Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Kulturelle Aspekte und Probleme der europäischen Integration | APuZ 10/1997 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 10/1997 Nationale und europäische Identität Die unterschiedlichen Auffassungen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien Kulturelle Aspekte und Probleme der europäischen Integration Europäische Integration und europäische Identität Die Europäische Union im Bewußtsein ihrer Bürger

Kulturelle Aspekte und Probleme der europäischen Integration

Wolfgang W. Mickel

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Hauptakzent bei der europäischen Integration lag bisher auf den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Gebieten. Die Notwendigkeit einer gemeinsamen kulturellen Basis spielte kaum eine Rolle, da die Kultur im noch stärkeren Maße als die übrigen Bereiche der nationalstaatlichen Prärogative unterliegt. Außerdem hat sich die kulturelle Problematik für den westeuropäischen Zusammenschluß kaum gestellt, da die Länder dem abendländischen Kulturkreis angehören. Das bedeutet u. a. ein Denken und Handeln in ähnlichen Strukturen und Gewohnheiten; diese bilden eine gleiche Verständigungsebene sowie politisch ein Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie und zum freiheitlichen Rechts-und Wirtschaftssystem. Gleiche kulturelle Grundlagen erleichtern demnach ein übernationales Zusammenwachsen. Mit dem intendierten Beitritt ost(mittel) europäischer Länder zur EU stellt sich die Frage, wie teilweise in autoritären, kollektiven Traditionen entstandene Gesellschaften in eine freie, individualistisch geprägte Staatengemeinschaft integriert werden können. Eine Voraussetzung dafür ist die Analyse von unterschiedlichen Wertsystemen und die Herausarbeitung von kompatiblen Elementen. Ein anderer wichtiger Aspekt ist innergesellschaftlicher Art: In welchem Ausmaß können westliche Gesellschaften eine starke Ausländerpopulation tolerieren und integrieren, inwieweit gefährdet ein bestimmtes Maß an sogenannter Multikulturalität die Kohärenz der jeweiligen nationalen Gesellschaft, ihre Identität? Dies vor allem dann, wenn das eigene Werte-und Normensystem durch die Zuwanderungen überfordert oder letztlich gar in Frage gestellt wird. Dieser kulturelle Aspekt wird diskutiert im Hinblick auf die weiter wachsenden Zuwanderungen, die damit einhergehenden hohen Kriminalitätsraten einerseits sowie die rapide abnehmenden materiellen und sozialen Ressourcen der Aufnahmeländer andererseits. Hier ist nicht nur eine gemeinsame europäische Politik gefordert, sondern auch ein gemeinsamer Wertekonsens und die Stärkung einer kulturellen Identität Europas.

I. Kulturen und ihre Bedeutung für die Politik

1. Einführung in die Problemstellung, Methode und begriffliche Annäherung Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der -erst in den Anfängen befindlichen -Untersuchung von normativen Grundsatzfragen einer interkulturell ansetzenden europäischen Verständigung {cultural approach). Er gliedert sich in die Erarbeitung kulturell bestimmter Wertkomponenten sowie in Fragen ihrer Umsetzung. Beide Bereiche -Kultur als Grundlage europäischer Werte und die Erfordernisse ihrer individuellen wie kollektiven internationalen Vermittlung -befinden sich in einem forschungsmäßigen Anfangsstadium. Die bisherigen Studien sind zu sehr auf die gemeinsame „abendländische“ Kulturentwicklung fokussiert, ohne die Schwierigkeiten zu berücksichtigen, die sich bei einem (angestrebten) politischen Zusammenschluß Gesamteuropas ergeben werden, besonders von Seiten der Staaten ohne abendländische Tradition

Der Beitrag versteht sich als Anregung für weitere Forschungen mit wert-und kulturtheoretischer Perspektive, vor allem auf den Gebieten des gesamteuropäischen Kultur-und Wertevergleichs sowie der Transferstrategien Dabei geht es weniger um eine kulturhistorische, -philosophische oder -soziologische Problemaufarbeitung als vielmehr um ihr Potential zur Förderung der Integrationspolitik in Europa.

Die zentrale Bedeutung von gemeinsamen Normen für die Vertiefung und Ausweitung der europäischen Einigung ist unbestritten. Die Akzeptanz gemeinsamer Werte ist die Voraussetzung für ein-verständiges Handeln und bildet die Basis für europäisches Verstehen und Entscheiden. Werte sind Bestandteile von Kulturen und Grundlagen für das Entstehen von Loyalitäten und nationalen wie internationalen (Gruppen) -Zugehörigkeiten. Sie haben existenzsichernde Funktionen für das tägliche Leben und sind die moralische Basis für das politische und gesellschaftliche Verhalten. Ebenso bedeutet einer Kultur oder einem Kulturkreis anzugehören das Eingebundensein in die Denkstrukturen und Wertgrundlagen der eigenen Ethnie; es entstehen nicht nur Verständnisprobleme, wenn Angehörige verschiedener Ethnien Zusammentreffen (z. B. in der Schule, am Arbeitsplatz). Deshalb müssen in einer modernen Gesellschaft ebenso wie in der vernetzten Welt Verstehenspotentiale für das Fremde entwickelt werden. Dieser Zusammenhang wurde von einem der Architekten der (west-) europäischen Integration, dem Franzosen Jean Monnet, erkannt, der einmal bemerkte: „Wenn ich heute den Aufbau Europas in Angriff nähme, würde ich bei der Kultur ansetzen.“ Diese Feststellung ist allerdings insofern problematisch, als Kultur sich nur schwer intentional steuern läßt und im übrigen einen kontinuierlichen Verwirklichungsvorgang darstellt; aber der Kern der Aussage trifft zu, wenn das Zusammenwachsen mehrerer Kulturen als die ökonomisch-politischen Vereinigungsbemühungen begleitende Erscheinung verstanden wird.

Das Bedürfnis nach stärkerer plebiszitärer Verankerung der Legitimation von Entscheidungen auf europäischer Ebene bezieht sich nicht allein auf die politische Zustimmung, sondern zunehmend auf die kulturellen Grundlagen, auf die politische Kultur, d. h. auf die charakteristischen Orientierungs-, Denk-und Verhaltensmuster von Gesell-schäften, Gruppen, sozialen Milieus usw. Die Formierung eines „Bürgers in Europa“ mit einem europäischen Bewußtsein und europäischer Identität ist ohne die Internalisierung von wichtigen (Teil-) Bereichen europäischer Kultur nicht zu verwirklichen. Ein Europa der Wirtschaft und der Politik allein würde zu einer bloßen Interessen-und Zweckgemeinschaft. Dagegen muß die kulturelle Vielfalt der europäischen Völker und Nationen aktiviert und als ein eigener, wichtiger Wert erfahren werden, wie dies gesamteuropäisch etwa in der (zweiten) KSZE-„Charta für ein neues Europa“ (Paris 1990) anhand der zentralen Begriffe Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Kultur dezidiert formuliert wurde.

Kultur ist der Oberbegriff für eine je spezifische Vielfalt von geistigen, künstlerischen, technischen, wissenschaftlichen, sprachlichen und alltäglichen Ausdrucksformen der Menschen im Verlaufe ihrer Entwicklungsgeschichte in bestimmten Räumen und Zeiten. Sie haben sich in regional und national erkennbaren Varianten ausdifferenziert. Kultur ist reflexiv in ihrer spezifischen Einwirkung auf Individuen und Gruppen; sie ist konstitutiv für die moralische und humane Existenz des Einzelnen und der Gesamtheit, für seine/ihre Wert-und Weltvorstellungen, für das Individual-und Sozial-verhalten, insgesamt für die Bildung von kollektiv-ethnischer Gruppenidentität wie für die personale (Einzel-) Identität. In diesem Sinne gibt es ohne Kultur nicht den homo humanus.

