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Perspektiven der Wirtschaftsbeziehungen zu Südafrika nach Aufhebung der Sanktionen | APuZ 31/1994 | bpb.de

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APuZ 31/1994 Die UNO in Somalia: Operation Enttäuschte Hoffnung Bürgerkrieg und Völkermord in Ruanda. Ethnischer Klassenkonflikt und Bevölkerungswachstum Flucht und Vertreibung in Afrika im Schatten der internationalen Policy-Krise. Das Beispiel Sudan Perspektiven der Wirtschaftsbeziehungen zu Südafrika nach Aufhebung der Sanktionen

Perspektiven der Wirtschaftsbeziehungen zu Südafrika nach Aufhebung der Sanktionen

Karl Wolfgang Menck/Bernd Schnatz

/ 33 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Südafrika steht gegenwärtig an einem Wendepunkt. Nach Abschaffung der Apartheidgesetze hob die internationale Gemeinschaft im Gegenzug die gegenüber Südafrika verhängten Sanktionen weitgehend wieder auf. Die Kaprepublik will sich künftig von der Importsubstitutionspolitik lösen und eine stärker exportorientierte Flandelspolitik betreiben. Dies erfordert eine tiefgreifende Umstrukturierung der südafrikanischen Wirtschaft. Ausländische Direktinvestitionen können diesen Strukturwandel nachhaltig unterstützen. Hieraus ergeben sich Chancen für eine verstärkte privatwirtschaftliche Zusammenarbeit mit Südafrika, aber auch die Risiken eines verstärkten Wettbewerbs auf den südafrikanischen Märkten. Angesichts dieser Herausforderungen sind die Ausgangsbedingungen für deutsche Unternehmen gegenwärtig vergleichsweise gut. Neben Großbritannien ist Deutschland der wichtigste Handelspartner Südafrikas und zählt zu den größten ausländischen Investoren in der Kaprepublik. Deutsche Unternehmen können bei der Markterkundung auf Kenntnisse und Institutionen zurückgreifen, die während ihrer langjährigen Präsenz in Südafrika aufgebaut wurden.

I. Der Wandel in Südafrika

Tabelle 1: Das Ergebnis der Wahlen in Südafrika vom April 1994

Die politischen Reformen in Südafrika haben Mitte der achtziger Jahre begonnen und beschleunigten sich seit Anfang der neunziger Jahre. Wachsender Druck aus dem In-und Ausland, durch Sanktionen bedingte Einkommensverluste, die schlechten wirtschaftlichen Perspektiven und eine zunehmende Kapitalflucht haben in der weißen Bevölkerung einen Prozeß des Umdenkens veranlaßt. Nach Frederik de Klerks historischer Rede zur Parlamentseröffnung am 2. Februar 1990, in der er das Ziel einer demokratischen Gesellschaft nach westlichem Muster proklamierte, wurden der African National Congress (ANC), die Kommunistische Partei Südafrikas (SACP) und der Pan African Congress (PAC), die bis zu diesem Zeitpunkt verboten waren, legalisiert. Darüber hinaus wurde Nelson Mandela nach über 27 Jahren aus der Haft entlassen. 1991 wurden die letzten Säulen der Apartheidgesetzgebung aufgelöst, und im März 1992 wurde von der weißen südafrikanischen Bevölkerung ein Referendum angenommen, das den Weg für die ersten allgemeinen und gleichen Wahlen in Südafrika ebnete. Einen neuen Höhepunkt erreichten die südafrikanischen Reformen mit den Wahlen im April dieses Jahres, bei denen erstmals in der Geschichte des Landes auch der schwarzen Bevölkerung die Stimmabgabe und die Aufstellung eigener Kandidaten erlaubt war.

Das Wahlergebnis kann als deutliches Indiz dafür gewertet werden, daß die große Mehrheit der südafrikanischen Bevölkerung für einen friedlichen Übergangsprozeß und marktwirtschaftliche Prinzipien eintritt (Tabelle 1).

Obwohl einige radikale Parteien zum Wahlboykott aufriefen und versuchten, den Urnengang zu behindern, lag die Wahlbeteiligung bei rund 87 Prozent. Die Koalition aus ANC und SACP verpaßte knapp die Zweidrittelmehrheit, die ihr ermöglicht hätte, die neue Verfassung ohne Rücksicht auf die politischen Vorstellungen der anderen Parteien zu schreiben. Nun kann die Koalition bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung auf Kompromisse mit den anderen Parteien mit hohem Stimmenanteil nicht verzichten. Dadurch verzögert sich zwar der Entscheidungsprozeß, gleichzeitig wird jedoch ein breiter parteiübergreifender Konsens eher gewährleistet. Mit mehr als 20 Prozent der Stimmen im Land und der Stimmenmehrheit am Westkap erzielte die National Party (NP), die seit 1948 Südafrika autonom regierte und die die Apartheid am Kap einst institutionalisierte, einen beachtlichen Erfolg. Der Wahlsieg der NP in der Kapprovinz ist vor allem darauf zurückzuführen, daß sie die Farbigen (Colourds) von ihren Konzepten überzeugen konnte. Auch die Inkatha Freedom Party (IFP), die vor allem die Interessen der Zulus vertritt und sich erst eine Woche vor dem Wahltermin zur Teilnahme entschloß, kann mit dem Wahlergebnis zufrieden sein. Sie erreichte die absolute Mehrheit im traditionellen Siedlungsgebiet der Zulus, Kwazulu/Natal, und geht insgesamt als drittstärkste Partei aus den Wahlen in Südafrika hervor.

Den teilnehmenden radikalen Parteien wurde gleichzeitig eine entschiedene Absage erteilt: Weder die rechtsgerichtete, von Weißen geführte Freiheitsfront (FF) Constand Viljoens noch der von Schwarzen dominierte, linksradikale PAC konnten mit etwas über zwei bzw. einem Prozent der abgegebenen Stimmen die gesteckten Ziele erreichen. Auch das Ergebnis der Demokratischen Partei (DP) blieb mit weniger als zwei ProzentStimmenanteil weit hinter den Erwartungen der Partei zurück. Seit der Vereidigung Nelson Mandelas am 10. Mai 1994 wird Südafrika nun erstmals von einem schwarzen Präsidenten regiert. Zu seinen Vertretern wurden Thabo Mbeki, der zum moderaten Flügel des ANC gezählt wird, und Frederik de Klerk (NP) bestellt. Inkatha-Führer Buthelezi wurde die wichtige Rolle des neuen Innenministers Südafrikas zugestanden. Eine wesentliche Aufgabe der Übergangsregierung, die nicht länger als fünf Jahre im Amt bleiben soll, wird die Erarbeitung einer neuen Verfassung sein, auf deren Grundlage dann Neuwahlen stattfinden sollen.

Die jetzige Übergangsregierung steht gegenwärtig jedoch auch einem verhängnisvollen Kreislauf gegenüber: Ohne politische Stabilität wird in Südafrika nicht genügend investiert, somit werden nur unzureichend neue Arbeitsplätze geschaffen -und ohne eine Verminderung der Arbeitslosigkeit wird es in Südafrika keine stabilen politischen Verhältnisse geben. Die Regierung ist somit dem Druck ausgesetzt, die von der schwarzen Bevölkerungsmehrheit eingeforderten materiellen Erwartungen möglichst schnell zu erfüllen. Angesichts der eher schlechten Wirtschaftslage am Kap wird es jedoch der Regierung nicht leicht fallen, diesem Erwartungsdruck gerecht zu werden. Den beiden großen Parteien ist gemeinsam, daß sie vor den Wahlen versprochen haben, sich für die Schaffung neuer Arbeitsplätze einzusetzen, die relative Position der unterprivilegierten Bevölkerungsschichten zu verbessern und eine Politik der makroökonomischen Stabilisierung zu verfolgen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem ANC und der NP liegt jedoch in der Art und Weise, wie die angekündigten Ziele erreicht werden sollen. Während hinter dem Wirtschaftsprogramm der NP in erster Linie ein neoliberales Konzept steht, das heißt, daß hohe Wachstumsraten das erforderliche Umverteilungspotential erst schaffen sollen, orientiert sich der ANC eher an der Grundbedürfnisstrategie und mißt staatlichen Aktivitäten eine tragende Rolle bei der Beschleunigung des Wirtschaftswachstums bei. Insgesamt wird im wirtschaftspolitischen Konzept des ANC in den letzten Jahren allerdings eine Abkehr von tradierten sozialistischen Vorstellungen und eine Hinwendung zu einer pragmatischen, an marktwirtschaftlichen Grundsätzen orientierten Politik deutlich.

