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Vom Nutzen und Elend der Nationalismen im Leben von Völkern | APuZ 31-32/1992 | bpb.de

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APuZ 31-32/1992 Artikel 1 Die gespaltene Nation Das Geschichtsbewußtsein der Deutschen nach der Einheit Vom Nutzen und Elend der Nationalismen im Leben von Völkern Europa im Aufbruch zu einer neuen Gemeinsamkeit

Vom Nutzen und Elend der Nationalismen im Leben von Völkern

Dieter Senghaas

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Zusammenfassung

Das Ende des Ost-West-Konfliktes hat auch in Europa neue Manövrierräume für nationalistische bzw. ethnonationalistische Bewegungen freigesetzt. In aller Regel wird der ihnen zugrundeliegende Nationalismus als Irrweg diagnostiziert und eine verwerfliche Irrationalität unterstellt. Das Elend, in das nationalistische Bewegungen Menschen und Völker stürzen können, ist offenkundig, dennoch muß auch nach der Rationalität, dem Nutzen des Nationalismus als einer beharrlichen Erscheinung der Moderne gefragt werden. Im Beitrag wird Nationalismus in entwicklungsgeschichtlicher Perspektive thematisiert; Nationalismus wird als Entwicklungsnationalismus begriffen. In historisch-vergleichender Analyse wird sein unterschiedlicher entwicklungspolitischer Stellenwert hervorgehoben. Drei trennbare Kontexte werden unterschieden: der originär-klassische Nationalismus Nordwesteuropas und daran anschließend aller westlichen hochindustrialisierten Länder (OECD); der sekundäre Nationalismus zur Überwindung von erzwungener Unterentwicklung bzw. von Peripherisierung; der tertiäre Nationalismus, der als ein Verfallsprodukt fehlgeschlagener Prozesse nachholender Entwicklung interpretiert werden kann. In der diesen Nationalismen zugrundeliegenden unterschiedlichen Entwicklungsproblematik ist deren rationaler Kern zu sehen. Dennoch ist die ständige Gefahr eines Umkippens von Entwicklungsnationalismus in Dominanzverhalten und Überwertigkeitswahn -ein Reflex sich pathologisierender Aus-und Abgrenzungen (Ethnozentrismus) -nicht zu verkennen. Nationalismen müssen also in ihrer Ambivalenz von Rationalität und Irrationalität wahrgenommen werden.

Das Ende des Ost-West-Konfliktes hat auch in Europa politische Manövrierräume für nationalistische bzw. ethnonationalistische Bewegungen freigesetzt. Damit wiederholen sich in der östlichen und südöstlichen Hälfte Europas Erfahrungen mit entsprechenden politischen Vorgängen, die die Geschichte dieses Raumes schon im späten 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gekennzeichnet haben. Während innerhalb Europas die bipolare Blockkonfrontation des Kalten Krieges potentiell virulenten Nationalismus in den Hintergrund drängte -allein schon deshalb, weil dieser für den Zusammenhalt des jeweiligen Lagers völlig dysfunktional gewesen wäre -, war in den letzten Jahrzehnten Nationalismus im Sinne des antikolonialen Befreiungsnationalismus eine gängige Erscheinung in der Dritten Welt. Auch ethnopolitisch motivierter Nationalismus ist dem Beobachter der Dritten Welt seit langem vertraut, wobei sich dessen Spielarten nunmehr auch in Europa offen und oft mit vergleichbarer Militanz, einschließlich kriegerischer Auseinandersetzungen, wiederfinden.

Während das EG/EFTA-Europa sich bemüht, die Nationalismen dadurch zu überwinden, daß die eigenen Nationalstaaten in einen übergeordneten integrativen Verbund (supranationale Institutionen) eingebracht werden, wird die in den beiden Hälften Gesamteuropas zu beobachtende Ungleichzeitigkeit der Entwicklung als besonders befremdend empfunden: hier angestrengte Bemühungen um Integration, dort Desintegration, Verfall und zahlreiche sezessionistische Bewegungen bis hin zu unverständlich bleibenden und als skurril empfundenen Miniseparatismen -von der Bereitschaft zu in Europa längst überwunden geglaubter brutaler Gewalt ganz zu schweigen.

Angesichts dieser Lage stellt sich erneut die Frage nach dem Nutzen und dem Elend des Nationalismus im Leben von Völkern. Sein Elend für die Völker ist evident: Ein Blick auf das Geschehen in Jugoslawien seit dem Frühsommer 1991 erspart wortreiche Kommentare. Aber worin liegt eigentlich der Nutzen des Nationalismus? Solcher Nutzen muß unterstellt werden, wenn man die gegenteilige These für wenig oder nicht plausibel hält, Millionen von Menschen seien einfach Treibende oder Getriebene einer letztendlich nicht argumentativ nachvollziehbaren Irrationalität -und dieses zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten innerhalb der vergangenen 200 Jahre und zum Teil in ganz konträren kulturellen Zusammenhängen.

Nutzen und Elend von Nationalismen angemessen bewerten zu können, setzt eine entwicklungsgeschichtliche Perspektive voraus. Es ist die These dieses Beitrages, Nationalismus sei immer auch als Entwicklungsnationalismus zu begreifen, wobei das Profil des jeweiligen Nationalismus in spezifischen entwicklungspolitischen Problemstellungen begründet ist. Eine Analyse des Nationalismus muß also dessen verschiedene Kontexte beachten; ohne historisch-vergleichende Orientierung bliebe sie unzureichend

I. Über den originären klassischen Nationalismus

Gleichgültig, welche Nationalismen des späten 19. und des 20. Jahrhunderts diskutiert werden, Bezugspunkte bleiben die klassische Nationalstaatsbildung und der klassische Nationalismus Nordwesteuropas und daran anschließend die vergleichbaren Vorgänge in allen heute hochindustrialisierten Gesellschaften des Westens (OECD). Dem klassischen Nationalismus kommt dabei eine originäre Qualität zu, ansonsten würde er nicht immer wieder in gelehrten Typologien und in gängiger Rede als Vergleichsmaßstab dienen Was zeichnete diesen spezifischen Nationalismus aus?

Unter vergleichender Perspektive muß als sein wichtigstes Kennzeichen gelten, daß es sich bei ihm um ein Spätprodukt einer langwierigen Vorgeschichte handelt, die zunächst keineswegs durch typische „nationale“ oder „nationalistische“ Kräfte oder Bewegungen gekennzeichnet war. Zu dieser Vorgeschichte gehören wenigstens die folgenden, sich über Jahrhunderte und Jahrzehnte hinweg erstreckenden Prozesse:

1. Die Herausbildung von Territorialstaatlichkeit, gekennzeichnet durch die Vorherrschaft eines zentralen Herrscherhauses und durch ein „staatliches“ Gewaltmonopol. Letzteres war das Ergebnis lang anhaltender „Ausscheidungskämpfe“, die zur Überwindung der für den nordwesteuropäischen Feudalismus typischen Machtzersplitterung führten. Territorialstaatlichkeit bedeutete die im Einzelfall mehr oder weniger erfolgreiche Durchdringung eines territorial begrenzten Raumes durch die zentrale Bürokratie des Fürstenhauses, die im Laufe der Zeit zur „Staatsbürokratie“ wurde. Hinsichtlich der erwähnten Ausscheidungskämpfe war entscheidend, daß es in der westlichen Hälfte Europas zu keiner (außereuropäischen Hochzivilisationen vergleichbaren) Großreichbildung kam. Dadurch blieb politischer Wettbewerb eine Grundlage europäischer Entwicklungsdynamik, lange ehe ökonomischer Wettbewerb bestimmend wurde.