Der Kulturbegriff läßt zwar unterschiedliche Annäherungen zu, ist aber materiell nicht definierbar. Was der einen Gruppe als Wert erscheint oder für sie zum „kulturellen Erbe“ gehört, hat für eine andere Gruppe keine besondere Bedeutung. Ebenso ist auf die begriffliche Vermischung bzw. Substitution von „Kultur“ und „Zivilisation“ in den angelsächsischen Ländern zu verweisen. Dabei ist davon auszugehen, daß die Europäer eher an der Betonung von Gemeinsamkeiten interessiert sind, weniger an der Kreierung von neuen Werten. Das schließt nicht aus, daß solche neuen Werte sich infolge der engen internationalen Zusammenarbeit und des Austausches von selbst herausbilden.

Die wertbestimmten Angleichungen in der Europäischen Union reichen am weitesten in vertrags-rechtlich festgelegten Gemeinschaftspolitiken (z. B. Agrar-, Wettbewerbs-, Außenwirtschafts-, Binnenmarktpolitik usw.), am wenigsten weit in den intergouvernementalen Politikbereichen (z. B. in der Gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik). Dort, wo wertorientierte Politik am deutlichsten transparent werden sollte -etwa in der Sozialpolitik -, konnte gegen den Widerstand Großbritanniens vorläufig kein Konsens erzielt werden. 2. Der Kulturbegriff und nationale Ausprägungen Kultur (lat. cultura, colere) bezeichnete ursprünglich die pflegerische Behandlung der Erde, dann die Pflege des Körpers und Geistes. In der Philosophie wird der definitorisch unbestimmte Begriff meist als Gegensatz zur „Natur“ betrachtet. Zu den Kulturleistungen gehören z. B. Sprache, Religion, Wissenschaft, Kunst, Recht, Erziehung, Wirtschaft, staatliche und persönliche Ordnung sowie Sicherung des Friedens. Die Kulturwissenschaften haben zur Erforschung dieser Phänomene eine eigene Methodologie -das hermeneutische oder das individualisierende bzw. idiographische Verfahren -ausgebildet. Darüber hinaus hat sich im 19. und 20. Jahrhundert die Kulturkritik etabliert.

Kultur ist also ein umfassender, dynamischer, nicht nur konservativer Begriff. Seine Schwierigkeit besteht darin, daß er, aus der Vergangenheit kommend, über die Gegenwart die Zukunft mitgestalten soll. In dieser Lage funktioniert er gleichzeitig als Krisenindikator einer sich abzeichnenden Kulturwende, wie besonders die maßgeblichen Arbeiten von Ortega y Gasset und Karl Jaspers um 1930 beispielhaft gezeigt haben und wie derzeit auch eine Zurücknahme des Postmaterialismus diagnostiziert wird.

Zur Kultur gehören praktizierte, sich weiterentwickelnde Traditionen, die Gesamtheit der Lebensweisen, in der sich eine gesellschaftliche (Groß-) Gruppe über Zeiten hinweg relativ einheitlich darstellt und wiedererkennt (auch ausge-prägte Minderheitenkulturen von Holländern in Potsdam im 18. Jahrhundert, von Polen im Ruhrgebiet vor dem Ersten Weltkrieg der Juden im Berliner Scheunenviertel und derzeit der Türken in Kreuzberg; aber auch religiöse und sonstige Milieukulturen, z. B. Katholiken in evangelisch-preußischen Gebieten, Protestanten in den katholischen Rheinlanden). Kultur stellt sich also dar als ein Syndrom von Sitten und Bräuchen, Wertvorstellungen, Überzeugungen sowie als ein Repertoire von Handlungsmöglichkeiten, das innerhalb einer Gruppe von Generation zu Generation weitergegeben wird. Schließlich zeichnen die politischen Staatenverbände sich -trotz aller Offenheit gegenüber äußeren Einflüssen -durch ihre nationale Kultur aus, die z. B. im Deutschland des 19. Jahrhunderts zum Prozeß der Nationwerdung und der Schaffung eines Gesamtstaates erheblich beigetragen hat

Dieser Kulturbegriff -politologisch durch Normen, Symbole, Überzeugungen, Politikstile charakterisiert, soziologisch durch Gewohnheiten, Lebensweisen, Handlungsformen, Wirkungsweisen von Ideen -wird im folgenden auf das Prinzip der verschiedenen europäischen (National-) Kulturen in ihren grenzüberschreitenden Interdependenzen angewandt. Als Kollektivbegriff ist er in Westeuropa geläufig in Gestalt der „abendländischen Kultur“. Jedoch sind damit nicht alle kulturellen Ausprägungen in Europa abgedeckt Es gibt nicht „die“ europäische Kultur. Wir konstatieren eine gemeinsame Kultur etwa in den skandinavischen Ländern, eine insulare Kultur der Briten, slawische Mischkulturen auf dem Balkan, nicht-abendländische Kulturen in Rußland. Kulturen ändern sich durch sozialen Wandel infolge endogener und exogener Einflüsse; d. h., die europäischen Kulturen stellen kein unverändertes Kontinuum seit dem Mittelalter oder -maßgeblich für die Gegenwart -seit der Französischen Revolution dar. Auf-und Umbrüche der noch weitgehend einheitlichen mittelalterlichen Kultur erfolgten in früheren Jahrhunderten durch die Renaissance, den Rationalismus, in der Neuzeit durch den Marxismus-Leninismus, die modernen Naturwissenschaften und die bürgerlichen Freiheiten. Nach 1945 hat sich eine -längst noch nicht wieder geschlossene -Lücke zwischen Ost-und Westeuropa aufgetan. So existieren in Europa legitimerweise weiterhin verschiedene nationale Kulturen. Sie wehren sich, zu einem melting pot zu werden, zu einer Art egalisierender, geschichtsloser, übernationaler Amerikanisierung. Dies ist zugleich eine Absage an eine jede Eigenkultur auflösende Globalisierung.

Zusammenfassend ist für die westliche politische Kultur u. a. maßgebend: Teilhabe der Bürger am politischen Entscheidungsprozeß, Rechtsstaatlichkeit, Autonomie des Individuums und Achtung vor den Menschenrechten. In den postkommunistischen Staaten ist dies wieder politischer Konsens in Estland, Polen, Tschechien, Ungarn, Slowenien, mit Einschränkungen in Lettland, Litauen, der Slowakei und in Kroatien. Die Prinzipien westlich-politischer Kultur haben geringere Verbindlichkeit in Rumänien, Bulgarien, Moldavien, Mazedonien, Albanien, besonders in Serbien, der Ukraine, Weißrußland und der Russischen Föderation. Als „asiatische Werte“ werden nach Heberer in der westlichen Diskussion wahrgenommen: „Kollektiv-statt Individualbezogenheit; Gruppen-vor Eigeninteresse; paternalistische, familienorientierte, konsensuale und klientelistische politische Verhaltensmuster; politisch hierarchische Strukturen mit vertikalen Entscheidungsmustern; hoher Rang persönlicher Beziehungen; Harmoniebedürfnis und Konsens statt Konflikt und Wettbewerb; Erziehung vor Bestrafung; Lernen durch Nachahmung; Vorrang von Ethik und Moral vor dem Recht; spezifische Werte der Wirtschaftsgesinnung: Fleiß, harte Arbeit, Sparsamkeit, Selbstdisziplin, Gehorsam, Ausdauer . .. Zugleich gibt es Unterschiede in der politischen Kultur, ein anderes Verständnis vom Wechselverhältnis Staat -Bevölkerung und von der Rolle des Staates. Andere Vorstellungen von Ordnung, Macht, Autorität, Hierarchie begünstigen die Aufrechterhaltung von Strukturen, die wir als autoritär klassifizieren.“