Dem innenpolitischen Liberalisierungsprozeß muß nun auch die außenwirtschaftliche Reintegration Südafrikas in die Weltwirtschaft folgen. Nach der Aufhebung der Sanktionen eröffnen sich für Südafrika Möglichkeiten, verstärkt am internationalen Ressourcenaustausch teilzunehmen. Die Kaprepublik will sich künftig von der Importsubstitutionspolitik loslösen und eine stärker exportorientierte Handelspolitik nach dem Vorbild der asiatischen Schwellenländer betreiben. Dies erfordert eine tiefgreifende Umstrukturierung der südafrikanischen Wirtschaft. Die staatstragenden südafrikanischen Parteien haben eingesehen, daß ausländische Direktinvestitionen diesen Strukturwandel nachhaltig unterstützen können. Infolgedessen begrüßen sie einmütig das Engagement multinationaler Unternehmen in Südafrika. Im Zuge der angestrebten politischen und wirtschaftlichen Reformen werden in Südafrika überdies neue Märkte entstehen, die flexiblen und anpassungsfähigen Unternehmen gute Absatzaussichten eröffnen. Die Staaten im südlichen Afrika werden die Zusammenarbeit mit Südafrika suchen und kommen als zusätzliche Märkte in Betracht. Gleichzeitig kann Südafrika seine Qualität als Produktionsstandort für den Absatz auf dem Weltmarkt verbessern. Hieraus ergeben sich Chancen für eine verstärkte privatwirtschaftliche Zusammenarbeit mit Südafrika, aber auch die Risiken eines verstärkten Wettbewerbs auf den südafrikanischen Märkten.

Deutsche Unternehmen müssen sich angesichts dieser Lage den neuen Herausforderungen am Kap der Guten Hoffnung stellen. Der Wettbewerb wird zunehmen: Unternehmen aus anderen westlichen Industrieländern, osteuropäischen Transformationsstaaten und aus südostasiatischen Schwellenländern werden auf den bislang abgeschirmten Markt in Südafrika drängen. Ausgangspunkt für die Abwägung der Chancen und Risiken für die privatwirtschaftliche Kooperation zwischen deutschen und südafrikanischen Unternehmen ist eine Analyse der Wirkungen der Sanktionen in Hinblick auf die Standortattraktivität Südafrikas und das durch die Öffnung zu erwartende südafrikanische Wirtschaftspotential. Hieraus werden Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen an die Republik Südafrika und an die Bundesrepublik Deutschland sowie an die Europäische Union abgeleitet.

II. Die Außenwirtschaftsbeziehungen Südafrikas

Tabelle 2: Der Außenhandel Deutschlands mit Südafrika, 1985-1992 (Mio. DM)

Bereits seit den sechziger Jahren wird die Apartheidpolitik in Südafrika von den meisten Staaten der Welt kritisiert. Um die südafrikanische Regierung zur Aufgabe dieser Politik zu zwingen, wurden Sanktionen gegen die Kaprepublik beschlos­sen. Diese erreichten ihren Höhepunkt 1986, als die Vereinten Nationen Maßnahmen durchsetzten, die in Südafrika neue Investitionen verhindern, die internationale Kreditgewährung einschränken und die Zusammenarbeit im Nuklear-bereich unterbinden sollten. Darüber hinaus wurde von den Vereinten Nationen der Handel mit Gütern für polizeiliche und militärische Zwecke sowie die Lieferung von Erdöl und daraus hergestellten Produkten untersagt.

Die Europäische Gemeinschaft beschloß, die wirtschaftlichen Beziehungen so weit fortzusetzen, wie es die gemeinsamen Interessen geboten erscheinen ließen. Der Rassentrennung wurde jedoch jede Unterstützung versagt. Neben der militärischen und nuklearen Zusammenarbeit ist der Import von Eisen, Kohle, Stahl und Goldmünzen aus Südafrika verboten worden. Außerdem mußten die europäischen Unternehmen mit Betriebsstätten und Tochtergesellschaften in Südafrika jährlich berichten, inwiefern eine Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit, praktiziert wurde. Die technische Entwicklungszusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen in Südafrika war mit dem Sanktionsbeschluß vereinbar. Sie sollte der nicht-weißen Bevölkerung den Zugang zum Bildungs-und Gesundheitswesen ermöglichen. Weitere Maßnahmen blieben den einzelnen Mitglieds-ländern der EG überlassen.

Deutschland und Großbritannien praktizierten eine eher liberale Politik gegenüber Südafrika. Diese nahm einerseits Rücksicht auf die engen wirtschaftlichen Beziehungen und beruhte andererseits auf der Überzeugung, daß Sanktionsmaßnahmen ohnehin keinen entscheidenden Einfluß auf die südafrikanische Politik hätten. Frankreich und Italien verhielten sich ähnlich. Im Gegensatz dazu wurde der Sanktionsbeschluß besonders streng von den nordeuropäischen Staaten durchgesetzt, und vor allem die USA und Japan drängten auf einen Rückzug aus dem südafrikanischen Markt.

Eine Messung der Wirkungen der Sanktionen auf die südafrikanische Volkswirtschaft ist nicht möglich. Dennoch können einige qualitative Aussagen getroffen werden: Im allgemeinen werden die Handelssanktionen bis auf eine unwesentliche Veränderung des Technologietransfers als weitgehend wirkungslos beschrieben. Dieses Bild muß jedoch differenziert werden: Die Sanktionen richteten sich gegen ein Land, dessen Volkswirtschaft angesichts der verfolgten Importsubstitutionsstrategien bereits zu einem beträchtlichen Teil vom Weltmarkt isoliert war. Deshalb konnte Südafrika von den Handelssanktionen auch nicht sichtbar und direkt getroffen werden. Allerdings hatte Südafrika während der Sanktionszeit auch nicht die Möglichkeit, von der Importsubstitutionsstrategie abzurücken, da es stets mit einer konsequenten Durchsetzung der Sanktionen rechnen mußte. Somit lassen sich die Opportunitätskosten der Sanktionen nicht von den Kosten der Importsubstitution abgrenzen. Wirkungsvoller als die Handelssanktionen waren die finanziellen Sanktionen gegen Südafrika. Diese führten zu einem Nettokapitalabfluß aus Südafrika. Bei ohnehin relativ geringer Sparquote resultierte daraus ein sehr niedriges Investitionsvolumen. Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen waren in der Zeit der Importsubstitution und der Sanktionen die Alternative für den Güter-und Technologiehandel einerseits und für die Kreditaufnahme auf den internationalen Kapitalmärkten andererseits. Deshalb konzentrierte sich die südafrikanische Wirtschaftspolitik darauf, ausländische Investoren durch günstige Standortbedingungen anzulocken. In dem Maße, wie ausländische Investoren in Südafrika die Fertigung aufnahmen bzw. nicht aufgaben, gelang es, die Sanktionen zumindest zu entschärfen. Dennoch war Südafrika infolge der Sanktionen und der Importsubstitutionsstrategie Ende der achtziger Jahre weltweit eine der isoliertesten Volkswirtschaften.

Allerdings hatten die Sanktionen auch unbeabsichtigte Folgen. Zum einen wurden von internationalen Investoren aufgegebene Kapitalanlagen vor allem von der weißen Bevölkerung zu verhältnismäßig günstigen Bedingungen aufgekauft. Dies verstärkte noch die bereits bestehende ungleiche Verteilung der Vermögen zwischen der weißen und der schwarzen Bevölkerung. Zum anderen war von der steigenden Arbeitslosigkeit in Südafrika in erster Linie die schwarze Bevölkerung betroffen.

Im Vergleich mit den anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union fällt im Rahmen des Warenaustauschs mit Südafrika insbesondere die starke Position Großbritanniens und Deutschlands auf. Sowohl bei den Einfuhren als auch bei den Ausfuhren stehen beide Länder an der Spitze. Die schwächere Stellung von Anbietern aus anderen Industrieländern ist aber auch eine Folge der politischen Eingriffe in die Handels-ströme; dadurch wurden Märkte für die deutschen Unternehmen geöffnet. Nach den politischen Reformen in Südafrika und der Aufhebung der Sanktionen wird es Anbietern aus anderen Industrieländern nun möglich sein, ihre Spezialisierungsvorteile auszuschöpfen und den deutschen Unternehmen zunehmend als Wettbewerber gegenüberzutreten.

