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Wirtschaft und Gesellschaft in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland Eine Bestandsaufnahme in didaktischer Absicht | APuZ 1-2/1982 | bpb.de

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APuZ 1-2/1982 Wirtschaft und Gesellschaft in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland Eine Bestandsaufnahme in didaktischer Absicht Die britische Deutschlandpolitik in den Jahren 1945/46 Artikel 1

Wirtschaft und Gesellschaft in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland Eine Bestandsaufnahme in didaktischer Absicht

Uwe Uffelmann

/ 64 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Beitrag bringt in didaktischer Absicht, aber nicht nur für die Hand des Lehrers, eine umfassende Aufarbeitung neuer Forschungsergebnisse zur wirtschaftlich-gesellschaftlichen Entwicklung Westdeutschlands zwischen 1945 und 1957, die in eine Zielorientierung für den Unterricht mündet. Es geht darum, 1. Bedingungen und Impulse der beiden Phasen des ökonomischen Aufschwungs einschließlich der Konsequenzen für die Eigentumsordnung und Stabilisierung des politischen Systems in der Entstehungsphase der Bundesrepublik zu kennzeichnen; 2. am Beispiel der Formierung von Arbeiterschaft und Wirtschaftsgruppierungen wichtige gesellschaftliche Kräfte zu erfassen, die spezifische Interessen an der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Struktur der entstehenden Bundesrepublik hatten; 3. das Ringen dieser Kräfte mit den verschiedenen Parteigruppierungen um die Wirtschafts- und Sozialverfassung der Bundesrepublik am Beispiel der Mitbestimmungsfrage, der Verhinderung bzw. Kontrolle ökonomischer Machtentfaltung sowie der Teilhabe auch der Rentner am Wirtschaftswachstum zu zeigen. Die Lernziele sollen dem Lehrer Impulse zu eigener Unterrichtsgestaltung geben und sind nicht als Aufforderung zu verstehen, so und nicht anders zu verfahren. Sie wollen vielmehr zu intensiverer Beschäftigung mit der Frühzeit der Bundesrepublik wie auch zu kritischer Auseinandersetzung anregen.

I. Einleitung

Didaktisches Anliegen Gegenstand dieses Beitrags ist ein in der didaktischen Aufarbeitung der Vorgeschichte und der Anfangsjahre der Bundesrepublik für den historisch-politischen Unterricht bisher vernachlässigter Aspekt. Während der internationale Bezugsrahmen, die Gründung der Bundesrepublik und deren Integrierung in das westliche System didaktisch immer wieder neu durchdacht worden sind und auch in die Schulbücher Eingang gefunden haben, werden die ökonomische und die auf die Wirtschaft bezogene gesellschaftliche Entwicklung Westdeutschlands weit weniger gewichtet, selbst wenn Währungsreform, Marshall-Plan und auch die Eigentumsfrage berührt werden. Da zum anderen in den letzten Jahren neue Forschungsergebnisse bisher gängige Interpretationen der wirtschaftlich-gesellschaftlichen Entwicklung Westdeutschlands in Frage gestellt haben, erscheint es wichtig, diese dem Geschichts-und Politiklehrer zu vermitteln und ihm gleichzeitig einen Weg zu weisen, unter welcher Perspektive er — je nach Schulstufe wird er dies dann in elementarisierter bzw. differenzierterer Form tun — die wirtschaftlich-gesellschaftliche Dimension des Aufbaus der bundesrepublikanischen Demokratie in seinem Unterricht behandeln könnte. Unter „Gründungsphase" werden die Vorgeschichte und die Anfangszeit der Bundesrepublik bis in die zweite Hälfte der fünfziger Jahre verstanden. Die Wahl dieses Abschnittes ist damit begründbar, daß nach 1955 ebenso wie im außen-und deutschlandpolitischen Bereich auch im wirtschaftlich-gesellschaftlichen die Weichen für die zukünftige Entwicklung gestellt sind.

Erkenntnisleitendes Interesse Geht man davon aus, daß die Formeln von der „Verhinderten Neuordnung", dem „Erzwungenen Kapitalismus" und der Antithese „Restauration-Neuordnung" dem komplizierten Sach-verhalt der westdeutschen Demokratiegründung im politischen wie im sozio-ökonomischen Bereich nicht gerecht werden, wie unlängst u. a. 1980 auf dem Würzburger Historikertag wieder festgestellt und belegt wurde, so wird man neue Begriffe für eine angemessene Zusammenschau suchen müssen -Auf dieser Suche gilt es, die verschiedenen Faktoren, welche die Weststaatsgründung mit bedingt und gestaltet haben, sorgfältig erneut zu überprüfen, gegeneinander abzuwägen und neu zu gewichten. In diesem Beitrag soll nur ein Ausschnitt aus dem Faktorenbündel in Gestalt der Frage gewählt werden, welche demokratischen Qualitäten im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bereich dem neuen Staat zwischen 1945 und 1957 mit auf den Weg gegeben wurden und wie sie zustandekamen. Die externen und internen Bedingungen des ökonomischen Wiederaufbaus, die politischen Ziele und spezifischen Einflußnahmen der Besatzungsmächte wie das Ringen der verschiedenen deutschen Interessen untereinander und in Auseinandersetzung mit denen der Alliierten werden dabei berücksichtigt werden müssen. Ungeachtet der Vielfalt der Aspekte, die selbst dieser Ausschnitt umfaßt, sollte in einer Aufarbeitung der Befunde in didaktischer Absicht, also im Hinblick auf die brennenden Fragen der Jugend an unsere jüngste Vergangenheit, ein leitendes, die verschiedenen Faktoren bündelndes Erkenntnisinteresse formuliert werden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welchen Beitrag die Deutschen selber zur Demokratiegründung im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bereich leisten konnten und geleistet haben.

Geht man davon aus, daß nahezu alle westdeutschen gesellschaftlichen Gruppen und Kräfte nach 1945 die Demokratie in Deutschland wiederherstellen bzw. eine solche neu aufbauen wollten, dann wird man bei der Frage nach den verfügbaren Modellen, an de-nen man sich orientieren konnte, immer wieder auf die als positiv erfahrenen Wirklichkeiten der Weimarer Republik stoßen. Ihre guten Seiten wiederherzustellen und weiterzuentwickeln war unzweifelhaftes Anliegen des Parlamentarischen Rates, der alle Kräfte des auch 1981 noch vorhandenen politischen Spektrums umfaßte. Das ist der eine Pol des Spannungsfeldes der Bestrebungen für die Gründung eines westdeutschen demokratischen Gemeinwesens, der andere wird von den im selben Parteienspektrum angesiedelten Kräften gebildet, die — christlich-sozialistisch oder demokratisch-sozialistisch — über eine Weiterentwicklung der Weimarer Demokratie hinaus neue demokratische Qualitäten (wie z. B. Wirtschaftsdemokratie) zu schaffen wünschten.

In diesem Spannungsfeld läßt sich die erkenntnisleitende Problemstellung für den Schüler festmachen, und zwar sowohl in einer Unterrichtseinheit über die mehr politischen Aspekte der westdeutschen Staatsgründung als auch in einer solchen über die mehr wirtschaftlichen, wie es hier geschehen soll. Hier eröffnet sich die Chance, den Schüler sowohl heute gesicherte Demokratiebefunde positiv gewichten als auch frühere wie gegenwärtige Defizite erkennen zu lassen. Gerade die Defizite gestatten fruchtbares Nachdenken über mögliche Richtungen und Wege der Veränderung in die Zukunft der Schüler hinein.

Auf der Basis eines Verständnisses von Demokratie in der westlichen Tradition von Freiheit und Partizipation unter Einbeziehung aller Bereiche des gesellschaftlichen und politischen Lebens und der Annahme, daß die westdeutsche Staatsgründung im Spannungsfeld der Bestrebungen, positiv erfahrene Wirklichkeit der Weimarer Republik wiederherzustellen und weiterzuentwickeln und/oder neue demokratische Qualitäten zu schaffen, erfolgte, lautet das erkenntnisleitende Interesse, welcher Art das Beziehungsgefüge von Wiederherstellung/Weiterentwicklung und Schaffung neuer demokratischer Qualitäten im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bereich innerhalb des Formierungsprozesses der Bundesrepublik Deutschland gewesen und wie es erklärt werden kann.

