich dann zwangsläufig ergeben müssen, wenn ein so sehr mit vielen Fächern verschränktes Fach wie Geschichte Kooperationsangebote mit der Absicht machen will, die Integration zu verhindern um das Fach letztlich wie gehabt zu bewahren.

Im Zuge der allgemeinen Curriculumentwicklung und im Anschluß an die Erkenntnis, daß die Geschichte als Korrelat der Biographie „großer Persönlichkeiten" die Möglichkeit der Manipulation von Einstellungen und Verhalten eröffnet und zudem zu falschen Identifikationen führen kann und überhaupt wegen der Anfälligkeit der Geschichte, 'sich zur Magd herrschender Meinungen und Trends zu machen, verstärkte sich in weiten Kreisen der Geschichtsdidaktiker die Überzeugung, daß die Zukunft der Geschichte in der Integration in die Politische Bildung oder Gesellschaftslehre liege. Der Bruch mit der bildungstheoretischen Tradition war damit vollzogen; die Geschichte als Gegenstand des Lernens er-fährt nunmehr eine vollkommen neue Zuweisung. Wohl aufgrund der verstärkten Integrationsdiskussion der jüngsten Zeit häufen sich jetzt solche geschichtsdidaktischen Veröffentlichungen, die teilweise beunruhigt und verunsichert den Fortgang des Faches Geschichte kommentieren oder dessen Entwicklung direkt angreifen. Der Krise der Geschichtswissenschaft entspricht die Krise des Geschichtsunterrichts und in beiden Bereichen hat die allgemeine Unsicherheit hinsichtlich des Sinns und Werts der Geschichte (und des Geschichtsunterrichts) eine tiefgreifende Orientierungslosigkeit hinterlassen, die sich in vielen Buch-und Aufsatztiteln niedergeschlagen hat und die allmählich die Entmachtung der Geschichte anzuzeigen scheint. Nachdem Herrmann Heimpel 1956 noch die Frage nach der „Kapitulation vor der Geschichte“ gestellt hat, sprach Alfred Heuss schon 1959 vom „Verlust der Geschichte“ und viele seiner Fachkollegen griffen diese Fragestellung auf oder erweiterten sie

Auch wenn man neuerdings glaubt feststellen zu können, daß der Tiefpunkt der so viel beschworenen Geschichtsmüdigkeit überschritten sein dürfte haben solche Ansichten in den Reihen der Geschichtsdidaktiker noch kaum Fuß gefaßt. Warnend und kritisierend zugleich stemmen sie sich gegen den von ihnen als ahistorisch erkannten Zeitgeist, der der Geschichte nahezu jeden Bildungswert bestreite. Der bis in den Alltag hineinreichende Zusammenhang des gegenwärtigen Lebens mit der Vergangenheit wird als gefährdet angesehen, die Voraussetzung für Geschichtsbewußtsein scheint kaum mehr gegeben zu sein.

Diese Krisenstimmung hat sich in den letzten Jahren in dem Maße auch der Geschichtsdidaktik bemächtigt, wie diese und die Geschichtswissenschaft den Charakter zweier separater Wissenschaften verloren haben. Zwar hat man im Laufe der Entwicklung des Unterrichtsfaches Geschichte nicht selten von einer Krise des Geschichtsunterrichts gesprochen, doch erfolgten diese Verlautbarungen eher in vorbeugender Absicht, um einer Schmälerung des Geschichtsunterrichts in Volksschulen und Gymnasien zu Zeiten seiner bereits abklingenden Reputation vorzubauen Wie die sehr wandelbare Geschichte des Geschichtsunterrichts zeigen könnte, ist es dennoch immer wieder zu Versuchen ge-

kommen, den Geschichtsunterricht ganz abzuschaffen oder doch wesentlich zu reduzieren. Auch Ansätze zu einer Integration der Geschichte in ein Fach Politische Weltkunde hat es mehrfach gegeben Der drohende Stundenentzug veranlaßte manchen Geschichtsdidaktiker zu tieferschürfenden Überlegungen über den . Bildungszweck" oder den „Sinn" des Geschichtsunterrichts So treffend die Erkenntnisse Fritz Friedrichs auch waren, so erstaunlich war es doch, daß sie so lange ohne entscheidende Konsequenzen geblieben sind!

Nach wie vor bestimmt die nicht zu leugnende Krise des Geschichtsunterrichts und seine unsichere Zukunft die geschichtsdidaktische Diskussion. Und auch hier sprechen die Titel der betreffenden Abhandlungen eine deutliche Sprache. Wer sich auf der Höhe der geschichtsdidaktischen Diskussion bewegen möchte, der — so hat es den Anschein — muß seiner Veröffentlichung das entsprechende Etikett verpassen. „Mitten in einer pädagogischen Revolution" stehend, wird „mit überkommenen Traditionen leichten Herzens gebrochen“. „Allenthalben drängt Neues, oft Schockierendes, nach vorn" und scheint den „Geschichtsverlust", ja sogar die „Geschichtsfeindlichkeit" zu begünstigen. „Die Besonnenen sind aufgerufen, in der allgemeinen Gedankenflut den Weizen von der Spreu zu sondern, das Brauchbare in das bestehende Bildungssystem einzubringen und das ganze System ohne hemmungslose Neuerungssucht zum Besseren fortzubilden." Die Krise wird beschworen, Neuansätze zu ihrer Über-windung aber sogleich in Mißkredit gebracht. Das enthebt der Mühe tiefergreifender Analysen über die Bedingungen und Voraussetzungen dieser Krise, „beweist" aber die tiefe Sorge um das Fach. „Geschichtsunterricht ohne Zukunft?", „Abschied vom klassischen Schulfach", „Geschichte: mangelhaft", um nur einige Titel zu nennen haben zwar ohne Zweifel das Verdienst für sich, auf eine neue, für manche als bedenklich angesehene Entwicklung hingewiesen zu haben, die Auswirkungen dieser Titelformulierungen dürften mittlerweile aber den damit verbundenen Absichten zuwiderlaufen. Der Appell an die Bevölkerung, an Lehrer und Verbände, für den Fortbestand des Geschichtsunterrichts einzutreten, trägt nicht mehr weit und die Gefahr ist groß, daß es denjenigen, die von der Krise und vom nahen Ende des Geschichtsunterrichts sprechen, so ergeht wie jenem Schäfer in Äsops Fabel, der die Bereitschaft der anderen Schäfer, ihm und seiner Herde zu Hilfe zu eilen, so lange unnötigerweise strapazierte, bis jene — als schließlich der Herde echte Gefahr drohte —, seinen Hilferufen kein Gehör mehr schenkten. Möglicherweise glaubt man schon jetzt in der Bevölkerung, daß die Krise integrierender Bestandteil der Geschichte sei und das Reden um diese Krise zum Berufslamento der Historiker gehöre. Vielleicht hat auch die in den letzten Jahren mit sehr viel Publizität bedachte Entwicklung des Faches Geschichte der verbreiteten Meinung Vorschub geleistet, daß dieses Fach vor allen anderen reformbe-dürftig sei, als habe es bislang nichts „erreicht" und sei folglich auch nicht länger existenzberechtigt. Die Sensibilität der Bevölkerung für Veränderungen auf dem Gebiet der Geschichte und des Geschichtsunterrichts — obschon immer nicht allzu groß — dürfte allmählich gänzlich erlahmt sein.