Die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Südafrika sind aus deutscher Sicht kaum bemerkenswert, aus südafrikanischer Sicht jedoch von herausragender Bedeutung. Deutschland importierte 1992 für 3, 9Mrd. DM aus Südafrika und exportierte für 4, 3 Mrd. DM nach Südafrika. Während die deutschen Exporte nach Südafrika in der Vergangenheit eher abnahmen, stiegen die deutschen Importe aus Südafrika, so daß sich das Handelsbilanzdefizit allmählich verminderte (Tabelle 2). Die deutschen Einfuhren aus Südafrika entsprechen in ihrer Größenordnung denen aus Griechenland und die Ausfuhren denen nach Kanada. Alles in allem betrugen die Anteile des bilateralen deutsch-südafrikanischen Handels jedoch weniger als ein Prozent der gesamten Ein-bzw. Ausfuhren Deutschlands.

Die Arbeitsteilung zwischen Südafrika und Deutschland entspricht überwiegend dem Muster zwischen einem Industrie-und einem Entwicklungsland. Die deutschen Lieferungen bestehen in erster Linie aus Halb-und Fertigwaren, die südafrikanischen Lieferungen mehrheitlich aus energetischen und mineralischen Rohstoffen (darunter Gold und Diamanten) sowie aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen. In den Warenströmen sind zudem unternehmensinterne Lieferungen zwischen südafrikanischen Tochtergesellschaften und Betriebsstätten deutscher Unternehmen und ihren Muttergesellschaften in Deutschland enthalten. Deutsche Unternehmen liefern technologieintensive Halbwaren zur weiteren Verarbeitung nach Südafrika und beziehen im Gegenzug arbeitsintensiv hergestellte Waren, die weiterverarbeitet und schließlich auf dem Weltmarkt angeboten werden. Der Technologietransfer durch Patente und Lizenzen in Verbindung mit Direktinvestitionen deutet auf eine technologische Lücke zwischen Deutschland und Südafrika hin.

Allerdings gibt es angesichts der bestehenden Handelshemmnisse in der Europäischen Union und in Südafrika noch beträchtlichen Spielraum für Wohlstandserhöhungen durch eine intensivere Nutzung internationaler Spezialisierungsvorteile. Zum einen hat die Europäische Union tarifäre Handelshemmnisse noch nicht restlos abgebaut und hält weiterhin die gemeinsamen Marktordnungen (insbesondere für landwirtschaftliche Erzeugnisse bzw. Steinkohle) aufrecht. Zum anderen schützt die südafrikanische Regierung noch immer den Inlandsmarkt durch die dort praktizierte Importsubstitutionspolitik. Insbesondere nach dem Ende c-es Sanktionsdrucks ergibt sich nun für Südafrika erheblicher Spielraum hinsichtlich einer Anpassung der Handelsstrukturen.

Da sich die deutschen Unternehmen kaum an dem durch die Sanktionen geforderten Abbau von Direktinvestitionen und an einer Einschränkung des Technologietransfers an südafrikanische Unternehmen beteiligten, zählen sie gegenwärtig zu den größten ausländischen Investoren und Arbeitgebern in Südafrika. Zum Teil wurden über den eigenen Bedarf hinaus südafrikanische Arbeitskräfte aus-und fortgebildet. Dies sollte nicht nur die Rentabilität der Kapitalanlagen sichern, sondern auch den Engpaß an Humankapital überwinden und die Wettbewerbsfähigkeit der südafrikanischen Volkswirtschaft erhöhen. Die deutsche Position scheint allerdings gefährdet, da nach Aufhebung der Sanktionen Unternehmen aus anderen Industrieländern angekündigt haben, in Südafrika verstärkt zu investieren. Dahinter steht die Absicht, frühzeitig in einem Land zu fertigen und anzubieten, von dem angenommen wird, daß es bei einer günstigen innenpolitischen Entwicklung und bei der Stabilisierung des Wirtschaftsverlaufs einen rasch expandierenden Markt aufweisen kann. Die in Südafrika vorhandenen Rohstoffe sind ein weiterer Grund für ausländische Unternehmen, ihre Präsenz zu verstärken. Auf längere Sicht wird zumindest von südafrikanischen Unternehmen erwartet, daß Spezialisierungsvorteile im Rahmen der Integration des Landes in die internationale Arbeitsteilung wahrgenommen und von Südafrika aus nicht nur die Märkte im südlichen Afrika beliefert werden können. Während bei den amerikanischen und englischen Unternehmen diese Ankündigungen eher zögerlich umgesetzt werden, gibt es Anzeichen dafür, daß die japanischen Unternehmen ihre Kapitalanlagen stark ausweiten, oft in enger Kooperation mit südafrikanischen Unternehmen.Der Handel zwischen Südafrika und den afrikanischen Entwicklungsländern südlich der Sahara ist nach den verfügbaren Statistiken bislang gering. Verschiedene Hinweise von Unternehmen in Südafrika zeigen jedoch, daß Südafrika durchaus engere Beziehungen zu den schwarzafrikanischen Staaten unterhielt. Dazu gehörten Lieferungen von Waren, Kooperationen zur Nutzung der natürlichen Ressourcen und der Transithandel über südafrikanische Häfen. Gelegentlich haben südafrikanische Firmen Unternehmen in den schwarz-afrikanischen Ländern technisch beraten. Dennoch bleibt festzuhalten, daß als Ergebnis der politisch motivierten Ausgrenzung Südafrikas durch die Frontstaaten Anstrengungen weitgehend unterblieben, mögliche komparative Kostenvorteile auszunutzen. Darüber hinaus erfüllen die schwarzafrikanischen Entwicklungsländer angesichts der mangelhaften Ressourcenausstattung in vielen Bereichen und der geringen technischen Leistungsfähigkeit nicht die Voraussetzungen für eine schnelle Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen mit Südafrika. Ähnliches gilt für den Handel zwischen den Industrieländern und den schwarzafrikanischen Ländern. Aufgrund des Devisenmangels, der schlechten Ausstattung mit Produktionsfaktoren und der damit verbundenen geringen technischen Absorptionsfähigkeit ist der Handel zwischen Deutschland und den schwarzafrikanischen Entwicklungsländern ebenfalls gering. Die geringe quantitative und qualitative Elastizität des Produktionsapparates schränkt die Fähigkeit der Unternehmen in diesen Ländern ein, die Spezialisierungsvorteile aus dem Handel mit den Staaten im südlichen Afrika und einer zunehmenden Integration in den Welthandel zu nutzen. Deshalb ist Südafrika ein herausragender Handelspartner des afrikanischen Kontinents geblieben, wenngleich die diplomatischen Beziehungen nicht besonders eng waren.

Neben den zwischen unabhängigen Staaten üblichen diplomatischen Beziehungen bestehen zwischen Deutschland und Südafrika vertragliche Regelungen für die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit. Hierzu gehören ein Gesetz über das Erste Protokoll vom 27. Oktober 1951 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll-und Handelsabkommen und ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung aus dem Jahre 1975. Mittelbaren Bezug zur privatwirtschaftlichen Zusammenarbeit hat das Kulturabkommen aus dem Jahre 1964. Weitaus enger sind die Kontakte zur Verstärkung der privatwirtschaftlichen Zusammenarbeit durch die Deutsch-Südafrikanische Kammer für Handel und Industrie, durch die Wirtschaftsabteilungen der Botschaften und durch den Afrika-Verein e. V. in Hamburg.

In Übereinstimmung mit dem Sanktionsbeschluß und entsprechend der eigenen politischen Vorgaben hat Deutschland darüber hinaus technische Entwicklungszusammenarbeit an nichtstaatliche Organisationen in Südafrika geleistet. Diese hatte das Ziel, den von der Apartheidpolitik benachteiligten Bevölkerungsgruppen Zugang zu Bildungseinrichtungen und einer medizinischen Versorgung zu ermöglichen und dadurch deren Aussichten auf bessere Arbeits-und Lebensbedingungen zu verbessern. Dies wurde auch als Teil einer wirtschaftsnahen Zusammenarbeit verstanden, während die Europäische Union ihre Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen in Südafrika vorrangig zur unmittelbaren Armutsbekämpfung einsetzte. Über die staatliche Kooperation hinaus gibt es Ausbildungsprojekte im informellen Sektor, die von deutschen Unternehmen und der Deutsch-Südafrikanischen Kammer für Handel und Industrie gefördert werden. Ziel der handwerklich-gewerblichen Ausbildung ist die anschließende Gründung von Kleinbetrieben, die zum Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen sollen.