II. Vorschlag einer Zielorientierung für den Unterricht

1. Die Schüler sollen die wirtschaftlich-gesellschaftliche Entwicklung in der Gründungsphase der westdeutschen Demokratie (1945— 1957) auf dem Wege eigenen Suchens und Forschens erarbeiten.

2. Die Schüler sollen erkennen, — daß durch die Art und Weise des ökonomischen Aufschwungs Westdeutschlands in seiner ersten Phase, d. h. wesentlich aufgrund vorhandener Ressourcen (Kapitalstock, Arbeitskräftepotential) und deren Aktivierung mit überwiegend organisatorischen Mitteln und ohne strukturelle Eingriffe in die Eigentumsordnung, diejenigen Kräfte bestärkt wurden, die Wiederherstellung und Bewahrung überkommener Ordnungsprinzipien im wirtschaftlichen Bereich anstrebten;

— daß im Zuge von Währungs-und Wirtschaftsreform gemeinsam mit dem ERP-Programm eben diese Kräfte gefördert wurden, die infolge entsprechender Impulse (Außenwirtschaft, Kapitalbildung durch Steuergesetzgebung) das sogenannte Wirtschaftswunder in einer zweiten Phase des Aufschwungs vollenden konnten und damit die Bevölkerung einschließlich der Vertriebenen aus der Not der Nachkriegszeit in einen nicht erwarteten Wohlstand führten, was sich in wachsender Stabilität des politischen Systems der Bundesrepublik (Konzentration des Parteiensystems) äußerte;

— daß sich der Neuformierungsprozeß der Arbeiterschaft zwischen Neuordnungsvorstellungen und Weiterentwicklung Weimarer Muster vollzog und in starke Gewerkschaftsorganisationen mündete, die zu tragenden Kräften der westdeutschen Demokratie wurden; — daß die Neuordnungsvorstellungen der Arbeiterschaft an den spezifischen Bedingungen des wirtschaftlichen Aufschwungs und den entsprechenden Formierungsvorgängen der entnazifizierten alten bzw. durch Generationsaustausch erneuerten ökonomischen Führungskräfte in Wirtschaftsverwaltung und Industrie, die im Unterschied zur Weimarer Republik jedoch die Prinzipien der politischen Demokratie akzeptierten und damit eine neue Qualität darstellten, ihre Begrenzungen erfuhren; — daß das Ringen der Führungskräfte in Arbeiterschaft, Wirtschaft und Politik nach dem frühen Scheitern von Sozialisierung und Bodenreform in den ersten Jahren der Bundesrepublik in der Montan-Mitbestimmung zu großen, bei dem Betriebsverfassungsgesetz zu geringeren Erfolgen der Gewerkschaften führte, die aber wesentlich dazu beitrugen, der jungen Republik spezifische demokratische Qualitäten zu verleihen, die — auch wenn die Wirtschaftsdemokratie nicht erreicht wurde — die Zustimmung breiter Kreise der arbeitnehmenden Bevölkerung zu diesem System bewirkten; — daß die Gründungsphase der Bundesrepublik im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bereich 1957 einen für das Verhältnis von WiederherstellungAVeiterentwicklung — Schaffung neuer demokratischer Qualitäten charakteristischen Abschluß fand, indem 1. im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen ein wichtiger, wenn auch hinter den Wünschen, eine dem Grundgesetz korrespondierende Wirtschaftsverfassung zu schaffen, zurückbleibender Schritt zur Kontrolle ökonomischer Macht getan wurde, und indem in der von CDU/CSU und SPD gemeinsam getragenen Rentenreform der arbeitenden Bevölkerung in einer Mischung von Eigeninitiative des einzelnen und staatlicher Leistung ein Anteil am Wirtschaftswachstum auch im Alter gewährleistet wurde, womit das soziale System der Bundesrepublik eine höhere Qualitätsstufe erreichte. Die Schüler sollen auf der Basis ihrer erkenntnisleitenden Interessen das Verhältnis der Bestrebungen, im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bereich positiv erfahrene Wirklichkeit der Weimarer Republik wiederherzustellen bzw. weiterzuentwickeln und/oder neue demokratische Qualitäten zu schaffen, an dem Verlauf und den Ergebnissen der Gründungsphase der Bundesrepublik kritisch identifizieren, einschätzen und im Vergleich mit ihren eignen Diagnosen westdeutscher Gegenwart für ihre eigene Situation und Zukunft auswerten.

Nachstehend die fachwissenschaftlichen Befunde in didaktischer Absicht.

III. Bedingungen

Die erste Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs Westdeutschlands Kapitalstock, Arbeitskräfte und die Überwindung der Wachstumsbegrenzungen über die Ausgangsbedingungen und Weichenstellungen der westdeutschen Wirtschaft herrschen bis heute bestimmte Auffassungen in Wissenschaft, Schulliteratur und öffentlichem Bewußtsein vor, die durch seit Mitte der siebziger Jahre publizierte Forschungsergebnisse ins Wanken geraten, weil diese am Mythos vom Wirtschaftswunder, einem Stück bundesrepublikanischen Selbstverständnisses, rütteln.

W. Abeishauser gebührt das Verdienst, eine große Forschungslücke ausgefüllt zu haben, indem er die Zeit vor der Währungsreform und der Marshall-Plan-Hilfe mit neuer Fragestellung und neuen Methoden anging und dabei zu Ergebnissen gelangte, die auch eine veränderte Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung der Anfangsphase der Bundesrepublik bedingt 2). Er stellt fest, daß viele zu wis-sen meinen, was 1945— 1948 im Bereich der Wirtschaft geschehen sei. Es sei aber falsch, für den gesamten Zeitraum nur von Chaos, Stagnation und wirtschaftlichem Zusammenbruch zu sprechen. Ebenso fragwürdig sei die Einschätzung von Marshall-Plan, Währungsreform und sozialer Marktwirtschaft als dreistufiger Initialzündung zum Wiederaufstieg der westdeutschen Wirtschaft. „Die Revision jener wirtschaftlichen Gründungslegende der Bundesrepublik würde indes die Vorstellung von wirtschafts-und ordnungspolitischer Originalität — eines der wenigen Felder staatlicher Identifikation der Westdeutschen — in Frage ziehen müssen." 3)

Abeishauser weist nach, daß in der amerikanischen und der britischen Besatzungszone nicht erst durch Marshall-Plan und Währungsreform der wirtschaftliche Nullpunkt überwunden wurde, sondern, daß auf der Basis 1. von bei weitem nicht so zerstörten Kapazitäten, wie allgemein angenommen (industrielles Anlagevermögen), 2. von großen Investitionen zwischen 1936 und 1945 (erst 1944 überstiegen die Bombenschäden die Investitionen) und 3. von sich verbesserndem Arbeitskräftepotential (Zuwanderung aus den Ostgebieten und der SBZ) bereits 1945 ein Anstieg der industriellen Produktion erfolgte. Dieser Anstieg dauerte bis ins Quartal 1946 und stellte vier Zehntel der Vorkriegsproduktion dieses Raumes wieder her. Der wirtschaftliche Zusammenbruch im Winter 1946/47 lag folglich nicht an den Bedingungen der Produktion, sondern wesentlich an den Auswirkungen der Zerstörung des Transportsystems. Die Industrieproduktion sank auf einen bereits im Vorjahr erreichten Stand. Der Tiefpunkt wurde allerdings schon im Frühjahr 1947 überwunden, und im Herbst begann ein neuer Aufschwung, der auch im Winter 1947/48 anhielt. Dieser Trend wurde im Mai 1948 durch die Erwartung der Währungsreform gestört, der eine Waren-spekulation auslöste, die wiederum die Zwischenproduktversorgung der Industrie bremste.