Offensichtlich versprechen sich neuerdings auch manche Verlage eine besondere Publikumswirksamkeit von bedrohlich klingenden, verunsichernden Ankündigungen von Neuerscheinungen. Annette Kuhns vor kurzem erschienene „Einführung in die Didaktik der Geschichte" (München 1974) wurde vom Kösel-Verlag folgendermaßen eingeführt: „Das Unterrichtsfach Geschichte befindet sich seit Jahren in der Krise. Muß es abgeschafft werden oder gelingt es, ihm neue Chancen zu eröffnen?... *; und hatte man schon bei der Klett-Reihe „Anmerkungen und Argumente zur historischen und politischen Bildung” den Eindruck, als würden nunmehr auch im wissenschaftlichen Bereich wirtschaftliche Interessen die Titelfrage bestimmen, so ist diese Vermutung im obigen Falle zur Gewißheit geworden: Die Krise des Geschichtsunterrichts steht im Begriff, vermarktet zu werden; die Marktlücke ist (noch) da, der Gebrauch des Begriffs „Krise" ist „in", wenn man an seinen inflationären Gebrauch in den letzten Jahren denkt. „Das Historikergerede von der Gefährdung des Geschichtsbewußtseins nach Integration historischer in die gesellschaftlich-politische Bildung erscheint einem als dem Fachegoismus dienende Farce."

Die Arznei, die dem Geschichtsunterricht nachhaltige Remedur verschaffen könnte, ist bislang noch nicht gefunden. Gleichwohl sind Ansätze vorhanden, die aus dem Dilemma herausführen könnten und — die Prognose sei gewagt — gleichgültig wie die Entscheidung um das Fach Gesellschaftslehre kurzfristig auch aussehen mag, ein Weg zurück zum solitären Geschichtsunterricht wird es auf lange Sicht kaum mehr geben können. Nachstehend seien einige Thesen aufgeführt, die zu den anstehenden Fragen des Geschichtsunterrichts im Übergang Stellung nehmen

Zum Aspekt Geschichte in der Gesellschaftslehre

Zur Überwindung der gegenwärtigen Krise ist zunächst das Eingeständnis notwendig, daß die große Zeit des Geschichtsunterrichts endgültig vorbei ist und noch so wehmütige Reminiszenzen an seine einst unbestrittene Stellung nichts an der Tatsache ändern können, daß der Geschichtsunterricht im Rahmen der Unterrichtsfächer nur noch sekundäre Bedeutung hat. Dies schließt ein, daß wir die funktionale oder subsidiäre Rolle der Geschichte akzeptieren. Den Geschichtsunterricht als antiquarischen Selbstzweck hatte ohnehin bereits die „bildungstheoretische Didaktik" Erich Wenigers überwunden.

Es wird schwerfallen, auf dem Hintergrund des derzeitigen Diskussionsstandes um das Unterrichtsfach Geschichte weiterhin für dessen Erhaltung zu plädieren. Wichtiger wird es sein, dem Fach Gesellschaftslehre (oder wie immer das Fach heißen wird, als dessen integrierender Bestandteil der Geschichtsunterricht in Zukunft fortbestehen soll) jene historische Dimension zu verleihen, die nötig sein wird, um — in der Absicht, einen nutzbaren Lerneffekt zu erzielen — gegenwärtige Strukturen in ihren traditions-und Erklärungszusammenhang stellen zu können. Dabei wird, bei aller Kritik an dem Begriff „historische Dimension" festgehalten, ohne daß hierunter eine reine „Zeitverlaufsgeschichte" ver-* standen werden soll, bei der aktuelle Zustände Entwicklungen usw. eine eher willkürliche Vorgeschichte erhalten. Vielmehr soll durch die Ausweitung des Blickfelds in die Vergangenheit der Begründungszusammenhang mit diesen Zuständen, Entwicklungen usw. hergestellt werden, um somit die Bedingungen der Gegenwart auch historisch auszuweisen. Ein Vorwurf, der gegenüber den Verfassern neuer Lehrpläne für Geschichte und Gesellschaftslehre immer wieder erhoben wird, sie würden bewußt auf die Kontinuität verzichten und der Tradition keinen Raum einräumen, also einen auf reine Aktualität abzielenden , Gesdiidits" unterridit in die Schulen bringen — dieser Vorwurf ist bei näherem Zusehen kaum begründet. Wenn die Hessischen Rahmenrichtlinien Gesellschaftslehre im Lernfeld Wirtschaft sich der Fragen nach Produktion, Distribution und Konsumtion annehmen, so werden zwar die für die Analyse von Industriegesellschaften wichtigen Begriffe in den Unterricht eingebracht, eine rein zeitgeschichtlich-politisch orientierte Definition dieser Begriffe und der durch sie erläuterten Vorgänge in der Gesellschaft werden primär oder ausschließlich jedoch nicht angestrebt. In der näheren Bestimmung dieses Lernfeldes wird betont, daß „die Formen der Herstellung und Verteilung wirtschaftlicher Güter sowie die ihnen zugrunde liegenden Besitzverhältnisse .. . von entscheidender Bedeutung für die Lebensbedingungen in einer Gesellschaft (sind)", die von hier ausgehenden Auswirkungen sich trotz ihrer Gegenwartsbezogenheit aber dennoch auch „am Verlauf der historischen Entwicklung verdeutlichen" lassen. Als zugehöriges Lernziel wird daher formuliert; ...... erkennen, daß die jeweiligen Formen der Produktion, Verteilung und Konsumtion von wirtschaftlichen Gütern historisch entstanden und veränderbar sind (unter Beachtung der verschiedenen natürlichen Bedingungen in unterschiedlichen Räumen)"