Nach der Aufhebung der Sanktionen steht einer Verstärkung der privatwirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Südafrika grundsätzlich nichts mehr im Wege. Die Integration in die Weltwirtschaft und ein sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum setzen voraus, daß politische Stabilität gewährleistet ist und eine investitionsfreundliche Wirtschaftspolitik die notwendigen Grundlagen zur Mobilisierung von Produktionsfaktoren schafft. Die Transformationsprozesse können durch eine Stärkung der Marktkräfte, die Verstetigung der Erwartungen der Wirtschaftssubjekte sowie eine Deregulierung und Privatisierung öffentlicher Unternehmen verstärkt werden. Hinreichende Bedingung zur Reintegration Südafrikas in den Weltmarkt ist jedoch langfristig die Umstrukturierung der Wirtschaft, die infolge der Sanktionen und der Importsubstitutionspolitik gegenwärtig international nicht wettbewerbsfähig ist. Horizontale und vertikale ausländische Direktinvestitionen können diesen Prozeß beschleunigen. Multinationale Unternehmen stellen nicht nur Technologie und Kapital zur Verfügung, aus dem keine unmittelbare Rückzahlungsverpflichtung entsteht, sondern können darüber hinaus positive Impulse auf südafrikanische Unternehmen ausüben, da sie die Erwartung gesamtwirtschaftlich positiver Rahmenbedingungen für Kapitalanlagen signalisieren.Allerdings stehen auch die südafrikanischen Standortbedingungen, die den Investitionsentscheidungen multinationaler Unternehmen letztlich zugrunde liegen, im internationalen Wettbewerb. Wenngleich sich kein allumfassender Indikator für die Standortattraktivität eines Landes entwickeln läßt, kann ein Katalog wichtiger Standortfaktoren erstellt werden: Zunächst spielen die politischen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen bei internationalen Investitionsentscheidungen eine zentrale Rolle. Politische Stabilität in Südafrika ist Grundvoraussetzung für ein tragfähiges Investitionsklima, und es wäre müßig, über wirtschaftliche Standortbedingungen zu diskutieren, wenn nicht ein Mindestmaß an politischer Stabilität gewährleistet ist.

III. Neue politische und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

Tabelle 3: Wirtschaftliche Indikatoren 1985-1993

Südafrikas Reintegration in die Weltwirtschaft erfordert eine an marktwirtschaftlichen Prinzipien orientierte Wirtschaftsordnung und anhaltende politische Stabilität. Eine Analyse des neuen politischen Umfelds ergibt, daß das Parteienspektrum in Südafrika noch immer im wesentlichen zweigeteilt ist: Auf der einen Seite stehen die sehr populistisch argumentierenden extremen Parteien, die durch Gewalttaten überkommene Leitbilder in eine neue Zeit retten wollen. Dazu zählen erstens die rechtsradikalen Parteien, die noch immer einen „Afrikaner-Volksstaat“ mit eingeschränkten Grundrechten für die schwarze Bevölkerung fordern, und zweitens der PAG, der mit seinem militanten Nationalismus friedliche Verhandlungslösungen mit der weißen Bevölkerung weiterhin ablehnt. Falls die in diesen Parteien vertretenen politischen Vorstellungen und die ethnisch bedingten Konflikte zwischen Teilen der schwarzen Bevölkerung auch in Zukunft zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen, dürfte es schwierig sein, glaubwürdige, die Wirtschaftsentwicklung fördernde Rahmenbedingungen in Südafrika zu garantieren.

Auf der anderen Seite gibt es in Südafrika die gemäßigten Parteien, die zu einer konstruktiven Lösung der politischen und wirtschaftlichen Probleme des Landes beitragen wollen. Dazu zählen insbesondere die NP und der ANC. Die IFP ist schwer zwischen den beiden Polen einzuordnen. Da diese Partei zunächst die Selbstbestimmung der Zulus in Südafrika nicht gewährleistet sah, trat sie noch eine Woche vor den Wahlen für deren Boykott ein. Die NP reformierte unter dem Druck der zunehmenden internationalen Isolation und der damit verbundenen schlechten Wirtschaftslage das System der ethnischen Diskriminierung und avancierte inzwischen zum wichtigsten Gesprächspartner des ANC. Denn auch im ANC hat sich der eher gemäßigte Flügel durchgesetzt, dessen ordnungspolitische Vorstellungen sich im wesentlichen an den Prinzipien einer sozialen Marktwirtschaft orientieren. Der ANC muß in nächster Zeit den Balanceakt meistern, einerseits die Lebensbedingungen der weißen Bevölkerung nicht radikal zu verschlechtern, um den Auswanderungsdruck dieser relativ gut ausgebildeten Bevölkerungsschicht nicht noch zu verstärken, und andererseits für seinen „linken Flügel“, dessen Standpunkte noch immer stark von sozialistischen Einflüssen geprägt sind, koalitionsfähig zu bleiben.

Nach der Ansicht des ANC sollte der Staat in der Wirtschaft eine größere Rolle spielen, insbesondere hinsichtlich der Stimulierung der Wirtschaft und der Erhöhung der Verteilungsgerechtigkeit mittels Budgetumschichtungen. Vor allem aus dem Militärbereich sollen Mittel für Ausbildung, Wohnungsbau und Infrastrukturaufbau in Gebiete mit überwiegend schwarzer Bevölkerung umgeleitet werden. Bei zusätzlichen Ausgaben will der ANC streng auf Budgetdisziplin achten und auf eine Verschuldung im Ausland möglichst verzichten. Die inländischen Finanzinstitutionen sollen nach seinen Vorstellungen die Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen beenden und mehr Mittel in den Grundbedürfnissektor leiten. Arbeitsmarktprogramme sollen unter der Verantwortung des ANC Arbeitsplätze schaffen sowie ethnische und regionale Ungleichgewichte am Arbeitsmarkt abbauen. In der Handelspolitik strebt die Partei einerseits die volle Teilnahme an den multilateralen Handelsabkommen und andererseits eine engere Integration in die Märkte im südlichen Afrika an. Gespräche mit der Southern African Development Community (SADC) und der Preferential Trade Area for Eastern and Southern African States (PTA) finden bereits statt. Eingriffe in den freien Handel sind jedoch in einer Vielzahl von Ausnahmefällen vorgesehen. Ausländische Direktinvestitionen werden vom ANC ausdrücklich begrüßt und sollen die gleiche Behandlung erfahren wie die Investitionen südafrikanischer Unternehmen.

Aus den Programmen des ANC wird eine Abkehr von tradierten sozialistischen Vorstellungen, wie sie noch in der „Freiheitscharta“ vertreten werden, deutlich. Jedoch scheinen die Politikrichtlinien desANC weiterhin stark vom Verteilungsziel bestimmt zu sein; zumindest wird nicht deutlich genug hervorgehoben, daß die Umverteilung in erster Linie aus dem Wachstum des Sozialprodukts resultieren soll. Enteignungen werden noch immer nicht ausdrücklich ausgeschlossen, wenngleich im Bergbausektor, der wegen seiner zentralen Bedeutung für die südafrikanische Volkswirtschaft wiederholt verbales Ziel solcher Ankündigungen war, nun lediglich die Schürfrechte nationalisiert werden sollen. Dem sehen die südafrikanischen Berg-bauunternehmen verhältnismäßig gelassen entgegen. Kritischer sind die Äußerungen des ANC hinsichtlich einer Kontrolle des Finanzsektors zu beurteilen. Der ANC sollte Lehren aus den Erfahrungen vieler Entwicklungsländer ziehen, daß direkte Eingriffe in die Finanzmärkte (finanzielle Repression) durch Quoten oder Höchstzinssätze weder zu einer verbesserten Ressourcenallokation noch zu einer gerechteren Einkommensverteilung führen. Die Arbeitsmarktprogramme des ANC werden im allgemeinen in Südafrika als berechtigt anerkannt, vor allem wenn die Programme die Chancengleichheit im Arbeitsmarkt fördern und keine strikten Quoten für das obere Management vorsehen, für das es bei den bisher benachteiligten Bevölkerungsteilen kurzfristig kaum ausreichend qualifizierte Mitarbeiter geben wird. Als sehr problematisch ist schließlich zu beurteilen, daß den Versprechungen in den Richtlinien des ANC bisher kein schlüssiges Finanzierungskonzept gegenübersteht. Außerdem sind viele Vorstellungen des ANC noch in jede beliebige Richtung interpretierbar. Eine Konkretisierung könnte die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte stabilisieren und infolgedessen zu einer Verbesserung der Rahmenbedingungen beitragen.