Die kulturellen Unterschiede werden u. a. historisch-theologisch erklärt: Missionierung der einen von Rom aus, der anderen von Konstantinopel; teilweise jahrhundertelange asiatisch-despotische Fremdherrschaft (wodurch bürgerliche Freiheiten unbekannt blieben), dagegen föderalistische Herrschaftsstrukturen in den westlich orientierten Ländem; das Fehlen einer aufgeklärten Renaissance und des Rationalismus im Gesamtbereich der russisch-und griechisch-orthodoxen Kirchen (während Jahrhunderte vorher die abendländische Kultur in Griechenland ihren Anfang nahm), dagegen die epochale geistige Entwicklung im Westen seit dem Mittelalter 3. Gemeinsame kulturelle Wurzeln als Beitrag zum Integrationsprozeß Zur Flankierung des europäischen Integrationsprozesses käme es darauf an, die gemeinsamen Wurzeln und die gegenwärtigen Ausprägungen von Kulturen in Europa, insbesondere aber ihre politischen Implikationen, zu erläutern. Von durchaus praktischer politischer Bedeutung sind die Verweise auf unterschiedliche, kulturbedingte Denkstrukturen und Verhaltensweisen der europäischen Akteure. Die darin erkennbaren Wert-grundlagen erweisen sich als regulative Ideen zur Bewältigung von Praxis; sie können auch die Ursachen bestimmter Konflikte sichtbar machen. Längerfristig ist für die Stabilisierung der europäischen Integration die allgemeine Akzeptanz eines gesamteuropäischen Katalogs von Wertminima wünschenswert. Seine Inhalte sind vor allem aus den Grundsatzdokumenten (Verfassungen, übernationale Dokumente, Völkerrecht) zu erarbeiten. Trotz der angedeuteten Unvollkommenheiten hat die Internationalisierung der europäischen Nationalstaaten beachtliche Fortschritte aufzuweisen. Sie beruhen nicht zuletzt auf der Aktivierung gemeinsamer europäischer Traditionsbestände an Werten, Erfahrungen, Denk-und Verhaltensweisen. Sie offenzulegen, zu vergleichen und zu koordinieren ist eine wichtige Aufgabe des kulturellen Ansatzes. ’ Der in den letzten Jahren viel diskutierte „Zusammenprall der Zivilisationen“ (S. P. Huntington) -in der erweiterten Buchausgabe von 1996 als „Der Kampf der Kulturen“ übersetzt -, das Entstehen neuer, strukturbildender kultureller Konfliktkonstellationen (z. B. USA-China), das Konkurrieren von Zivilisationen um die hegemoniale Stellung im internationalen System, d. h. um die künftige ideologische Ordnung der Welt (z. B. religiöser Fundamentalismus/Traditionalismus versus säkularer, liberaler Nationalismus), insgesamt die Kulturalisierung der internationalen Beziehungen mit dem Akzent auf Diskussionen, Verhandlungen auf großen Konferenzen etc., wird von Wilfried von Bredow als „ein Durchmischungsphänomen moderner Gesellschaften“ interpretiert Das daraus sich ergebende Modell einer „Toleranzkultur“ für eine künftige „Weltgesellschaft“ ist in seiner begrifflichen wie tatsächlichen Unkonkretheit spekulativ. Außerdem haben kaum abgrenzbare (synkretistische) Kulturkreise keine hinreichende Erklärungskraft für die internationale Politik, abgesehen von der Diffusität des Kulturbegriffs selbst und der Ignorierung weiterer wichtiger Faktoren (z. B. die wirtschaftlichen Verteilungskämpfe). Eigentlich meint Huntington nichts anderes, als daß nach der ideologischen Konfrontation der Supermächte in Ost und West in Zukunft der Zusammenprall (Kampf) der Zivilisationen bzw. Kulturkreise die Weltpolitik bestimmen werde (deren wesentliche Entwicklung eigentlich nach Francis Fukuyamas Buch von 1989 zu einem „Ende“ gekommen sein sollte). Die von Huntington prognostizierten interkulturellen (auch kriegerischen) Auseinandersetzungen sollen sich zwischen den westlichen, islamischen, chinesisch-konfuzianischen, hinduistischen, lateinamerikanischen Kulturen und vielleicht einem afrikanischen Kulturkreis vollziehen.

Demgegenüber zeichnet sich nach Nuscheler, als Reaktion auf die Vereinheitlichungstendenzen einer Allerweltskultur, „innerhalb des Global Villäge eine Fragmentierung und Rückbesinnung auf den lokalen Mikrokosmos ab. Es wächst die Einsicht, daß sich die westliche Kultur nur an der Oberfläche weltweit durchgesetzt hat .. .“ Auf welcher konfliktorischen Ebene sich das Zusammentreffen von Kulturen bewegt, beweist die Tatsache, daß z. B. die Ausbildung islamischer Eliten im Westen erfolgt, daß sie zur Aufrechterhaltung ihrer Machtpositionen und ihres persönlichen Komforts -ungeachtet der heimischen Traditionen -westliche Technologien und Organisationsformen in den zivilen und militärischen Bereich einführen. Damit degeneriert der Kulturbegriff zu einem Instrument der Abgrenzung, der Absonderung Andererseits gibt es eskalierende Kulturkonflikte, vor allem aufgrund ungehemmter Zuwanderungen, die rationalen Lösungen schwer zugänglich sind und eine permanente Störung gesellschaftlicher Stabilisierungsversuche angesichts rapide abnehmender Ressourcen darstellen.

Huntington hat -nach Tibi -in einer Antwort auf seine Kritiker in bezug auf die wahrhaft multi-ethnischen USA gefragt: „Sollte Amerika eine wahrhaft multikulturelle Gesellschaft werden, kann Amerika dann als eine liberale Demokratie überleben?“

Die Bedeutung einer (europäischen) Werte-und Kulturgemeinschaft besteht u. a. in ihrer ideellen und instrumenteilen Verwendung für praktische (internationale) Politik, in Verfahren zur Problemlösung für gemeinsame Ziele auf den gleichen Grundlagen. D. h., sie strebt keinen Universalismus aller (westlichen) Werte an, sondern eher universelle Regeln, z. B. für das Konzept einer europäischen Sicherheitsgemeinschaft, ein hohes Maß an internationaler Loyalität und Solidarität, an transnationaler, kollektiver Identität, aufbauend auf der internationalen Sozialisation einzelner Völker und Staaten. In Teilbereichen wurden gemeinsame Wertminima kontinental und trans-kontinental zu realisieren versucht, z. B. in Gestalt der Genfer Konventionen, der Haager Landkriegs-ordnung, der militärischen Defensivbündnisse, der internationalen Organisationen (UNO, EU, OSZE), der völkerrechtlichen Verträge usw. Die von bzw. in ihnen vertretenen Ideen und Wertvorstellungen sollen entscheidungsrelevant sein. Es wird künftig stärker zu fragen sein, auf welchen Normen das Weltbild der jeweiligen Konfliktparteien beruht 4. Ausgangspositionen postkommunistischer Reformstaaten zur europäischen Integration Da ein erheblicher formaler Konsens zwischen den westeuropäischen Staaten und ihrem Verhalten als politische Akteure einer Gemeinschaft zu registrieren ist, muß dies auch unter den postkommunistischen Reformstaaten untersucht werden. Viele der sogenannten GUS-Staaten sind -ethnopolitisch betrachtet -eher Nationalitätenstaaten als Nationalstaaten (mit z. T.separatistischen Nationalbewegungen), so daß der vom Westen verlangte politische Pluralismus und demokratische Orientierungen von den dortigen Eliten eher als Destabilisierung und Gefährdung der nationalen Einheit und Souveränität angesehen werden. Die Folge sind Präsidialsysteme bzw. autokratische Regierungen