2. Versuche einer Kontrolle des Gewaltmonopols durch abgedrängte, ihrer Macht verlustig gegangene Gruppen der Gesellschaft (Adel) und von seiten neuer politischer Kräftegruppierungen (aufsteigendes Bürgertum): Die Monopolisierung von Gewalt implizierte den (letztlich militärischen) Machtverlust der ihrer privat verfügbaren Gewaltmittel beraubten gesellschaftlichen Kräfte. Solche Beraubung provozierte Gegenkräfte. Dieser Umstand und die politischen Anforderungen neuer Sozialschichten wurden zur Geburtsstunde dessen, was Jahrhunderte später mit demokratischer Herrschafts-und Machtkontrolle umschrieben wird.

3. Die Herausbildung einer territorialweiten Verkehrswirtschaft, die in Gestalt kapitalistischer Marktwirtschaft zur vorherrschenden Produktionsweise wurde: Sie ist durch eine weitläufige Arbeitsteilung und eine Mobilisierung der zentralen ökonomischen Faktoren (Boden, Kapital, Arbeit) gekennzeichnet. Dadurch kam Interdependenz im Sinne der Definition des „Duden“ zustande: „die gegenseitige Abhängigkeit sämtlicher Preise“, und, so muß man ergänzen: vielfältige Ausgleichs-prozesse, was die Entlohnung der Produktionsfaktoren angeht. Das langfristige Ergebnis waren Volkswirtschaften (Nationalökonomien).

4. Vereinheitlichungsprozesse (Homogenisierung) im Verkehrs-, Rechts-und Bildungswesen, insbesondere auch im Hinblick auf eine gemeinsame Hochsprache, die zur allgemeinen Verkehrssprache wurde. Dadurch entstanden flächendeckende Medien der Kommunikation und Information, die gleichermaßen für eine effiziente Zentralverwaltung wie für die moderne Verkehrswirtschaft erforderlich sind. Ihre Entwicklung wurde zur Grundlage für die Assimilation ursprünglich lokal, subregional oder regional aufgegliederter, unzusammenhängender Bevölkerungen. Darauf aufbauend wurde breitenwirksame Verständigung erst möglich.

5. Soziale Mobilisierung: Der Umbau von traditionalen zu sich modernisierenden Gesellschaften führte zu einer sukzessiven Entbäuerlichung, Urbanisierung und Alphabetisierung sowie damit zusammenhängend zur Herausbildung neuer, in sich differenzierter sozialer Schichten: Bürgertum, Mittelklasse (im weiten Sinne des Begriffes), Arbeiterschaft, Dienstleister.

6. Breitenwirksame Politisierung: Sie hat soziale Mobilisierung zur Voraussetzung und ist in sozialen Konflikten begründet. Wenngleich mit vielen Rückschlägen, übersetzte sie sich in sukzessive Demokratisierungsschübe. Ihnen ist die Ausweitung und Konsolidierung von demokratisch begründeter Rechtsstaatlichkeit zu verdanken. Wo sie als gefestigt gelten kann, kann die Existenz einer einigermaßen erschütterungsfesten Konflikt-kultur unterstellt werden.

7. Sozialstaatlichkeit: Angesichts einer Ökonomie, deren innere Dynamik auf Ungleichheit aufbaut, kam es zur politischen Gegensteuerung von seiten gesellschaftlicher Kräfte und des Staates. Diese Gegensteuerung war für die Herausbildung effizienter kapitalistischer Volkswirtschaften (Nationalökonomien) unerläßlich: Ohne sie wäre es aus systemimmanenten Gründen in aller Regel eher zu einer Akkumulation von Elend und nicht zur Investitionseffizienz als Grundlage für die Herausbildung des Wohlfahrtsstaates gekommen.

8. Allzweckregierungen: Aus dem merkantilistischen, schließlich dem (meist stilisierten) Nachtwächterstaat entwickelten sich in der Folge einer anhaltenden und unabweisbaren Übernahme von zusätzlichen Kompetenzen Allzweckregierungen, die vielfältige Steuerungsfunktionen sowohl nach innen als auch nach außen haben. Letztere vor allem im Hinblick auf die politische Manipulation der außenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die jeweilige Volkswirtschaft. 9. Herausbildung nationaler Identität: Erst in einer Spätphase der genannten Prozesse kam es zur Herausbildung „nationaler“ Identität. Nationale Identität war also ein Spät-und Kunstprodukt. Sie kann nicht auf naturgegebene (welche auch?) Umstände zurückgeführt werden, wenngleich protonationale Umwelten (gewachsenes Siedlungsgebiet, gemeinsame Sprache, empfundene Volksgruppenzugehörigkeit, Religionsgemeinschaft u. a.) beim Übergang von traditionalen zu sich modernisierenden Gesellschaften die Herausbildung einer nationalen, d. h. neuen und übergeordneten Identität erleichterten. Die Ermöglichung nationaler Identität ist mit dem Modernisierungsprozeß in Verbindung zu bringen, dem traditionale Gesellschaften ausgesetzt sind: Dieser schafft vermittels sozialer Mobilisierung die objektive Grundlage für jene historisch sich entwickelnde neue Identifikation, die über die jeweilige Eingebundenheit in begrenzte Örtlichkeiten hinausreicht und allmählich als nationale Identität empfunden wird. Überdies führt soziale Mobilisierung zu existentieller Verunsicherung angesichts eines anonymen, nicht mehr individuell steuerbaren Marktgeschehens sowie -damit zusammenhängend -zu psychischer Entfremdung und entsprechenden Kompensationsbedürfnissen. Eine solche psychische Ummodellierung von Menschen kommt der Aufbereitung eines Nährbodens für nationale Identifikation gleich; gleichzeitig entsteht aber in ihrer Folge auch ein potentieller Resonanzboden für nationalistisch ausgerichtete Manipulation

Territorialstaatlichkeit, marktwirtschaftliche Verkehrswirtschaft, die Homogenisierung wesentlicher Lebensbereiche, der Umbau traditionaler Gesellschaften in der Folge sozialer Mobilisierung und breitenwirksamer Politisierung sind fundamentale Hintergrundbedingungen für die Herausbildung des modernen Nationalstaates nordwesteuropäischer Prägung und des ihn kennzeichnenden Nationalismus. Obgleich die vorangehende Auflistung an einem Idealtypus ausgerichtet ist, lassen sich alle einschlägigen Fälle -rückblickend betrachtet: die OECD-Gesellschaften -in dieser Auflistung unter systematischen Gesichtspunkten verankern

Unter entwicklungsgeschichtlicher Perspektive muß dieser originäre klassische Nationalstaatsbildungsprozeß als früh, langsam und integrativ gekennzeichnet werden. Er führte langfristig zu einem homogenen Rechts-, Wirtschafts-und Kulturraum. Das scheinen allgemeine und abstrakte Begriffe zu sein, doch sie konkretisieren und substantiieren sich beispielsweise in der allgemeinen Verbindlichkeit von Gesetzen, in gemeinsamer Währung, in einem weithin einheitlichen Schulsystem usw. Das Zusammenwirken von Rechts-, Wirtschafts-und Kulturraum unter dem Vorzeichen einer in hohem Maße zentralen politischen Steuerung erzeugte einen neuen strukturellen Zusammenhalt (Kohärenz).

