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Die kommunistische Linke und die Weimarer Republik | APuZ 32-33/1994 | bpb.de

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APuZ 32-33/1994 Die Weimarer Reichsverfassung Die Republik der Friedlosigkeit Äußere und innere Belastungsfaktoren der Epoche von Weimar 1918-1933 Die kommunistische Linke und die Weimarer Republik

Die kommunistische Linke und die Weimarer Republik

Mario Keßler

/ 32 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Aufsatz behandelt das Verhältnis von KPD und KPD-Opposition (KPDO) zur Weimarer Republik. Er geht von der Existenz zweier gegensätzlicher politischer Positionen innerhalb der KPD von Beginn an aus, die sich 1928/29 in der Konstituierung einer eigenständigen Organisation ausdrückte, die zur KPD-und Moskauer Komintern-Führung im Widerspruch stand. Während die offizielle KPD-Linie in unterschiedlicher Intensität die Weimarer Republik ablehnte und einer illusionären Erwartung auf baldige revolutionäre Erhebungen anhing, entwickelten ihre kommunistischen Kritiker Überlegungen im Sinne einer revolutionären Realpolitik: Zur Umgestaltung der Gesellschaft sei die Gewinnung der Mehrheit der arbeitenden Menschen durch demokratische Willensbildung notwendig. Die bürgerliche Demokratie von Weimar wurde von ihnen -im Unterschied zur KPD-Politik -als wichtige Errungenschaft begriffen, die es mittels einer Einheitsfront der Arbeiterparteien gegen den Nazismus zu verteidigen gelte. Die KPDO wandte sich entschieden gegen die Einmischung der Moskauer Komintern-Zentrale und insbesondere der sowjetischen Führung unter Stalin in innerparteiliche Angelegenheiten der deutschen Kommunisten. Trotz wichtiger und richtiger Erkenntnisse blieben die KPDO und ähnliche Linksgruppierungen ohne Masseneinfluß. Ihr Scheitern vermittelt jedoch Lehren bei der Suche nach den Ursachen für die kampflose Kapitulation der deutschen Arbeiterbewegung 1933.

„Wer die Erfordernisse einer parlamentarischen Demokratie zum entscheidenden politischen Maßstab erhebt, wird naturgemäß zu ganz anderen Urteilen kommen als ein Autor, der sich der Diktatur des Proletariats verschrieben hat“, betonte der Historiker Heinrich August Winkler in seinem Standardwerk über die Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik. „Das Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie bedeutet, marxistisch gesprochen, die Bereitschaft zum Klassenkompromiß oder, anders gewendet, die Bejahung des gesellschaftlichen Pluralismus.“ Denn, so Winkler: „Nur dje parlamentarische Demokratie konnte der deutschen Gesellschaft ein ihrem kulturellen und materiellen Entwicklungsstand entsprechendes Maß an politischer Freiheit geben.“

Das Verhältnis der kommunistischen Bewegung in Deutschland zur Weimarer Republik war nicht einheitlich; es läßt sich nicht nur über die Bejahung der „Diktatur des Proletariats“ als Weg zur Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft definieren. Bei den Positionsbestimmungen deutscher Kommunisten gegenüber der Republik von Weimar -und hier muß von Positionen im Plural gesprochen werden -wirkten verschiedene Faktoren in unterschiedlicher Weise zusammen: Auf internationaler Ebene waren der weltrevolutionäre Erwartungshorizont seit 1917, die Fraktionskämpfe innerhalb der russischen Partei und der Kommunistischen Internationale (Komintern), schließlich der Sieg Stalins bestimmend. Im nationalen Rahmen prägten revolutionäre Krisen und Umbrüche, der „Schein der Normalität“ (Winkler) Mitte der zwanziger Jahre, die große Wirtschaftskrise und der Aufstieg des Nazismus Ideologie und Handlungen der Kommunisten.

Innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung erwies sich die seit 1919 manifeste Spaltung in zwei große Parteien als unüberwindlich. Schließlich war der Stalinisierungsprozeß innerhalb der KPD mit Fraktions-und Gruppenkämpfen verbunden, die an der Jahreswende 1928/29 nicht mehr überbrückt werden konnten. Die KPD spaltete sich in zwei sehr ungleiche Teile. Die Opponenten zur offiziellen „Generallinie“ konstituierten die KPD-Opposition (KPDO). Sie wurde, aufgrund ihrer numerischen Kleinheit, von ihren Gegnern als „KPD-Null“ diffamiert. Die KPDO bestand jedoch zumeist aus politisch erfahrenen Funktionären, die noch durch die revolutionäre und demokratische Tradition der Arbeiterbewegung der Zeit vor 1914, die Antikriegsbewegung sowie durch den Spartakusbund Liebknechts und Rosa Luxemburgs geprägt worden waren.

Die Position der KPDO: Verteidigung der bürgerlichen Demokratie als bester Kampfboden für die angestrebte Gesellschaft der Freiheit und Gleichheit, den Sozialismus, stand nicht nur im Gegensatz zur KPD-Politik, sondern stellte auch eine Herausforderung an die zweite große Arbeiterpartei, die SPD, dar. Die Gründe für den Mißerfolg der KPDO sind eng verbunden mit den Ursachen des Untergangs der Republik von Weimar und der kampflosen Kapitulation der deutschen Arbeiterbewegung vor dem Nationalsozialismus 1933. Das Scheitern der KPDO war nicht nur das Scheitern des „demokratischen Kommunismus“, wie Hermann Weber es nannte in Deutschland. Die gesamte Arbeiterbewegung wie auch die bürgerlichen Rechte und Freiheiten wurden durch das NS-Regime liquidiert. Warum konnte dies geschehen? Einige der Gründe dürften erklärbar werden bei der Untersuchung der Positionen von KPD und KPDO zur Weimarer Republik. Sie sollen hier in ihrer geschichtlichen Entwicklung und in gebotener Kürze vorgestellt werden.

I. Rätedemokratische Vorstellungen und „Putschismus“: Die KPD und die Weimarer Republik 1919-1923

Die an der Jahreswende 1918/19 gegründete KPD ging aus verschiedenen Strömungen der äußersten Linken hervor, die sich im Ersten Weltkrieg und in der Novemberrevolution herausgebildet hatten. Ihre wichtigsten Persönlichkeiten, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, wurden am 15. Januar 1919 ermordet. Eine jüngst erschienene Publikation schloß noch vorhandene Forschungslücken über die Planung und Ausführung der Mord-tat, auch über die Rolle rechter Sozialdemokraten und deren Zusammenspiel mit der Reaktion „Eine natürliche und direkte Folge des Doppel-mordes“, schrieb Ossip K. Flechtheim, „war die Schwächung der KPD, die ihre besten Köpfe verloren hatte, und die Stärkung der SPD, der der Verlust der kommunistischen Konkurrenz zugute kommen mußte. Hinzu aber kam die Schwächung, die der Tod insbesondere Rosa Luxemburgs für den demokratischen Sozialismus auf weite Sicht bedeuten sollte“, so Flechtheim weiter. Er sah darin eine Tragödie „nicht nur für die deutsche, sondern für die internationale Arbeiterbewegung, in der die von ihr gefürchtete Entwicklung nun ungehindert ihren Lauf nahm“

Rosa Luxemburg hatte klar erkannt, daß in jeder -auch nur zeitweiligen -Einschränkung allgemein-demokratischer Rechte die Revolution Gefahr lief, ihre freiheitlichen und egalitären Ziele letztlich aufzugeben. „Während sie mit den Bolschewiki darin übereinstimmte, daß die russische Verfassungsgebende Versammlung eine veraltete Form der Machtverteilung widerspiegelte und sie deshalb aufgelöst werden solle fuhr sie fort, daß man Neuwahlen für eine Verfassungsgebende Versammlung ausschreiben solle.“ Der Ansicht der Bolschewiki, eine solche Versammlung diene kaum den Interessen des Proletariats und der Revolution, hielt Rosa Luxemburg entgegen: „Gewiß, jede demokratische Institution hat ihre Schranken und Mängel, was sie wohl mit sämtlichen menschlichen Institutionen teilt. Nur ist das Heilmittel, das Trotzki und Lenin gefunden: die Beseitigung der Demokratie überhaupt, noch schlimmer als das Übel, dem es steuern soll: Es verschüttet nämlich den lebendigen Quell selbst, aus dem heraus alle angeborenen Unzulänglichkeiten der sozialen Institutionen allein korrigiert werden können: das aktive, energische politische Leben der breitesten Volksmassen.“

Rosa Luxemburg wies Lenins Konzept der Diktatur des Proletariats in einer berühmt gewordenen Passage zurück: „Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei -mögen sie noch so zahlreich sein -ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht wegen des Fanatismus der , Gerechtigkeit', sondern weil all das Belebende, Heilsame und Reinigende der politischen Freiheit an diesem Wesen hängt und seine Wirkung versagt, wenn die , Freiheit'zum Privilegium wird.“