Erst der Währungsschnitt selbst setzte den Rückstau des Warenkreislaufs wieder frei. „Die wirtschaftliche Entwicklung des britisch-amerikanischen Wirtschaftsgebietes wurde also vor der Währungsreform von zwei kräftigen Aufschwüngen geprägt. Während der erste Rekonstruktionsversuch im Winter 1946/1947 an die Schranken der Transportkapazität und der Infrastruktur stieß und zusammenbrach, gelang dem zweiten der endgültige Durchbruch, obwohl bis dahin Hilfe von außen kaum erfolgte." 4)

Dieser endgültige Durchbruch gelang trotz der Belastungen der Industriekakapazität infolge der Demontagen, die zunächst nur neue und besonders wertvolle Anlagen betrafen. Eine Analyse der Demontagestruktur in den westlichen Zonen erweist, daß vor allem solche Industriezweige betroffen waren, in denen zwischen 1936 und 1944 die Produktion und vermutlich auch die Investitionstätigkeit am schnellsten expandiert war Die Demontagen trafen die Industriekapazität jedoch nicht so sehr, daß der Aufschwung aus eigenen Kräften ernstlich in Frage gestellt gewesen wäre, denn der Bestand des Anlagevermögens übertraf 1948 den von 1936 noch immer um 11%. Entscheidend für den Aufschwung aus eigenen Kräften wurde im Jahr 1947 die Bewältigung von drei Problemen durch die deutschen Verwaltungsstellen und die Militärregierungen: 1. Die Überwindung des Verkehrsengpasses durch Reparaturen von Lokomotiven und Waggons, so daß der Ruhrbergbau seine Halden mitten im Winter 1947/48 von 1 213 000 t im November auf 77 000 t im Februar abtragen und die eisenschaffende Industrie ihre Versandrückstände weitgehend wieder wettmachen konnte. 2. Die Leistungssteigerung im Kohlenbergbau durch ein System von Anreizen bis hin zu Care-Paketen, die seit August 1947 für das Erreichen eines bestimmten, jeweils vorher festgelegten Fördersolls an die Bergleute ausgegeben wurden, so daß sich die Förderung ab Mitte 1947 in der Aufwärtsbewegung stabilisieren und die Kohle nach Milderung des Transportengpasses auch immer mehr an den Verbraucher gelangen konnte. 3. Die Verhinderung einer neuerlichen Ernährungskrise nach der des Frühjahrs 1947 an Rhein und Ruhr durch eine Reihe von Maßnahmen zur Verschärfung der öffentlichen Kontrolle der landwirtschaftlichen Ablieferungen und eine Reorganisation des Verwaltungsamtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten infolge der Bi-Zonenbildung, so daß gegenüber 1946 mit einer Durchschnittsbrotration von monatlich ca. 7 000 g in der zweiten Hälfte 1947 eine Ration v 000 g in der zweiten Hälfte 1947 eine Ration von 10 000 g an die 43 bis 46 Mill. Menschen der Bi-Zone und Berlins ausgegeben werden konnte 6).

Auf diesem Hintergrund des wirtschaftlichen Wachstums vor der Währungsreform ist die Revision bisher noch als gültig angesehener Auffassungen über Beginn, Ursache und Wesen des schnellen Aufstiegs der westdeutschen Industriewirtschaft nötig. Das gilt besonders für die Einschätzung von Währungsreform und Marshall-Plan-Lieferungen als „Treibsätze des Starts" 7) in das Wirtschaftswunder der fünfziger Jahre. Mit dem Nachweis 1.der amtlichen Unterschätzung des Niveaus der Produktion vor der Währungsreform und 2.des wirtschaftlichen Aufschwungs in zwei Schüben nach 1945 mit der Folge der Kontinuität des Wachstums seit Herbst 1947 widerlegt Abeishauser die allgemein anerkannte Auffassung

Was für den „Treibsatz des Starts" Währungsreform gilt, trifft auch für die Einschätzung der ERP-Lieferungen zu. Abeishauser verweist auf die Zunahme der Einfuhren in das amerikanisch-britische Wirtschaftsgebiet infolge von Einfuhrerleichterungen im Herbst 1947 ab März 1948 und den Umstand, daß im Mai 1948 die Einfuhren zum ersten Mal die Exporte überholten. „Dies ist erstaunlich, da doch neben der Währungsreform gerade dem Außenhandel in Gestalt der , Marshall-Plan-Hilfe'in der herrschenden Einschätzung des deutschen . Wirtschaftswunders'eine wesentliche kausale Bedeutung zugeschrieben wird. Tatsäch-lieh sind aber noch im September 1948 industrielle Einfuhrgüter des ersten, des sog. 90Tage-ERP-Programms, das für das zweite Quartal 1948 gedacht war, weder endgültig von der Economic Commission Administration ECA genehmigt noch gar in die Bi-Zone geliefert worden." Erst im Oktober 1948 trafen die ersten industriellen Waren ein, aber sie fielen im Vergleich zur übrigen Einfuhr weder zahlenmäßig ins Gewicht, noch unterschieden sie sich von ihr wesentlich in der Zusammensetzung. Folglich kann der MarshallPlan ebenso wie die Währungsreform nicht eine Entwicklung eingeleitet haben, die schon lange vor seiner Realisierung begonnen hatte. Dieses festzustellen, darf allerdings nicht dazu verleiten, in der Folge die Bedeutung der Impulse und Signalwirkungen von Währungsreform und Marshall-Plan im öffentlichen Bewußtsein zu unterschätzen, worauf Abelshauser ausdrücklich hinweist

Wirtschaftswachstum und Eigentumsordnung Die Sozialisierungs-und die Bodenreform-frage Die referierten Erkenntnisse führen zu der Frage, welche Rolle die Wirtschaftsordnung bei der Grundlegung der ökonomisch so erfolgreichen fünfziger Jahre spielte. Entgegen den Problemen der materiellen Produktion blieb die Frage der neuen Wirtschafts-und Sozialordnung 1947 noch offen. Allerdings fielen Vorentscheidungen über das künftige Ordnungssystem durch den im August 1947 von den USA bewirkten Aufschub der Sozialisierungsmaßnahmen, bei denen von deutscher Seite besonders an den Kohlebergbau gedacht war. Wie die Erfolge der materiellen Produktion jedoch zeigen, „hatte sich der Stellenwert der ordnungspolitischen Auseinandersetzung als geringer erwiesen als vielfach vorher angenommen" Denn der Erfolg der Anreizmaßnahmen erwies, daß auch ohne Lösung der Eigentumsfrage allein durch materielle Mittel zur Produktionssteigerung der entscheidende Durchbruch in der Produktion erreichbar war. Aber wenn auch Gewerkschaften und politische Parteien — besonders SPD und Teile der CDU — gegen ihre erklärten Interessen an diesen Ankurbelungsmaßnahmen mitwirken mußten, wollten sie nicht Gefahr laufen, von ihrer Basis getrennt zu werden, so waren die Deutschen selber nicht von der Verantwortung für innovatorische Maßnahmen entlastet, im Gegenteil: Bot nicht gerade die wesentlich mit eigenen Kräften erreichte Überwindung der allergrößten Not die Chance, auf der gewonnenen Basis eine Neuordnung einschließlich der Eigentumsverhältnisse in Angriff zu nehmen?

Die Widerstände der Besatzungsmächte waren geringer als vielfach angenommen, wie weiter unten an den amerikanischen Überlegungen zur Sozialisierung und zur Gewerkschaftsgründung gezeigt werden kann. Und selbst General Clay, nicht gerade ein Freund von Sozialisierung und Bodenreform, bezeichnete 1948 die deutschen Gewerkschaften als zu wenig militant, da sie von ihrer ökonomischen Macht zu wenig Gebrauch machten. Neue Forschungsergebnisse lassen die Frage zu, ob den Deutschen von Seiten der USA und Großbritanniens— weniger von Frankreich — nicht viel größere Handlungsspielräume eröffnet wurden, als man bisher angenommen hat. Zu diesen neuen Erkenntnissen gehört die Frage nach Möglichkeiten und Hinderungen von Sozialisierung und Bodenreform in den westlichen Zonen. Bekannt ist, daß — abgesehen von der KPD — starke deutsche politische Kräfte wie SPD, Teile der CDU und die Gewerkschaften Sozialisierungen der Schlüsselindustrien und eine Bodenreform befürworteten; dies schlug sich auch in einzelnen Länder-verfassungen nieder, ohne daß allerdings die verschieden begründeten programmatischen Vorstellungen der Parteien in gezielte Aktionsprogramme umgeschmiedet worden waren. Hier gibt es keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Bekannt ist auch die Auffassung, daß die USA Sozialisierung und Bodenreform aus antikommunistischen Motiven heraus von vornherein ablehnend gegenüberstanden und entsprechende Strukturveränderungen schließlich unter Dominierung Englands verhindern konnten. Dieser Auffassung hat Dörte Winkler 1979 in einem bemerkenswerten Beitrag widersprochen