Im Sinne einer grundlegenden gesellschaftstheoretischen Beobachtung des 19. Jahrhunderts (Spencer) läßt sich daher formulieren: Vermittels des genannten Nationalstaatsbildungsprozesses wurden aus traditionalen Gesellschaften, die ihrerseits durch unzusammenhängende Gleichartigkeit (Subsistenzökonomien) gekennzeichnet waren, moderne Gesellschaften, die durch zusammenhängende Verschiedenartigkeit (Integration auf der Grundlage breitenwirksamer, arbeitsteiliger und institutioneller Ausdifferenzierung) charakterisiert sind. Homogenisierung bzw. Homogenität sowie Kohärenz sind wichtige Kategorien, um diese neuen sozialen Gebilde zu beschreiben

Die idealtypische Auflistung der Hintergrundbedingungen von originärer Nationalstaatsbildung und des ihr entsprechenden Nationalismus macht es möglich, hinsichtlich einzelner Prozesse, die in den frühesten Fällen sich über Jahrhunderte hinweg erstreckten, Abstriche vom Idealtypus zu machen: Die Territorialstaatlichkeit kann randunscharf und das Gewaltmonopol umstritten bleiben. Der Kampf um die Kontrolle des Gewaltmonopols (und damit die Herausbildung von Rechtsstaatlichkeit) war in aller Regel ein Vorgang mit vielen Rückschlägen. Oft bleibt der nicht marktwirtschaftliche „informelle“ Sektor gegenüber der marktwirtschaftlich organisierten Ökonomie von Gewicht. Der Widerstand gegen die Homogenisierung zentraler Lebens-und Erfahrungsbereiche (Recht, Bildung, Sprache usw.) erwies sich nicht selten als zählebig. Zwischen sozialer Mobilisierung und breitenwirksamer Politisierung gab es ganz unterschiedliche institutioneile Vermittlungen auf politischer Ebene, ehe sich im Endeffekt liberal-demokratische (parlamentarische) Systeme herausbildeten und konsolidierten. Die Ausmaße von Sozialstaatlichkeit können höchst unterschiedlich geartet sein, ebenso die Reichweite der Kompetenzen von Regierungen und staatlichen Behörden. Die Identifikation mit nationalen Symbolen kann sich als anhaltend schwierig, manchmal sich jedoch als erstaunlich problemlos erweisen. Trotz solcher Variabilität läßt sich der langfristige originäre Nationalstaatsbildungsprozeß in allen OECD-Gesellschaften durch die neun genannten Vorgänge systematisch beschreiben und erklären.

Ein weiterer entscheidender Faktor für Nationbildung und Nationalismus besteht darin, daß die genannten Vorgänge nicht in einem beziehungsfreien Raum stattfinden, sondern sich mit anderen vergleichbaren Prozessen in Raum und Zeit stoßen. In entwicklungsgeschichtlicher Perspektive war die Ungleichzeitigkeit auch im Falle der originären Nationalstaatsbildungsprozesse (OECD-Länder) von kritischer Bedeutung Vor allem ökonomisches Kompetenzgefälle, dem zuallermeist ein vergleichbares Gefälle in anderen Dimensionen zugrunde lag, führte dazu, daß die kompetentere Ökonomie (im ursprünglichen Fall: England) vermittels eines entsprechenden Verdrängungswettbewerbs die weniger kompetenten, noch nicht wettbewerbsfähigen und noch nicht konsolidierten Ökonomien zu peripherisieren drohte. Die historische Erfahrung zwischen 1750 und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist von bleibender grundsätzlicher Bedeutung:

Kompetenzgefälle, Verdrängungswettbewerb und Peripherisierungsdruck sind grundlegende Tatbestände, mit denen sich insbesondere jene Staaten, Gesellschaften und Ökonomien auseinanderzuset­ zen haben, die mit der jeweiligen Spitzenökonomie wettbewerbsmäßig zunächst nicht Schritt halten können. Wollen sie angesichts des überlegenen Wettbewerbs nicht zu Peripherien werden, müssen sie Abwehrkräfte mobilisieren. Das aber bedeutet die Mobilisierung von Entwicklungsnationalismus zum Schutze des eigenen, nachholenden Entwicklungsprojektes mit dem Ziel, gleichzuziehen, danach die Spitzenökonomie unter Wettbewerbs-druck zu setzen („Gegenpenetration“) und gegebenenfalls selbst eine Spitzenposition zu erringen („dependency reversal“).

Von diesem Hintergrund her wird verständlich, daß Spitzenökonomien freihändlerisch-kosmopolitisch orientiert sind, wenngleich auch sie, ehe sie eine solche Position errungen haben, in aller Regel durch und durch nationalistisch-protektionistisch verfahren. Nachzügler sind zum Entwicklungsnationalismus verdammt, wollen sie nicht das Opfer von überlegenem, effizientem Verdrängungswettbewerb werden. Innovations-, aber auch Erhaltungsprotektionismus gehörten deshalb immer schon zu den Prozessen originärer Nationalstaats-bildung. Und selbst heute, wo sich der OECD-Club der hochindustrialisierten Gesellschaften auf einigermaßen vergleichbarem Wettbewerbsniveau bewegt, sind beide immer noch Teil einer Politik, die auf Wettbewerbsvorteil und auf Selbstschutz ausgerichtet ist: Neue technologische Spitzenbranchen kommen in den Genuß von Innovationsprotektionismus, alternde Industrien in den Genuß von Erhaltungsprotektionismus.

Von diesem Hintergrund her wird auch verständlich, warum es etwa hundert Jahre bedurfte, ehe die heute hochindustrialisierten westlichen Industrie-gesellschaften zu einer Integration in übergeordnete Verbünde (OECD, EG, GATT usw.) fähig wurden und bereit waren: Sie konnten tendenziell freihändlerisch werden, nachdem sie vergleichbare effiziente Binnenprofile erreicht hatten, und sie können mit einem verhaltenen, gewissermaßen dosierten Entwicklungsnationalismus -ausgedrückt im selektiven Innovations-und Erhaltungsprotektionismus -jenen Problemdruck verarbeiten, der durch die jeweils relativen Aufwärts-bzw. Abwärtsmobilitäten gerade auch innerhalb des Clubs der hochindustrialisierten Industriegesellschaften entsteht. Sollte im übrigen dieser Problemdruck zunehmen, beispielsweise in der Folge einer sich dramatisch unterschiedlich entwickelnden Wettbewerbsfähigkeit einzelner OECD-bzw. EG/EFTAÖkonomien, würde dadurch die Befähigung zu einem auf Integration ausgerichteten Freihandel verloren gehen und Entwicklungsnationalismus an politischer Virulenz gewinnen.