Doch schon der Gründungsparteitag der KPD ließ die beiden Haupttendenzen im deutschen Kommunismus hervortreten, die diesen über die Jahre der Weimarer Republik hinweg prägen sollten. In der heterogen zusammengesetzten Partei existierten radikal-utopische Vorstellungen neben Konzeptionen, die auf die Gewinnung der Mehrheit zumindest des Industrieproletariats als Voraussetzung revolutionärer Umgestaltungen orientierten. Gegen den Widerstand von Liebknecht und Luxemburg lehnte die Parteitagsmehrheit die Beteiligung an den Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung ab. Rosa Luxemburgs beschwörende Worte an ihre Gegner hatten keinen Erfolg: „Unsere nächste Aufgabe ist“, betonte sie, „die Massen zu schulen... Das wollen wir durch den Parlamentarismus erreichen. Das Wort soll entscheiden. Ich sage Ihnen, gerade dank der Unreife der Massen, die bis jetzt nicht verstanden haben, das Räte-system zum Siege zu bringen, ist es der Gegenrevolution gelungen, die Nationalversammlung als ein Bollwerk gegen uns aufzurichten. Nun führt unser Weg durch dieses Bollwerk hindurch. Ich habe die Pflicht, ... gegen dieses Bollwerk anzukämpfen, hineinzuziehen in die Nationalversammlung, dort mit der Faust auf den Tisch zu schlagen. Des Volkes Wille ist das höchste Gesetz... Die Wahlen stellen ein neues Element des revolutionären Kampfes dar. Sie sind befangen in der alten Schablone. Für Sie existiert nur das Parlament des deutschen Reichstags. Sie können sich nicht vorstellen, dieses Mittel zu gebrauchen im revolutionären Sinne. Sie verstehen: entweder Maschinengewehre oder Parlamentarismus...“ Nur mit Mühe gelang es Rosa Luxemburg und ihren Anhängern, wenigstens den Austritt der KPD-Mitglieder aus den Gewerkschaften und eine dementsprechende Entschließung zu verhindern

Nach der Ermordung von Liebknecht, Luxemburg und Leo Jogiches sowie dem Tod Franz Mehrings bestimmte zunächst die radikale Linke die Politik der KPD. Dann gelang es dem KPD-Vorsitzenden Paul Levi, einem engen Freund Rosa Luxemburgs, den Ausschluß der halbanarchistischen Kräfte durchzusetzen, die sich danach in der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD) zusammenschlossen Wenige Monate später versuchte die politische Rechte im Kapp-Putsch, die deutsche Demokratie zu beseitigen. Die Mehrheit der KPD-Führung wollte zunächst Neutralität wahren (Levi befand sich in Haft). Doch der Druck der Parteimitglieder zwang sie, am Generalstreik zusammen mit SPD und USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) teilzunehmen, dessen Erfolg den Fortbestand der Republik sicherte Levi setzte ferner durch, daß die KPD sich an den Wahlen zum Reichstag im Juni 1920 beteiligte, wobei er selbst und Clara Zetkin Mandate erringen konnten. Im Oktober 1920 war er mitbeteiligt an der Spaltung der USPD, dessen linker Flügel zur KPD überging, die mit nunmehr 350000 Mitgliedern zur Massenpartei wurde

Hatte sich Levi dabei der Unterstützung der Komintern versichern können, so erkannte er bald die Folgen der Einmischung der Komintern in die inneren Angelegenheiten der westeuropäischen kommunistischen Parteien. Levis Strategie der Bündnispolitik mit anderen Linkskräften (in Form der Einheitsfront) geriet in Widerspruch zur Parteiauffassung der Komintern: Gemäß deren 21 Aufnahmebedingungen sollten die kommunistischen Parteien einheitlich, monolithisch und der Komintern-Zentrale in Moskau untergeordnet sein. Die damit einhergehende elitäre Ideologie und das Sendungsbewußtsein stießen jedoch mögliche Bündnispartner ab und verstärkten die von den Rechtskräften angestrebte Isolierung der Kommunisten von der Mehrheit der deutschen Bevölkerung.

Wie stark diese Isolierung war, zeigte sich in der sogenannten März-Aktion im Jahre 1921. Um den Sowjetstaat nach dem für ihn nachteiligen Frieden von Riga, der die Interventionskriege beendete, zu entlasten, verfolgte die Komintern eine soge-nannte Offensivstrategie. Mittels revolutionärer Aktionen sollten der Ausbruch der Revolution in den kapitalistischen Ländern beschleunigt und der cordort sanitaire um Sowjetrußland aufgebrochen werden. Unter Mithilfe des Komintern-Emissärs Bdla Kun, des Führers der kurzlebigen ungarischen Räterepublik von 1919, initiierte die KPD in den mitteldeutschen Industriezentren Mansfeld und Halle-Merseburg eine Revolte. Diese fand nicht die Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit, artete in Bandenwesen aus und wurde von der Polizei blutig niedergeschlagen

Levi, der diese Politik von Anfang an scharf mißbilligt hatte, verurteilte in einer Broschüre „Unser Weg. Wider den Putschismus“ vom April 1921 schärfstens das Abenteurertum von Komintern und KPD, das zu einer Isolierung der Kommunisten führen würde. Ein solcher Kurs sei unvereinbar mit den revolutionär-demokratischen Traditionen der deutschen und europäischen Arbeiterbewegung. Er zeige das Maß an Unterordnung der KPD unter die Interessen der Komintern-Zentrale in Moskau. Aufgrund dieser Kritik wurden Paul Levi und einige seiner Anhänger aus der Partei ausgeschlossen. Das Fiasko der März-Aktion war aber so deutlich, daß der KPD nichts anderes übrigblieb, als eine Änderung ihrer Politik vorzunehmen. Dennoch „verschliß“ die Partei ihre Vorsitzenden, die sich um eine realitätsgerechte Politik bemühten: Ernst Meyer ebenso wie Ernst Reuter (Friesland) und Heinrich Brandler.

Im Jahre 1923 erreichte die politische, ökonomische und gesellschaftliche Krise in Deutschland einen neuen Höhepunkt. Dies äußerte sich in Regierungswechseln, dem Kampf gegen die französisch-belgische Besetzung des Ruhrgebietes, in faschistischen Umsturzversuchen in Bayern, der Auflösung der kurzzeitigen Arbeiterregierungen in Sachsen und Thüringen, aber besonders in den ruinösen Folgen der Inflation. Erst als diese eingedämmt und damit ein wichtiges Moment der Krise gegenstandslos geworden war, entschloß sich die Komintern zum Aufstand. Doch Heinrich Brandler verhinderte mit der Absage eines erneuten Revolutionsversuches nach der Ablehnung des Generalstreiks durch die Chemnitzer Betriebsräte-konferenz einen sinnlosen Opfergang der Kommunisten. Nur in Hamburg führten Koordinationsfehler zum später durch die KPD heroisierten Aufstand unter Ernst Thälmann, der rasch niedergeschlagen wurde

II. Die KPD in der Stabilisierungsphase der Weimarer Republik 1924-1928

Bei der Suche nach den „Schuldigen“ für den gescheiterten „deutschen Oktober“ spielten die innerrussischen Fraktionskämpfe eine immer größere Rolle für den Kurs der KPD. Der Komintern-Präsident Sinowjew machte Brandler zum „Sündenbock“ für die angeblich vertane historische Chance einer sozialistischen Revolution in Deutschland. „Dadurch, daß er ihn absetzte und Fischer und Maslow als Führer der deutschen Partei einsetzte, machte sich Sinowjew zum Lehnsherrn dieser Partei“, schrieb Isaac Deutscher. „Für die Hartnäckigkeit, mit der er auf einer exemplarischen Bestrafung Brandlers bestand, hatte er noch einen anderen Grund: er verdächtigte Brandler und seine Freunde im deutschen Zentralkomitee der Sympathie für Trotzki. Indem er Brandler als Gefolgsmann Trotzkis abstempelte, versuchte Sinowjew auch noch, Trotzki mit der Schuld an Brandlers , Kapitulation'zu belasten.“

Heinrich Brandler, der mit ihm eng verbundene August Thalheimer sowie der Deutschlandexperte der Komintern Karl Radek, damals Anhänger Trotzkis, wurden in den Jahren 1924 und 1925 in Moskau einem Parteiverfahren unterzogen, dessen Akten jetzt durch die Forschung offengelegt worden sind Im russischen „Ehrenexil“ Mitglieder der sowjetischen Partei geworden, mußten sich Brandler und Thalheimer gemeinsam mit Radek vor der Zentralen Parteikontrollkommission verantworten. Hierbei handelte es sich vermutlich um das erste Verfahren nach Lenins Tod und Stalins Wiederwahl zum Generalsekretär der Partei. Dem Tribunal lag ein Antrag der neuen KPD-Führung auf Ausschluß der Angeklagten aus der KP Rußlands (Bolschewiki), der sowjetischen Partei, zugrunde.