IV. Wirtschaftliche Standortbedingungen

Südafrika erholt sich allmählich von einer langwährenden Rezession, die in den letzten Jahren (auch wegen der Landwirtschaft, die von einer Dürre betroffen war) zu real negativen Wachstumsraten des Bruttosozialprodukts führte. Die Arbeitslosigkeit hat inzwischen beträchtliche Ausmaße erreicht, woraus sich einerseits sozialer Sprengstoff vor allem in den unterprivilegierten Schichten der Bevölkerung entwickeln könnte und andererseits ein zunehmender Auswanderungsdruck auf hochqualifizierte Arbeitskräfte ergibt. Ein Grund für die hohe Arbeitslosigkeit in den unteren Einkommensschichten ist unter anderem in der Überkompensation des Anstiegs der Arbeitsproduktivität durch Lohnerhöhungen zu sehen. Die Inflationsrate sank infolge der sehr restriktiven Geldpolitik im Juli 1993 wieder unter die Zehn-Prozent-Grenze, nachdem sie in den achtziger Jahren durchschnittlich 14, 4 Prozent betrug. Das Budget 1992/93 ist insbesondere aufgrund der konjunkturellen Probleme expansiv ausgerichtet. Allerdings stieg wegen der unzureichenden Einnahmen des Staates die Neuverschuldung stark an -mit der Gefahr höherer Realzinsen und somit geringerer privater Investitionsimpulse. Der gewichtete reale Wechselkurs der Währung Südafrikas ist im Gegensatz zu den Währungen einiger anderer südafrikanischer Länder seit der Wiedereinführung des „Finanz-Rand“ im wesentlichen stabil. Der Abstand des Finanz-Rand zum Handels-Rand spiegelt das Vertrauen ausländischer Investoren in die südafrikanische Entwicklung wider. Je größer dieser Abstand ist, desto geringer ist das Vertrauen in die südafrikanische Volkswirtschaft. Dieser Indikator zeigt an, daß das Investitionsklima in Südafrika 1986 am schlechtesten war, sich in den Jahren 1990 und 1991 stark erholte, um dann im August 1993 wieder auf das Niveau von 1989 zurückzufallen (vgl. Tabelle 3).

Die geographischen Standortbedingungen der Kaprepublik sind stark durch deren Ausstattung mit natürlichen Ressourcen geprägt. Im landwirtschaftlichen Sektor ist Südafrika der führende afrikanische Produzent von Zuckerrohr, Mais und einer Vielzahl von Obstsorten. Allerdings weist dieLandwirtschaft stark dualistische Strukturen auf, mit rein marktwirtschaftlich orientierten Farmen einerseits und der Subsistenzbewirtschaftung andererseits. Die Aufhebung der Sanktionen, das verbesserte außenpolitische Klima und potentielle Märkte in Osteuropa lassen auf hohe Exportzuwächse hoffen. Insbesondere beim Export von Südfrüchten ist gegenwärtig schon ein beträchtliches Wachstum zu verzeichnen. Darüber hinaus verfügt Südafrika weltweit über eine der größten Lagerstätten bei vielen mineralischen Rohstoffen. Die herausragenden Exportrohstoffe sind Kohle, Gold, Platin und Diamanten. Die gegenwärtige Ausfuhrstagnation bei der Steinkohle resultiert zum einen aus dem Verlust traditioneller Märkte infolge der Sanktionen und zum anderen aus dem niedrigen Qualitätsstandard südafrikanischer Kohle. Im Goldbergbau dominieren die strukturellen Probleme aufgrund der sich allmählich erschöpfenden Lagerstätten und des sinkenden Goldgehaltes des abgebauten Gesteines. Der Platinexport wird infolge einer Steigerung der weltweiten Nachfrage zunehmen, was auf strengere Umweltschutzbestimmungen zurückzuführen ist. Die Metalle der Platingruppe sind von zentraler Bedeutung für die Herstellung von Abgaskatalysatoren. Die Stagnation des Weltdiamantenmarktes resultiert aus dem zusätzlichen Diamantenangebot aus Angola einerseits und den Nachfragerückgängen westlicher Industrieländer andererseits. Eine Marktbelebung könnte mit der erwarteten Konjunkturerholung in Japan und den USA sowie durch die steigende Kaufkraft der osteuropäischen Länder erfolgen.

Bereits seit 1985 stagniert die von einer Importsubstitutionspolitik geschützte Produktion im verarbeitenden Gewerbe. Die Analyse beschränkt sich auf Branchen, die insbesondere für die europäischen Wirtschaften interessant sind: Die Kraftfahrzeugindustrie wächst zwar unterproportional, hofft jedoch auf eine künftig erhöhte Nachfrage seitens der schwarzen Bevölkerung. Die chemische Industrie wird im wesentlichen von südafrikanischen Unternehmen beherrscht, die Agrochemikalien und Bergbausprengstoffe herstellen und die ineffiziente Kohle-Öl-Konversion betreiben. Im Maschinenbau sind die südafrikanischen Unternehmen nur bei Bergbaumaschinen konkurrenzfähig; die anderen Unternehmen werden vor allem durch die protektionistischen Eingriffe erhalten.

Das südafrikanische Finanzsystem ist im Vergleich mit anderen Entwicklungsländern relativ hochentwickelt. Das maßgebliche Ziel der monetaristisch geprägten Zentralbank, die auch ein hohes internationales Ansehen genießt, ist die Stabilität des Geldwertes. Erste Erfolge erzielte die Notenbank mit diesem Konzept Anfang der neunziger Jahre, seitdem sie von der Regierung relativ unabhängig agieren kann. Außerdem können Unternehmen sowohl auf einen gut ausgebauten Kreditsektor zur Fremdkapitalfinanzierung als auch auf eine Börse in Johannesburg zur Eigenkapitalfinanzierung zurückgreifen. Überdies gibt es verschiedene staatliche Institutionen, die öffentliche Mittel zur Finanzierung bestimmter Projekte vergeben. Letztlich verfügt Südafrika, verglichen mit den der EG durch das Lome-Abkommen assoziierten Entwicklungsländern in Afrika, der Karibik und dem Pazifischen Raum (AKP-Staaten), über eine gut ausgebaute Straßen-, Schienen-, Hafen-und Telekommunikationsinfrastruktur. Somit könnte die Kaprepublik auch in die Rolle eines Brückenkopfes zur Belieferung der Märkte im südlichen Afrika hineinwachsen.

Wenngleich Südafrika im südlichen Afrika über das höchste Niveau an Humankapital verfügt (gemessen am „Human Development Index“), kann sich die Kaprepublik mit den südostasiatischen Schwellenländern hinsichtlich der Ausstattung mit Humankapital nicht messen. Allerdings ist das Bildungsniveau in Südafrika infolge der Apartheid-politik zwischen den ethnischen Gruppen sehr unterschiedlich. Daraus resultiert in der Kaprepublik eine Analphabetenquote, die mit etwa 30 Prozent sogar höher liegt als in einigen schwarzafrikanischen Ländern. Trotz einiger unbestreitbarer Standortvorteile spricht somit vieles dagegen, daß Südafrika in absehbarer Zeit eine Dynamik entwickeln wird, wie sie in den südostasiatischen Schwellenländern zu beobachten ist.

V. Handlungsbedarf seitens der Republik Südafrika

Für die Konsolidierung der Demokratie in Südafrika ist es notwendig, die Situation der Masse der Bevölkerung zu verbessern. Die südafrikanische Regierung kann dieses Ziel durch eine pragmatische und berechenbare Politik sowie den Verzicht auf populistische Umverteilungsmaßnahmen unterstützen. Allerdings bedeutet dies auch, daß diejenigen Parteien, die die unterprivilegierten Bevölkerungsschichten vertreten, unrealistische Erwartungen ihrer Wähler bereits im Vorfeld der Wahlen korrigieren und beispielsweise darauf hinweisen müssen, daß der notwendige Strukturwandel in Südafrika kurzfristig auch gesellschaftliche Kosten verursachen wird.Dieser Umstrukturierungsprozeß muß dennoch durch armutsorientierte Programme unterstützt werden. Es sollte bei deren Implementierung darauf geachtet werden, daß diese Programme möglichst positive Wachstumswirkungen haben. Langfristig sind die besten Strategien zur Armutsbekämpfung zum einen in der Entwicklung eines verbesserten Ausbildungs-und Gesundheitswesens und zum anderen im Aufbau funktionsfähiger Kapitalmärkte für Kleinkreditnehmer zu sehen. Kurzfristig werden zur Armutsbekämpfung zusätzlich Staatsausgaben notwendig sein, im Rahmen derer möglichst öffentliche Güter erstellt werden, die den Armen selbst wieder zugute kommen.