II. Entwicklungsnationalismus zur Überwindung von Peripherisierung

Die originär-klassischen Nationalstaaten des Nordwestens Europas und heute alle OECD-Staaten sind immer noch durch Abstriche vom dargelegten Idealtypus gekennzeichnet. Diese Abstriche zeigen sich vor allem im Hinblick auf die Kohärenz marktwirtschaftlich organisierter Verkehrswirtschaft und hinsichtlich kultureller Homogenität, in früheren Jahrzehnten auch im Hinblick auf die Sozialstruktur: Inkohärenz dokumentiert sich in der Existenz innerer Peripherien (wie beispielsweise der Bretagne in Frankreich); Nichthomogenität kann sich im anhaltenden Widerstand regionaler bzw. subregionaler Dialekte solcher Peripherien gegen die Hochsprache ausdrücken; eine veraltete Sozialstruktur zeigt sich im Überleben traditionaler Eliten, früher meist der Landoligarchie, in solchen peripheren Räumen. In aller Regel können sich jedoch solche inneren Peripherien dem Entwicklungsrhythmus des institutionell, ökonomisch und kulturell motivierten Nationalstaatsbildungsprozesses nicht entziehen: Entweder überträgt sich im Laufe der Zeit breitenwirksame Entwicklungsdynamik auch auf solche inneren Peripherien -ein äußerst seltener Fall -, oder sie werden weitgehend vom Entwicklungsrhythmus abgekoppelt, was eine dramatische Abwanderung der aktiven, insbesondere der jungen Menschen und eine Überalterung der restlichen Bevölkerung zur Folge hat.

Dabei kommt eine fatale Dynamik zwischen den Ansaugeffekten der dynamischen Wachstumspole (z. B. Pariser Becken) und den Abstoßeffekten stagnierender bzw. regredierender innerer Peripherien (z. B. Bretagne) zustande. Da solche Peripherien meist von der Industrialisierung weitgehend unberührt bleiben und moderne Landwirtschaft sich kaum oder nur sehr verspätet durchsetzt, besteht für sie -sofern durch das Wachstumszentrum eine entsprechende Infrastruktur aufgebaut wird -in einer Spätphase die Chance, zu einer Attraktion für den modernen Tourismus zu werden. Das ist genau in den Peripherien Frankreichs (z. B. Bretagne) so eingetreten.

Bezeichnenderweise wird dann eine gewisse Aufwärtsmobilität solcher regionaler Peripherien innerhalb von klassischen Nationalstaaten erneut zum Ausgangspunkt eines regionalen Nationalismus (wie er im jüngeren bretonischen Nationalismus wieder zum Ausdruck kommt). Es ist ein Nationalismus, der auf Bewahrung der eigenen Identität ausgerichtet ist (Schottland, Cornwall, Wales, Bretagne) und der auch in ökonomischer Hinsicht ein eigenes „alternatives“ Entwicklungsprojekt zum Ziel hat (wenngleich letzteres meist illusionärer Natur ist). Bleibt er gemäßigt, strebt er regionale Autonomie im überkommenen Staats-verband an; wird er militant, ist er auf Sezession ausgerichtet. Der Übergang von Militanz zu punktuellem Terrorismus ist oft nur ein gradueller

Dieser regionale Nationalismus zur Abwehr von Peripherisierung („innere Kolonie“) darf nicht in-eins gesetzt werden mit jenem (wie in Katalonien und in Slowenien), dem es innerhalb von nicht zureichend integrierten Gesellschaften (Spanien, ehemaliges Jugoslawien) um Besitzstandswahrung hinsichtlich der eigenen fortgeschrittenen Region und um die Abwehr der Ansprüche zurückgebliebener Regionen geht. Im letzteren Fall zielt nationalistischer Separatismus darauf, die Früchte des eigenen effizienten Wirtschaften für sich selbst zu sichern und den Ressourcenabfluß in ärmere Regionen zu stoppen.

Was hinsichtlich der internen zurückgebliebenen Peripherien vor allem aus der Perspektive sogenannter Regionalpolitik bzw. regionaler Strukturhilfepolitik noch als ein handhabbares Problem erscheint, stellt sich im Fall von ehemaligen Kolonien und von Exklavenwirtschaften ohne kolonialen Status -also von Peripherien im Weltwirtschaftssystem -viel grundsätzlicher und dramatischer dar: Oft bleibt die Territorialität des Staatsgebildes angesichts ehedem künstlich gezogener Grenzen umstritten, ebenso das einst von den kolonialen Mächten aufgepfropfte Gewaltmonopol. Die Ökonomie zeichnet sich meist durch tiefe innere Zerklüftungen aus (strukturelle Heterogenität), wobei der Entwicklungsprozeß nicht selten zu ihrer Vertiefung und nicht zu zunehmender Kohärenz führte. Diese ökonomische Brüchigkeit (Inkohärenz) findet ihre Parallelität in mangelnder Homogenisierung: Potentiell homogenisierende Medien wie beispielsweise das Rechts-und Bildungssystem und die Amtssprache sind oft nichts anderes als aufgesetzt (also fremde und fremdbleibende Kunst-produkte); sie erweisen sich im Falle von Konflikten eher als Sprengkraft und nicht als verbindendes Band. Aus der Dynamik peripherer Entwicklung, wie sie in den unterentwickelten Ländern Europas und in der Dritten Welt zu beobachten war und ist, ergeben sich in aller Regel fatale Folgen -die Unfähigkeit, die Masse der Menschen in die Wirtschaft produktiv einzugliedern; -die wachsende Unfähigkeit, die Masse der Menschen mit lokal erzeugten landwirtschaftlichen Gütern zu ernähren; -die Unfähigkeit, eigene Produktionsmittel (Handwerkszeug, Ausrüstungsgüter, Technologien) zu erfinden und herzustellen oder derartige, andernorts schon bestehende Güter an lokale Bedingungen anzupassen; -die Unfähigkeit, das überdurchschnittliche Bevölkerungswachstum -u. a. ein Ergebnis sozioökonomischer Zerrüttung -in den Griff zu bekommen; -die Unfähigkeit, technischen Fortschritt, der auf die lokale Problemsituation bezogen wäre, selbst in Gang zu bringen und überkommene Produktionsstrukturen entsprechend zu verändern; -die Unfähigkeit, den offensichtlichen Prozeß weiter fortschreitender innerer Zerklüftung aufzuhalten und umzukehren; -eine fatale Dialektik von fehlgeleitetem Wachstum und Massenelend, das sich inzwischen immer stärker auch in ökologische Zerrüttung mit wahrscheinlich exponentiellem Wachstum übersetzt.