Eine ausschlaggebende Frage ist die nach einem materiell-konsensualen Handeln bei wichtigen Problemen der internationalen Politik. Ohne das derzeitige weltpolitische Tableau ausbreiten zu können, seien einige Beispiele genannt. Die intrakontinentale Problemstellung der EU (z. B. Osterweiterung) wird aus je unterschiedlichen nationalen Interessen der Mitgliedstaaten je anders bewertet. Kleinere EU-Staaten befürchten eine Marginalisierung, entwicklungsbedürftige Mitglieder eine wirtschaftliche Benachteiligung, andere einen generellen Machtverlust. Die Situation auf der Bewerberseite um die EU-Mitgliedschaft ist unübersichtlich. Es handelt sich um durchweg politisch (demokratische Struktur), ökonomisch (Marktwirtschaft in ihren Anfängen), gesellschaftlich (Rechtsstaatlichkeit unvollkommen) und sozial (rückständige Verhältnisse) bedingte Defizite. Der Westen steht hier vor der Frage, ob und wie er diese Mängel tolerieren kann. In einigen Jahren werden die durch Kooperationsabkommen mit den Oststaaten und bereits eingereichte Aufnahmeanträge in die EU aktueller werdenden Beitrittsfragen entschieden werden müssen.

Der unvollendete Grundkonsens (einschließlich der ungeklärten Zieldefinition) -trotz weitgehend formaler Übereinstimmung unter den EU-Staaten -hat sich bei internationalen Konflikten wie dem Golfkrieg und vor allem in Ex-Jugoslawien gezeigt. In Ex-Jugoslawien manifestierte sich „ein Versagen Europas, eine Unfähigkeit, Massaker zu verhindern, die vor unseren Augen im Herzen Europas geschehen sind“ Es bedeutete ein allzu bereitwilliges Aufgeben feierlich bekundeter Grundsätze angesichts des serbischen Angriffskrieges. Der französische Philosoph Glucksmann fährt fort: „Was sind diese (christdemokratischen, W. M.) Ideale wert, wenn man vier Jahre lang ein Massensterben zuläßt? Und was bedeuten die Ideale der Sozialisten noch, wenn man die Zivilbevölkerung von Bosnien und Kroatien krepieren läßt? Wozu die Ideale der Pazifisten? Die haben sich nicht um ihre , Brüder im Geiste 1 geschert, die jungen Männer im früheren Jugoslawien, die sich geweigert haben, in den Krieg zu ziehen. Wer hat denen geholfen?“

Dies wird u. a. erklärlich durch die Abwesenheit einer gemeinsamen europäischen Außen-und Sicherheitspolitik, vor allem der EU-Mitgliedstaaten. Die Brisanz kultureller Unterschiede wie in dem nach dem Ersten Weltkrieg artifiziell konstruierten Jugoslawien ist evident. Sie gilt auch -ä la longue betrachtet -für den altösterreichischen Vielvölkerstaat bis ins 20. Jahrhundert hinein. Das Österreichische, Böhmische, Ungarische, Dalmatinische und Jüdische wurden zusammengeführt und teilweise dynastisch verbunden; aber was schließlich in Ostmitteleuropa blieb, das waren mehrere multikulturelle und -ethnische, von damaligen wie späteren Konflikten geprägte Balkanstaaten. Inwieweit die ost(mittel) europäischen Kulturen als Integrationsfaktoren eines künftigen Gesamteuropa an Kraft gewinnen, bleibt abzuwarten Die EU erwies sich jedenfalls als unfähig, den mörderischen Nationalitätenkonflikt zu pazifizieren. Auch hier hat es (zu) lange gedauert, bis die vielbeschworene internationale Solidarität -auf dem Umweg über die UNO und die USA -aktiviert werden konnte. Die zögerliche Haltung der Bundesrepublik ist ein eigenes Thema.

II. Die Problematik von Werten als kulturelle Integrationsinstrumente

1. Wertkongruenzen als Grundlage für internationale Verstehenspotentiale Die Wertediskussion hat in unserer Zeit angesichts instabiler Gesellschaften bzw. von subsystemischen Teilbereichen (Wirtschaft, Erziehungswesen) sowie im Verlauf der europäischen Einigung eine erhebliche öffentliche Beachtung gefunden. Werte sind keine unverbindlichen, schöngeistigen Proklamationen, sondern bilden den existentiellen Grundkonsens von Völkern und Staaten. Sie stellen eine geschichtliche Leistung von Gruppen dar, sind existenzsichernd und -erhaltend. Sie repräsentieren das Bedürfnis nach Orientierung, Übereinstimmung, Selbstvergewisserung. Deswegen können und müssen sie zwar ständig auf ihre Brauchbarkeit hin diskutiert werden, aber sie dürfen nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden, wie es etwa die Anarchisten tun oder die Studentenbewegung der sechziger/siebziger Jahre getan hat. Letztere war u. a. ein ungeeigneter Versuch, den Menschen den Boden unter den Füßen wegzuziehen zugunsten scheinbar konkludenter, jedoch überständiger marxistischer Ideologiekonstrukte. Das damalige, quantitativ beachtliche Mitläufertum gerade der am besten ausgebildeten Bevölkerungsschicht belegt die Gefährdungen der öffentlichen Werte, ihre Anfälligkeit gegenüber ideologischer intellektueller und publizistischer Instrumentalisierung.

Materiell-hedonistische Lebensziele allein können den notwendigen internationalen gesellschaftlichen Zusammenhalt sicherlich nicht garantieren. Was für einzelne Staaten, Regionen und Individuen gilt, gilt im größeren Maßstab für den anvisierten kontinentalen europäischen Zusammenschluß. Damit erhält der kulturelle Ansatz eine heuristische Funktion. Zwar hat in Europa alles mit der Ökonomie vor vier Jahrzehnten im Westen begonnen; aber der erhoffte (synergetische) Transfer-oder Spill-over-Effekt ist weder im Hinblick auf zufriedenstellend funktionierende politische Strukturen noch auf gemeinsame Werte eingetreten. Für die Europäische Union wären jedoch feste Strukturen und Grundlagen angesichts dringender Zukunftsaufgaben (z. B. Profilierung des inneren Entscheidungsgefüges, Erweiterung durch Aufnahme neuer Staaten, Wandel von einer wirtschaftlichen Interessengemeinschaft zu einem potenten politischen Faktor innerhalb der Völkergemeinschaft) wünschenswert, ja notwendig.

Werte und Normen, Attitüden und soziale Verhaltensmuster sind allgemeine Leitlinien für eine verständnisvolle Kommunikation der Menschen untereinander und unerläßlich für die Kohäsion jeder gesellschaftlichen Gruppe. In ihrer normativen Funktion sind Werte kollektive Erwartungen an das Handeln von Akteuren (Individuen, Regierungen, Staaten usw.). Die Frage nach einer normativen Identität ist angesichts der Debatte um die Maastrichter Verträge (Regierungskonferenzen) von konstitutiver Bedeutung. Dabei istfreizulegen, was sich hinter den normativen Imperativen an tatsächlichem Interessenpotential verbirgt, d. h., welche nationalen Partialinteressen in ein europäisches Gesamtinteresse offen oder verborgen eingebracht werden sollen. Der deutsche -historisch bedingte -Verfassungsgrundsatz einer weitgehenden Föderalisierung konnte z. B. nicht in das Integrationskonzept übernommen werden, sondern die europäischen Staaten wollen bei einer stärkeren Eigenbestimmung ihrer Interessen bleiben.