Den Zugangsbeschränkungen innovativer Kleinunternehmen zu den formellen Finanzmärkten sowie den Finanzierungsproblemen des sozialen Wohnungsbaus in den Townships und ländlichen Gebieten kann im Rahmen von Kleinkreditprogrammen begegnet werden. Die bestehenden staatlichen Finanzinstitutionen in Südafrika bieten gute Ansatzpunkte zur Implementierung solcher Programme. Diese Banken sollten streng auf eine hohe Rückzahlungsquote achten und möglichst nur denjenigen Kredite gewähren, die keinen Zugang zum formellen Finanzsektor haben. Letztlich könnte überdacht werden, solche Programme um weitere Dienstleistungen (z. B. Vermarktung, technologische Beratung) zu ergänzen.

Im Humankapitalbereich besteht sowohl eine sozial akzeptierte Möglichkeit der Umverteilung als auch ein Potential zur Erhöhung der Effizienz der Ressourcenallokation in Südafrika. Maßnahmen, die beiden Zielen gleichzeitig gerecht werden können, sind zur Festigung der politischen Stabilität ideal. In Zukunft sollten die Ausbildungsausgaben vor allem die Primärbildung begünstigen. Daraus leitet sich unmittelbar eine Umstrukturierung der Ausgaben zwischen den ethnischen Gruppen ab. Letztlich bedarf es auch einer Mittelumschichtung im tertiären Sektor, um die Engpässe im technisch-administrativen und berufsbildenden Bereich zu überwinden.

Eine ähnliche Strategie sollte im Gesundheitswesen verfolgt werden: Zum einen sollten sich die staatlichen Interventionen im wesentlichen auf die Grundversorgung beschränken, zum anderen sollten Privatisierungsanstrengungen im Bereich der anspruchsvolleren medizinischen Versorgung in Betracht gezogen werden.

Das Programm des ANC enthält hinsichtlich ‘der Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben noch kein schlüssiges Konzept. Eine Umstrukturierung der Ausgaben wird nicht ausreichen, um den zusätzlichen Finanzierungsbedarf decken zu können. Eine rein monetäre Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben würde nur vordergründig die Bedürfnisse der Armen befriedigen, da die daraus resultierende „Inflationssteuer“ stark regressiv wirken würde. Höhere Steuern sind ebenfalls ungeeignet, da die Steuerbelastung Südafrikas im internationalen Vergleich bereits verhältnismäßig hoch ist. Ebenso sollte die übermäßige inländische Staatsverschuldung kritisch abgewogen werden, da sie höhere Realzinsen und eine (partielle) Verdrängung privater Investitionen bewirken kann. International ist Südafrika gegenwärtig jedoch im Gegensatz zu einigen lateinamerikanischen und osteuropäischen Ländern unterdurchschnittlich verschuldet. Somit bietet sich eine Erhöhung der Auslandsverschuldung insbesondere für Investitionen im Humankapitalbereich und beim Aufbau funktionsfähiger Kapitalmärkte an, zumindest sofern es sich um Investitionen handelt, bei denen hohe (soziale) Rentabilitätsraten zu erwarten sind. Die Geldpolitik sollte auch in Zukunft unabhängig von der Regierung realisiert werden und auf die Sicherung des Geldwertes ausgerichtet sein. Im Rahmen des neu zu schaffenden Notenbankgesetzes sollte der ANC die Möglichkeit nutzen, ein erstes Zeichen dafür zu setzen, daß er es mit marktwirtschaftlichen Prinzipien ernst meint. Die Zentralbank sollte darüber hinaus Anstrengungen unternehmen, das duale Währungssystem in den nächsten Jahren abzuschaffen.

Die wichtigsten Parteien des Landes haben nunmehr auch die Notwendigkeit einer Neuorientierung der Außenwirtschaftspolitik erkannt. Die seit Jahrzehnten praktizierte und durch Sanktionen verschärfte Politik der Importsubstitution und Selbstversorgung mit strategischen Gütern soll durch ein exportorientiertes Außenhandelsregime ersetzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu fördern und die Importkapazität des Landes zu erhöhen. Allerdings unterscheidet sich die südafrikanische Ökonomie in wesentlichen Eigenschaften von den Wirtschaften der südostasiatischen Staaten, so daß sich diese Staaten nur sehr bedingt als Vorbilder für Südafrika hinsichtlich des Außenwirtschaftsregimes eignen. Südafrika muß seine komparativen Vorteile auf anderen Märkten suchen, die insbesondere in der Weiterverarbeitung der reichlich vorhandenen mineralischen und agrarischen Ressourcen liegen können.

Die Regierung möchte in Zukunft einerseits an den Mechanismen des GATT voll partizipierenund andererseits die regionale Integration in Afrika vorantreiben. Darin besteht nicht notwendigerweise ein Widerspruch. Regionale Integrationsmöglichkeiten bestehen im Rahmen der Southern African Customs Union (SACU), in der Südafrika bereits Mitglied ist, der SADC und der PTA. Angesichts des potentiellen Migrationsdrucks wird Südafrika voraussichtlich mit größeren Ländern im südlichen Afrika den Kooperationsrahmen einer Freihandelszone oder Zollunion nicht überschreiten. Entsprechend wäre ein mehrstufiges Integrationsschema denkbar: Südafrika und Lesotho würden als Wirtschaftsunion ein Zentrum bilden, Swaziland könnte sich mit beiden Ländern zu einem gemeinsamen Markt integrieren. Mit den anderen SADC-Staaten (Namibia und Botswana) wäre schließlich eine Zollunion denkbar. Andere Länder im südlichen Afrika könnten dann in den Verbund aufgenommen werden, wenn ihre Währungen ein Mindestmaß an Konvertibilität aufwiesen. In einer Übergangsphase könnte ihnen mit Hilfe von Assoziierungsabkommen ein bevorzugter Marktzugang gewährt werden. Bei der Auswahl der Form einer künftigen Zusammenarbeit mit den schwarzafrikanischen Ländern sollte berücksichtigt werden, daß die Unternehmen in Südafrika zum Teil bereits enge Kontakte zu den Nachbarländern und anderen Staaten in der Region hergestellt haben. Eine Öffnung der Märkte wird zwar zunächst die Exporte aus Südafrika ausweiten, langfristig aber auch in Südafrika einen Anpassungsbedarf erforderlich machen, da die Auslagerung arbeitsintensiver und technologiearmer Produktionszweige angesichts der niedrigen Lohnstückkosten in Nachbarstaaten möglich wird. Unabhängig von der angestrebten Form und der vorhergesehenen Intensität der regionalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit sollte Südafrika auf die handelspolitische Offenheit der Region bedacht sein.

Der Paradigmenwechsel im Außenhandelsregime muß aber eher als längerfristiges Phänomen gesehen werden, das einer Periode der ökonomischen Umstrukturierung der Volkswirtschaft bedarf. Zuerst muß eine umfassende Liberalisierung des Außenhandels erfolgen, wenngleich angesichts der drohenden Arbeitslosigkeit während einer Übergangsperiode selektive, aber zeitlich befristete Anpassungshilfen gewährt werden müssen. Multinationale Unternehmen können diesen Prozeß unterstützen, da sie Zugang zu internationalen Finanzmärkten haben und moderne Technologie nach Südafrika transferieren können. Der zukünftige Wohlstand der Kaprepublik wird maßgeblich davon abhängen, wie schnell die Reintegration in den Weltmarkt gelingt.

VI. Handlungsbedarf seitens Deutschlands und der Europäischen Union

Unter den durch die Öffnung veränderten Bedingungen sollten deutsche Unternehmen die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit mit Südafrika dann verstärkt fortsetzen, wenn dort die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für ein nachhaltiges Wachstum, die Integration in die Weltwirtschaft und die Herstellung der internationalen Konkurrenzfähigkeit gewährleistet werden. Die Transformation Südafrikas schafft einerseits neue Märkte und vernichtet andererseits die Absatz-chancen von Produkten, die bislang zum Teil mit hohem Gewinn in der Kaprepublik abgesetzt werden konnten. Der Wettbewerb wird sich vor allem durch Direktinvestitionen von Unternehmen aus anderen Industrieländern sowie neuerdings aus den Schwellenländern verschärfen. In dieser Phase des Übergangs und der Öffnung können vor allem innovative Unternehmen ihren Absatz ausweiten.