In diesem Zusammenhang ließe sich also etwa bei der Behandlung eines Themas wie „Organisation von Arbeit und Arbeitern", ausgehend von unserer heutigen Situation, eine Vielzahl von Traditionssträngen aufzeigen, die — gerade bei dieser Thematik — häufig ineinander verflochten wären und nicht nur historische Paradigma für gegenwärtig ebenso oder ähnlich feststellbare Herrschaftsstrukturen und Organisationsformen liefern könnten, sondern darüber hinaus in vielfältiger Form zur Analyse unserer Gesellschaft unter Berücksichtigung der sie bedingenden, historisch gewachsenen Strukturen beitragen würden.

Die unterrichtspraktische Verwertbarkeit des Geschichtsinteresses

Entgegen den eher defaitistischen Äußerungen nicht weniger Historiker hat sich in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, daß das tatsächliche Geschichtsinteresse der Bevölkerung weitaus größer ist, als man dies aufgrund des angeblich konstatierbaren antihistorischen Affekts im gegenwärtigen Zeitbewußtsein (Theodor Schieder) annehmen möchte. Die kritische Fernsehsendereihe „Aspekte" hat wiederholt die Erhaltung historisch und kunstgeschichtlich bedeutsamer Stadtbilder gefordert und breiten Zuspruch aus allen Teilen der Bevölkerung erhalten. Die Besucherzahlen verschiedener Ausstellungen und sonstiger Veranstaltungen mit historischer Thematik zeugen von nicht zu erwartendem historischen Interesse. Die unter den Auspizien des Europarates durchgeführte Ausstellung „Karl der Große — Werk und Wirkung" (Aachen 1965; ca. 225 000 Besucher) sowie die aus Anlaß der hundertsten Wiederkehr der Reichsgründung initiierte Ausstellung „Fragen an die Geschichte“ (Berlin 1971; 251 000 Besucher) aber auch kleinere, ohne bundesweite Publizität abgelaufene Ausstellungen wie „Sveagold und Wikingerschmuck" (Mainz 1968), „Großmähren. Slawenreich zwischen Byzantinern und Franken“ (Mainz 1966), „Rhein und Maas. Kunst und Kultur 800— 1400“ (Köln 1972 — Brüssel 1972) dokumentieren ein konstantes, eher noch zunehmendes Interesse an historischen (und kunstgeschichtlichen) Veranstaltungen. Ursache dieser Besucherströme kann sicherlich nicht allein der von den Erwachsenen verspürte „Verlust der Geschichte" (= Tradition) sein, den es etwa aufzuhalten gälte. Auch allein als Befriedigung einer wie auch immer gearteten historischen Neugierde, die der Geschichtsunterricht vielleicht nicht hatte erreichen können, wird der große Zulauf nicht zu interpretieren sein, wenngleich alle diese Gründe eine gewisse Rolle gespielt haben dürften. Inwieweit der bewußtere Umgang mit der Freizeit eine Hinwendung zu kulturellen Veranstaltungen insgesamt verursacht hat, muß fraglich bleiben, solange die wiederholt geforderten empirischen Erhebungen über Motivationen und sonstige Voraussetzungen für solche Art Freizeitgestaltung nicht vorliegen.

Eine weitverbreitete naiv-historische Neugierde hat möglicherweise auch zu der hohen Einschaltquote des mehrteiligen Fernsehfilms „Trenck" geführt; die gleiche Ursache dürfte den Erfolg solcher Bücher wie „Götter, Gräber und Gelehrte", „Der erste Amerikaner", „Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit“, „Die Phönizier" usw. begünstigt haben. Diese bislang kaum analysierten historischen Interessen und die daraus resultierenden Kenntnisse bei Erwachsenen sollten möglichst bald Gegenstand intensiver empirischer Forschung werden vor allem, um die offensichtlich schichtenspezifisch unterschiedliche Präferenz für bestimmte historische Darbietungen im weitesten Sinne aufzuzeigen. Es dürfte nämlich unumstritten sein, daß jenes Publikum, das den „Trenck" im Fernsehen verfolgte, nicht identisch ist mit den Besuchern der Aachener Karlsausstellung; ebenso dürfte sich der größte Teil der Ceram-Leser von jenen Gruppen unterscheiden, die etwa historische Kenntnisse aus der Lektüre der Asterix-Hefte ziehen. Dabei ist die Bevorzugung des einen Stoffes zum Nachteil des anderen sicherlich nicht zum größten Teil oder gar allein im Stoff selbst begründet, sondern vor allem wohl im Medium, das den Zugang zum Historischen vermittelt. Der „Trenck" erfuhr seine besondere Publizität auch wegen des einfachen Zugangs via Fernsehen, der für jene Bevölkerungskreise am problemlosesten ist, die Ausstellungen etwa in Museen immer noch als Sache der Akademiker oder sonstiger exklusiver Kreise ansehen und deshalb verständlicherweise meiden.