In einer pluralen, fragmentierten Gesellschaft wie der unsrigen muß die (temporäre) Verbindlichkeit von politischen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Werten im Detail immer wieder durch öffentlichen Diskurs festgestellt werden. Diese grundsätzliche Kompromißhaftigkeit der liberalen Demokratie darf jedoch nicht zu einem (anarchischen) Werterelativismus führen, damit ihr Zusammenhalt nicht gefährdet wird. Dies gilt ebenso für Großregionen in Europa. Als Grundwerte der liberalen Demokratie werden ausgewiesen: Menschenrechte, Gewaltenteilung, Rechtsstaat, Pluralismus, Privateigentum und Marktwirtschaft. Im international-europäischen Kontext ist jedoch zu beachten, daß formal gleiche Wertbegriffe durchaus Unterschiedliches meinen. Wie soll man z. B. mit Familienehre, Blutrache, Ausgehverboten für erwachsene Mädchen und dergleichen „gerecht“ umgehen? Darf die deutsche Rechtsordnung infolge von gesellschaftlicher Multikulturalität partiell außer Kraft gesetzt werden?

Ohne den minimalen, über einen Formelkompromiß hinausgehenden Wertekonsens oder die Werteannäherung bleiben sowohl innergesellschaftliche wie internationale Integrationsprozesse instabil (z. B. bei der Osterweiterung der EU). Andererseits werden Frieden, Kooperation und Integration wahrscheinlicher, je mehr die Werte in einem internationalen Handlungszusammenhang konvergieren. Voraussetzung dafür ist eine internationale Sozialisation von Staaten und die Übernahme von Gemeinschaftsnormen. Das Ziel einer anzustrebenden europäischen Wertegemeinschaft besteht im Auffinden von transnationalen Konvergenzen auf der Basis von Grundwerten Zu den bereits genannten kommen Solidarität, Toleranz, Herrschaft des Rechts, Teilhabe an der öffentlichen Verantwortung, Verständigung, Freiheit und Frieden bei gleichzeitiger Ablehnung von Intoleranz, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Nationalis-mus und Extremismus hinzu. Dabei sind die unterschiedlichen Traditionen und Verhaltensmuster östlicher und westlicher Gesellschaften zu berücksichtigen.

All diese Begriffe werfen intra-und interkulturell strittige semantische Fragen auf. Ihre Klassifizierung erweist sich überdies als schwierig. Die demokratischen Grundwerte werden -je nach ideologischer Präponderanz -als vorstaatlichnaturrechtlich oder als zeitlich-gesellschaftlich bedingt interpretiert. Eine weitere Erschwernis für die Aufstellung einer begrifflichen Rangordnung (welche Begriffe gehören zum Kernbereich?) stellen funktionale Begriffe wie Pluralität, Gleichheit, Toleranz, Partizipation bzw. Gleichberechtigung, Recht auf Eigentum, Bildung, Arbeit, Wohnen u. a. dar. Die Lösung dieser klassifikatorischen und inhaltlichen Probleme ist eine wesentliche Voraussetzung für ein konsensuales, international akzeptiertes Begriffsverständnis. 2. Identität und Multikulturalität -ein Dilemma Aufgrund der anhaltenden Zuwanderungen von Menschen aus überwiegend „vormodernen“ Kulturen gewinnt immer mehr die Frage an dringlicher Aktualität, inwieweit in Europa die Menschen in Ost und West sich mit je anderen, von den ihren abweichenden Werten identifizieren können (z. B. Individualität -Kollektivität). Dabei ist Identität durchaus keine feste Größe. Sie bezieht sich zunächst auf das Geschlecht, die Heimat, die Ethnie, die Nation, die Region, die Religion, die Geschichte, die Sprache. Sie besteht aus ideellen und realen, aus politischen und kulturellen Variablen und könnte als eine Kumulation von „Gemeinsamkeiten“ oder „Loyalitäten“ bezeichnet werden. Inwieweit dabei ganz Europa in Frage kommt, und dies überhaupt emotional und intellektuell möglich wäre, bleibt offen

Die Herstellung einer europäischen Identität setzt keineswegs die Existenz oder Förderung diffuser, multikultureller Gesellschaften voraus. Im Gegenteil: Erst eine innere Stabilisierung von regionalen Gesellschaften -und das heißt immer noch der einzelnen Nationen -ermöglicht eine verläßliche Ausgangsposition für übergesellschaftliche und übernationale Integration. Die Folgen einer Pluralisierung und unbegrenzten Liberalisierung von Wertbezügen erweisen sich am Beispiel Nachkriegsdeutschlands nicht nur an einer durchaus erwünschten Weltoffenheit, sondern leider zugleich auch an einer jahrzehntelangen Denunzierung von Patriotismus, Nation und Vaterland in Schulen, Hochschulen und in der öffentlichen Meinung, im Verlust von wesentlichen Elementen des Bewußtseins einer kulturellen und ethnischen Einheit. Dies hat sich desintegrierend auf die deutsche Gesellschaft ausgewirkt.

Ein ausgewiesener Kenner zweier Kulturkreise, des europäischen und des asiatisch-muslimischen, Bassam Tibi, hält die multikulturelle Gesellschaft für eine „weltfremde Träumerei“; denn „Demokratie, Toleranz und individuelle Menschenrechte sind Werte einer politischen Kultur, die sich unter Bedingungen der westlichen Zivilisation herausgebildet haben; ihre Geltung kann nur gesichert sein, wenn sie als verbindlich akzeptiert werden“. Genau dies aber, nämlich die Verpflichtung auf gemeinsame Werte zur Regulierung des Zusammenlebens, ist die Voraussetzung, daß eine aufgrund von Zuwanderungen große ethnische und kulturelle Unterschiede aushaltende Bevölkerung überhaupt in Frieden leben kann. Tibi fährt fort:

.. eine multikulturelle Gesellschaft kennt keine verbindlichen Werte. Der Vorbehalt gegen die Multikulturalität bezieht sich nicht auf die Vielfalt. Denn eine Gesellschaft kann kulturell vielfältig sein und dennoch eine Werte-Orientierung haben. Das ist aber kein Multikulturalismus.“

Das Werteuniversum war schon immer ambivalent; zu verschiedenen Zeiten dominierten in bestimmten Ländern und Regionen unterschiedliche Wertsysteme. Diese sind z. T. in der Gegenwart durch eine Krise gekennzeichnet, auf die je anders reagiert wird, indem entweder Fundamentalismen militant durchgesetzt oder -umgekehrt und ebenso krisenhaft -beliebige Wertpluralismen gefordert bzw. toleriert werden. Multikultur ist dann keine (neue) Toleranzkultur mit verbindlichen Normen für alle, sondern ein öffentlich ignoriertes Konglomerat ohne Wertekonsens Deshalb unterscheidet Oberndorfer terminologisch zwischen der „im Konzept des Multikulturalismus angelegte(n) Tendenz zur Trennung von Kulturen zwecks wechselseitigen Schutzes“ und dem „kulturellen Pluralismus“ Am Beispiel der USA wird aufgezeigt, wie Bürger unterschiedlicher kultureller Herkunft und Pflege ihrer heimischen Traditionen doch primär als „Amerikaner“ Zusammenleben wollen, sich also auch an allen gemeinsamen Werten orientieren.

Eine Art von multikultureller Wertebeliebigkeit (Prinzip des anything goes) -die Tibi nach dem Scheitern des „sozialistischen Projekts“ von eine neue Ideologie mit gesellschaftlichem Zerstörungspotential suchenden Linken favorisiert sieht -ist selbst für eine liberale Demokratie schädlich, die schließlich auf allgemein akzeptierten Werten beruht. D. h., politische Integration und kulturelle Vielfalt bei Anerkennung einer (autochthonen) Leitkultur sind kompatible, einander notwendig bedingende Verhaltensweisen einer friedlichen Koexistenz; sie ermöglichen erst den pluralen Interessenausgleich.