In solchem Zusammenhang muß Entwicklungsnationalismus als eine Defensivreaktion verstanden werden: Es geht, solange der abhängige Status noch nicht überwunden ist, zunächst einmal um die Erringung politischer Souveränität gegen eine politische, überdies militärisch abgesicherte Fremdbestimmung. In dieser Phase ist Entwicklungsnationalismus weitgehend identisch mit der Entkolonisierungs-und Befreiungsbewegung. Ist einmal die Unabhängigkeit errungen, so richtet sich angesichts der objektiv Vorgefundenen Problemlage -der strukturellen Altlasten des Kolonialismus -Entwicklungsnationalismus auf die Wiedererringung kultureller Selbstbestimmung, den Aufbau einer soliden Infrastruktur (Staatsverwaltung, Rechtswesen, Verkehrswesen, Bildungssystem usw.) sowie auf die Herausbildung einer lebensfähigen Volkswirtschaft. Der Entwicklungsnationa-lismus hat demzufolge in diesem Zusammenhang ein Doppelgesicht: Zum einen ist er abwehrend gegen weiteren Peripherisierungsdruck, zum anderen ist er konstruktiv-aufbauend auf das eigene Entwicklungsprojekt gerichtet.

Was dieses Entwicklungsprojekt zu leisten hätte, wurde in vielen entwicklungsnationalistisch motivierten Dokumenten klar Umrissen: die Erschließung des eigenen Entwicklungspotentials, einmal durch eine breitenwirksame Mobilisierung lokaler Ressourcen (insbesondere auch des landwirtschaftlichen Sektors), zum anderen durch die Schaffung neuer Kompetenzen in der Folge von Alphabetisierung und differenzierter Ausbildung sowie durch ein auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnittenes, dem Entwicklungsstand gemäßes Industrialisierungsprogramm. Das „nationale“ Entwicklungsprogramm hat also eine umfassende Zielsetzung: Sicherung der Territorialität, Überführung einer dualistisch zergliederten, strukturell heterogenen Exklavenwirtschaft in eine kohärente Volkswirtschaft (Nationalökonomie), die Homogenisierung des Rechts-, Wirtschafts-und Kulturraumes und damit die Herausbildung einer eigenen „nationalen“ Identität

Entwicklungsprojekte dieser Natur zu verfolgen war nicht nur eine Angelegenheit in den Ländern der südlichen Kontinente, seien sie nun offen kolonialisiert oder nur über ökonomische Mechanismen in das sogenannte „informal empire“ eingegliedert gewesen (was im Endergebnis keinen großen Unterschied machte). Entwicklungsprojekte dieser Art wurden auch in Europa verfolgt, so vor allem in Irland (gegen England) sowie im südlichen, südöstlichen, östlichen und nordöstlichen Europa (im letzteren Falle insbesondere in Finnland und den baltischen Staaten)

Gemessen am originären Nationalismus war Entwicklungsnationalismus im Kontext von Peripherien verspätet, abgeleitet und nachholend, also von sekundärer Natur. Daß er einen antikolonialistischen bzw. antiimperialistischen Einschlag hatte, versteht sich angesichts der Ausgangslage, auf den er sich bezog, von selbst. Daß er darüber hinaus sich in aller Regel als „sozialistisch“ verstand, hing nicht nur damit zusammen, daß seit 1917 und über Jahrzehnte hinweg die Sowjetunion als erste und führende antiimperialistische Macht der Welt galt, sondern weil (wie im unabhängigen Indien und an vielen anderen Orten) Sozialismus als ein Medium verstanden wurde, mit dessen Hilfe der weiteren kapitalistischen Durchdringung von Peripherien widerstanden werden sollte. Die von solcher Durchdringung herrührenden Zerrüttungen sollten mit zentraler Entwicklungsplanung und den typischen Instrumentarien sozialistischer Ordnungspolitik überwunden werden: mit Staats-bzw. Kollektiveigentum, mit administrierten Preisen und dem Außenhandelsmonopol. Im Grunde genommen versuchte dieser Entwicklungsnationalismus, mit Hilfe einer Art von merkantilistischer Politik eine breitenwirksame Modernisierung zu inszenieren. Wo immer die Akzente im einzelnen gesetzt wurden, die Programme eines Sun Yat-sen, Atatürk, Peron, Nehru, Nkrumah, Kim il Sung unterschieden sich im Hinblick auf das angestrebte „Entwicklungsprojekt“ nur punktuell und graduell, nicht aber in der zentralen Stoßrichtung: der „nachholenden Entwicklung“. Und da diese Entwicklungsnationalismen objektive Problemlagen widerspiegelten, sollten sie gerade im Rückblick von diesen her beurteilt werden -ungeachtet der Tatsache, daß viele solcher Versuche aus inzwischen oft diskutierten Gründen gescheitert sind. „Nationale Systeme der politischen Ökonomie“ aus dem Zusammenhang schon erfolgter Peripherisierung und anhaltenden Peripherisierungsdrucks zustandezubringen (sekundärer Entwicklungsnationalismus) war ein offensichtlich viel schwierigeres Unternehmen als im Falle des originären Entwicklungsnationalismus. Letzterer entfaltete sich nach dem dramatischen Entwicklungsdurchbruch Englands im 18. Jahrhundert vor allem auf dem europäischen Kontinent, in Skandinavien, in den USA und später in Kanada, Neuseeland und Australien, wobei England der Ursprung eines virulenten Verdrängungswettbewerbs und des daraus resultierenden Peripherisierungsdrucks war. Die in diesem Zusammenhang von Friedrich List diagnostizierte Grundproblematik, nachholende Entwicklung trotz des Kompetenzvorsprungs der führenden Ökonomie Englands zu realisieren war allerdings weit weniger dramatisch als alle späteren Versuche, bei denen es nicht nur um eine erfolgreiche Abwehr der Gefahr ging, peripherisiert zu werden, sondern um die Überwindung von schon ausgebildeten Peripheriestrukturen, die meist die Folge einer militärisch durchgesetzten politischen und ökonomischen Fremdbestimmung (Kolonialismus/Imperialismus) waren. Diese grundlegend unterschiedliche Ausgangslage legt die analytische Differenzierung zwischen sekundärem und originärem Entwicklungsnationalismus nahe.

Will man den sekundären Entwicklungsnationalismus in seinem spezifischen Kontext korrekt wahrnehmen, so tut man gut daran, alle seine wesentlichen Spielarten gleichzeitig zu betrachten: -den „desarrollismo“ („developmentalism“), also die beispielhaft in Lateinamerika früh formulierte Entwicklungsprogrammatik, der es um den Aufbau eines nationalen Systems der politischen Ökonomie mit dem Ziel einer forcierten Aufwärtsmobilität einzelner nationaler Volkswirtschaften innerhalb der Hierarchie der Weltwirtschaft ging. Solche Versuche sind, insgesamt betrachtet, im wesentlichen gescheitert; was zu beobachten ist, ist bestenfalls partielle Aufwärtsmobilität, oft genug aber Regression und damit anhaltende Peripherisierung bzw. Marginalisierung im Weltwirtschaftssystem. Spektakuläre Ausnahme ist allerdings die dramatische Aufwärtsmobilität des ostasiatischen Wirtschaftsraumes innerhalb der letzten Jahrzehnte: ein in jeder Hinsicht bemerkenswerter Vorgang und ein erneutes Beispiel für erfolgreichen Entwicklungsnationalismus; -den faschistisch-korporatistischen Entwicklungsweg, der in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts vor allem in der südlichen und südöstlichen Hälfte Europas zu beobachten war, zum Teil auch in den dreißiger und vierziger Jahren in Lateinamerika. Auch er scheiterte in aller Regel; nur im Falle des frankistischen Spaniens sowie von Brasilien und Argentinien kann eine teilweise Aufwärtsmobilität diagnostiziert werden; -den Entwicklungsweg des Realsozialismus, der auf den Aufbau autarker Wirtschaften bei gleichzeitigem Versuch der Integration in ein „sozialistisches Weltwirtschaftssystem“ ausgerichtet war. Sein letztendliches Scheitern ist inzwischen offenkundig und nicht nur von entwicklungspolitischer Bedeutung, sondern Ursache eines weltpolitischen Umbruchs am Ende der achtziger und Beginn der neunziger Jahre dieses Jahrhunderts.