Wenn sich nun herausstellt, daß es nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Grund-und Hauptschülern, die noch keinen Geschichtsunterricht erlebt haben (also etwa 4. — 6. Klasse), sowohl ein erstaunlich breit gestreutes geschichtliches Vorwissen als auch ein ebenso wenig erwartetes ausgeprägtes Interesse an allem Geschichtlichen gibt (eine von mir soeben begonnene Fragebogen-aktion in diesen Klassen läßt nach Rücklauf von nahezu 500 Fragebögen diesen Trend deutlich erkennen dann muß man sich fragen, weshalb dem in der 7. Klasse einsetzenden Geschichtsunterricht so wenig Erfolg beschieden ist.

Offensichtlich gelingt es nicht, das zunächst sicherlich als Primärmotivation wirkende historische Vorwissen auf längere Dauer zu verwerten und immer wieder zum Anlaß oder Ausgangspunkt von Lernen zu machen. Dem Bedürfnis der Schüler, vorhandene historische Kenntnisse zu erweitern oder mit neu erworbenen Kenntnissen zu konfrontieren und zu vergleichen, woraus sodann zusätzlich Motivation erwachsen kann, widerspricht die Schulwirklichkeit mit ihren vorgegebenen Stoffen, die den Interessen der Schüler nicht oder nur selten entsprechen.

Es wird daher vorgeschlagen, in der 5. und'oder 6. Klasse, in denen in einigen Bundesländern bisher die sogenannten „Geschichtsbilder" gepflegt wurden — Stoffe also, die den Schüler in der Regel wenig interessierten und auch nur vermeintlich „kindertümlich" waren —, jene historischen Stoffe „vor" zubehandeln, die den Schüler aus aktuellem Anlaß oder aus anderen Gründen gerade bewegen. Der damit zu erzielende Erfolg dürfte jenen mit den „Geschichtsbildern" anvisierten bei weitem übersteigen, denn indem die Schüler den stofflichen Rahmen des Geschichtsunterrichts selbst abstecken und damit Motivationsprobleme kaum auftreten dürften, vollzieht sich I der Übergang von vorunterrichtlich-naivem zu unterrichtlich wirksamem Geschichtsinteresse nahezu bruchlos. Einem obersten Lernziel . Emanzipation" wird auch schon in dieser I Phase durch weitgehende Selbstbestimmung der Schüler Rechnung getragen.

Da ohnehin an nahezu jedem historischen Stoff die wesentlichen instrumentalen Lernziele verwirklicht werden können, ist damit I eine gute Ausgangsbasis dafür gegeben, den I in der 7. Klasse nunmehr obligatorischen Ge-schichtsunterricht effektiv vorzubereiten, indem die wichtigsten Unterrichtstechniken (Interpretation von Quellen, Statistiken, Graphiken, Filmen etc) bereits in der 6. Klasse ein-geübt wurden.

Gelingt es, das durchaus vorhandene Interesse der Schüler etwa mit obigem Verfahren unterrichtspraktisch wirksam werden zu lassen, dann sollte auch dem Lernen in Geschichte nachhaltigerer Erfolg beschieden sein.

Zur Frage der Stoffauswahl

I Natürlich besteht kein Zweifel, daß zu diesem erhofften Erfolg auch die Stoffe und ihre Darbietung beizutragen hätten. Mithin bleibt die Frage der Stoffauswahl zentrales Problem einer Geschichtsdidaktik — und an ihrer Lösung werden sich die Geister noch lange scheiden. I Da das an sich Wißbare aus der Vergangen-I heit unendlich ist, wird bereits der notwendige Auswahlprozeß der geschichtlichen Unterrichtsgegenstände je nach seinen Prämissen konstitutiv für entweder einen kritisch-rationalen oder den jeweiligen Zustand apologetisdi-Iegitimierenden Unterricht sein.

Durchforstet man die älteren, teilweise noch immer gültigen Lehrpläne für Geschichte nach den Zielen des Geschichtsunterrichts, dann ergibt sich eine Liste von Begriffen, die den stark irrationalen Gehalt der dem Historismus verpflichteten Geschichtswissenschaft widerspiegeln: Der Geschichtsunterricht soll vor allem „Tugenden pflegen, die für das Zusammenleben unserer Gesellschaft von großem Wert sind: . Verantwortungsbewußtsein und Tatbereitschaft für Gesellschaft, Staat, Volk und Menschheit': >die Liebe zum eigenen Volk wecken'; Erziehung , zur Wahrhaftigheit, Rechtlichkeit, Duldsamkeit und zur Ehrfurcht'; ... . bereitet die Jugend auf die allen gemeinsamen Verpflichtungen eines tätigen hebens im Dienste von Staat, Volk und Menschheit vor'“

Dem stehen heute die allgemeinen Lernziele der neuen Rahmenrichtlinien und Curricula für Geschichte und Gesellschaftslehre etwa in Hessen gegenüber: „Bezugsrahmen für die Bestimmung der Lernziele bilden (das) Grundgesetz und (die) Hessische Verfassung. In ihnen wird die Würde des Menschen als höchster Rechtswert festgelegt . . . Dies verpflichtet (den) Unterricht, (die) Schüler zu befähigen, ihre eigene Persönlichkeit zu entfalten und an gesellschaftlichen Entscheidungen mitzuwirken. Dementsprechend bildet die Befähigung zur Selbst-und Mitbestimmung das oberste Lernziel der Gesellschaftslehre. Es muß für alle Schüler gleichermaßen gelten. Seine Verwirklichung ist daher an die Aufhebung ungleicher Lebenschanchen geknüpft."