Das aufgefundene Protokoll enthüllt die undemokratischen Methoden, die der sich allmählich konsolidierende Parteiapparat gegen kritische Köpfe anwandte. Sie wurden bespitzelt, Briefe geöffnet und nicht ausgeliefert, kritische Artikel nicht mehr publiziert. Den Mitbegründern der KPD sollte von Moskau aus verboten werden, sich in die Angelegenheiten ihrer Partei „einzumischen“. Sie wehrten sich und betonten in einer Erklärung vom 23. März 1925, daß die Konsolidierung der KPD nur erreicht werden könne „durch freie Diskussion in dem Rahmen unserer jungen kommunistischen Organisationen, durch das Regime der Partei-demokratie“, nicht aber durch bloße Anweisung von oben

Auf dem 5. Kongreß der Komintern im Juni und Juli 1924 wurde Radek, Brandler und Thalheimer eine „antikommunistische Einstellung“ vorgeworfen. Das Zentralkomitee (ZK) der russischen Partei warf ihnen den Versuch der Konstituierung „halbmenschewistischer , Massen‘-Parteien“ vor; gemeint war die Zusammenarbeit mit den Führungen der deutschen und internationalen Sozialdemokratie. In ähnlicher Weise wurde ihr Genosse Karl Kreibich verdammt, dessen Aktivitäten innerhalb der tschechoslowakischen Kommunisten in die gleiche Richtung gingen Brandler und Thalheimer wurden bis 1928 in Moskau festgehalten, ihre Pässe waren von den sowjetischen Behörden gleich nach ihrer Ankunft eingezogen worden. Erst Brandlers Hinweis, er werde die deutsche Botschaft um Hilfe ersuchen -nach damaligem Verständnis nicht unkompliziert für einen prominenten Kommunisten -, ermöglichte im Herbst 1928 die Rückkehr nach Deutschland

Mit der Konsolidierung der politischen und ökonomischen Lage in Deutschland ab 1924 stellte sich das Problem des kommunistischen Selbstverständnisses neu. Bis dahin war es von der Erwartung geprägt gewesen, die Kommunisten würden imstande sein, dem Kapitalismus in historisch kürzester Frist den Todesstoß zu versetzen. Dies hatte sich als eine Illusion erwiesen. So verfestigte sich die dauernde Kontroverse zwischen revolutionärer Realpolitik und orthodox-radikalistischen Positionen, die unter veränderten Bedingungen an alten Positionen festhielten.

Diese „gleichsam naturwüchsigen Prozesse“ *in*nerparteilicher Kontroversen wurden durch die ip-nersowjetischen Machtkämpfe immer wieder überlagert. Hatte das Scheitern der weltrevolutionären Ansprüche die kommunistische Bewegung auf die Erfahrungen des sowjetischen Experiments zurückgeworfen, so konnte die Stalin-Fraktion diese Erfahrungen nunmehr kanonisieren und mit dem Anspruch der Allgemeingültigkeit versehen. Dem diente die monolithische Durchstrukturierung der Komintern und ihrer Mitgliedsparteien, die als „Bolschewisierung“ bezeichnet wurde. Sie war durch ein Verbot innerparteilicher dissenter Strömungen, zentralistischen Parteiaufbau, das Anwachsen des Apparates und Kampagnen gegen „Abweichler“ gekennzeichnet Doch wenn die monolithische Disziplin und die Überzentralisierung in der sowjetischen Partei noch eine Folge des bolschewistischen Machtmonopols und der Konfrontation des Bürgerkrieges waren, so trug ihre Ausdehnung auf die Komintern einen willkürlichen und künstlichen Charakter.

Die meisten westlichen Parteien -auch die KPD -waren gewohnt, im Rahmen des Mehrparteiensystems ihre Politik zu entwickeln und nutzten die Freiheit der Kritik und Debatte selbstverständlich aus. „Ihre Führer“, so Deutscher, „befanden sich jetzt in der paradoxen Situation, daß sie den eigenen Anhängern innerhalb der eigenen Organisation die Rechte streitig machten, deren sich die Mitglieder außerhalb der Organisation erfreuen durften...; (diese) mußten alle offiziellen Erklärungen, die aus Moskau kamen, wie das Evangelium hinnehmen. Auf diese Weise wurde jede kommunistische Partei in ihrem eigenen Land zu einer Art bizarren Enklave, die von der übrigen Nation nicht so sehr durch ihre revolutionären Ziele getrennt war als durch einen Verhaltenskodex, der mit jenem Zweck nur wenig zu tun hatte.“ Hermann Weber hat diesen Prozeß der Disziplinierung und des Abbaus der innerparteilichen Demokratie die „Wandlung des deutschen Kommunismus“ genannt

Zunächst schien die neue KPD-Führung um Ruth Fischer und Arkadij Maslow einen realitätsgerechten Kurs einzuschlagen. Im April 1925 fanden Reichspräsidentenwahlen statt. Sinowjew hatte den deutschen Kommunisten vertraulich geraten, sie sollten im zweiten Wahlgang für den Sozialdemokraten Otto Braun stimmen, der dann jedoch seine Kandidatur zugunsten des Zentrumspolitikers Wilhelm Marx zurückzog. Gegen diesen hielt die KPD die Kandidatur von Ernst Thälmann aufrecht. Die Wahl gewann jedoch der Kandidat der Rechten, Paul von Hindenburg. Für diesen Wahl-ausgang wurde von sozialdemokratischer Seite die KPD verantwortlich gemacht Diese warf der SPD wiederum vor, die Verständigung mit den bürgerlichen Parteien über die mögliche Wahl eines gemeinsamen Kandidaten der Arbeiterparteien gestellt zu haben. Die Kommunisten könnten unmöglich einen Zentrumspolitiker unterstützen, wollten sie als entschieden linke Kraft weiterhin anerkannt werden Allerdings hatte die KPD der SPD auch keinen Kandidaten empfohlen, der von beiden Arbeiterparteien gemeinsam hätte nominiert werden können. Ihre Führung wußte natürlich, daß Thälmann von der SPD kaum Unterstützung erfahren würde.

Erfolgreicher gestaltete sich die gemeinsame Kampagne beider Parteien zur entschädigungslosen Enteignung der Fürstenhäuser Ende 1925/Anfang 1926. Das Volksbegehren wurde im März 1926 von etwa 12, 5 Millionen Bürgern unterstützt. Die bürgerlichen Parteien wandten sich, mit Ausnahme der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), dagegen. Sie riefen zum Boykott des Volksentscheids auf, der Anfang Juni 1926 stattfand. Dabei sprachen sich 14, 5 Millionen, etwa 36 Prozent aller Stimmberechtigten, für die entschädigungslose Enteignung aus. Die Annahme eines entsprechenden Gesetzes hätte jedoch die absolute Mehrheit aller Wahlberechtigten, rund 20 Millionen Stimmen, erfordert, da die Reichsregierung dieses Gesetz als verfassungsändernd erklärt hatte Dennoch stellte die Initiative beider Parteien die wichtigste Massenaktion der Arbeiterbewegung in der Stabilisierungsphase der Weimarer Republik Mitte der zwanziger Jahre dar. In diesen Jahren erkannte die KPD durchaus, welche Vorteile die bürgerliche Demokratie als Kampfboden der sozialistischen und kommunistischen Kräfte bot. Dies wurde auch in einem Aufruf des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) vom 27. April 1925 deutlich. Unter Bezug auf das Erstarken der Rechtskräfte nach Hindenburgs Wahl zum Reichspräsidenten hieß es: „Die monarchistische Gefahr ist in Deutschland vorhanden. Die Arbeiter und die Kommunisten müssen dies klar sehen. Die Kommunisten können nicht auf dem Standpunkt stehen, daß es für uns gleichgültig ist, ob Monarchie oder bürgerliche Republik. Die Kommunisten bleiben nicht gleichgültig gegenüber dieser Frage, sondern stellen sich an die Spitze des wirklichen Kampfes gegen die Gefahr der Monarchie.“

Auf der 5. Erweiterten Tagung der EKKI im März und April 1925 zeigte sich deutlich der Widerspruch zwischen der Option für die Diktatur des Proletariats, d. h.der Herrschaft einer Minderheit mit undemokratischen Mitteln, und dem Eintreten der Kommunisten für allgemein-demokratische Forderungen. Diese sollten indes vorrangig der proletarischen Diktatur den Weg bahnen. Es hieß: „Die bolschewistische Partei ist in der Tat die Partei der Diktatur des Proletariats, gerade darum aber stellt sie zur Gewinnung der Mehrheit des Proletariats (nicht der arbeitenden Bevölkerung, M. K.) systematisch Teilforderungen auf, die sie mit den revolutionären Aufgaben verknüpft.. .“