III. Neu auflebende Ethnonationalismen

Die meisten Versuche, die Programmatik des sekundären Entwicklungsnationalismus in politische Praxis zu übersetzen, sind gescheitert oder doch nur marginal erfolgreich gewesen. Wesentliche Ergebnisse des angestrebten Entwicklungsprojektes sind nicht zustande gekommen: nicht die territorialstaatliche Konsolidierung, nicht der Aufbau einer leistungsfähigen Volkswirtschaft, nicht die Vereinheitlichungen in wichtigen Lebensbereichen, nicht der Aufbau und die Sicherung von Rechtsstaatlichkeit, nicht die Ausweitung demokratischer Partizipation. Es kann deshalb nicht überraschen, daß angesichts eines derart brüchigen, durch anhaltende Zerklüftungen gekennzeichneten politischen, sozialen, ökonomischen und kulturellen Hintergrundes territorialweite, so-genannte „nationale“ Identitätsbildungen in den betreffenden Regionen nicht oder nur bruchstückhaft zu beobachten sind.

Da aber auch die fehlgelaufenen Entwicklungsprozesse zu sozialer Mobilisierung führten, also zur schrittweisen Entbäuerlichung dieser Gesellschaften, zu ihrer Alphabetisierung und zu einer überdies dramatischen Urbanisierung, konnte eine breitenwirksame Politisierung nicht ausbleiben: Auch in solchen Gesellschaften stoßen mobilitätsorientierte Menschen und Gruppen an strukturelle Grenzen („blockierte Mittelschichten“), die in das überkommene Herrschaftssystem sowie in die alte Gesellschafts-und Wirtschaftsstruktur eingebaut sind. Ihre Aufwärtsmobilität, wie immer auch mengenmäßig begrenzt, bedroht den überkommenen Status quo und provoziert bei dessen Nutznießern die Furcht vor sozialem Abstieg, was Abwehrreaktionen auslöst. Wenn die Konfrontation entlang volksgruppenmäßiger, religiöser, kultureller oder sprachlicher Konfliktlinien oder einer Kombination dieser Faktoren verläuft, ist ein „ethnonationalistischer Konflikt“ vorprogrammiert Dem Ethnonationalismus der heranwachsenden Gegenelite widersetzt sich dann ein Ethnonationalismus der Besitzstandswahrung. Ethnizität provoziert Gegenethnizität; selbst sehr kleine Ethnonationalismen fordern entsprechende Gegenethnonationalismen heraus. Schrumpft gleichzeitig die wirtschaftliche Produktion, dann akzentuieren sich die Engpässe, und wie überall in solcher Lage verschärft sich auch hier der soziale Konflikt.

Zum Kristallisationspunkt der Politisierung wird in solchen Konflikten meist die Sprach-und Kultur-politik, weiterhin die Auseinandersetzung um eine faire politische Beteiligung, schließlich die Wirtschaftspolitik. Kommen alle drei Konfliktthemen zusammen, so entwickelt sich eine Dynamik, die schrittweise Lösungen in Teilbereichen nicht mehr zuläßt. Dann übersetzt sich die verbale Radikalisierung ethnonationalistischer Politik in offene Militanz, in bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen.

So betrachtet, ist der heute in Europa und weltweit beobachtbare „neue Ethnonationalismus“ in aller Regel nicht nur ein Spätprodukt, sondern, präziser formuliert, ein Verfallsprodukt jenes wenig erfolgreichen Entwicklungsweges, der oben als sekundärer Entwicklungsnationalismus beschrieben wurde. Natürlich hat auch dieser „neue“ Ethnonationalismus historische Wurzeln und Vorläufer. Aber daß er jetzt an vielen Stellen in Europa und in der Welt erneut virulent wird, hängt vor allem mit dem weitgehenden Fehlschlag der Bemühungen um eine nachholende Entwicklung zusammen, auf die der sekundäre Entwicklungsnationalismus gerichtet war („nation-building“). Der neue Ethnonationalismus läßt sich also als eine erneute Defensivreaktion auf eine historisch vorgängige, im praktischen Vollzug in aller Regel gescheiterte Defensivreaktion (Bemühen, aus dem peripheren Status in der Weltwirtschaft vermittels einer inszenierten nachholenden Entwicklung auszubrechen) begreifen.

Man könnte deshalb den Ethnonationalismus in diesen seinen jüngsten Erscheinungsformen als tertiären Entwicklungsnationalismus bezeichnen Er teilt mit dem sekundären Entwicklungsnationalismus eine vergleichbare Stoßrichtung: Identitätssuche in Abwehr von Überfremdung oder Assimilation, politische Selbstbestimmung, ökonomische Entwicklung mit dem Ziel eigener Wohlfahrtssteigerung, Förderung kollektiver und individueller Entwicklungschancen usw. Das sind in aller Regel entwicklungspolitische Ziele, die in den Programmatiken der früheren Entwicklungsnationalismen nicht anders formuliert worden waren; sie werden nunmehr aber in einem anderen Zusammenhang artikuliert, was in analytischer Hinsicht die Be-Zeichnung „tertiärer Entwicklungsnationalismus“ rechtfertigt.

Wenn diese Beobachtung korrekt ist, dann sind tertiäre Ethnonationalismen dort nicht zu erwarten, wo der sekundäre Entwicklungsweg im Sinne nachholender Entwicklung erfolgreich war, also beispielsweise in Ostasien. Wo andererseits die entwicklungspolitischen Fehlschläge besonders markant sind, wo also Regression in aller Breite stattfindet (wie in Teilen Schwarzafrikas), müßte eine sehr tiefgreifende „Retraditionalisierung“ beobachtbar sein. Diese ergibt sich nicht aus einem Widerspiel von ethnonationalistisch überformter Aufwärtsmobilität bzw. Abstiegsabwehr, sondern angesichts eines allgemeinen politischen und sozioökonomischen Zerfalls aus purem Machtkampf, in dem weder für die eine noch für die andere Partei eine mobilisierbare ökonomische Grundlage mehr verfügbar ist („Somalia-Syndrom“) und wo alte Identifikationsmuster tatsächlich neu auferstehen („Tribalismus“).