Ein Werte-bzw. Kulturrelativismus kann kein Gemeinwesen, am wenigsten eine pluralistische Zivilgesellschaft, zusammenhalten, auch nicht durch Berufung auf die Menschenrechte Diese erheben einen universalen Geltungsanspruch, sind aber nicht an die politische Demokratie gebunden Die europäischen Integrationsorgane (Europarat, Europäisches Parlament, EU, UNESCO, Nordischer Rat) tragen durch ihre Politik zur allgemeinen Akzeptanz (west-) europäischer Werte erheblich bei (vgl. Menschenrechtskonvention des Europarats 1950, Kulturkonvention 1954, Europäische Sozialcharta 1961, Europäisches Parlament 1989: „Erklärung der Grundrechte und Grundfreiheiten“). Ein herausragender Beitrag wird vom Europäischen Gerichtshof geleistet. Folgende Grundrechte wurden durch seine Rechtsprechung als Primärrechte anerkannt: die Würde der Person, der Gleichheitssatz, die Berufsfreiheit, das Eigentumsrecht, die Unverletzlichkeit des Privatlebens, der Wohn-und Geschäftsräume, die Achtung des Familienlebens, die Meinungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, die Religionsfreiheit, das Recht auf einen fairen Prozeß, der Anspruch auf rechtliches Gehör, ein effektiver Rechtsschutz, das Recht auf Verteidigung Diese Normen und Werte bedeuten: „Menschen aus unterschiedlichen Kulturen kön-nen ihre kulturelle Vielfalt pflegen ... im öffentlichen Leben müssen sie aber verbindliche Werte, die von allen geteilt werden, bejahen.“ Das ist eine deutliche Absage sowohl an eine kulturelle Assimilation als auch an die Wertebeliebigkeit von political correctness. 3. Immigration als Auslöser von sozialen und kulturellen Ängsten Durch die Migrationsbewegung nach und in Europa entstehen Belastungen für die hiesigen Gesellschaften. Wenn gegen den offensichtlichen Willen der einheimischen Bevölkerung ganze Ethnien einwandern und teilweise bereits nationale Ghettos bilden (z. B. in Berlin, Frankfurt, Offenbach, Stuttgart), wird die Möglichkeit ihrer Integrierung, besonders bei einem Fehlen von Millionen von Arbeitsplätzen und Wohnungen sowie bei leeren Sozialkassen, kritisch. Es kann sich daraus eine Minderheiten-Gesellschaft, ein Konglomerat aus einem Völkergemisch ohne eigene Identität, aber mit gefährlichen sozialen Spannungen bilden. Dann muß letztlich auch nach dem Willen der indigenen Gesellschaft und des Staates gefragt werden, ob sie die massenhafte Zuwanderung weiter verkraften können und wollen bei gleichzeitiger Zunahme von Massenarbeitslosigkeit, fehlender Infrastruktur und exorbitant steigenden, den Sozialstaat in seinem Kern gefährdenden Lasten. Angesichts dieser konkreten Gefährdungen unserer demokratischen Gesellschaft und des unter großen Opfern aufgebauten Sozialstaats ist es im übrigen außerordentlich aufschlußreich für den Zustand unserer derzeitigen politischen Kultur -und das betrifft vor allem die veröffentlichte Meinung sowie zahlreiche Politiker in allen Parteien -, daß die Bevölkerung, die ja mit den wachsenden Problemen der Zuwanderung leben muß, bisher nie nach ihrer Meinung gefragt wurde, zumal nicht von denen, die sich sonst besonders „basisorientiert“ geben und sich viel auf ihr demokratisches Bewußtsein zugute halten. Auch in dieser Hinsicht geht es um die Frage von Werten sowie um deren Glaubwürdigkeit: Entspricht es noch den Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft, wenn die ablehnende Meinung einer weit überwiegenden Mehrheit konstant nicht nur nicht zur Kenntnis genommen, sondern tabuisiert wird; wenn sehr konkrete Sorgen und Befürchtungen als „rechtsextrem“ stigmatisiert und wenn die wenigen zaghaften Versuche von einigen Politikern, in das selbst herbeigeführte Chaos wieder Ordnung zu bringen, als „Populismus“ gebrandmarkt werden?

Die Gefahr der Ethnisierung sozialer Konflikte steigert sich mit dem Schwinden materieller und sozialer Ressourcen. Solidarität und Toleranz in den europäischen Aufnahmeländern, die die jeweils vorhergehenden Zuwanderungswellen noch nicht verkraften konnten, schwinden zusehends;

das Wertsystem der einheimischen Bevölkerungen gerät angesichts der immensen Kriminalität (vom Drogenhandel und der Organisierten Kriminalität über ganze Regionen bedrohende Einbruchsserien bis hin zum massenhaften Asyl-und Sozialhilfebetrug) ins Wanken. Auch dies sollte als eine Herausforderung des europäischen Wertebewußtseins wie seiner kulturellen Identität begriffen werden -nämlich wie wir mit derartigen Gefährdungen umgehen: Ob wir sie weiter tabuisieren und leugnen aus Furcht vor einer angeblichen Fremden-feindlichkeit, oder ob diese nicht auch durch das Verhalten von Fremden selbst entsteht. Wenn nicht mehr kontrollierbare kriminelle Energien und die Ausbeutung ganzer Sozialsysteme als „multikulturelle“ Eigenarten beschönigt werden, so muß man sich in Europa nicht wundern, wenn dieses Ausbeutungsverhalten einer Art von Neokolonialismus einhergeht mit der Verachtung des in den westlichen Gesellschaften vorgefundenen Wertesystems, das die Probleme und Gefahren schlicht leugnet. Eine weitere kritische Frage an das gemeinsame europäische Wertesystem ist, wie wir dieses Verhalten der Nichtwahrnehmung von Gefahren bzw. einer bereitwilligen Aufgabe eigener Werte im Namen falsch verstandener Toleranz vereinbaren mit der voraussehbaren Folge extremistischer Reaktionen -die dann auch die in europäischen Ländern seit langem integriert lebenden Ausländer treffen würden. Wie verträgt sich ein solches Verhalten mit den selbst gesetzten Ansprüchen von Verantwortung, Solidarität und Moral?

Die Migrationsdebatte in Deutschland seit 1990 betont die grundsätzliche Öffnung der europäischen Staaten, setzt jedoch unterschiedliche Akzente der Verwirklichung Danach ist die Akzeptanz der Migranten durch die einheimische Bevölkerung wichtig. Die Zuwanderung soll selektiv und begrenzt sein nach Anzahl, Alter, Familienstand, Beruf, Sprachkenntnissen etc. Dazu brauchen Deutschland und Europa eine gemeinsame Einwanderungspolitik, um die vielfältigen Pro-bleme der Zuwanderung -vor allem in den großen Städten -in den Griff zu bekommen 35. In der EU wird die Asylpolitik jedoch immer noch als ein primär innenpolitisches Problem der Mitgliedstaaten betrachtet; die Zuwanderungen betreffen jedoch Europa insgesamt.