Deutsche Unternehmen, die ihre Produkte in Südafrika aufgrund der Sanktionen bislang nicht anboten, können bei der Markterkundung die Kenntnisse des Landes, der Wirtschaft und der Märkte nutzen, die während der langjährigen Präsenz deutscher Unternehmen in Südafrika gewonnen wurden. Die enge Zusammenarbeit zwischen Verbänden und Kammern der beiden Staaten sollte zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch und bei der Suche nach Maßnahmen genutzt werden, die die Risiken infolge unvollständiger Marktkenntnis mindern. Eigene Handelsniederlassungen, die Zusammenarbeit mit deutschen Exporteuren, die Südafrika und das südliche Afrika bereits gut kennen, sowie die Kooperation mit südafrikanischen Importeuren und Händlern im südlichen Afrika können den Absatz deutscher Erzeugnisse in Südafrika unterstützen.

Als potentiell wachstumsträchtig gelten in Südafrika die Märkte für Konsum-und Gebrauchsgüter. Dazu gehören Kraftfahrzeuge, Kosmetika, hochwertige Nahrungsmittel und Getränke. Daneben wurden öffentliche Investitionen zur Erneuerung und Erweiterung des Fernmeldesystems, der Energieversorgung und des Eisenbahnwesens angekündigt. Vermehrt sollen öffentliche Investitionen zur Erschließung des ländlichen Raums und Sanierung der Townships und der ländlichen Armutsgebiete getätigt werden. Groß ist der Bedarf an Ausrüstungen in allen Wirtschaftszweigen zurRationalisierung bestehender Anlagen, zur Energieeinsparung und zum Schutz der natürlichen Ressourcen. Kurzfristig wird jedoch die Investitionsnachfrage südafrikanischer Unternehmen nicht sehr günstig beurteilt. Vor allem wegen der Unsicherheit über die künftige wirtschaftliche Entwicklung und über die Inhalte der Wirtschaftspolitik der neuen Regierung werden Investitionsentscheidungen von vielen Unternehmen gegenwärtig zurückgestellt.

Darüber hinaus können deutsche Anbieter durch die Zusammenarbeit mit südafrikanischen Unternehmen aus der Handelsausweitung Nutzen ziehen, die angesichts der regionalen Zusammenarbeit im südlichen Afrika entstehen kann, und somit einer Handelsumlenkung ausweichen, mit der die regionale Kooperation im südlichen Afrika verbunden ist. Die Voraussetzungen dafür sind insofern günstig, als Südafrika nach Aufhebung der Sanktionen enge Handelsbeziehungen zu den Nachbarn aufbauen will. Vor überzogenen Erwartungen soll allerdings gewarnt werden. Deutsche Unternehmen müssen beachten, daß die Öffnung Südafrikas gegenüber den schwarzafrikanischen Staaten kurzfristig zu keinem nennenswerten zusätzlichen Warenaustausch führen wird. Im südlichen Afrika sind die Bedingungen für eine Handelsausweitung und -umlenkung infolge regionaler Kooperation ungünstiger als bei vergleichbaren Zusammenschlüssen zwischen Industrieländern oder zwischen Schwellenländern in Südostasien. Nicht nur wegen der Sanktionen oder der Import-substitution konnte Südafrika den Handel mit diesen Staaten lediglich in vergleichsweise geringem Ujnfang ausweiten. Vielmehr hängt die Import-kapazität dieser Länder wesentlich von der öffentlichen Finanzierung der Entwicklungszusammenarbeit der Industrieländer ab. Die Kooperation zwischen deutschen und südafrikanischen Unternehmen wird erleichtert, wenn finanzielle Leistungen Deutschlands und der Europäischen Union für trilaterale Kooperationen verwendet werden dürfen und/oder Südafrika eine eigene staatliche Exportfinanzierung für Lieferungen an die Entwicklungsländer in Schwarzafrika bereitstellt. Letzteres ist jedoch solange nicht zu erwarten, wie die vorhandenen öffentlichen Mittel zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums im eigenen Land benötigt werden.

Außerdem bestehen bisher nur schwache Beziehungen beispielsweise zwischen Südafrika und Nigeria, das in der Vergangenheit einer der größten Märkte für Importerzeugnisse aus westlichen Industrieländern war. Die Transport-und Kommunikationsverbindungen nach Zaire und Kenia sind derzeit noch nicht so weit entwickelt, daß eine Substitution von Lieferungen aus Europa durch Bezüge aus südafrikanischen Unternehmen Kostenvorteile verspräche. In dem Maße, in dem Südafrika die Verkehrsanbindungen zu den schwarzafrikanischen Staaten verbessert und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt, steigen auch die Chancen, von Südafrika aus Märkte im südlichen Afrika zu beliefern. Es wäre begrüßenswert, wenn Südafrika durch öffentliche Entwicklungszusammenarbeit und eine offene Handelspolitik versuchte, den Handel in der Region auszuweiten und damit Wachstumsprozesse in den schwarzafrikanischen Ländern zu fördern.

Für südafrikanische Betriebsstätten und Tochter-gesellschaften deutscher Unternehmen ist es nach der Öffnung erforderlich, kostensenkende Investitionen durch Kapital-und Technolgietransfer vorzunehmen und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit den veränderten Bedingungen auf den Märkten anzupassen. Wenn dies unterbleibt, werden die deutschen Unternehmen in Südafrika ihre Wettbewerbsvorteile schnell verlieren. Der Freiraum für kostensenkende Maßnahmen ist allerdings allgemein in Südafrika kleiner als in anderen Entwicklungsländern. Es wird erwartet, daß eine ANC-Regierung dem Abbau der Arbeitslosigkeit unter den wirtschaftspolitischen Zielen oberste Priorität einräumen und infolgedessen Entlassungen soweit wie möglich zu verhindern suchen wird. Zudem gibt es Bestrebungen, darauf hinzuwirken, daß die Unternehmen verpflichtet werden, künftig mehr Nicht-Weiße einzustellen und verstärkt auszubilden. Die Vertreter des ANC verlangen darüber hinaus, daß Zulieferungen von nichtweißen Unternehmen berücksichtigt werden, auch wenn deren Preise über denen anderer Anbieter liegen. Außerdem fordert der ANC, daß die ausländischen Unternehmen die sozialen Leistungen aufrechterhalten und damit ihren Beitrag zur Über-windung der Rassentrennung leisten. Das Verhalten der Unternehmen in Südafrika zeigt, daß derartige Forderungen weitgehend erfüllt werden, nicht zuletzt um die notwendige Anerkennung beim ANC zu finden und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht benachteiligt zu werden. Insbesondere kann es sich für deutsche Unternehmen anbieten, die Kooperation mit südafrikanischen Unternehmen zu suchen, um auf diese Weise die Risiken einer Diskriminierung zu reduzieren. Außerdem sollten Kooperationen mit Unternehmen aus anderen Ländern oder mit anderen deutschen Unternehmen nach der Öffnung in Südafrika verstärkt werden, um die Konkurrenzfähigkeit zu steigern.Südafrika kann von deutschen Unternehmen nach der Öffnung als Dienstleistungszentrum und Brükkenkopf im südlichen Afrika genutzt werden, um in die angrenzenden schwarzafrikanischen Länder zu exportieren oder von dort aus Waren nach Deutschland zu importieren. Die regionale Zusammenarbeit mit südafrikanischen Unternehmen, die Inanspruchnahme leistungsfähiger Häfen, Flughäfen und Bankendienste versprechen Kostensenkungen und Risikoteilung, wenn Südafrika und die schwarzafrikanischen Staaten mit Nachdruck eine regionale Zusammenarbeit verfolgen.

Da die Europäische Union ihren Rohstoffbedarf ohne Importe nicht decken kann, ist die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit mit rohstoffreichen Ländern und infolgedessen auch mit Südafrika und den schwarzafrikanischen Ländern von Bedeutung. Während der Zeit der Sanktionen war die Zusammenarbeit mit Südafrika dadurch beeinträchtigt, daß kurzfristig durchgesetzte Sanktionen den Import von Rohstoffen hätten unterbinden können. Nach der Öffnung können die Unternehmen durch langfristige Lieferverträge und durch bi-oder trilaterale Unternehmenskooperation die Versorgung sichern. Voraussetzung dafür ist, daß die derzeit noch hohen und im Vergleich zu anderen Ländern nicht konkurrenzfähigen Förderkosten in Südafrika dem weltweit üblichen Standard angepaßt werden. Zudem ist es notwendig, daß die Europäische Union Marktordnungen außer Kraft setzt, die bislang die Einfuhren, vor allem für Kohle, begrenzen.