Die alten Ziele des Geschichtsunterrichts waren auf die Integration des Staatsbürgers in die Gesellschaft gerichtet und hatten nicht selten seine kritiklose Identifikation mit dem Staat zur Folge. Der „Staat" kodifizierte seine Erwartungen in den entsprechenden Lehrplänen und verlangte von den Schulen deren Einlösung. In den Hessischen Rahmenrichtlinien stehen statt dessen die Schüler im Vordergrund und nicht mehr länger die — wie auch immer motivierten — Interessen des Staates. Die Gesellschaft wird insofern von dieser neuen Entwicklung profitieren, als die Schule nicht länger fremdbestimmte Wesen entläßt, sondern junge Menschen, die ihre echten Bedürfnisse und die Möglichkeit ihrer Befriedigung im solidarischen Zusammenleben mit der übrigen Bevölkerung erkannt haben. Das allgemeine Lernziel „Solidarität" kann diesen Prozeß selbst zum Gegenstand von Lernen zur Voraussetzung haben und anhand historischer Beispiele die Funktion von Solidarität sowie die Auswirkungen ihres Fehlens aufzeigen.

Dieser Wandel in den Zielen des Geschichtsunterrichts muß natürlich Auswirkungen auf die Stoffauswahl haben. Aufgrund der vielfach nur antiquarischen Bedeutung herkömmlicher geschichtlicher Stoffe ist man heute dazu übergegangen, solche Stoffe auszuwählen, die zukunftsträchtig sind und einen deutlichen Bezug zur gegenwärtig erlebten Umwelt der Schüler haben. Da die Beantwortung der Frage des Praxisbezuges und der Anwendbarkeit der Geschichte immer mehr zum Entscheid über ihren Nutzen und Sinn gemacht wird, versuchen sowohl Geschichtsunterricht als auch Gesellschaftslehre verstärkt handlungsorientiertes Wissen zu vermitteln. Damit wird eine positive Beantwortung der alten Frage, ob die Beschäftigung mit der Geschichte das politische Handeln der Schüler beeinflussen kann, stillschweigend vorausgesetzt. Es verwundert daher nicht länger, daß ein breiter Konsens die politische Bildung als Prinzip vieler Unterrichtsfächer akzeptiert, der Geschichtsunterricht somit auch politische Bildung ist und eine Trennung dieser verbundenen Elemente paradox erscheint. Dies müßte immerhin zur Konsequenz haben, daß eben diese anderen Unterrichtsfächer auch den historisch-gesellschaftlichen Aspekt ihrer Lehr-und Lernstoffe reflektieren und unterrichtspraktisch nutzen So könnte z. B. die Lektüre eines Stückes von Racine im Französischunterricht der gymnasialen Oberstufe dazu Anlaß bieten, die Widerspiegelung des absolutistischen Staates der Nachfrondezeit im Unterricht zu berücksichtigen und überhaupt die Thematik dieses Stückes als seine Zeit repräsentierend zu kennzeichnen. Bei der Frage nach dem Publikum solcher Stücke könnten Aussagen über die gesellschaftliche Schichtung dieser Epoche angeknüpft werden. Daß dieser Vorschlag über den „kooperativen Unterricht" hinausgeht, wird schon an der Forderung deutlich, daß bei seiner Verwirklichung Konsequenzen für die Lehrerbildung gezogen werden müßten. Ein historisch-politischer Unterricht als Unterrichtsprinzip wäre anzustreben.

Hat man dem Geschichtsunterricht ehedem allenfalls die Ausbildung gewisser erwünschter staatsbürgerlicher Tugenden zugesprochen, womit immerhin auch damals schon die Hoffnung auf ein bestimmtes politisches Verhalten — also eine Art Nutzanwendung — verbunden war, so betont heute selbst die traditionelle Geschichtswissenschaft die unmittelbare praktische Anwendbarkeit der Geschichte Angesichts der täglich auf den Schüler einwirkenden Fülle von Informationen aus aller Welt kann sich die praktische Verwertbarkeit des Geschichtsunterrichts oder der Gesellschaftslehre auch darin offenbaren, daß der Schüler Ordnungs-und Strukturierungshilfen erhält, die ihm die Einordnung, Wertung, Analyse der erfahrenen Informationen erleichtert oder gar erst ermöglicht

Wenngleich man sich den „Verwertungszusammenhang der Historie" nicht komplex genug vorstellen kann, wird es für den Einzelfall (etwa bei einer politischen Entscheidung) immer schwer sein, das Ausmaß des von der Geschichte herrührenden Einflusses genau zu bestimmen. Gerade aber die Schwierigkeit, die Verwendbarkeit der Geschichte in Zahlen auszudrücken, macht es den Gegnern eines historisch-politischen Unterrichts so leicht, seine Folgenlosigkeit zu postulieren und den Umwelteinflüssen, dem Elternhaus usw. weitaus größeres Gewicht bei Werturteilen und Entscheidungen zuzubilligen.

Anneliese Mannzmann hat jüngst einen originellen Theorie-Praxis-Bezug von Historie vorgestellt, der zukunftsweisend für die geschichtsdidaktische Diskussion sein könnte: „So wie Vergangenheit macht-und herrschaftsabhängigen Strukturierungsprinzipien unterliegt, wird auch Zukunft offiziell und inoffiziell in Total-oder Partialentwürfen vorweggenommen und ein imaginäres Feld für* Aktivitäten abgesteckt, die in politischer, ökonomischer, kultureller Hinsicht vorherbestimmbar und steuerbar sind." Die so gewonnene Perspektivenerweiterung kann sich unterrichtspraktisch in „handlungs-und geschichtswirksame Utopien (Betätigung konstruktiver Phantasie)“ sowie in „Planung und Projektdenken (zukünftiges Wirksamwerden gegenwärtiger Entscheidungen niederschlagen. So könnte der Schüler anhand von Utopien nicht nur das ihnen innewohnende Veränderungspotential erschließen, die gesellschaftliche Basis dieser Alternative feststellen oder die Frage nach der Realisierbarkeit dieser Utopien aufwerfen sondern darüber hinaus auch Rückschlüsse über die Struktur jener Zeit (d. h. die Vergangenheit) erlangen, die das Entstehen einer solchen Utopie förderte oder vielleicht sogar provozierte.