IV. Vom Elend und der bleibenden Unentrinnbarkeit der Nationalismen

Das Elend der Nationalismen jedweder Ausprägung ist offenkundig: Es ist in den Grenzziehungen der eigenen (wie immer im einzelnen definierten) Kommunität gegenüber der übrigen Umwelt begründet. Diese Grenzziehung erzeugt Selbstbezug und in der pathologischen Steigerung „Überwertigkeitswahn“ (G. Eiwert). Das heißt, die Grenze zu anderen „Nationalitäten“ oder Ethnien wird überzeichnet, und da die Grenzziehung potentiell in einem Konfliktbezug begründet ist, droht ein tatsächlicher Konflikt relativ frühzeitig, autistische Züge anzunehmen. Nach allen Erfahrungen wird in einem solchen Umfeld die Konflikteskalation von einer unerbittlichen Eigendynamik geprägt. Wenn sich dann die Konfliktparteien nicht nur psychisch weiter aufrüsten, so daß sich ihre Affekte aufheizen und sich ihre Feindfixierung zuspitzt, sondern wenn sie sich auch mit Waffen hochrüsten, wenn überdies die Existenzsicherung bewaffneter Gruppen vom ununterbrochenen Fortgang eines Konfliktes abhängig wird, sind alle Voraussetzungen für eine Bürgerkriegssituation und anhaltende kriegerische Auseinandersetzungen entstanden: der Kommunikationsabbruch, eine erhebliche Emotionalisierung, die Kompromißlosigkeit und schließlich die Bereitschaft, Gewalt an die Stelle von Kommunikation treten zu lassen sowie bewaffnete Gewalt strategisch kalkuliert einzusetzen. Affektsteigerung und Militanz korrespondieren dann mit fehlender Sensibilität gegenüber den Kosten und Opfern des Konfliktes, auch mit wachsender Blindheit für die Möglichkeit, neue Prämissen für eine neue friedliche Koexistenz zu finden

Während also den Nationalismen unterschiedlichster Prägung unbezweifelbar ein entwicklungspolitisch rationaler Stellenwert zukommt, ist -wenn man das 19. und 20. Jahrhundert betrachtet und insbesondere auch die gegenwärtige weltpolitische Szenerie -die Gefahr ihres Umkippens in pathologische, menschenverachtende Bewegungen nicht gering *Zu beachten ist also die Ambivalenz der Nationalismen: Entwicklungsnationalismus und der Nationalstaat haben die Fähigkeit zu politischer Autonomie und zur Selbstregierung gesteigert. Wo Entwicklungsnationalismus erfolgreich war, hat er zu Volkswirtschaften mit hohem Leistungsvermögen geführt, das zum erstenmal in der Geschichte Umverteilungen erlaubte; erweiterte Beteiligungsrechte wurden im nationalen Kontext errungen; Bildungschancen werden im nationalen Zusammenhang wahrgenommen; der Sozialstaat ist das Ergebnis eines erfolgreichen nationalen Systems der politischen Ökonomie. Auch bleibt im nationalen Zusammenhang die kulturelle Identität mit erlebbaren Nahräumen rückgekoppelt. Ein solcher Nahraum ist zwischen dem unmittelbaren Lebensumfeld einerseits und der weiten Welt andererseits immer noch die eigene Nation -gleichgültig, ob zu ihr affektiv besetzte Beziehungen bestehen oder nicht. Dennoch lehrt die Geschichte, daß der Nationalstaat und mit ihm die Nationalismen unterschiedlicher Prägung problematische, in mancher Manifestation ausgesprochen gefährliche Unternehmen sein können -vor allem, wenn sie durch eine sozialdarwinistische und/oder rassistische Ideologie untermauert werden. Auch mildere Ausprägungen solcher Einstellungen wie chronischer Ethnozentrismus können problematische Folgen zeitigen.

Aber die in Nationalismen eingebauten Gefährdungen -das immer drohende Umkippen in Überwertigkeitswahn -sollten nicht den Blick dafür trüben, daß auch in Zukunft in nationaler wie intema-tionaler Politik Nationalismus ein unentrinnbarer Faktor mit einem unverkennbaren entwicklungspolitischen Stellenwert bleiben wird Die Kompetenzgefälle innerhalb des internationalen Systems und der Weltwirtschaft haben nicht ab-, sondern zugenommen. Selbst im Club der führenden Industriegesellschaften (OECD), wo noch am ehesten „symmetrische Interdependenz“ vorliegt, gibt es Problemlagen, die -wie oben dargestellt -entwicklungsnationalistisch, nämlich mit Erhaltungs-bzw. Innovationsprotektionismus angegangen werden. Aber solche Problemlagen sind relativ einfach handhabbar. Die wirklich schwierigen Problemlagen bestehen nicht zwischen einigermaßen breitgefächert-wettbewerbsfähigen Gesellschaften und Ökonomien, sondern im Kontext von „asymmetrischer Interdependenz“, also bei Existenz von Zentrum-Peripherie-Beziehungen, so wie sie zwischen den OECD-Gesellschaften und den Entwicklungsregionen der Welt bestehen.

Wenn „kosmopolitische Entwicklungsprogramme“ schon im Club der Industriegesellschaften nur mit Abstrichen verfolgt werden und auch hier ein wachsender, wenngleich bisher immer noch milde dosierter Neoprotektionismus bzw. Neomerkantilismus zu diagnostizieren ist, kann nicht überraschen, daß unter dem Vorzeichen eines krassen Kompetenzgefälles nicht kosmopolitisch-freihändlerische Handlungsmaximen überwiegen, sondern akzentuiert protektionistische bzw. neomerkantilistische. Und wenn man unterstellt -wofür es viele Indizien gibt -, daß es zu einer weiteren Internationalisierung von Kapital, Waren, Technologie undKnow-how kommen wird und daß die Internationalisierung von Information und Kommunikation bei weitem noch nicht an absehbare Grenzen gestoßen ist, wird der Peripherisierungsdruck auf Ökonomien, die den Zentren der Weltwirtschaft nachgeordnet sind, nicht ab-, sondern zunehmen. Deshalb sind auch weiterhin entsprechende Defensivreaktionen wahrscheinlich: Je unerbittlicher der Druck und seine zerrüttenden Folgewirkungen, um so unerbittlicher die Antwort; je aussichtsloser die Lage, um so fundamentalistischer die Reaktion. Genau in dieser Problemlage ist die Geburtsstätte geschichtsmächtiger, politisch folgenreicher fundamentalistischer Strömungen, wie sie sich in vielen Entwicklungsregionen der Welt manifestieren, zu sehen.