Die Zusammenarbeit zwischen deutschen Unternehmen und Rohstofflieferanten im südlichen Afrika wird von deutscher Seite nur vereinzelt gepflegt. Das insgesamt ungünstige Investitionsklima in den schwarzafrikanischen Staaten läßt Direktinvestitionen kaum zu. Lieferverträge stehen unter dem Vorbehalt, daß ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und politischer Stabilität auch in diesen Ländern gesichert ist und die Förderung sowie die Verschiffung aufrechterhalten werden können. Nach der Öffnung können sich deutsche und südafrikanische Unternehmen gemeinsam darum bemühen, die Risiken einer Rohstoffversorgung durch die schwarzafrikanischen Länder zu diversifizieren. Die Kooperation mit südafrikanischen Unternehmen hilft, potentielle Engpässe bei der Förderung und bei der Verschiffung von Rohstoffen zu ver^ meiden. Dies setzt wiederum voraus, daß die Staaten im südlichen Afrika alle Barrieren beseitigen, die bislang eine regionale Zusammenarbeit behindert haben. Deutsche Unternehmen sollten die Investitionen in den Rohstoffsektor als wichtige, aber nicht ausschließliche Investition sehen, da die Öffnung und der damit angeregte Strukturwandel in Südafrika zu einer Diversifizierung der Produktions-und Exportstrukturen führen werden.

Deutsche Unternehmen werden die Zusammenarbeit mit Südafrika dann verstärken, wenn der Transformationsprozeß und die Öffnung auf eine konsequente Integration in die Weltwirtschaft abzielen. Die dafür notwendigen Bedingungen zu schaffen ist eine Aufgabe der südafrikanischen Unternehmen und der Regierung. Mittelbar können derartige Bemühungen durch die deutsche Bundesregierung unterstützt werden, zum Beispiel dadurch, daß sie innerhalb der Europäischen Union ihren Einfluß geltend macht, damit Marktordnungen bzw.der Außenschutz für agrarische und energetische Rohstoffe beseitigt werden. Dies ist jedoch nicht zu erwarten. Somit sollte die Europäische Union Südafrika den Marktzugang nach dem Muster der Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und den Mittelmeerländern gewähren. Diese Regelung soll einerseits die Märkte für südafrikanische Produkte öffnen und andererseits Ineffizienzen hinsichtlich des Bestands von Unternehmen und Arbeitsplätzen in der Europäischen Union und in Südafrika vermindern. Eine Aufnahme Südafrikas in das AKP-EWG-Abkommen kann gegenwärtig nicht erfolgen, da die Kaprepublik nicht die Kriterien erfüllt, die für eine Aufnahme in das Abkommen gefordert werden.

Zur Unterstützung der privatwirtschaftlichen Zusammenarbeit empfiehlt sich darüber hinaus in der derzeitigen Phase der Unsicherheit über die künftige Entwicklung der Abschluß eines Investitionsförderungsvertrags und die Erweiterung der Ausfuhrbürgschaften Südafrikas. Diese Garantien könnten das öffnungsbedingte Risiko Südafrikas vermindern und zu einer Verstetigung der in-und ausländischen Kapitalbildung in der Republik Südafrika führen. Außerdem wird zur Förderung von Unternehmenskooperationen zwischen Deutschland und Südafrika vorgeschlagen, das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu aktualisieren. Für die Zeit der Transformation der südafrikanischen Wirtschaft sollte überdies die Gewährung eines fiktiven Steuerkredits in Deutschland für Investitionen in Südafrika in Betracht gezogen werden. Damit würde die Bereitschaft der südafrikanischen Regierung verstärkt, durch niedrigere Steuern und befristete Steuerminderungen günstige Voraussetzungen für ausländisches Kapital zu schaffen.

Die privatwirtschaftliche Kooperation und die Integration Südafrikas in die Weltwirtschaft können auch durch die technische Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden. Insbesondere die Armutsbekämpfung zugunsten der nichtweißen Bevölkerung würde die bisher übliche Benachteiligung beim Zugang zum Schulsystem, zur Gesundheitsvor-und -fürsorge beseitigen. Die Arbeitsund Lebensbedingungen im ländlichen Raum müssen verbessert, eine weitere Ballung der Wirtschaftstätigkeit in den Großstädten sollte durch die Förderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in allen Landesteilen vermieden werden. Da die Regierung die dafür notwendigen Institutionen noch nicht mit der erforderlichen Kompetenz ausgestattet hat und weil die öffentliche Entwicklungszusammenarbeit auf Erfahrungen mit der Kooperation mit nichtstaatlichen Organisationen zurückgreifen kann, sollten auch weiterhin Nichtregierungsorganisationen und Unternehmen als Partner Vorrang erhalten. Sie können zudem in engem Zusammenwirken mit der nicht-weißen Bevölkerung deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stärken und die politische Struktur stabilisieren, was eine der notwendigsten Voraussetzungen für die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit ist. Schließlich sollte die Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen, mit Handels-und Handwerkskammern genutzt werden, um zusätzliche Kenntnisse über die Organisation einer betrieblich-gewerblichen und betrieblich-kaufmännischen Ausbildung zu vermitteln. Die Wirksamkeit derartiger Anstrengungen wird dadurch erhöht, daß im Zuge der Zusammenarbeit die Notwendigkeit einer verstärkten Liberalisierung des Arbeitsmarktes angeregt wird.

Außerdem empfiehlt es sich, die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit dadurch zu erleichtern, daß eine wirtschaftspolitische Beratung die südafrikanische Regierung mit den Erfahrungen einer Marktwirtschaft vertraut macht und Erkenntnisse aus bisherigen Strukturanpassungsprogrammen vermittelt. Vertreter der nicht-weißen Bevölkerung sollten die Elemente einer marktorientierten Wirtschaftspolitik kennenlernen. Ihnen sollten die Vorteile einer Wirtschaftspolitik vermittelt werden, welche den Technologie-und Kapitalimport anregt, die berufliche Bildung verstärkt und die Leistungs-und Anpassungsfähigkeit der Unternehmen steigert. Der Regierung und den politischen Vertretern der nichtweißen Bevölkerung nahestehende Wirtschaftsforschungsinstitute können durch Entsendung von Experten, Sachmittelausstattung und gemeinsame Forschungsprojekte im Zuge der wirtschaftspolitischen Beratung Vorstellungen über eine die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit fördernde Wirtschaftspolitik nahegebracht werden. Des weiteren wäre es hilfreich, durch Stipendien-programme den Kontakt zu Wirtschaftswissenschaftlern in Deutschland und in den Mitgliedsländern der Europäischen Union zu fördern.

Um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Südafrika und den schwarzafrikanischen Staaten zu unterstützen, können die Bestimmungen zur Förderung der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit im AKP-EWG-(Lome-) Abkommen zum Gegenstand einer Kooperation zwischen der Europäischen Union und Südafrika gemacht werden. Die im Vertrag vorgesehene Unterstützung des ländlichen Raums, der Nahrungsmittelversorgung, der Gesundheits-und Ausbildungsprogramme, der Nutzung der Fischbestände und Wasservorräte, des Schutzes der Umwelt und der natürlichen Ressourcen, der Industrialisierung, des Auf-und Ausbaus des Verkehrssystems, der Förderung und Finanzierung des Handels sowie der Koordination der Wirtschaftspolitik kann die privatwirtschaftliche Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen anregen.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Karl Wolfgang Menck, Dr. rer. pol., geb. 1942; Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg; Forschungsgruppenleiter in der Abteilung Entwicklungsländer und weltwirtschaftliche Integration der Entwicklungsländer am HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg. Veröffentlichungen zu entwicklungspolitischen Fragen und zur Förderung der Entwicklungszusammenarbeit. Bernd Schnatz, Diplomvolkswirt, geb. 1966; Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Frankfurt/M.; seit 1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Entwicklungsländer und weltwirtschaftliche Integration der Entwicklungsländer am HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung Hamburg. Veröffentlichungen zur wirtschaftspolitischen Situation Südafrikas.