Schwieriger wird es sein, den Schüler in die Lage zu versetzen, durch die Entwicklung einer konstruktiven Phantasie alternatives Denken zu ermöglichen. Die Einübung analytischer, kritischer, kombinatorischer, komparativer und expressiver Fähigkeiten soll den Schüler befähigen, „Ist-Tatbestände nach Sollens-Tatbestände hin zu hinterfragen" was nicht nur konstruktive Phantasie voraussetzt, sondern auch ein hohes Maß an Abstraktionsvermögen und die Einsicht, daß auch „Sollens-Tatbestände" als konstruktive Fiktion von den gegenwärtigen sozioökonomischen Bedingungen her determiniert sind.

Gemessen an den derzeit geläufigen Unterrichtsstoffen zeigt sich deutlich die Neuartigkeit dieser Vorschläge, gleichzeitig aber auch die Schwierigkeit, diese Vorschläge im Augenblick mit Erfolg in den Unterricht einzubringen.

Zur Frage der Lehrerfortbildung

Die Diskrepanz zwischen selbsterfahrener traditioneller Ausbildung und neuen Lehrplananforderungen in Verbindung mit der frei Haus gelieferten Verunsicherung durch didaktische und methodische Publikationen lassen den Geschichtslehrer nicht selten an seinem Fach zweifeln und haben seine zunächst emotionale, später auch faktische Abkehr vom Fach zur Folge. Seinem verständlichen Verlangen nach mehr Sicherheit im Fach ist dadurch Rechnung zu tragen, daß ihm die Möglichkeit zur intensiven Einarbeitung in den derzeitigen fachdidaktischen Diskussionsstand geboten wird. Ferner muß dafür gesorgt werden, daß der Geschichtsunterricht und die Geschichtslehrbücher sich nicht noch weiter vom jeweiligen Stand der geschichtswissenschaftlichen Forschung entfernen, was leider aufgrund des immer stärker betriebenen Spezialistentums in der Geschichtsforschung kaum zu vermeiden sein wird.

Da die Geschichtswissenschaft offensichtlich nicht in der Lage ist, unterrichtspraktisch verwertbare, auf der Höhe des derzeitigen Forschungsstandes stehende Synthesen zu schreiben — in den meisten westeuropäischen Ländern hat es an dergleichen Versuchen in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht gefehlt—, wäre es Sache der Unterrichtspraktiker selber, hier Abhilfe zu schaffen. Um die häufig aus Unkenntnis der neuesten Forschungen sich einstellenden groben Vereinfachungen und entstellenden Glättungen im Unterricht zu vermeiden, bedarf es umgehend unterrichtspraktischer Handbücher, um diesem Dilemma abzuhelfen. (Bekanntlich gibt es bereits einige unterrichts-praktische Handbücher auf dem Markt [Schlegels Handbuch für den Geschichtsunterricht in der Mittelstufe, das Handbuch von Kleinknecht-Lohan, das Handbuch von Hermann Meyer, zuletzt das 3bändige Werk von Castritius, Lotter, Meyer und Neuhaus, „Herrschaft, Gesellschaft, Wirtschaft" ], doch ist ihnen allen gemeinsam, daß sie in der Regel noch zu wenig Impulse für den Unterricht bringen und sowohl im didaktischen und methodischen als auch im stofflich-faktischen Bereich zu schnell veralten. Es wäre zu überlegen, ob hier nicht eine Loseblattsammlung mit der Möglichkeit von Nachlieferungen je nach Bedarf geeigneter wäre.) Wünschenswert wäre für Lehrer aller Stufen ein fortgesetztes Fortbildungs-und Intensivierungsstudium, das in einer Phase der Erprobung zunächst auf freiwilliger Basis oder fakultativ, später aber obligatorisch alle fünf bis acht Jahre jeweils für die Dauer von sechs bis zwölf Monaten die Möglichkeit einer kritischen Rezeption neuer fachwissenschaftlicher und fachdidaktischer Erkenntnisse garantieren würde. Dieses die Lehrer ohne Zweifel neu motivierende Studium könnte gleichzeitig eine stetige Revision der Lehrinhalte seitens erfahrener Praktiker zur Folge haben und damit auch in dieser Hinsicht unmittelbare Auswirkungen auf die Unterrichtswirklichkeit haben. Die Diskussion um die Lehrerfortbildung im Fach Geschichte/Gesellschaftslehre sollte in diese Richtung weitergeführt werden, auch wenn die Realisierungschancen wegen der zu erwartenden Kosten (größerer Lehrerbedarf) zunächst nur gering sein dürften.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zuletzt etwa Helmut Hoffacker, Die zukünftige Entwicklung des Faches Geschichte, in: Helmut Hoffacker/Klaus Hildebrandt, Bestandsaufnahme Geschichtsunterricht. Programmatik, Materialien, Perspektiven, Stuttgart 1973, S. 215.

  2. Vgl. etwa Paul Cauer, über die Stellung des geographischen Unterrichts am Gymnasium, besonders über sein Verhältnis zum geschichtlichen, in: Neue Jahrbücher für das klassische Altertum, Geschichte und deutsche Literatur und für Pädagogik 10 (1902), S. 399— 403; Heinrich Wolf, Kirchengeschichte im Geschichtsunterricht, in: Neue Jahrbucher (wie oben), 12 (1903), S. 35— 47 und 79— 88; Hans König, über ein Zusammenarbeiten des deutschen und des Geschichtsunterrichts, in: Vergangenheit und Gegenwart 3 (1913), S. 224— 235; Franz sudtke. Der deutsche Aufsatz im Dienste des Geschichtsunterrichts, in: Vergangenheit und Gegen-

  3. Dieser Trend scheint sich auch in Harald Popps (Gegner der Integration) Beitrag zur Situation des Geschichtsunterrichts in der Sekundarstufe II abzuzeichnen (H. Popp, Geschichtsunterricht in der Sekundarstufe II, in: Walter Fürnrohr/Johannes Timmermann (Hrsg.), Geschichtsdidaktisches Studium in der Universität = Fachdidaktische Studien 1, München 1972, S. 74— 78).