Ein Jahr später, im Februar/März 1926, betonte die 6. Erweiterte EKKI-Tagung jedoch, daß „unter günstigen Umständen die Kommunisten Teil-forderungen aufzustellen (haben), die geeignet wären, auch halbproletarische und kleinbürgerliche Schichten um sich zu scharen“ Diese Orientierung galt nur als taktische und temporäre, bei entsprechenden Umständen jederzeit widerrufbare Maßnahme. Antonio Gramsci, der vom Faschismus verfolgte bedeutendste Kopf des italienischen und westeuropäischen Kommunismus jener Zeit, konnte mit seinen Überlegungen zur Hegemonie-Problematik mit ihrer dialektischen Wechselwirkung von allgemein-demokratischen und revolutionär-sozialistischen Forderungen die kommunistischen Massen nicht mehr erreichen

Die innerparteiliche Entwicklung der KPD war Mitte der zwanziger Jahre auch von personellen Diskontinuitäten geprägt, an deren Ende 1925 die Wahl Ernst Thälmanns zum Parteivorsitzenden stand; eine Funktion, die er bis zur Zerschlagung der deutschen Arbeiterbewegung durch den Nazismus ausübte 1924 hatten zunächst die Partei-„Linken“ um Fischer und Maslow die verschiedenen „ultralinken“ Gruppen aus der Parteiführung hinausgedrängt, wobei sie von der Komintern-Zentrale unterstützt wurden. Diese stand noch unter Führung Sinowjews. Unter seiner Anleitung proklamierte die Fischer-Maslow-Führung auf dem X. Parteitag den „Sieg der Bolschewisierung“, verschwieg aber der KPD-Mitgliedschaft ihre Differenzen mit der Komintern in Moskau. Am 11. August 1925 verabschiedete das EKKI-Präsidium einen Offenen Brief an alle KPD-Mitglieder Darin kritisierte die Komintern-Zentrale erstens „eine zu parlamentarische Einstellung“ der Fischer-Maslow-Führung; zweitens deren Weigerung, auf dem X. Parteitag „eine starke, arbeitsfähige Gewerkschaftsabteilung zu wählen“, um die KPD stärker in den Gewerkschaften zu verankern. „Drittens“, hieß es weiter, „bestanden die Vertreter der Exekutive darauf, daß in der (KPD-) Zentrale neue führende Arbeitskräfte, darunter auch einige oppositionelle Genossen, zu wählen sind. Nicht deswegen, um die Arbeit nach , rechts 4 zu schleppen, ... sondern um einen Zutritt zu den schwankenden Mitgliedern der Partei zu schaffen.“

Der Fischer-Maslow-Führung wurde vorgeworfen, falsche innerparteiliche Methoden zu praktizieren; hierzu gehörten ein Ultra-Zentralismus wie auch ausgeübter Druck anstelle von Überzeugungsarbeit. „Einige Führer dieser Linken sind bankrott“, stellte das EKKI-Präsidium fest. Sinowjew, unter dem Druck Stalins (und Bucharins) stehend, mußte sich von Fischer und Maslow distanzieren, schwächte aber dadurch lediglich seine eigene Position. Sein Abstieg begann, und im November/Dezember 1926 wurde er als Vorsitzender der Komintern abgesetzt. Auf dieser Tagung sprach Stalin über den Kampf gegen die „trotzkistischsinowjewistische Opposition“ und errang einen wichtigen Sieg bei der Ausschaltung seiner Gegner in der internationalen kommunistischen Bewegung.

Die neue KPD-Spitze um Ernst Thälmann, das „Thälmannsche ZK“, wie es sich selbst glorifizierte, entfernte 1926 und 1927 mit Karl Korsch und Arthur Rosenberg zwei der letzten antistalinistischen eigenständigen Theoretiker aus der Partei Ursprünglich aus heterogenen Strömungen bestehend, wurde das neue ZK durch den Parteivorsitzenden, einen treuen Gefolgsmann Stalins, durch Druck zu einer unnatürlichen Einheit „zusammengeschmiedet“, um die martialische Sprache jener Zeit zu verwenden. Doch bekam der Monolith alsbald Risse: Im August 1928 gelangten Informationen in die Presse, wonach John Wittorf, ein enger Freund Thälmanns und leitender KP-Funktionär in Hamburg, Parteigelder unterschlagen hatte. Die Angelegenheit weitete sich aus, und Thälmann konnte die Vorwürfe nicht entkräften, Wittorf gedeckt zu haben. Seiner Absetzung als Parteivorsitzender folgte jedoch am 6. Oktober die Wiedereinsetzung durch das EKKI. Brandler und Thalheimer, die inzwischen wieder in Deutschland waren, aber auf den Kurs der KPD keinen Einfluß hatten, übten harte Kritik am EKKI und kritisierten die Verletzung der Souveränität der Partei und der innerparteilichen Demokratie. Auf ihre Seite stellte sich eine zahlenmäßig kleine Gruppe, die jedoch erfahrene Kommunisten umfaßte, von denen nicht wenige zu den Gründern der KPD gehörten: Paul Frölich, Jakob Walcher, August Enderle. Mit ihnen sympathisierten zahlreiche andere führende KPD-Mitglieder, die später als „Versöhnler“ abgewertet wurden: Ernst Meyer, Paul Merker, Arthur Ewert, zeitweilig auch Clara Zetkin und sogar Wilhelm Pieck, letzterer jedoch weniger offen.

Clara Zetkin warnte vor Thälmanns mangelnden theoretischen und politischen Fähigkeiten. Bereits am 11. September 1927 hatte sie Bucharin geschrieben: „Verhängnisvoll macht sich dabei geltend, daß Teddy (Thälmann, M. K.) kenntnislos und theoretisch ungeschult ist, in kritiklose Selbsttäuschung und Selbstverblendung hineingesteigert wurde, die an Größenwahnsinn grenzt und der Selbstbeherrschung ermangelt. Er läßt daher seine guten proletarischen politischen Instinkte und Urteile über Menschen und Zustände täuschen und irreleiten durch Ohrenbläser, Schmeichler, Klatschbasen, Intriganten niedrigster Art.“ Ihre Befürchtungen sollten sich bewahrheiten: Auf der ZK-Sitzung am 13. und 14. Dezember 1928 wurden Brandler und Thalheimer aus der KPD ausgeschlossen, Walcher, Frölich, Enderle und Albert Schreiner ultimativ aufgefordert, sich zu unterwerfen. Nur Clara Zetkin stimmte gegen die Sanktionen. Sie schrieb am 8. Dezember an das russische Politbüro einen entsprechenden Brief, den sie mit einem Gleichnis beschloß: „Es gibt eine Erzählung über eine alte Frau, die ein Holzscheit in das Feuer geworfen hat, in dem Jan Hus verbrannt wurde.

Diese alte Frau hat sich dadurch Unsterblichkeit erworben. Ich bin absolut nicht bereit, es dieser alten Frau gleichzutun und Holzscheite beizusteuern, damit Ketzer besser verbrannt werden können.“

Die Ausgeschlossenen gründeten am 29. Dezember 1928 eine eigene Organisation, die sich als oppositionelle Richtung innerhalb des organisierten Kommunismus verstand. Sie nannte sich folgerichtig Kommunistische Partei Deutschlands -Opposition. Die KPD-Führung erklärte, zwischen ihr und den Ausgeschlossenen gebe es keine politischen Gemeinsamkeiten mehr. Die ständig schärfer werdenden Verdammungsurteile von seiten der Thälmannschen Zentrale gingen einher mit einer Ausgrenzung aller anderen Linkskräfte, wenn diese nicht den KPD-Direktiven folgten. Dies gipfelte in einem Verbalradikalismus, der auch die politischen Analysen über den tatsächlichen Zustand der Weimarer Republik zunehmend prägte. „Die linksradikalen Einschätzungen der Situation in Deutschland“, schrieb der russische Historiker Alexander Watlin, „haben der KPD auf längere Zeit den politischen Realismus entzogen, und das angesichts einer stets zunehmenden faschistischen Gefahr. Man hätte leicht Voraussagen können, daß im Ergebnis der Position des Exekutivkomitees der Komintern eine oppositionelle kommunistische Partei gebildet würde (KPDO).“ Die Analyse des Faschismus und die Haltung zur innerparteilichen wie zur Weimarer Demokratie verwies auf völlig gegensätzliche Positionen von KPD und KPDO.

III. KPD, KPDO und das Ende der Weimarer Republik

Die KPDO wuchs durch rigide Ausschlüsse aus der KPD rasch auf etwa 6500 Mitglieder an. Ihre wichtigsten Zentren waren neben Berlin und Sachsen/Thüringen auch das Bergische Land, der Großraum Frankfurt a. M. (besonders Offenbach), das Gebiet um Stuttgart und das Saargebiet. Die theoretischen Analysen der Partei verbanden sich mit praktischer Politik namentlich in diesen Schwerpunktgebieten.