Winklers These gegen die herrschende Auffassung ist die, daß die USA gar nicht so sozialisierungsfeindlich gewesen seien. Sie untersucht die im State Department angestellten und denen des War Department wie der amerikanischen Militärregierung in Deutschland widersprechenden Überlegungen, beginnend mit einer Denkschrift vom Juli 1944, in der über die Ziele der Bestrafung und Entnazifizierung der Deutschen hinaus — wenn auch relativ vage — konstruktive wirtschafts-und gesellschaftspolitische Reformen vorgesehen* waren, bis zur Entscheidung über einen Sozialisierungsaufschub im August 1947. In der Denkschrift trat zum ersten Mal eine Position hervor, die auch in den folgenden Jahren für das State Department charakteristisch wurde. Sie bestand einmal in der Erkenntnis, daß an die Verhältnisse in den USA einerseits, in Deutschland und Europa andererseits verschiedene Maßstäbe anzulegen seien. „Insbesondere für Deutschland wurden die Gefahren des privaten Kapitalismus — übermäßige Konzentration, Militarismus und schließlich Faschismus — als so bedrohlich angesehen, daß man sogar auf die für Amerika undenkbaren Gegenmittel der teilweisen Verstaatlichung und der Wirtschaftskontrolle durch die Regierung verfiel." Zum anderen dachte man daran, den Deutschen die Entscheidung über ihre Wirtschaftsordnung zu überlassen, damit deren Zustimmung langfristige Stabilität garantiere. Allerdings finden sich in der Studie keine Hinweise auf die Möglichkeit einer freien Entscheidung der Deutschen über ihr politisches System. Bundesstaatliche und parlamentarische Demokratie amerikanischer Provenienz standen außer Frage.

Dagegen, und das ist das Bemerkenswerte und für die Einschätzung der amerikanischen Haltung zur Sozialisierung Neue, hatte das State Department auch in den folgenden Jahren keine Bedenken gegenüber einer sozialdemokratischen Wirtschaftspolitik eines demokratischen Sozialismus im Gegensatz zum bürokratischen Sozialismus sowjetischer Prägung. Ein demokratischer Sozialismus wurde nicht nur als das weitaus kleinere Übel betrachtet, sondern auch als wünschenswertes Gegengewicht zur gefürchteten Renaissance nationalistischer Strömungen in Europa. Für das State Department war entscheidend, daß die westeuropäischen Sozialisten, insbesondere die SPD, antikommunistisch waren, das demokratisch-parlamentarische System bejahten und den Kapitalismus zwar grundlegend verändern, nicht aber absolut beseitigen wollten. Die gegenüber den USA andersartigen europäischen Verhältnisse wurden somit ernst genommen. Das bedeutet, daß die amerikanischen Außenpolitiker mithin nicht nur in der Lage waren, „den Sozialismus vom Kommunismus zu unterscheiden, sondern sie waren zudem flexibel genug, neben den konservativen und liberalen Parteien auch in den Sozialisten Verbündete zu sehen, die den amerikanischen Europaplänen nützen könnten"

Für die Überlegungen des State Department waren demokratietheoretische und wirtschaftliche Aspekte gleichermaßen wichtig: Demokratietheoretische Erwägungen insofern, als den Deutschen nicht nur das Recht zugebilligt werden sollte, sich auf dem Weg durch Majoritätsvoten für oder gegen eine Sozialisierung zu entscheiden, sondern daß die Verstaatlichung von Schlüsselindustrien und Teilen des öffentlichen Dienstleistungsbereichs ebenso wie die Entflechtung der Wirtschaft zur Demokratisierung Deutschlands beitragen würde. Winkler gewichtet die Ernsthaftigkeit dieser Erwägungen so stark, daß sie fragt, „ob den deutschen Politikern und Gewerkschaftlern in Fragen der Sozialisierung und vielleicht auch der Mitbestimmung von Washington aus nicht ein größerer Spielraum zugestanden wurde, als ihnen damals selbst bewußt war"

Die demokratietheoretischen Erwägungen sind entsprechend dem amerikanischen Selbstverständnis von den wirtschaftlichen nicht zu trennen, die letztlich für wichtige politische Entscheidungen maßgebend sind. Das ökonomische Ziel bestand — entsprechend der Konzeption der Open-Door-Policy — darin, die westeuropäische Wirtschaft wieder aufzubauen, um so die eigene Wirtschaftsmacht zu erhalten und zu steigern. Dieses Ziel wurde 1947 ausschlaggebend für die Bereitschaft des State Department zur Vertagung der Sozialisierung in Westdeutschland um fünf Jahre und den Entschluß, auch die Briten zur Verschiebung ihrer Sozialisierungspläne zu veranlassen. Nicht bestimmend waren nach Winkler grundsätzliche Erwägungen, auch nicht die antikommunistische Komponente, die im War Department und in der Militärregierung bei deren jahrelangen Bemühungen um Verzögerung der Sozialisierung wesentlich ausgeprägter als im State Department gewesen ist.

Für das State Department war der Antikommunismus niemals Selbstzweck, wenngleich die Kommunisten insofern als gefährlich angesehen wurden, als sie die immer wiederkehrenden politischen Krisen in Europa nach 1945 schürten. Entscheidend aber war die Frage, wie die westeuropäische Krise des Jahres 1947 im amerikanischen ökonomischen Interesse bewältigt werden konnte, und hier erschien die Sozialisierung nicht als das geeignete Mittel zur Effizienzmaximierung. Sie konnte zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Mit dieser Einschätzung wird auch die oben dargestellte These von Abeishauser erhärtet, daß die Eigentumsverhältnisse sich bei der Rekonstruktion der westdeutschen Wirtschaft, die wesentlich mit eigenen Kräften erfolgte, als nicht so wichtig erwiesen hätten. Die amerikanische Entscheidung für das ERP-Programm ging davon aus, daß die westeuropäischen Staaten sich trotz aller Anstrengungen letztlich mit eigenen Kräften nicht aus der Krise würden befreien können und daß unterlassene Hilfe die USA selber treffen würde

Von einem durch die Realisierung des ERP-Programms . erzwungenen Kapitalismus in Europa und Deutschland kann nach dieser Einschätzung der verschiedenen Überlegungsstränge des State Department aber nicht gesprochen werden. Gerade die Beamten dieses Ministeriums legten großen Wert darauf, in Europa politisch nicht zu intervenieren oder Druck auszuüben, um Sozialisierungen zu verhindern. „Wenn man davon ausging, daß die Prosperität der USA wesentlich vom europäischen Absatzmarkt abhing, dann brauchten die Amerikaner Kooperation und ein gewisses Maß an Vertrauen auf Seiten der Europäer. Die Einsicht, daß die USA sich nicht das Recht nehmen konnten, sich in die inneren Angelegenheiten souveräner europäischer Staaten einzumischen — auch nicht, wenn diese den Amerikanern unwillkommene Maßnahmen wie Sozialisierungen durchführten —, wurde zur Politik des ganzen Ministeriums, nicht nur einer . idealistischen Minderheit.“ Und dies galt auch für das besetzte Westdeutschland entsprechend der oben referierten Einschätzung der ökonomischen Bedingungen einer neuen deutschen Demokratiegründung.