  4. über ihren Zusammenhang s. Johannes Timmermann, Thesen zum Zusammenhang zwischen Geschichtsdidaktik, Geschichtswissenschaftstheorie und Geschichtsphilosophie, in: Fürnrohr/Timmermann (wie Anm. 3), S. 79— 85.

  5. Wolfgang Marienfeld/Wilfried Osterwald, Die Geschichte im Unterricht. Grundlegung und Methode, Düsseldorf 1966, S. 8.

  6. Herbert Lüthy, Wozu Geschichte?, in: Der Monat 19 (1967); auch gesondert Zürich 1969; Werner Hofmann, Das Elend der Nationalökonomie, in: Universität, Ideologie, Gesellschaft. Beiträge zur Wissenschaftssoziologie (editlon suhrkamp 261), Frankfurt/Main 1968, S. 129, spricht von der „Verabschiedung der Geschichte aus dem Denken der Gegenwart"; Reinhard Wittram, Anspruch und Fragwürdigkeit der Geschichte. Sechs Vorlesungen zur Methodik der Geschichtswissenschaft und zur Ortsbestimmung der Historie (Kleine Vandenhoeck-Reihe 297/298/299), Göttingen 1969, darin als erster Beitrag: „Befreiung vom Geschichtsbewußtsein", S. 7— 24; Ivo Frenzel, Die Historiker auf dem Katheder: ratlos, in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 87 vom 11. /12. April 1970 (zum 28. Deutschen Historikertag in Köln, wo auch der folgende Beitrag vorgetragen wurde); Reinhart Koselleck, Wozu noch Historie?, in: Historische Zeitschrift 212 (1971), S. 1— 18; Jürgen Kocka, Wozu noch Geschichte, in: Die Zeit, Nr. 9 vom 3. März 1972, S. 52, und geänderte Fassung Ders., Wozu noch Geschichte?, in: Karl Filser (Hrsg.), Theorie und Praxis des Geschichtsunterrichts, Bad Heilbrunn 1974, S. 24— 35 (zuerst erschienen unter dem Titel: Geschichtsunterricht: ein alter Zopf?, in: ex libris 28 (1973) H. 2, S. 11— 20); Kocka spricht vom . Funktionsverlust von Geschichte"; Theodor Schieder, Ohne Geschichte sein? Geschichtsinteresse, Geschichtsbewußtsein heute (Walter-Raymond-Stiftung. Kleine Reihe Heft 3), Köln 1973; vom . Fragwürdigwerden der Geschichte" spricht Dieter Groh, Kritische Ge-

  7. Wolfgang J. Mommsen, Geschichte wird wieder wichtig, in: Die Zeit, Nr. 18 vom 27. April 1973, S. 60.

  8. „Geschichte ist zwar nicht das einzige Schulfach, dessen Sinn, Wert, Form immer aufs neue in Frage gestellt wird; aber mehr als bei allen anderen, vielleicht mit einziger Ausnahme der Religion, ist dies allerdings bei der Geschichte der Fall. Es ist auch nicht verwunderlich. Ihr praktischer Wert für die Gestaltung des Lebens liegt nicht so auf der Hand wie etwa der der Physik oder einer modernen Sprache, ihr formaler Bildungswert ist nicht so einleuchtend wie der einer antiken Sprache oder der

  9. Man vergleiche nur die Diskussion um das Fadi Geschichte nach 1945 und etwa die hessischen Bildungspläne von 1956 und 1957.

  10. Vgl. etwa Fritz Friedrich, Bildungszweck und Stoffauswahl im Geschichtsunterricht, in: Neue Jahrbücher (Anm. 2), S. 69: „Die Ergebnisse des Geschichtsunterrichts auf unseren höheren Schulen wird man in mehr als einer Hinsicht nicht als befriedigend bezeichnen können. Prüfungen und Wie-Verholungen, die sich auf anderes als den soeben in der Klasse behandelten Gegenstand erstrecken, argeben oft einen recht dürftigen Restbestand ge-Schichtlicher Kenntnisse, und erkundigt man sich nun gar nach tieferen Zusammenhängen, histori-sChen Folge-und Parallelerscheinungen oder Werturteilen, so bleibt die Klasse entweder stumm, oder sie fördert Unsinn zutage. . .. Demgemäß ist der Vorrat geschichtlichen Wissens bei den meisten unserer Zeitgenossen überaus bescheiden. ... Hat sin Geschichtsunterricht, der als Ergebnis langjähriger Bemühungen nichts Besseres aufweisen kann, nicht seinen Zweck verfehlt? Was ist schuld daran? Und wie läßt sich Abhilfe schaffen?“

  11. Walter Fürnrohr, Gegenwartsprobleme des Geschichtsunterrichts, in: Pädagogische Welt 24 (1970), S. 720— 729, hier zitiert nach der gekürzten Fassung in: Karl Filser (Hrsg.), Theorie und Praxis des Geschichtsunterrichts, Bad Heilbrunn 1974, S. 36.

  12. Weitere Titel bei Wolfgang Schlegel, Zur Gegenwartskrise des Geschichtsunterrichts, in: Blätter für Lehrerfortbildung 26 (1974), S. 62. — Auch ich selbst bin dem allgemeinen Usus erlegen, den Titel in Form einer Frage zu formulieren, die Ungutes für das Fach Geschichte ahnen läßt: Gerhard Schneider, Ein Angriff auf das Unterrichtsfach Geschichte?, in: Lebendige Schule 28 (1973), S. 344 bis 352.