Bereits 1928/29, als die NSDAP noch ein Randproblem der deutschen Politik zu sein schien, erarbeiteten KPDO-Mitglieder, insbesondere August Thalheimer, eine Analyse des Faschismus, die sich von den eher polemisch geprägten Einschätzungen der Komintern und der KPD sehr deutlich unterschied In Thalheimers Kritik am Programmentwurf der Komintern 1928 und in einer Aufsatzserie für die KPDO-Zeitschrift „Gegen den Strom“ fanden sich Grundzüge dieser Faschismus-Theorie. Thalheimer unterschied zwischen verschiedenen, historisch denkbaren Varianten des Faschismus, die aber sämtlich Resultat des zugespitzten Klassenantagonismus im Kapitalismus seien. Er wandte sich scharf gegen den Kurs der KPD, wonach die Politik aller bürgerlichen Parteien zum Faschismus hin tendiere „Zeitweilig“, so Thalheimer, „wurde bei uns alles und jedes Faschismus. Der Faschismus wurde die Nacht, in der alle Klassen-und Parteiunterschiede verschwanden... Faschismus war nicht nur Hitler, sondern auch die deutsche republikanisch drapierte Großbourgeoisie mit Seeckt an der Spitze. Die Sozialdemokratie wurde , der linke Flügel des Faschismus 1.“ Angesichts einer Krisensituation könnte die Bourgeoisie -wie schon 1848/49 in Frankreich -das Erstarken der Arbeiterklasse mit der zeitweiligen Preisgabe der Exekutivgewalt beantworten, um die bürgerliche Eigentumsordnung zu retten. Dies würde zu einer Verselbständigung der Staatsmacht führen. Ihre neuen Träger seien deklassierte Elemente der Bourgeoisie oder des Lumpenproletariats

Der Faschismus bedürfe -wie der Bonapartismus Napoleons III. -eines charismatischen Führers, der als Wohltäter aller Klassen jedem alles verspreche, um eine möglichst breite Massenbasis zu erlangen und zu sichern „Die Form der Staatsmacht, welche die Bourgeoisie aus taktischen Gründen an neue Träger der Massenbasis nur vorübergehend abzutreten glaubt“, schrieb der KPDO-Forscher Jens Becker, „zeichnet sich durch eine partiell unkontrollierbare Verselbständigung aus, deren Gewaltpotential beispielsweise im Italien Mussolinis sichtbar war.“ Immer wieder wurde von der KPDO jedoch auf die Unterschiede zwischen Deutschland und Italien bezüglich des Terrors, des Antisemitismus und der außenpolitischen Zielsetzungen verwiesen -zuletzt noch 1933 nach Hitlers Machtantritt, als die vorausschauenden Befürchtungen der KPDO bittere Realität wurden

Die KPDO warnte, Hitler würde -einmal an der Macht -diese nie mehr freiwillig abgeben. Er stehe für die Beseitigung der bürgerlichen Demokratie, die Zerstörung der Arbeiterbewegung, die Vorbereitung auf einen neuen Weltkrieg, für brutale Knechtung der unterworfenen Völker und für eine rassistische Ideologie. Gegen den Faschismus gelte es, die bürgerliche Demokratie und die Republik von Weimar zu verteidigen: „Die bürgerliche Republik ist nicht die Staatsform zur Verwirklichung des Sozialismus... Die bürgerliche Republik ist aber der günstigste Ausgangspunkt von allen möglichen bürgerlichen Staatsformen zur Organisierung der Arbeiterklasse zum Kampf um die Macht, zum Kampf um den Sozialismus. Wir sind gegen die Revisionsversuche der bürgerlichen Republik ins Reaktionäre, ins Faschistische. Gegen all diese Versuche, gegenüber allen faschistischen Vorstößen müssen und werden wir die demokratische Republik verteidigen.“ Zwar hielt die KPDO am Begriff der „proletarischen Diktatur“ damals fest, gab ihr jedoch einen gänzlich anderen Sinn, als KPD und Komintern es taten: „Die proletarische Diktatur ist nur möglich, gestützt und getragen von dem revolutionären Kampfwillen der Mehrheit der Arbeiter, in deren Interesse der Aufbau der sozialistischen Gesellschaft liegt. Gegen diesen Mehrheitswillen ist die proletarische Diktatur in hochentwickelten kapitalistischen Ländern wie Deutschland niemals möglich. Wer ewas anderes propagiert, propagiert nicht den Kommunismus, sondern ein konfuses Gemisch von anarcho-syndikalistischem Blanquismus.“

Bereits 1929 erkannte Thalheimer warnend: „Der Faschismus hebt das allgemeine Wahlrecht auf, er unterdrückt die Arbeiterpresse, die Arbeiterorganisationen, Arbeiterparteien. Er bindet sich in der Gewaltanwendung gegen die Arbeiterklasse an keine Gesetze. Er stellt die offene Diktatur der Bourgeoisie über die Arbeiterklasse dar, im Gegensatz zu der verschleierten, sich an Gesetze bindenden des Staates der bürgerlichen Demokratie.“

Dabei verstand die KPDO, zwischen den reaktionären und den progressiven Strömungen innerhalb des bürgerlichen Lagers genau zu differenzieren. Der Karikaturist und Kulturhistoriker Eduard Fuchs, Mitglied der KPDO, hielt Kontakte zu linksstehenden Persönlichkeiten des Kulturbetriebes. Er arbeitete auch mit Felix Weil, dem Mentor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, zusammen Unter den vielen Linksintellektuellen, die der KPD verbunden waren, fand die Position der KPDO ein nicht zu unterschätzendes Echo Verglichen mit den beiden großen Arbeiterparteien, blieb die Stellung der KPDO allerdings stets schwach.

Die KPD erreichte zu Beginn der dreißiger Jahre ihren größten Masseneinfluß. Ihre Mitgliederzahl stieg von 1929 bis Anfang 1933 von rund 120000 auf über 300000. In den Reichstagswahlen erhöhte sich ihr Stimmenanteil von 10, 2 Prozent im Jahre 1928 auf 16, 9 Prozent im November 1932; das waren nur dreieinhalb Prozentpunke weniger, als die SPD verbuchen konnte. Im gleichen Zeitraum wurden in Deutschland 213 Angehörige der Arbeiterbewegung von der Polizei und 236 von faschistischen Organisationen ermordet Bis zum 20. Juli 1932, dem Tag der Absetzung der preußischen SPD-geführten Regierung, stand die Polizei zum großen Teil unter sozialdemokratischer Führung. Diese trug mit ihrer Politik des „kleineren Übels“ ab 1930 die Regierung Brüning durch parlamentarische Tolerierung mit. Reichskanzler Brüning vom rechten Flügel der Zentrumspartei baute mittels Notverordnungen die bürgerlichen und sozialen Rechte sukzessive ab, um den Folgen der Weltwirtschaftskrise zu begegnen. Im Ergebnis nahm die Massenarbeitslosigkeit und -Verarmung immer breiterer Schichten schlagartig zu. Die NSDAP, seit den Reichstagswahlen vom 14. September 1930 zweitstärkste politische Kraft, griff mit einem „Antikapitalismus von rechts“ die Weimarer Verfassung an. Die SPD rief zu ihrer Verteidigung auf. Wesentliche Teile ihrer Führung -ganz im Gegensatz zur Masse ihrer Mitglieder und Anhänger -bezogen dabei eine Frontstellung, die KPD und Nazis (tendenziell) gleichermaßen als Feinde 'der Republik und somit als politischen Gegner ansah Dies verbreiterte die Kluft zwischen beiden Arbeiterparteien dramatisch, die sich nach dem Berliner „Blutmai“ von 1929 aufgetan hatte

Für die Vertiefung der Spaltung waren jedoch KPD und Komintern zumindest ebenso mitverantwortlich: Nachdem die Analysen des kapitalistischen Krisenzyklus durch die Große Depression, wie sie von den Komintern-Theoretikern entwikkelt worden waren ihre teilweise Bestätigung erfahren hatten, stieg die Hoffnung auf einen neuen „Turnus von Krisen und Revolutionen“, wie es hieß, rasch an. Damit und mit den innerparteilichen Kämpfen in der Sowjetunion war Stalins Angriff gegen einen angeblichen „Luxemburgismus“ in der KPD gekoppelt, eine Attacke gegen alle noch verbliebenen kritischen Köpfe. Der Hauptstoß der Kommunisten, so der neue Kanon Stalinscher Politik, müsse sich gegen die Sozialdemokratie, vor allem gegen ihren linken Flügel, als die Hauptstütze des Faschismus richten. Dieser Kurs erlangte als „Sozialfaschismus-Theorie“ mit dem 11. EKKI-Plenum im März und April 1931 den Status eines Grundprinzips Doch damit, schrieb ein zeitgenössischer Beobachter, „war Hitler für die Kommunisten zum kleineren Übel geworden“ Mehr noch: „Moskau änderte die Propagandalosungen so weit, um mit den Nazis zu wetteifern... Die Nazis erhoben den Anspruch, für die nationale Befreiung Deutschlands vom Versailler Vertrag mittels Krieg zu kämpfen. Die Kommunisten wurden, anstatt dieser typisch imperialistischen Lösung jene des internationalen Sozialismus entgegenzusetzen, von der gesamten Internationale dazu veranlaßt, mit den Faschisten darin zu konkurrieren, die Losung einer Volks-revolution für nationale Befreiung vom Vertrag von Versailles zu verkünden.“ Die entsprechende Erklärung war das „Programm zur nationalen und sozialen Befreiung des deutschen Volkes“ vom 24. August 1930