Die Befunde sind nicht dazu angetan, die immer noch verbreitete Antikommunismusthese weiter strapazieren zu müssen, um die amerikanische Deutschlandpolitik zu erklären. Gewiß hat die Durchsetzung der sog. „Realpolitischen Schule“ im amerikanischen Entscheidungszentrum mit der 1947 erfolgten Konfliktartikulierung (Truman-Doktrin) gegenüber der UdSSR, die antikommunistische Einstellung, das außenpolitische Handeln bestimmt Dies geschah aber in der Weise, daß die alte Konzeption der grundsätzlich nicht auf einen Gegner fixierten Open-Door-Policy unter Ausschluß des Einflußbereichs der UdSSR weiter verfolgt wurde

Für Deutschland hieß dies zwar, daß nicht nur die ökonomischen Anstrengungen der USA verstärkt wurden, sondern daß die Gründung eines westdeutschen Staates ins Auge gefaßt wurde. Das wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische System dieses Staates sollte damit wohl den USA zugewandt sein, aber dennoch sollte — wie die demokratietheoretischen und sicherheitspolitischen Auffassungen des Außenministeriums zeigen — den Deutschen ein Spielraum in der Gestaltung eben dieses Systems belassen werden. Allerdings bedingten bestimmte Entscheidungen — wie auch der Aufschub der Sozialisierung — eine Beeinträchtigung der Innovationsfähigkeit (woran aber auch die Deutschen selber nicht schuldlos waren, wie die Bodenreform-frage beweist), so daß manches von den Deutschen als wünschenswert, aber auch von den Siegermächten grundsätzlich als nicht als nicht-wünschenswert Erachtetes zugunsten der Rekonstruktion überkommener Strukturen auf der Strecke blieb.

Bei dem Versuch einer vorläufigen Beantwortung der Frage nach den Chancen und Grenzen der Innovation einschließlich deutscher Handlungsspielräume ist ein Blick auf einige Aspekte der britischen Deutschlandpolitik vonnöten, über die Arbeiten von P. Hüttenberger, R. Steininger und G. J. Trittei neue Einsichten ermöglichen So dürfte bekannt sein, daß die Labour-Regierung gegenüber Sozialisierungsmaßnahmen in Deutschland stärker aufgeschlossen war. England sah das eigene Sicherheitsbedürfnis am ehesten durch Gründung eines neuen Landes (NRW) und die Sozialisierung der Schlüsselindustrien — allerdings unter Ausschluß der Beteiligung der UdSSR, die man so weit wie möglich auf den Osten beschränkt wissen wollte — befriedigt. Ideologische Gründe waren demgegenüber untergeordnet, und es existierte kein systematisch ausgearbeitetes Sozialisierungskonzept, das mit Energie in die Tat hätte umgesetzt werden können Dieser Umstand erleichterte es den USA nachdem Frankreich alles, was über Absichtserklärungen hinausging, blockiert hatte, England für den Aufschub zu gewinnen.

Ist die britische Absicht einer ökonomischen Neuordnung im industriellen Bereich ihrer Zone auch nicht realisiert worden, so sind doch Elemente der Ordnungspolitik erhalten geblieben, nämlich die Montan-Mitbestimmung. Sie wurde 1947 eingeführt und gedieh zur Grundlage der Gesetzgebung des Bundes von 1951. „Die paritätische Besetzung der Aufsichtsräte von Montanunternehmen und das gewerkschaftliche Vorschlagsrecht bei der Bestellung des . Arbeitsdirektors'wurde von den Briten nicht als Teilerfolg der Sozialisierung aufgefaßt, sondern eher , als ein Mittel der Demokratisierung', jedenfalls aber als ein Instrument der Produktivitätssteigerung im Montanbereich. Im späteren Ordnungsrahmen der westdeutschen Wirtschaft blieb die Montan-Mitbestimmung ein Fremdkörper. Für die Briten mag ihr . Sieg'in der Mitbestimmungsfrage, freilich eine gewisse Kompensation für die verhinderte Sozialisierung gewesen sein."

Anders stellt sich — wie G. J. Trittei nachgewiesen hat — die Eigenständigkeit der Briten in der Bodenreformfrage dar Während die USA und Frankreich nicht zuletzt wegen der geringen Bedeutung von Großgrundbesitz in ihren Zonen über halbherzig betriebene Ansätze nicht hinauskamen, besaßen die Engländer ein Bodenreformkonzept. Man könnte geneigt sein, auch hier letztlich die Verhinderung den USA zuzuschieben. Der Fall liegt aber anders. Bemerkenswert ist nämlich der Umstand, daß neben der wachsenden wirtschaftlichen Not in der britischen Zone und der geringen Reformfreudigkeit der Militärregierung die Deutschen selbst einen maßgeblichen Anteil am Scheitern der Bodenreform gehabt haben. Dies erstaunt um so mehr, als diese Reform zu den wenigen Bereichen zwischen 1945 und 1948 gehörte, an deren Konzipierung wie Durchführung die Deutschen nicht nur — wie bei der Sozialisierung — mitwirken wollten, sondern mitwirken sollten. Der Handlungsspielraum wurde von der Besatzungsmacht eröffnet. Aber „die prinzipielle Einstellung gegenüber dem Privateigentum und die verschiedenartige Einschätzung der historischen Rolle des Großeigentums an Grund und Boden bedingten die unterschiedlichen Positionen der politischen Parteien und Gruppen"

Neben der KPD, die das SBZ-Modell angewandt wissen wollte, ging die SPD — wie im Hinblick auf die Eigentumsverhältnisse im industriellen Bereich — davon aus, daß eine Bodenreform für den gesellschaftlichen Neubau Deutschlands unabdingbar sei. Die Enteignung des Großgrundbesitzes sollte der Stärkung des bäuerlichen Elements dienen. Darüber hinaus — diesen Aspekt gewichteten besonders die Gewerkschaften — sollten neue genossenschaftliche Eigentums-und Bewirtschaftungsformen erprobt werden. Aufgrund der kritischen wirtschaftlichen Gesamtlage und des wachsenden Einflusses von CDU, FDP und DP, die ihr grundsätzliches Bekenntnis zum Privateigentum verstärkten, „mußte sich die SPD gegen den Vorwurf der Eigentums-feindlichkeit verteidigen, wollte sie nicht als . kollektivistische'und speziell bauernfeindliche Partei angeprangert werden. Die bald dominierende Tendenz zur Favorisierung der bäuerlichen Eigentumsform bedeutete also im Grund eine Anpassung an die Besitzvorstellungen der bürgerlichen Parteien...“ Von der Bodenreform blieb am Ende nur die Flurbereinigung in der Landwirtschaft, woraus C. Weisz folgert, daß auf diese Weise die Landwirtschaft mangels grundlegender Strukturveränderungen eine Problemwirtschaftwurde, „die sich seit der Währungsreform zum kostenträchtigen Nutznießer der konservativen Restauration" ausgewachsen habe

Wenn auch die Mehrheit der deutschen politischen Willensträger nicht der alleinige Faktor für die Hinderung einer Neuordnung im agrarischen Bereich gewesen ist und Wirtschaftskrise wie Ausbruch des Kalten Krieges mit seinen Konsequenzen für Deutschland als Konfliktfeld Nr. 1 das ihre dazu taten, bleibt doch festzuhalten, daß die Deutschen einen Handlungsspielraum hatten, den sie auf ihre Weise nutzten bzw. nicht nutzten. Die Entscheidung der Majorität für Bewahrung und Rekonstruktion und nicht für Wandel als Motor für neue demokratische Qualitäten ist mit ein Ergebnis dieses Handlungsspielraums gewesen. Wie im Falle der Regelung der Eigentums-und Besitzverhältnisse im industriellen Bereich haben die Deutschen also von den Besatzern Chancen der eigenen Einflußnahme auch im agrarischen Bereich erhalten. Diese Erkenntnis sollte dazu beitragen, die verschiedenen externen (Besatzungszeit generell, Kalter Krieg) und internen (wirtschaftliche Bedingungen, soziale Nöte, deutsche Demokratiekonzeptionen) Faktoren einer Weichenstellung für das ökonomische, gesellschaftliche und politische System der Bundesrepublik differenzierter als bisher gegeneinander abzuwägen, um so zu einem ausgewogenen Urteil über vorhandene, nicht vorhandene, wahrgenommene und nicht wahrgenommene Chancen einer Neuorientierung nach dem Zweiten Weltkrieg zu gelangen.