Wie aber kommt es zu der realitätsfernen Haltung der Meinungselite im Hinblick auf die doch nicht zu leugnenden oder wegzudiskutierenden Probleme der Zuwanderung? Probleme, die vor allem die nachwachsende Generation zu bewältigen hat, die aber angesichts der -bisher erfolgreich tabuisierten -geradezu gigantischen Dimensionen wohl kaum noch zu bewältigen sind. Diese realitätsferne, also verantwortungslose Haltung ist nicht zuletzt offenbar Ausdruck eines gesellschaftlichen Schichtenproblems, worauf die Bremer Rechtsphilosophin Tönnies aufmerksam gemacht hat: Es sei offensichtlich, „daß die Ausländerfrage in den oberen Schichten anders aussieht als in den unteren. Die Neigung zur Multikulturalität ist eine , kultivierte Haltung, die die erfreulichen Seiten der Völkermischung würdigen kann, und sie liegt den gebildeten Schichten nahe, die vom unmittelbaren Existenzkampf relativ abgehoben sind. Als Bewohner besserer Viertel einer Stadt kann man sehr wohl einen orientalischen Nachbarn, der ebenfalls wohlhabend und gebildet ist, als kulturelle Bereicherung schätzen; man kann auch die gesteigerte Farbenpracht und Geräuschentfaltung, die mit südlichen Mitbürgern einhergeht, würdigen -solange man nicht unter einer Wohnung mit einer achtköpfigen türkischen Familie lebt, sondern nur gelegentlich die pittoresken Aspekte der fremden Kultur erlebt und von der multikulturellen Wirklichkeit weit entfernt ist. Die unteren Schichten kommen tatsächlich durch einen zu hohen Ausländeranteil in Bedrängnis. Anders als die Oberschichten konkurrieren sie mit Ausländern um Wohnungen, Arbeits-und Kindergartenplätze . . ." 36

Wie verträgt sich solch feudales Oberschichtenverhalten von selektiver Wahrnehmung auf Kosten anderer mit der immer wieder selbst erhobenen Forderung nach Solidarität und mehr sozialer Gerechtigkeit?

III. Schlußbemerkungen

Kulturpolitik in einem sich vereinigenden Europa wird, wie die Bildungspolitik, primär eine einzelstaatliche Prärogative bleiben, weil Staaten bzw. Bevölkerungen sich mit ihr identifizieren und sie sich (zunächst) nur in bestimmten geographischen oder ethnischen Räumen entfalten kann. Dennoch zeigt die internationale Inanspruchnahme des tertiären Bereichs, darunter die Kultur, zu gesellschaftspolitischen Zielsetzungen einen Stilwandel in der Außenpolitik an, was Nikolaus Sombart schon vor

Wie verträgt sich solch feudales Oberschichtenverhalten von selektiver Wahrnehmung auf Kosten anderer mit der immer wieder selbst erhobenen Forderung nach Solidarität und mehr sozialer Gerechtigkeit?

III. Schlußbemerkungen

Kulturpolitik in einem sich vereinigenden Europa wird, wie die Bildungspolitik, primär eine einzelstaatliche Prärogative bleiben, weil Staaten bzw. Bevölkerungen sich mit ihr identifizieren und sie sich (zunächst) nur in bestimmten geographischen oder ethnischen Räumen entfalten kann. Dennoch zeigt die internationale Inanspruchnahme des tertiären Bereichs, darunter die Kultur, zu gesellschaftspolitischen Zielsetzungen einen Stilwandel in der Außenpolitik an, was Nikolaus Sombart schon vor 35 Jahren positiv vermerkt hat Auf Gemeinschaftsebene kann nach Art. 128 EGV die Kultur nur subsidiär betrieben und nicht zu einer systematischen „Politik“ der EU werden. Jedoch greift die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs in Einzelfällen ein, und die EU erläßt in pragmatischer Weise verbindliche Richtlinien z. B. für den Kulturgüterschutz (kulturelles Erbe), das Medien-recht (Satellitenprogramme), das Urheberrecht usw. Auch die Forschungs-und Wissenschaftspolitik der EU sowie ihre Forderung nach mehr Über-setzungen literarischer Werke können zur Kultur-politik gezählt werden. Ferner ist nach dem Maastrichter Vertrag die sogenannte Kulturverträglichkeit von Verträgen zu prüfen Daraufhin enthalten alle Abkommen der EU mit osteuropäischen Staaten entsprechende Kulturartikel. Die Zielrichtung der nationalen Kultur muß angesichts übernationaler Interdependenzen auch interkulturell sein Dies wird z. B. von den deutschen Kultusministern für die Schulen zunehmend anerkannt und von vielen Hochschulen europaweit praktiziert. Kulturpolitik ist über die Einzelstaaten hinaus als Teil kooperativer gesamteuropäischer Innenpolitik zu betrachten. Ihre begrifflichen Grundlagen sind weitgehend formal gleich, jedoch bedürfen sie auch einer inhaltlichen Angleichung. Deshalb müßten die entsprechenden Begriffs-und Bedeutungsfelder einmal ländersynoptisch aufgearbeitet werden. Sie sollen am Ende beitragen zu einer (übergeordneten) europäischen gesellschaftlich-politischen Ethik als Teil des von Hans Küng angestrebten „Projekt(s) Weltethos“ im noch zu schaffenden bzw. zu vollendenden staatsrechtlichen Gebilde einer Europäischen Union. Da werden Fragen wichtig nach dem gemeinsamen Verständnis und nach der Reichweite von Loyalität, Moralität, Verantwortung, Gemeinwohl und Menschenbild -insgesamt nach den Fundamentalnormen einer politischen Ordnung in einem vereinten Europa.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. u. a. Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Die Zukunft Europas. Kultur und Verfassung des Kontinents, Gütersloh 1991 (darin vor allem die Aufsätze von Werner Weidenfeld und Hermann Lübbe).

  2. Vgl. Ian Lister, Kultur-und Wertegemeinschaft Europas als Basis für eine weitere Integration, in: Institut für europäische Lehrerbildung an der Europäischen Akademie Berlin (Hrsg.), Europa im Unterricht. Jahresbericht 1984, Berlin 1984, S. 4-14. Beim Europarat sind dafür folgende Institutionen wichtig: das Conseil de la Cooperation Culturelle (CDCC), die Direction Education, Culture et Sport (DECS) und der Kulturausschuß der Parlamentarischen Versammlung.

  3. Zit. in: Europäische Zeitung, März 1989, S. 6.

  4. Vgl. Auswärtiges Amt (Hrsg.), Europa der Bürger. Berichte des Ad-hoc-Ausschusses für das Europa der Bürger an den Europäischen Rat, Bonn 1985 (Reihe Berichte und Dokumentationen).

  5. Vgl. Thomas R. Henschel, Europabewußtsein Jugendlicher in West-und Ostdeutschland, Mainz 1993.

  6. Vgl. Nicole Dewandre/Jacques Lenoble (Hrsg.), Projekt Europa. Postnationale Identität: Grundlage für eine Europäische Demokratie, Berlin 1994; Werner Weidenfeld, Identität Europas, Bonn 1985, S. 13-41; Nationale Loyalität und kulturelle Identität im Konflikt. Themenheft von „Bildung und Erziehung“, (1993) 1; vgl. ferner die „Charta der europäischen Identität“ vom 41. ordentlichen Kongreß der Europa Union Deutschland in Lübeck am 28. 10. 1995.

  7. Vgl. Ortega y Gasset, Die Revolution der Massen, 1930; Karl Jaspers, Die geistige Situation der Zeit, 1931; vorher: Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes, 2 Bde., 1918-1922.

  8. Vgl. Christoph Kießmann, Polnische Bergarbeiter im Ruhrgebiet 1870-1945, Göttingen 1978; Albert Schäffer, Erfolgsgeschichte von amerikanischen Ausmaßen. Das Revier als Schmelztiegel -Einwanderung -Mythos und Wirklichkeit, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom 1. 10. 1996.