Auch in der Gewerkschaftspolitik bezog die KPD Positionen, die die Arbeiterbewegung gegenüber der nazistischen Offensive schwächten: Entsprechend der Linie des V. Kongresses der Roten Gewerkschaftsinternationale wurden ab Herbst 1930 die KPD-Gewerkschafter in der Roten Gewerkschaftsopposition (RGO) zu einem Kurs verpflichtet, der auf die faktische Spaltung wichtiger Gewerkschaftsverbände abzielte. Das 11. EKKI-Plenum rief zum Verlassen der „gelben“ Gewerkschaften auf.

Die katastrophalen Wirkungen dieser Politik, durch die Forscher der DDR zuletzt nicht mehr beschönigt zeigten sich auch in der Beteiligung der KPD am Volksentscheid in Preußen Nachdem die KPD zunächst ein vom Stahlhelm initiiertes Volksbegehren gegen die SPD-geführte preußische Regierung abgelehnt hatte, schloß sie sich am 9. August 1931 dem Plebiszit von Stahlhelm, NSDAP und Deutschnationalen an. Um die dubiose Gemeinsamkeit zu bemänteln, nannte sie ihr Vorgehen einen „Roten Volksentscheid“. Doch selbst ein Teil der KPD-Wähler blieb abseits, das Volksbegehren scheiterte und die preußische Regierung blieb noch im Amt. Als sie am 20. Juli 1932 vom neuen Reichskanzler von Papen abgesetzt wurde, wich die SPD -widerstandslos -„der Gewalt“, anstatt ihre Kampforganisationen, das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold und die Eiserne Front, zu mobilisieren. Mehr noch: SPD-Innenminister Carl Severing dachte in einem Vorgespräch mit Reichsinnenminister Wilhelm von Gayl über die Möglichkeit einer „Reichsexekution“, wie die Absetzung der preußischen Regierung benannt wurde, nach

Die KPD-Führung beurteilte die Lage in Deutschland seit dem Herbst 1931 etwas differenzierter. So schrieb Ernst Thälmann Ende 1931, daß Brüning mit Hilfe der Nazis auch die SPD zermürben wolle Im April 1932 forderte er die Einheitsfront -allerdings nicht mit der Führung der SPD, sondern nur mit deren Anhängern. Entgegen seinen Intentionen trug dies zu einer weiteren Entfremdung zwischen beiden Parteien bei. Doch diese als „Antifaschistische Aktion“ bezeichnete Linie sah zumindest die SPD nicht mehr als Hauptverursacher der faschistischen Offensive an. Thälmann warnte auch davor, die Erfolge der KPD zu überschätzen Zu einer realitätsgerechten Analyse, gar zu Selbstkritik, erwiesen sich jedoch weder er noch das „Thälmannsche ZK“ imstande. Die KPD überschätzte ihre Wahlerfolge und negierte die Tatsache, daß der Zuwachs an Mitgliedern und Sympathisanten größtenteils auf radikalisierte Lumpenproletarier und Desperados wie Erich Mielke zurückzuführen war, die mit terroristischen Aktionen anstatt politischem Kampf den Nazismus zu „erledigen“ trachteten.

Die 3. Reichsparteikonferenz der KPD griff im Oktober 1932 die These des 12. EKKI-Plenums auf: Nunmehr war der Hauptschlag wiederum gegen die Sozialdemokratie zu richten, da nur so die Bourgeoisie bezwungen werden könne. Von einem Kampf um die Verteidigung der bedrohten Weimarer Demokratie war keine Rede Im Berliner Verkehrsarbeiterstreik vom November 1932 wirkten KPD-und nazistische Gewerkschafter zusammen. Einige halbherzige Einheitsfrontangebote an die SPD erschienen wenig glaubwürdig. Als sich Thälmann am 30. Januar 1933 endlich direkt an die SPD-Führung wandte, war es zu spät. Deren Vorstand überlegte am Tag der Machtübergabe an Hitler noch, ob es nicht sinnvoll sei, die Bildung einer Regierung von Beamten zu unterstützen Die beiden großen Arbeiterparteien versagten im Augenblick der Entscheidung völlig.

Die KPDO bemühte sich, gemeinsam mit anderen linken Gruppen -zu nennen sind die Sozialistische Arbeiterpartei, der Leninbund, die Trotzkisten, die Roten Kämpfer und der Internationale Soziali-stische Kampfbund um die Einheit der Arbeiterbewegung in der Spätphase der Weimarer Republik. Angesichts der Weltwirtschaftskrise und der von vielen Gewerkschaften akzeptierten Lohnkürzungen entwarf die KPDO ein Notprogramm. Es forderte „die Abwälzung der Krisenlasten auf die Bourgeoisie, den Siebenstundentag, die Einheitsfront der Werktätigen, das sofortige Verbot der faschistischen Organisationen, organisierten Arbeiterselbstschutz gegen den faschistischen Terror“ -doch dies blieb auf die KPD-wie SPD-Führung ohne Wirkung. Die KPDO setzte sich für gemeinsame Maidemonstrationen, überparteiliche Antifa-Komitees und die Bildung proletarischer Hundertschaften ein. Im März 1931 veröffentlichte sie ein entsprechendes antifaschistisches Kampfprogramm. Sie versuchte, ihre Initiativen in Betrieben und Gewerkschaften zu popularisieren. Oftmals wurden KPDO-Aktivisten durch Schlägertrupps der KPD, den nach Thälmanns Spitznamen genannten „Teddy-Rowdies“, angegriffen. Die KPDO versuchte vergebens, einen gemeinsamen Kandidaten der Linken für die Reichspräsidentenwahlen 1932 zustande zu bringen. Die KPD hielt an (dem schließlich von der KPDO unterstützten) Thälmann fest, die SPD optierte für Hindenburg, den, wie sie es nannte, „letzten Schutzwall der Demokratie“ als angeblicher Garantie gegen Hitler.

Als im Januar 1933 innerhalb der KPD-wie SPD-Mitgliedschaft die Bereitschaft zum Zusammengehen wuchs, forderte die KPDO energisch: „Die KPD muß sich mit einem Angebot zum gemeinsamen Kampf gegen Faschismus und Wirtschaftskrise an die Spitzen der SPD und des ADGB wenden. Noch im letzten Augenblick muß eine Massenbewegung des deutschen Proletariats die Entwicklung eines Hitlerschen Henkerregimes verhindern.“ „Dem kommunistischen Arbeiterfunktionär, der in der KPO ist“, so Wolfgang Abendroth, „wird von Jahr zu Jahr bis zur totalen Kapitulation des bürgerlichen Obrigkeitsstaates vor dem Faschismus am 30. Januar 1933 zunehmend klarer, daß er sich zwar im Besitz einer richtigen politischen Analyse und Erkenntnis befindet, daß dies alles aber nicht weitergegeben und nicht vermittelt werden kann.“ Dafür gab es eine Reihe von Gründen.