IV. Impulse

Die zweite Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs Die Wirtschaftsreform und der Prozeß der Kapitalbildung Auch für die Entwicklung der westdeutschen Wirtschaft nach 1948 verdanken wir W. Abelshauser wesentliche neue Akzentuierungen. Es wird häufig übersehen, daß auch in den westlichen Besatzungszonen 1947 die Rekonstruktion der privatwirtschaftlichen Ordnung erst begann. Bis dahin bestimmte strikte Lenkung die gesamte Besatzungswirtschaft Und erst nachdem die USA 1947 vom anfänglichen Besatzungsziel der Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Versorgung bei gleichzeitiger Minimierung der Besatzungskosten zu offensiver Gestaltung übergingen, handelte es sich für Besatzer und Besetzte definitiv darum, ob man Lenkung und eine stärker gemeinwirtschaftlich orientierte Wirtschaftsordnung entwickeln oder zu einer freien Marktwirtschaft übergehen sollte. Bekannt ist die Tatsache, daß die breite Mehrheit der politischen Kräfte in Westdeutschland bei aller Unterschiedlichkeit der Ausgangspositionen und ordnungspolitischen Vorstellungen mehr an Lenkung und Planung unter Einbeziehung marktwirtschaftlicher Elemente als an unkontrollierte Marktwirtschaft dachte und sich erst durch die Vor-entscheidungen der Jahre 1947/48 — deren erste oben genannt wurden — zur Anpassung veranlaßt sah. „Zu den zentralen ordnungspolitischen Vorentscheidungen, die Struktur und Entwicklung der westdeutschen Wirtschaft und Gesellschaft auf eine langfristig gültige Grundlage gestellt haben, zählt die Währungsreform."

Die Deutschen hatten immer wieder selbst einen Währungsschnitt verlangt, dabei jedoch die soziale Komponente zum Abbau der strukturellen Begünstigung der Besitzer von Produktivkapital stark gewichtet Das amerikanische Konzept jedoch berücksichtigte diesen Aspekt nicht. Die Produktionssteigerung als solche, die, wie oben gezeigt, auch ohne Eingriffe in die Eigentumsverhältnisse und ohne besondere soziale Rücksichten, aber auch ohne große Hilfe von Seiten der Sieger, mit mehr oder weniger technischen Maßnahmen und Anreizen bis zu einem bestimmten Grad möglich gewesen war und nun durch gezielte Förderung weitergetrieben werden sollte, war das Entscheidende bei der Durchsetzung der amerikanischen Ordnungsvorstellungen. Der Colm-Dodge-Goldsmith-Plan sah entsprechend die Steigerung der Kohleproduktion, die Verbesserung des Transportwesens und eine Mindestversorgung mit Rohmaterialien und Lebensmitteln vor Gefördert werden konnten diese Maßnahmen dem Plan zufolge durch den finanziellen Wiederaufbau, der im Hinblick auf Zunahme der Beschäftigung, auf Produktionsanreiz und Verkaufsbereitschaft besonders wirksam sein würde. Dieser finanzielle Wiederaufbau war durch die Währungsreform zu leisten, die damit zu einer flankierenden Maßnahme wurde und nicht — wie die Deutschen wollten — zu einem sozialen Reformkonzept gedeihen konnte. Das Verfahren der Durchführung und die dadurch bedingte ungleiche Vermögensteilung sind allgemein bekannt.

Mit der Währungsreform war der Übergang von der strikten Planung und Kontrolle der Wirtschaft vorbereitet, der durch das vom Wirtschaftsrat am 24. Juni 1948 beschlossene „Gesetz über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform" erfolgte. In Umkehrung des bisherigen Verfahrens förderte der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft, Ludwig Erhard, den Verbrauchs-sektor statt des Produktionssektors durch Freigabe der Preise der Konsumgüter. „Die Wirtschaftsreform spaltete den Markt derart, daß einerseits über freie Verbrauchsgüter-preise der auf die Währungsreform folgende Konsumstoß aufgefangen werden konnte, andererseits aber die volkswirtschaftlich bedeutenden Grundindustrien und die Mieten mit ihren gebundenen Preisen zur Preisstabilisierung beitrugen." Zum Gelingen des Vorhabens sollte für die Kapitalbildung die Marshallplan-Hilfe beitragen. Aber ihr verzögerter Beginn (erste Lieferung Oktober 1948) und relativ geringer Umfang bewirkten in der zweiten Hälfte 1948 eine Krise, die sich bei Erhöhung des Geldvolumens (6 Mrd. DM im Sommer, 14, 3 Mrd. DM im Winter 1948) und gleichzeitigem Wachstum des Bankkreditvolumens von 0 auf 5, 2 Mrd. DM sowie Preiserhöhungen (Lebenshaltung 14%, Industriegüter 14%, Grundstoffe 21%) bei bis zum 3. November 1948 aufrechterhaltenem Lohnstopp dreifach äußerte:

Erstens geriet das Vertrauen in die neue Währung ins Wanken; zweitens führte das Ausein-anderklaffen von Löhnen und Preisen zu Streiks bis hin zum Generalstreik gegen Preistreiberei am 12. November 1948; drittens brachte die Verlagerung des Schwerpunkts auf den Konsumgüterbereich Finanzierungsprobleme von Investitionen in den vor der Währungsreform bevorzugten Bereichen des Bergbaus und des Verkehrs. Bis zum Wirksamwerden der ERP-Hilfe mußten die durch die Güterlücke entstandenen Probleme mit Hilfe der Geldpolitik in Gestalt restriktiver Maßnahmen bekämpft werden Die Folgen waren trotz Nachlassens des Inflationsschubes Halbierung des Wachstumstempos, Preisverfall und großer Anstieg der Arbeitslosigkeit (Anfang 1950: 2 Mill.). Die politischen Auseinandersetzungen um den Kurs veranlaßten das Wirtschaftsministerium zur Vorbereitung von Maßnahmen zur Investitionsfinanzierung, die im Vorgriff auf die erwarteten ERP-Mittel von der Bank Deutscher Länder durchgeführt werden sollten. Bevor es aber soweit kommen konnte, „begann ein neuer Abschnitt im Rekonstruktionsprozeß der westdeutschen Wirtschaft, den niemand vorhersehen konnte und dessen gewaltige Begleitmusik jedes wirtschaftspolitische Kalkül übertönte. Der Ausbruch des Krieges in Korea im Juni 1950 trieb im Ausland die Nachfrage nach deutschen Investitionsgütern und Rohstoffen, im Inland die Nachfrage nach Konsumgütern sprunghaft in die Höhe. Zum erstenmal erfuhr die westdeutsche Wirtschaft einen Wachstumsschub auf dem Weg über die Außenwirtschaft. Es erwies sich nun als günstig, daß Westdeutschland als einziger bedeutender Industriestaat Kapazitätsreserven anzubieten hatte. Entsprechend beschleunigte sich die industrielle Produktion während des Jahre 1950."

Schien sich durch diesen externen Motor der Weg aus der Krise zu zeigen, so waren es die Kapazitätsgrenzen besonders des Ruhrbergbaus, der Eisen-und Stahlproduktion, der Energiewirtschaft und des Verkehrsbereichs, die ihn verbauten. Aus diesen Produktionszweigen, die vor der Währungsreform an der Spitze der Entwicklung gelegen hatten und in denen die meisten Investitionen erfolgt waren, waren Problemindustrien geworden, die den weiteren Ausbau der Wirtschaft hindern mußten, sofern der Investitionsschwerpunkt nicht wieder auf die Schwerindustrie verlagert werden würde. Anfang 1952 wurde mit dem Investitionshilfegesetz (IHG) die Konsequenz gezogen und die konsumgüterorientierte Wiederaufbaustrategie Erhards korrigiert.