  13. Kurt Gerhard Fischer, Arbeitslehre und „historische Bildung" als politische Bildung, in: Neue politische Literatur 18 (1973), S. 514.

  14. Vgl. Kurt Gerhard Fischer, Joachim Rohlfes, Ernst-August Roloff, Hans Süssmuth, Welchen Beitrag kann der Geschichtsunterricht zur politischen Bildung leisten?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 30/72 vom 22. Juli 1972; ferner trotz aller Kritik die hessischen und nordrhein-westfälischen Rahmenrichtlinien Gesellschaftslehre.

  15. Sie wollen eine Kritik und Ergänzung jener in jüngster Zeit an anderem Ort vorgelegten Thesen zum Geschichtsunterricht sein: H. Hoffacker (Anm 1), S. 212— 218; Anneliese Mannzmann, Vorüberlegungen zu einer Didaktik der Soziohistorie -Dimensionierung des Faches Geschichte, in: Herwig Blankertz (Hrsg.), Fachdidaktische Curriculumforschung. Strukturansätze für Geschichte, Deutsh Biologie (Neue pädagogische Bemühungen, Bd. 571 Essen 1973, S. 28— 99; Geschichtswissenschaft in Studium und Schulpraxis, hrsg. v. Peter Körner und Matthias Meyn (prolit-argumentationen 61 Gießen 1973»; Wilfried Rumpf, Geschichtsunterict und Didaktik, in: GWU 25 (1974), S. 40— 46; Hermann Giesecke, -Thesen zum Geschichtsunterricht in: Neue Sammlung 14 (1974), S. 53— 65.

  16. A. Mannzmann (Anm. 15), S. 47 ff.

  17. Hessische Rahmenrichtlinien Gesellschaftslehre Sekundarstufe I Ausgabe 1973, S. 167.

  18. Ebd., S. 169.

  19. Zahlen nach Schieder (Anm. 6), S. 38. Ähnliches scheint sich für das Römisch-Germanische Museum in Köln abzuzeichnen, das innerhalb von 2 Monaten von mehr als 250 000 Menschen besucht wurde (s. E. Kießmann—W. Bauer, Das Museumswunder von Köln, in: Zeitmagazin Nr. 10 v. 3. Mai 1974, S. 29 ff.).

  20. Audi von anderer Seite wird einerseits das Fehlen empirischer Untersuchungen über die gesellschaftliche Wirkung von Geschichtsvorstellungen und von Geschichtsunterricht beklagt, andererseits Untersuchungen über vorhandenes historisches Trivialwissen und seine Funktion gefordert (s. Geschichtswissenschaft in Studium und Schulpraxis, wie Anm. 15, S. 548 f.).

  21. Karl Filser, Empirische Forschung in der Fach-didaktik Geschichte, in: Fürnrohr/Timmermana (Anm. 3), S. 86— 90, hat die Forderung nach empirischer Absicherung der Geschichtsdidaktik gefordert. — Einen wichtigen theoretischen Beitrag zum Interesse des Schülers an Geschichte leistet Annette Kuhn, Einführung in die Didaktik der Geschichte, München 1974, S. 27 ff.

  22. Hans Müller, Zur Effektivität des Geschichts-onterrichts. Schülerverhalten und allgemeiner Lern-Sfolg durch Gruppenunterricht (Anmerkungen und argumente zur historischen und politischen Bil-Aung, Bd. 4), Stuttgart 1972, S. 45; vgl. auch K. G. " scher (Anm. 13), S. 509 f.

  23. Hessische Rahmenrichtlinien (Anm 17), S. 7.

  24. Audi Lehrpläne anderer Bundesländer lassen diesen Wandel ansatzweise erkennen: vgl. etwa die Entwürfe der Curricula für die Mainzer Studien-stufe (Kultusministerium Rheinland-Pfalz. Schulversuche und Bildungsforschung. Berichte und Materialien 4), Mainz 1973, S. 267 ff.

  25. In ähnliche Richtung geht ein Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 11. /12. Februar 1960, Ziffer III/l: „Der Geschichtsunterricht ist in allen Klassenstufen im Hinblick auf seinen politischen Bildungsgehalt und auf die Vorbereitung des Unterrichts auf die neueste Geschichte anzulegen" (zit. nach J. Timmershann, Entwicklungstendenzen des Geschichtsunterrichts, in: Fürnrohr/Timmermann [Anm. 3], S. 66 Anm. 9).

  26. Schieder (Anm. 6), S. 41 ff.

  27. Vgl. Timmermann (Anm. 25), S. 60.

  28. Joachim Rohlfes, Umrisse einer Didaktik der Geschichte (Kleine Vandenhoeck-Reihe 338 S), Göttingen 19722, S. 34.

  29. Mannzmann (Anm. 15). S. 90.

  30. Ebd., S. 91.

  31. Vgl. ebd., S. 93.

  32. Ebd., S. 95.

  33. Hierzu zuletzt Schieder (Anm. 6), S. 32.

Weitere Inhalte

Gerhard Schneider, Dr. phil., geb. 1943, Studium der Geschichte, Romanistik und Politikwissenschaft in Heidelberg und Caen; seit 1971 Wissenschaftlicher Assistent für Geschichte und deren Didaktik an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, Abteilung Landau. Veröffentlichungen u. a.: Aufsätze zur mittelalterlichen Geschichte, süddeutschen Landesgeschichte und zur Didaktik der Geschichte; zuletzt: Ein Angriff auf das. Unterrichtsfach Geschichte? Zum Erscheinen der Hessischen Rahmenrichtlinien Gesellschaftslehre Sekundarstufe I, in: Lebendige Schule 28 (1973), S. 344— 352; Uber Präsentismus und Gegenwartsbezug im Geschichtsunterricht, in: Geschichtsdidaktik und Curriculumentwicklung I. Beiträge zur Neugestaltung von Unterricht und Studium, hrsg. v. Walter Fürnrohr (Fachdidaktische Studien, Bd. 11), München 1974, S. 264— 275.