Es macht also wenig Sinn, vor allem über die Irrwege oder Irrationalismen der diversen Nationalismen zu sprechen, ohne zuallererst über den rationalen Kern der Nationalismen qua Entwicklungsnationalismus zu reflektieren. Im übrigen besteht keine Schwierigkeit, die Irrationalisierung von Nationalismen analytisch zu erfassen. Selbst für die als „Verzweiflungsnationalismen“ (R. Kurz) gekennzeichneten nationalistischen Bewegungen der vergangenen Jahre, vor allem auch diejenigen in der südöstlichen und östlichen Hälfte Europas, trifft eine solche Aussage zu: Auch Verzweiflung ist in ihrem Ursprung, ihrer Manifestation und in ihrer Dynamik prinzipiell erklärbar und deshalb analytisch rekonstruierbar. Solches Wissen ist wichtig, wenn es darum geht, frühzeitig vermittels therapeutischer Konfliktintervention dem Umkippen des Entwicklungsnationalismus in seine pathologischen Erscheinungsweisen entgegenzusteuern

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. hierzu als „Klassiker“ Karl W. Deutsch, Nationalism and its Alternatives, New York 1969.

  2. Diese Orientierung gilt für die ältere wie für die neueste Literatur. Zur älteren Literatur Theodor Schieder, Nationalismus und Nationalstaat, Göttingen 1991; zur neuesten Eric J. Hobsbawm, Nationen und Nationalismus. Mythos und Realität seit 1780, Frankfurt 1991.

  3. Über die Analyse dieses hier unter dem Stichwort „Herausbildung nationaler Identität“ abgehandelten historischen Prozesses ist immer noch unübertroffen Karl W. Deutsch, Nationalem and Social Communication, Cambridge 1953 (19662) -ein klassisches Werk zur Thematik, dessen Untertitel mit Bedacht gewählt wurde: An Inquiry into the Foundations of Nationality. Erstaunlich ist, daß die neueste Literatur die Argumente über Voraussetzungen, Hintergründe und Verlaufsformen der Prozesse nationaler Identitätsbildung, für die Karl W. Deutsch in der Nationalismus-Forschung berühmt wurde, immer wieder neu „erfindet“, ohne sich dessen bewußt zu sein, bzw. es liegt nicht selten eine groteske Fehlwahmehmung dieses Werkes vor. Vgl. z. B. Emest Gellner, Nationalismus und Moderne, Berlin 1991, S. 186f.; E. J. Hobsbawm (Anm. 2) in der Einleitung zu seinem Buch; letztlich auch das inzwischen viel zitierte Buch von Benedict Anderson, Die Erfindung der Nation, Frankfurt 1988. Alle drei Werke bringen konzeptuell keinerlei neue Gesichtspunkte, und die, die sie zu entdecken glauben, sind ohne Ausnahme in Deutschs Werk systematisch enthalten, obgleich sie dieses Werk für irrelevant (Hobsbawm) und für „eine völlig falsche Sicht“ (Gellner) halten bzw. einfach ignorieren (Anderson)!

  4. Vgl. auch die wichtigen konzeptuellen Überlegungen zu diesem Prozeß bei Stein Rokkan, Dimensions of State Formation and Nation-Building. A Possible Paradigm for Research on Variations within Europe, in: Charles Tilly (Ed.), The Formation of National States in Western Europe, Princeton 1975.

  5. Operationalisierungen für diese Kategorien, soweit sie für die Analyse von Prozessen der Nationbildung relevant sind, finden sich im Hinblick auf soziale und kulturelle Prozesse in dem in Anm. 3 zitierten Werk von Karl W. Deutsch, in ökonomischer Hinsicht bei Ulrich Menzel/Dieter Senghaas, Europas Entwicklung und die Dritte Welt, Frankfurt 1986, S. 179ff.

  6. Vgl. Dieter Senghaas, Von Europa lernen. Entwicklung«'geschichtliche Betrachtungen, Frankfurt 1982.

  7. Vgl. zur Problematik „innerer Peripherien“ Jochen Blaschke, Volk, Nation, interner Kolonialismus, Ethnizität. Konzepte zur politischen Soziologie regionalistischer Bewegungen in Westeuropa, Berlin 19872.

  8. Vgl. Dieter Senghaas, Weltwirtschaftsordnung und Entwicklungspolitik, Frankfurt 1977.

  9. Im Hinblick auf Afrika paradigmatisch argumentierend vgl. Dieter Senghaas, Politische Innovation. Versuch über den Panafrikanismus, in: Zeitschrift für Politik, 12 (1965), S. 333-355.

  10. Über die jeweilige einschlägige intellektuelle Diskussion vor Ort informiert die interessante Studie von Roman Szporluk, Communism and Natibnalism. Karl Marx versus Friedrich List, Oxford 1988.

  11. Vgl. Friedrich List, Das nationale System der Politischen Ökonomie, Tübingen 1959 (zuerst erschienen 1841) -das klassische Buch eines rational argumentierenden Entwicklungsnationalismus schlechthin. Vgl. dazu Dieter Senghaas, Friedrich List und die moderne Entwicklungsproblematik, in: Leviathan, 17 (1989), S. 561-573, und vor allem das in Anm. 10 zitierte Werk von R. Szporluk. Erhellende Fallstudien über erfolgreiche Peripherisierungsabwehr trotz des Kompetenzvorsprungs Englands finden sich bei Ulrich Menzel, Auswege aus der Abhängigkeit. Die entwicklungspolitische Aktualität Europas, Frankfurt 1988.

  12. Vgl. hierzu Peter Waldmann/Georg Eiwert (Hrsg.), Ethnizität im Wandel, Saarbrücken 1989; Eckhard J. Dittrich/Frank-Olaf Radtke (Hrsg.), Ethnizität, Opladen 1990; Thomas Scheffler (Hrsg.), Ethnizität und Gewalt, Hamburg 1991.

  13. Vgl. Robert Kurz, One World und jüngster Nationalismus, in: Frankfurter Rundschau vom 4. 1. 1992, S. ZB 3.

  14. Eine sehr aufschlußreiche Studie über Vorgänge in dieser Hinsicht ist Theodor Hanf, Koexistenz im Krieg. Staats-zerfall und Entstehen einer Nation im Libanon, Baden-Baden 1990.

  15. Überwältigt von der Pathologie-These ist die Argumentation in Peter Glotz, Der Irrweg des Nationalstaates, Stuttgart 1990.

  16. Dieser Sachverhalt wird völlig verkannt in dem provokativen und wichtigen Buch von Rolf Knieper, Nationale Souveränität. Versuch über Ende und Anfang einer Weltordnung, Frankfurt 1991.

  17. Vgl. hierzu Dieter Senghaas, Friedensprojekt Europa, Frankfurt 1992, Kap. 4, wo das Konzept der „therapeutischen Konfliktintervention“ in ethnonationalistischen Konflikten in analytischer und praktischer Absicht entfaltet wird.

Weitere Inhalte

Dieter Senghaas, Dr. phil., geb. 1940; Professor für internationale Politik und internationale Gesellschaft, insbesondere Friedens-, Konflikt-und Entwicklungsforschung an der Universität Bremen; Forschungsprofessor in der Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen. Veröffentlichungen u. a.: Weltwirtschaftsordnung und Entwicklungspolitik, Frankfurt 19865; Von Europa lernen. Entwicklungsgeschichtliche Betrachtungen, Frankfurt 1982; Europa 2000. Ein Friedensplan, Frankfurt 19912; Friedensprojekt Europa, Frankfurt 1992.