Die Bedeutung der nun einsetzenden Maßnahmen zur Produktivkapitalbildung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Bundesrepublik trat in eine neue Phase des Wiederaufbaus ein. Der Außenhandel blieb auch nach dem Ende des Korea-Krieges bestimmend für die Schwerpunktverlagerung zur Investitionsgüterindustrie. Dazu trat als zweiter Faktor die durch Korea ausgelöste Rüstungskonjunktur, so daß Abeishauser resümieren kann: „...der Krieg in Ostasien hat damit die Erscheinungsform der westdeutschen Rekonstruktion entscheidender beeinflußt als alle wirtschaftspolitischen Planspiele wie deren dogmatische Verneinung durch das Wirtschaftsministerium"

War also Mitte der fünfziger Jahre das amerikanische Ziel der Produktionssteigerung, das natürlich ebenso im Interesse der Deutschen lag, erreicht und damit ein Beitrag zur ökonomischen Stabilisierung des nichtkommunistischen Europa geleistet, so muß im Hinblick auf den hier grob skizzierten Weg gefragt werden, wie sich denn der Übergang von der gelenkten Wirtschaft des Besatzungsregimes zur . sozialen Marktwirtschaft'als der wirtschaftspolitischen Doktrin und als Bestandteil des demokratischen Selbstverständnisses der Bundesrepublik darstellt: Denn Lenkung spielte in der Gründungsphase offensichtlich eine sehr große Rolle, kam der Markt doch nur im Konsumgütersektor zu seinem Recht. Zum anderen ist gerade nach der Währungsreform der Konsumgütersektor staatlich stark gefördert worden und trat erst 1952 gegenüber der nun nicht geringeren staatlichen Förderung der Investitionsgüterindustrie zurück. Es muß gefragt werden, ob an der Markt-Doktrin nicht doch zumindest für jene Jahre manches Legende ist, und ob nicht durch die Brille des ökonomischen Erfolgs eine Idealisierung eines ordnungspolitischen Konzepts erfolgt ist, die ihre Wirkung bis heute zeigt.

Bestandteil der Frage nach dem Übergang von Zentralverwaltungswirtschaft zu sozialer Marktwirtschaft ist angesichts der offensichtlich recht starken Lenkung auch die nach der Leistung des privaten Unternehmertums. A. Shonfield nennt die Auffassung vom deutschen Wiederaufbau „als einer spontanen Aufwallung der unternehmungslustigen Privat-wirtschaft" eine Heldensage Der Prozeß der Kapitalbildung bis weit in die fünfziger Jahre hinein gibt am ehesten Aufschluß über die über Währungsreform, ERP und Koreakrieg hinaus 'bestimmenden Faktoren der zweiten Phase des ökonomischen Aufschwungs der Bundesrepublik Deutschland.

Es ist hinlänglich bekannt, daß die Väter des Grundgesetzes sich in Fragen der Wirtschafts-und Sozialordnung Zurückhaltung auferlegten und daß die Parteien jeweils im Sinne ihrer spezifischen Interessen, die allerdings noch nicht überall voll entfaltet waren (die CDU entschied sich erst 1949 für Müller-Armacks Modell), die offenen Fragen im zukünftigen Bundestag für sich zu entscheiden hofften. So wurde die Gestaltung der Wirtschafts-und Sozialordnung Aufgabe der jungen Republik. Sie ist es bis heute geblieben und steht auch als Zukunftsaufgabe weiterhin an. Die Offenheit des Grundgesetzes, das aber zugleich dem Staat die Verantwortlichkeit für ökonomische und soziale Prozesse übertrug, förderte aufgrund der Machtverhältnisse im ersten Deutschen Bundestag eine neoliberale Ordnung.

Die Konzeption der sozialen Marktwirtschaft zielte auf eine sozial gesteuerte Marktwirtschaft, in der der Wettbewerb entgegen der ordoliberalen Vorstellung von der vollständigen Konkurrenz von staatlicher Seite geordnet werden sollte. Anders als Erhard, der den Unterschied zwischen Zentralverwaltungswirtschaft und Marktwirtschaft betonte, sah Müller-Armack eine sinnvolle „Verbindung einer aktiven Sozial-oder einer sozialistischen Wirtschaftspolitik mit einer Marktwirtschaft" Die Nähe zur SPD, die im Rahmen einer globalen Steuerung (Keynes) marktwirtschaftliche Elemente als sinnvoll erachtete, war unverkennbar. Trotz der theoretischen Annäherung kam es im Bundestag zu heftigen Kontroversen (Arbeitsbeschaffungsprogramm 1950, Investitionshilfegesetz, Wachstumsanreize nach dem Boom), die Abeishauser damit erklärt, daß das Konzept der sozialen Marktwirtschaft am Anfang der fünfziger Jahre noch weitgehend Postulat war, was bestimmt für die soziale Komponente richtig sei, die im wesentlichen aus dem überlieferten System der deutschen Sozialversicherung bestanden habe Die soziale Komponente stand in der Tat bis in die zweite Hälfte der fünfziger Jahre hinter den Maßnahmen zur Produktionssteigerung zurück. Produktionssteigerung aber war nur durch Kapitalbildung möglich:

K. Pritzkoleit legte 1953 erstmals sein später überarbeitetes Buch „Männer — Mächte — Monopole“ vor, in dem er die Rekonstruktion der kapitalistischen Wirtschaftsordnung Westdeutschlands am Beispiel der alten großen Industrieunternehmen — leider in etwas leichtfertiger journalistischer Manier ohne ausreichende Belege — beschrieb. Im Schlußkapitel der Auflage von 1963 versuchte er eine Erklärung, die durch Abeishausers neuesten Beitrag im wesentlichen bestätigt wird. Er stellt fest, daß die ungleiche Vermögensverteilung keine natürliche Ursachen gehabt habe: „... sie geht auf künstlich geschaffene Ursachen, auf wirtschaftspolitische Maßnahmen und Gesetze zurück, die die Wirkung oft nicht einmal gewollt, die aber dennoch den Konzentrationseffekt im Gefolge gehabt haben... ”

Diese staatlichen Veranlassungen zielten auf Eigenfinanzierung aus Gewinnen und Abschreibungen. Sie wurden mit steigender Tendenz größte Finanzierungsquelle der Kapitalbildung; „die traditionelle Rangfolge Kapitalmarkt, Staat, Selbstfinanzierung wurde auf den Kopf gestellt. Damit war der zentrale Bereich des wirtschaftlichen Wiederaufbaus, die Kapitalbildung, rationaler Lenkung — sei es durch den Markt oder durch den Staat — weitgehend entzogen" Diese Eigenfinanzierung, veranlaßt durch das Ende der Preisbindung zwischen 1948 und 1953 mit dem Ergebnis hoher Gewinne im konsumnahen Bereich, wurde vor allem durch die Steuergesetzgebung ermöglicht und gefördert.

Wurde der Verbund zwischen Eisen und Kohle durch die im Entflechtungsprozeß befolgte Technik der Ausgabe verschieden gestückelter Bezugsrechte an die Aktionäre der betroffenen Montankonzerne und das Institut der „transitorischen Beteiligung" weitgehend wiederhergestellt so halfen besonders die Paragraphen 7 c und 7d des Einkommensteuergesetzes erstens bei der Erstellung eigener Wohnungen, z. B. durch Ruhrbergbau und Montanindustrie (7 c), und zweitens bei der Schaffung und Erweiterung der Flotten, z. B.der Oetker-Gruppe und verschiedener Montankonzerne (7 d). Die Steuergesetzgebung von 1948/49 sah für Ersatzbeschaffung ausgeschiedener Wirtschaftsgüter die degressive Abschreibung vor. § 7 a EStG betraf Kapitalgüter bis zu 100 000 DM, die 1949 und 1950 sogar bis zu 50% abgeschrieben werden konnten. Die degressive Abschreibung wurde 1953 durch die Einkommensteuerrichtlinien für die nach dem 31. Dezember 1951 angeschafften beweglichen Anlagegüter ausgebaut

Diese die ungleiche Einkommens-und Vermögensverteilung fördernde Steuerpolitik geriet schon 1949/50 in das Schußfeld der Kritik. Sie und die Engpaßproblematik im Ruhrbergbau veranlaßten die Bundesregierung zur Änderung dieser Politik. Die 1950 erfolgte Senkung der Einkommensteuer wurde nach 1956 weitgehend rückgängig gemacht, und gleichzeitig wurden Subventionen neu eingeführt oder verstärkt, die gezielt die Kapitalbildung in den Engpaßbereichen des Kohlebergbaus, der eisenschaffenden Industrie, der Energie-wirtschaft, der Wasserwirtschaft und des Güterwagenbaus der Bundesbahn fördern sollten. So mußte die gewerbliche Wirtschaft durch das Investitionshilfegesetz eine Milliarde DM dafür aufbringen. Außerdem wurden durch § 36 IHG über die nach § 7 EStG vorgesehenen hinaus noch zusätzliche Abschreibungen für die Abnutzung von 50% des Anlagevermögens bei beweglichen und 30% bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern eingeräumt Abeishauser sieht ungeachtet dieser Sonderabschreibungen in dem spektakulären Investitionsmittel-transfer von 1 Mrd. DM von marktnahen zu marktferneren Unternehmen ein Signal für den Beginn einer neuen Phase des Wiederaufbaus, in der die Schwerindustrie privilegiert war, den, wie oben festgehalten, Außenhandel und einsetzende Rüstungskonjunktur infolge des Koreakrieges determinierten. Die Reform des steuerlichen Subventionswesens habe zum anderen die Abkehr von der fiskalischen Förderung eines ungezügelten Wirtschaftsliberalismus gebracht, der mit sozialer Marktwirtschaft unvereinbar war