  9. Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Die Nation. Jenseits von Herkunft, Muttersprache und Religion: Über ein Phänomen, das selbst die Merkmale bestimmt, die es bestimmen, in: FAZ vom 30. 9. 1995.

  10. Vgl. Zentrum für Kulturforschung (Hrsg.), Europäisches Kulturhandbuch, Baden-Baden 1995.

  11. Thomas Heberer, Globalisierung heißt Verwestlichung. Die Entwicklung in Asien nötigt zur Korrektur des abendländischen Weltbildes, in: FAZ vom 10. 10. 1996, S. 13.

  12. Vgl. Ulrich March, Rom, Byzanz und das postkommunistische Europa, in: FAZ vom 23. 3. 1996.

  13. Vgl. Samuel P. Huntington, The Clash of Civilizations, in: Foreign Affairs, 72 (1993) 3, S. 22-49.

  14. Vgl. Wilfried von Bredow, Konflikte und Kämpfe zwischen Zivilisationen, in: Karl Kaiser/Hans-Peter Schwarz (Hrsg.), Die neue Weltpolitik, Bonn 1995, S. 104-111.

  15. Vgl. Werner Weidenfeld u. a., Die Weltgesellschaft entsteht nicht nach dem europäischen Modell. Ein Thesenpapier der Bertelsmann Stiftung, in: Frankfurter Rundschau (FR) vom 29. 12. 1996.

  16. Franz Nuscheler, Lem-und Arbeitsbuch Entwicklungspolitik, Bonn 1995, S. 107.

  17. Vgl. Panajotis Kondylis, Globale Mobilmachung. Konflikt der Kulturen oder Konflikte ohne Kultur?, in: FAZ vom 13. 7. 1996.

  18. Bassam Tibi, Weltfremde Träumerei von der multikulturellen Gesellschaft, in: FAZ vom 14. 7. 1996.

  19. Vgl. Werner Weidenfeld/Hermann Lübbe u. a., Europäische Kultur: das Zukunftsgut des Kontinents, Gütersloh 1990.

  20. Vgl. Peter L. Berger, Vermittlungsprozesse bei Wertekonflikten. Eine Prinzipienskizze, in: Internationale Politik, 51 (1996) 12, S. 55-60.

  21. Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, Informationen zur politischen Bildung, Nr. 249.

  22. Andre Glucksmann, in: Rheinischer Merkur vom 22. 3. 1996; vgl. ausführlich Reinhard Mutz, Der verschleppte Frieden -Europas Versagen auf dem Balkan, in: FR vom 13. 6. 1996; Johann Georg Reißmüller, Die Opfer im Stich gelassen, in: FAZ vom 28. 6. 1996.

  23. Vgl. Wolf Jobst Siedler, Die Westverschiebung Europas, in: FAZ vom 31. 8. 1996.

  24. Vgl. Bernhard Sutor, Artikel „Wertorientierung und Legitimation“, in: Wolfgang W. Mickel/Dietrich Zitzlaff (Hrsg.), Handbuch zur politischen Bildung, Bonn 1988, S. 77-82; eine gründliche Auseinandersetzung mit einer eindimensionalen Werterziehung liefert Bernhard Claußen, Wohin eine Werte-und Moralerziehung zurückführen kann und welche Bedeutung das für die Politische Bildung hat, in: Volker Briese u. a. (Hrsg.), Entpolitisierung der Politikdidaktik? Politische Bildung zwischen Reform und Gegenreform, Weinheim -Basel 1981, S. 220; vgl. ferner Wolfgang W. Mickel, Das Wert-problem in der politischen Bildung der Gegenwart, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 28/78, S. 3-24.

  25. Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Grundwerte der Demokratie im internationalen Vergleich, Bonn 1994.

  26. Vgl. Nationale Loyalität und kulturelle Identität im Konflikt, Themenheft von „Bildung und Erziehung“, (1993) 1.

  27. B. Tibi (Anm. 18).

  28. Vgl. Bassam Tibi, Multikultureller Werte-Relativismus und Werte-Verlust. Demokratie zwischen Werte-Beliebigkeit und pluralistischem Werte-Konsens, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 52-53/96, S. 27-36, hier S. 28.

  29. Dieter Oberndorfer, Die politische Gemeinschaft und ihre Kultur. Zum Gegensatz zwischen kulturellem Pluralismus und Multikulturalismus, in: ebd., S. 37-46, hier S. 44.

  30. Vgl. Sulak Sivaraksa, Menschenrechte sind nur ein Kompromiß, in: FR, Ostern 1996; Lutz Wingert, Türöffner zu geschlossenen Gesellschaften. Ohne Alternative -Bemerkungen zum Begriff der Menschenrechte, in: FR vom 6. 8. 1996.

  31. Vgl. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Das Unwahrscheinliche wollen. Demokratie, notwendige Forderung der Menschenrechte?, in: FAZ vom 2. 5. 1996.

  32. Belegstellen bei Hans-Jürgen Ihnen, Grundzüge des Europarechts, München 1995, S. 34; vgl.den Grundrechtskatalog des Europäischen Parlaments vom 12. 4. 1989, ABI. EG 1989 Nr. C 120 S. 51.

  33. B. Tibi (Anm. 18).

  34. Vgl. Klaus F. Zimmermann, Wohlstand durch Fremde. Ökonomische Argumente zur Debatte um ein Einwanderungsgesetz für Deutschland, in: Die Zeit vom 24. 11. 1995; Kay Hailbronner, Es bleibt viel zu regeln übrig. Die Forderung nach einem Einwanderungsgesetz weckt falsche Erwartungen, in: FAZ vom 26. 4. 1996; Herbert Schnoor, Deutschland ist ein Einwanderungsland ohne Einwanderungspolitik, in: FR vom 21. 5. 1996.

  35. Sibylle Tonnies, Multikulturalität, Partikularismus und Universalismus, in: Eduard J. M. Kroker/Bruno Dechamps (Hrsg.), Deutschland auf dem Weg zu einer multikulturellen Gesellschaft?, Frankfurt/M. 1996, S. 77-88, hier S. 78f.

  36. Vgl. Nikolaus Sombart, Internationale Kulturpolitik statt Außenpolitik?, in: Frankfurter Hefte, 16 (1961), S. 737-745.

  37. Vgl. Frank Fechner, Kultur und Bildung im Europarecht, in: Recht der Jugend und des Bildungswesens, (1996) 1, S. 35-47; Matthias Niedobitek, Die kulturelle Dimension im Vertrag über die EU, in: Europarecht, 30 (1995), S. 349-376; Erster Bericht über die Berücksichtigung der kulturellen Aspekte in der Tätigkeit der EG (von der Kommission vorgelegt) (Dok. KOM (96) 160 endg.).

  38. Vgl. Bernhard Sutor, Nationalbewußtsein und universale politische Ethik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 10/95, S. 3-13.

  39. Hans Küng, Projekt Weltethos, München 1990.

Weitere Inhalte

Wolfgang W. Mickel, Dr. phil. habil., geb. 1929; Professor (em.) für Politikwissenschaft in Karlsruhe; Gastprofessor an der Universität Gießen; Wiss. Beirat des Congreso Cultura Europea an der Universität von Navarra in Pamplona/Spanien. Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg, und Mitautor) Handlexikon zur Politikwissenschaft, München -Bonn 1986; (Hrsg, mit D. Zitzlaff und Mitautor) Handbuch zur politischen Bildung, Bonn -Opladen -Düsseldorf 1988; Lernfeld Europa. Didaktische Grundlagen einer europäischen Erziehung, Opladen 19932; (Hrsg, und Mitautor) Handlexikon der Europäischen Union, Köln 1994; Methoden-Leitfaden durch die politische Bildung. Eine strukturierte Einführung, Schwalbach/Ts. 1996.