Zum einen bildete sich die KPDO -ebenso wie andere Linksgruppierungen -in einer Zeit der Defensive und des Niederganges der Arbeiterbewegung, konnte davon also nicht unbeeinflußt bleiben. Zum anderen konnte der Parteiapparat der KPD (und analog der der SPD) auf Kritiker materiellen und moralischen Druck ausüben, um sie von der offenen „Rebellion“ gegen die Führung abzuhalten. Schließlich konnte die Kritik an der Stalinisierung von KPD und Komintern, die die KPDO äußerte, von der KPD-Führung als Treuebruch gegenüber dem ersten „proletarischen Staat“ gebrandmarkt werden. Angesichts der damals prosowjetischen Haltung vieler Linker, einschließlich vieler Sozialdemokraten, trug dies zur relativen Isolation der KPDO bei. Außerdem bildete sich 1931 die SAP (Sozialistische Arbeiterpartei), deren etwa 22000 Mitglieder großteils aus der SPD ausgeschlossene Sozialdemokraten waren. Sie zog einen Teil der KPDO zu sich herüber Die teilweise solidarischen, jedoch auch widerspruchsvollen Beziehungen zwischen KPDO-und SAP-Mitgliedern verdienen eine genauere Untersuchung durch die Historiker. Dabei kann als sicher gelten, daß Bezeichnungen wie „rechte Kommunisten“ (für die KPDO) und „Zentristen“ (für die SAP) die komplizierte Realität kaum zureichend erfassen

Die deutsche Arbeiterbewegung mußte für ihre Fehler und Irrwege einen bitteren Preis zahlen. Kommunisten und Sozialdemokraten, stalinistische wie antistalinistische Marxisten wurden vom Beginn der nazistischen Herrschaft an verfolgt, vertrieben oder umgebracht. In der Bundesrepublik wurden die Lebenswege und politischen Vorstellungen dieser Menschen insbesondere nach der Studentenrevolte von 1968 allmählich nachgezeichnet. Der Prozeß der öffentlichen Anerkennung stieß aber auf Widerstände; bis heute ist er nicht abgeschlossen. In der DDR wurden die Leistungen der antistalinistischen Kommunisten verschwiegen oder verzerrt dargestellt. Die Forderung des DDR-Historikers Joachim Petzold, „die Erinnerung an jene (wachzuhalten), die seinerzeit als Warner und Mahner ihren damaligen Partei-führungen im Wege waren“ wurde viel zu spät gestellt -im Dezember 1989, als über eine realitätsblinde und ausgesprochen demokratiefeindliche Parteiführung das Urteil der Geschichte längst gesprochen war.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Heinrich August Winkler, Von der Revolution zur Stabilisierung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918 bis 1924, Berlin-Bonn 19852, S. 11.

  2. Ebd., S. 12.

  3. Hermann Weber, Demokratischer Kommunismus? Zur Theorie, Geschichte und Politik der kommunistischen Bewegung, Hannover 1969, S. VII.

  4. Vgl. Klaus Gietinger, Eine Leiche im Landwehrkanal. Die Ermordung der Rosa L., Mainz 1993.

  5. Ossip K. Flechtheim, Die KPD in der Weimarer Republik, Frankfurt a. M. 1976, S. 131 f. (zuerst 1948).

  6. Die umstrittene Auflösung der russischen Konstituante wird ähnlich wie von Rosa Luxemburg auch kommentiert von Arthur Rosenberg, Geschichte des Bolschewismus, Frankfurt a. M. 1975, S. 145 (zuerst 1932).

  7. Jack Jacobs, Den eigenen Weg gehen und die Leute reden lassen. Überlegungen zu Rosa Luxemburg, in: Theodor Bergmann/Mario Keßler (Hrsg.), Ketzer im Kommunismus -Alternativen zum Stalinismus, Mainz 1993, S. 27.

  8. Rosa Luxemburg, Zur russischen Revolution, in: dies., Gesammelte Werke, Bd. IV, Berlin (O) 1974, S. 355 f.

  9. Ebd., S. 359.

  10. Zit. in: Hermann Weber (Hrsg.), Die Gründung der KPD. Protokoll und Materialien des Gründungsparteitages der Kommunistischen Partei Deutschlands 1918/1919. Mit einer Einführung zur angeblichen Erstveröffentlichung durch die SED, Berlin 1993, S. 101 f.

  11. Vgl. H. A. Winkler (Anm. 1), S. 119; Hans-Erich Volk-mann, Die Gründung der KPD und ihr Verhältnis zum Weimarer Staat im Jahre 1919, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 23 (1972) 1, S. 65-80.

  12. Zur KAPD vgl. Hans Manfred Bock, Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918-1923. Zur Geschichte und Soziologie der Freien Arbeiter-Union Deutschlands (Syndikalisten), der Allgemeinen Arbeiter-Union Deutschlands und der Kommunistischen Arbeiterpartei Deutschlands, Meisen-heim 1969; zur Haltung Levis vgl. Charlotte Beradt, Paul Levi. Ein demokratischer Sozialist in der Weimarer Republik, Frankfurt a. M. 1969, S. 44f.

  13. Die -auch literarisch -immer noch beste Schilderung der Vorgänge bietet Arthur Rosenberg, Geschichte der Weimarer Republik, Hamburg 1991, S. 89ff. (zuerst 1935). Vgl. auch Pierre Brou 6, Rövolution en Allemagne 1917-1923, Paris 1971, S. 338ff.

  14. Vgl. als neueste Darstellung Dieter Engelmann/Horst Naumann, Zwischen Spaltung und Vereinigung. Die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands in den Jahren 1917-1922, Berlin 1993, S. 174ff.

  15. Vgl. Sigrid Koch-Baumgarten, Aufstand der Avantgarde. Die Märzaktion der KPD 1921, Frankfurt a. M. 1986.

  16. Die beste Darstellung dieser Ereignisse bleibt Werner T. Angress, Die Kampfzeit der KPD 1921-1923, Wien 1973 (US-Ausg. Princeton, N. J. 1963).

  17. Isaac Deutscher, Trotzki, Bd. 2: Der unbewaffnete Prophet 1921-1929, Stuttgart 19722, S. 147.

  18. Vgl. Jens Becker/Theodor Bergmann/Alexander Watlin (Hrsg.), Das erste Tribunal. Das Moskauer Parteiverfahren gegen Brandler, Thalheimer und Radek, Mainz 1993. Die hier abgedruckten Dokumente stammen aus dem russischen Zentrum zur Aufbewahrung und Erforschung der Dokumente der Neuesten Zeit, dem ehemaligen Zentralen Partei-archiv des Instituts für Marxismus-Leninismus. Ebenfalls abgedruckt ist Thalheimers Kritik am 5. Komintern-Kongreß von 1924, die sich im ehemaligen Ostberliner Zentralen Parteiarchiv (jetzt: Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv) befindet.

  19. Ebd., S. 190.

  20. Vgl. Pierre Frank, Geschichte der Kommunistischen Internationale 1919-1943, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1981, S. 319.

  21. Vgl. J. Becker/Th. Bergmann/A. Watlin (Anm. 18), S. 201.

  22. Zur Entwicklung des Konzeptes der revolutionären Realpolitik bei Friedrich Engels vgl. Hartmut Mehringer/Gottfried Mergner (Hrsg.), Debatte um Engels 2, Reinbek 1973, S. 163 ff.

  23. Klaus Kinner, Vom Stab der Weltrevolution zum Vollzugsbüro Stalins, in: Neues Deutschland vom 12. /13. Juni 1993, S. 13.

  24. Vgl. Mario Keßler/Yvonne Thron, Entscheidung für den Stalinismus? Die Bolschewisierung in KPD und Komintern, in: Theodor Bergmann/Mario Keßler (Hrsg.), Aufstieg und Zerfall der Komintern. Studien zur Geschichte ihrer Transformationen (1919-1943), Mainz 1992, S. 85-94.

  25. Isaac Deutscher, Trotzki, Bd. 3: Der verstoßene Prophet 1929-1940, Stuttgart, 19722, S. 45.

  26. Hermann Weber, Die Wandlung des deutschen Kommunismus. Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik, 2 Bde., Frankfurt a. M. 1969.

  27. Vgl. Vorwärts vom 8. Mai 1925.

  28. Für die Argumentation der KPD vgl. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. 4, Berlin (O) 1966, S. 76.

  29. Für die verschiedenen Interpretationen der Kampagne vgl. u. a. Heinz Karl, Die deutsche Arbeiterklase im Kampf um die Enteignung der Fürsten (1925/26), Berlin (O) 1957; Michael Stürmer, Koalition und Opposition in der Weimarer Republik 1924-1928, Düsseldorf 1967, S. 155ff.

  30. Internationale Pressekorrespondenz (Inprekorr) vom 2. Mai 1925, S. 494.

  31. Erweiterte Exekutive der Kommunistischen Internationale, Moskau, 21. März -6. April 1925, Protokoll, Hamburg 1925, S. 25.

  32. Erweiterte Exekutive (Februar/März 1926). Thesen und Resolutionen, Hamburg 1926, S. 48f.

  33. Vgl. Joachim Bischoff, Über Antonio Gramsci. „Ihr werdet das Land zugrunde richten, unsere Aufgabe ist es, Italien zu retten“, in: Th. Bergmann/M. Keßler (Anm. 7), S. 93-109 (mit Literaturhinweisen).

  34. Vgl. hierzu und zum folgenden O. K. Flechtheim (Anm. 5), S. 191 ff.; P. Frank (Anm. 20), Bd. 2, S. 403ff.; H. Weber (Anm. 26), S. 133ff.; Heinrich August Winkler, Der Schein der Normalität. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1928, Berlin-Bonn 19872, S. 416ff.; Ben Fowkes, Communism in Germany under the Weimar Republic, Basingstoke 1984, S. 122ff.

  35. Dies betraf vor allem die Gruppierungen um Iwan Katz, Werner Scholem und (damals noch) Arthur Rosenberg.

  36. Der Offene Brief ist abgedruckt in: Inprekorr vom 4. September 1925, S. 1863ff. Hiernach die folgenden Zitate.

  37. Zu Korsch vgl. Michael Buckmiller (Hrsg.), Zur Aktualität von Karl Korsch, Frankfurt a. M. 1981; zu Rosenberg vgl. Gert Schäfer, Arthur Rosenberg -Verfechter revolutionärer Realpolitik, in: Th. Bergmann/M. Keßler (Anm. 7), S. 74-92.

  38. Der Brief ist jetzt abgedruckt in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 33 (1991) 6, S. 778-782.

  39. Zit. nach: Gilbert Badia, Clara Zetkin. Eine neue Biographie, Berlin 1994, S. 253.

  40. Alexander Watlin, Die Komintern 1919-1928. Historische Studien, Mainz 1993, S. 188.

  41. Vgl. u. a. Karl Hermann Tjaden, Struktur und Funktion der „KPD-Opposition“ (KPDO), Meisenheim 1964; Martin Kitchen, August Thalheimer’s Theory of Fascism, in: Journal of the History of Ideas, 34 (1973) 1, S. 64-78; Jürgen Kaestner, Die politische Theorie August Thalheimers, Frankfurt a. M. -New York 1982; Theodor Bergmann, „Gegen den Strom“. Die Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschland -Opposition. Hamburg 1987; ders. /Wolfgang Haible, Die Geschwister Thalheimer, Mainz 1993.

  42. Diese Fehleinschätzung der KPD wurde in den letzten Jahren der DDR an der Leipziger Universität kritischer untersucht. Vgl. Werner Bramke, Das Faschismusbild in der KPD Mitte 1929 bis Anfang 1933, in: Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung, 28 (1986) 5, S. 612-621; Klaus Kinner, Zur Geschichte der marxistisch-leninistischen Theorieentwicklung in KPD und Komintern 1918/19 bis 1933/35, in: Wissenschaftliche Beiträge der Karl-Marx-yniversität Leipzig. Gesellschafts-und sprachwissenschaftliche Reihe, 37 (1988) 1, S. 24-49; Michael Kersten, Die Beiträge deutscher Marxisten in der Programmdiskussion der Komintern, Mainz 1994. Diese Dissertation wurde 1990 in Leipzig verteidigt.

  43. August Thalheimer, Programmatische Fragen. Kritik des Programmentwurfs der Kommunistischen Internationale (VI. Weltkongreß), bearb. von Harald Kuchler, Mainz 1993, S. 52.

  44. Diese Analogie Thalheimers beruhte auf der „Bonapartismus“ -These von Marx, wie sie in dessen Arbeiten „Die Klassenkämpfe in Frankreich“ und „Der 18. Brumaire des Louis Bonaparte“ entwickelt wurde.

  45. Vgl. A. Thalheimer (Anm. 43), S. 57.

  46. Vgl. ebd., S. 59.

  47. Jens Becker, Einleitung, in: ebd., S. 28.

  48. Vgl. „Gegen den Strom“ vom 25. Februar 1933, S. 35-37.

  49. Ebd. vom 29. Juni, S. 3. Hiernach auch die folgenden Zitate.

  50. In: Junger Kämpfer, Nr. 3, Juni 1929; zit. nach: Der Faschismus in Deutschland, Bd. 1: Analysen und Berichte der KPD-Organisation 1928-1933, o. O. 19812, Klappen-text.

  51. Vgl. Th. Bergmann (Anm. 41), S. 337.

  52. Vgl. Istvan Deak, Weimar Germany’s Left-Wing Intellectuals. A Political History of the „Weltbühne“ and its Circle, Berkeley-Los Angeles 1968.

  53. Vgl. Günter Judick, Die KPD und das Ende von Weimar, in: Marxistische Blätter, 32 (1994) 3, S. 50.

  54. Vgl. für diese Differenzierung u. a. Wolfram Pyta, Gegen Hitler und für die Republik. Die Auseinandersetzung der deutschen Sozialdemokratie mit der NSDAP in der Weimarer Republik, Düsseldorf 1989.

  55. Am 1. Mai 1929 hatte die SPD-Regierung Preußens die Maidemonstration in Berlin verboten, die KPD aber zu Kundgebungen ayfgerufen; die Berliner Polizei erschoß an diesem Tag 32 -zumeist unbeteiligte -Arbeiterinnen und Arbeiter. Für diesen „Blutmai“ (als der er alsbald in die Geschichte einging) wurde der Berliner Polizeipräsident Zörgiebel (SPD) verantwortlich gemacht.

  56. Vgl. Nicholas N. Kozlov/Eric D. Weitz, Reflections on the Origins of the „Third Period“: Bukharin, The Comintern and the Political Economy of Weimar Germany, in: Journal of Contemporary History, 24 (1989) 3, S. 387-410; deutsch in: Th. Bergmann/M. Keßler (Anm. 24), S. 123-142.

  57. Vgl. P. Frank (Anm. 20), Bd. 2, S. 576ff.

  58. C. L. R. James, World Revolution, 1917-1936: The Rise and Fall of the Communist International, Atlantic Highlands, N. J. 1993, S. 330 (zuerst: London 1937).

  59. Ebd.

  60. Zum Text der Erklärung vgl. Hermann Weber (Hrsg.), Der deutsche Kommunismus. Dokumente 1915-1945, Köln 19753, S. 58ff.

  61. Vgl. die Beiträge von Klaus Kinner, Elfriede Lewerenz und Werner Bramke in: Helga Grebing/Klaus Kinner (Hrsg.), Arbeiterbewegung und Faschismus. Faschismus-Interpretationen in der europäischen Arbeiterbewegung, Essen 1990.

  62. Hierzu und zum folgenden Hermann Weber, Zur Politik der KPD 1929-1933, in: Manfred Scharrer (Hrsg.), Kampflose Kapitulation. Arbeiterbewegung 1933, Reinbek 1984, S. 136 ff.

  63. Vgl. Heinrich August Winkler, Der Weg in die Katastrophe. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1930-1933, Berlin-Bonn 1987, S. 662 f.

  64. Vgl. Ernst Thälmann, Einige Fehler in unserer theoretischen und praktischen Arbeit und der Weg zu ihrer Überwindung, in: Die Kommunistische Internationale, 13 (1931) 41, S. 1902.

  65. Vgl.ders., Im Kampf gegen die faschistische Diktaktur, in: ders., Ausgewählte Reden und Schriften in zwei Bänden, Bd. 2, Frankfurt a. M. 1977, S. 289.

  66. Vgl. H. Weber (Anm. 62), S. 141 f.

  67. Vgl. Bernd Rabehl, Auf dem Wege in die nationalsozialistische Diktatur. Die deutsche Sozialdemokratie zwischen „Großer Koalition“ und der legalen „Machtübernahme“ Hitlers, in: M. Scharrer (Anm. 62), S. 62.

  68. Vgl. zu diesen Organisationen die Bibliographie in: Theodor Bergmann, Das Zwischenfeld der Arbeiterbewegung zwischen SPD und KPD 1928-1933, in: ebd., S. 248.

  69. Ebd., S. 170.

  70. Arbeitertribüne vom 28. Januar 1933; zit. in: ebd., S. 171.

  71. Wolfgang Abendroth, Ein Leben in der Arbeiterbewegung, Frankfurt a. M. 19813, S. 125.

  72. Vgl. Helmut Amdt/Heinz Niemann, Auf verlorenem Posten? Zur Geschichte der Sozialistischen Arbeiterpartei. Zwei Beiträge zum Linkssozialismus in Deutschland, Berlin 1991, S. 134.

  73. Diese Bezeichnungen tauchen noch in einem Teil der modernen Forschungsliteratur auf.

  74. Joachim Petzold, Gedanken eines Historikers zur Erneuerung der SED, in: Einheit, 44 (1989) 12, S. 1153.

Weitere Inhalte

Mario Keßler, Dr. phil. habil., geb. 1955; Studium der Geschichte und Germanistik in Jena und Leipzig; wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Förderungsgesellschaft wissenschaftliche Neuvorhaben mbH., Forschungsschwerpunkt Zeithistorische Studien, Potsdam. Veröffentlichungen u. a.: (Hrsg. zus. mit Theodor Bergmann) Aufstieg und Zerfall der Komintern. Studien zur Geschichte ihrer Transformation (1919-1943), Mainz 1992; (Hrsg.) Arbeiterbewegung und Antisemitismus. Entwicklungslinien im 20. Jahrhundert, Bonn 1993; (Hrsg. zus. mit Theodor Bergmann) Ketzer im Kommunismus -Alternativen zum Stalinismus, Mainz 1993; Zionismus und internationale Arbeiterbewegung 1897-1933, Berlin 1994; Antisemitismus, Zionismus und Sozialismus. Arbeiterbewegung und jüdische Frage im 20. Jahrhundert, Mainz 19942.