Durch diese Reform eröffneten sich weitere Möglichkeiten der Kapitallenkung mit den Mitteln der öffentlichen Haushalte und des ERP-Programms. Die gezielte Kreditvergabe für Investitionen wurde von der 1948 gegründeten Kreditanstalt für Wiederaufbau abgewickelt, einer Institution, die der Bundesregierung Lenkungsmaßnahmen ermöglichte, weniger politisch gezielt beim Arbeitsbeschaffungsprogramm und beim erweiterten Investitionsprogramm 1950, dann aber gezielt bei der Vergabe von Mitteln aus dem Gegenwert-fonds des ERP-Programms die ausschließlich und ausdrücklich im Rahmen der Investitionsplanung zur Engpaßbeseitigung erfolgte.

Dahinter stand die amerikanische Economic Commission Administration (ECA), die die Mittel kontrollierte und den Einfluß der USA auf die deutsche Wirtschaft sicherstellte. In-den* sie jede Mittelvergabe aus dem MarshallPlan-Programm zu prüfen und zu genehmigen hatte, war die ECA geeignet, die Öffentlichkeit zu beruhigen, die bei staatlicher Kredit-schöpfung — also der Bundesrepublik — inflationäre Tendenzen fürchtete. „Für den deutschen Wirtschaftsminister lag der Vorzug der ERP-Finanzierung schließlich darin, in ihr über eine planerische Ersatzreserve zur Korrektur von Kapitalfehlleitungen zu verfügen, ohne sich politisch mit ihr identifizieren zu müssen."

Betrachtet man die Kapitalbildung in der Anfangsphase der Bundesrepublik, so ist festzustellen: 1. Die mit der Währungsreform festgeschriebene ungleiche Vermögensverteilung wurde durch die Förderung der Eigenfinanzierung mittels Steuergesetzgebung usw. noch vergrößert. Dies hatte die Rekonstruktion der großen Konzerne zur Folge. Die Tendenzen zur Konzentration in der westdeutschen Wirtschaft waren damit nicht nur angelegt, sondern deutlich im Steigen begriffen. 2. Die spezifische Kapitalschöpfung seit 1948 hat die zweite Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs Westdeutschlands, die der ersten (1945— 1948) in den fünfziger Jahren folgte, wesentlich mit bewirkt. Das „Wirtschaftswunder" besteht aus zwei Wellen des Aufschwungs der westdeutschen Wirtschaft. 3. Die soziale Marktwirtschaft war zunächst mehr oder weniger noch Programm. Die soziale Funktion des Marktes, an der Erhard so viel gelegen war, und die Erweiterung des Systems der sozialen Sicherung mußten zunächst hinter den Maßnahmen zur Produktionssteigerung, die auch primär dem amerikanischen Interesse an der ökonomischen Stabilisierung Europas entsprach, zurückstehen. 4. Der Staat hat in den Prozeß der Kapitalbildung massiv eingegriffen. Die oben zitierte Feststellung Shonfields, es sei eine Heldensage, daß der deutsche Wiederaufbau eine spontane Aufwallung der unternehmungslustigen Privatwirtschaft gewesen sei, wird bei Betrachtung des Prozesses der Kapitalbildung erhärtet: „Neben der Landwirtschaft, der Montanwirtschaft, der Wohnungswirtschaft und wesentlichen Teilen des Verkehrswesens mußte auch die für das kapitalistische Wirtschaftssystem so zentrale Kapitalakkumulation auf die lenkenden Kräfte des Marktes verzichten." Wirtschaftswachstum und politische Stabilisierung Lebensstandard und Konzentration des Parteiensystems Im Rahmen des Themas „Wirtschaft und Gesellschaft in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland" sollte auch die Frage nach der Beziehung von Wirtschaftsentwicklung und politischem System gestellt werden, denn die Bedeutung des ökonomischen für politische Stabilität bzw. Instabilität manifestiert sich gerade in der Gründungszeit der westdeutschen Demokratie. Hier soll eine bereits 1966 in erster Auflage erschienene Studie von W. Kaltefleiter herangezogen werden. Die Erwartung, in der 1980 publizierten Arbeit von H. Rattinger didaktisch verwertbare Befunde und Materialien zu finden, erfüllte sich nicht

Kaltefleiter untersucht vor der Depression von 1966 die Beziehung von politischen Wahlen, perzipierter und effektiver Wirtschaftsentwicklung und gelangt zu dem Ergebnis, daß das Regierungssystem der Bundesrepublik weitgehend ein Schönwettersystem sei: „Die Konzentration des Parteiensystems ist primär das Ergebnis der erfolgreichen Wirtschaftsentwicklung und der allgemeinen Zufriedenheit mit dieser Entwicklung und damit langfristig abhängig vom Fortbestand der guten Konjunktur im weitesten Sinne des Wortes."

Der Sachverhalt ist jedoch komplizierter, als die generalisierende Zusammenfassung Kaltefleiters vermuten läßt. Bei der Bundestagswahl 1949 bestand im Unterschied zu den Landtagswahlen von 1946 bis 1948, in denen besondere Umstände eine Rolle spielten und die keine Wirkung auf die Regierung der Alliierten haben konnten, zum ersten Mal die Möglichkeit, eine verantwortliche Regierung zu bestimmen, d. h. Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Situation im Gegensatz zu den Landtagswahlen auch politisch zu artikulieren. Hier erhielten die von Kaltefleiter als Indikatoren für den Grad der politischen Stabilität zusammengefaßten Parteien CDU/CSU und SPD gemeinsam nur 60, 2% (gegenüber 72, 3% bei den Landtagswahlen) der Stimmen zugunsten der verschiedensten Splittergruppen (11 Parteien im Bundestag). In den Landtagswahlen zwischen 1949 und 1952 blieb die Zahl mit 60, 9% nahezu konstant, allerdings zeigte sich regional eine Verschiebung der Situation, denn in Schleswig-Holstein und Niedersachsen erzielte der BHE, die Interessenpartei der Vertriebenen, große Erfolge, in Bremen und Niedersachsen gewannen die rechtsradikalen Parteien DRP und SRP viele Stimmen. In der Bundestagswahl von 1953 erreichten dagegen CDU/CSU und SPD zusammen wieder 74% der Stimmen. Wenn auch in den folgenden Landtagswahlen erneut ein gewisser Rückschritt eintrat (70, 3%), so ging die Entwicklung seitdem doch sukzessiv aufwärts. In der Bundestagswahl von 1957 betrug die Konzentration bereits 81, 6% (nachfolgende Landtagswahlen 79, 8%), die entsprechende Wahl von 1961 ergab 81, 5% (Landtagswahlen 84, 7%), die von 1965 86, 9%. Dem entsprach das Absinken der kleinen Parteien in Bundestag und Landtagen. Setzt man diese Zahlen in Relation zur wirtschaftlichen Entwicklung, so zeigt sich, daß die Konzentration des Parteiensystems dem ökonomischen Aufschwung etwa fünf Jahre hinterherhinkte, d. h., daß der objektive wirtschaftliche Befund also nicht eo ipso eine größere Zustimmung zu den für ihn — trotz aller Unterschiede zwischen den Parteien — verantwortlichen großen Parteien bedingte. Das gilt schon für den Zeitpunkt der Bundestagswahl 1949, zu dem der wirtschaftliche Erfolg bereits deutlich bemerkbar war, sich allerdings für den Bürger in seinem Lebensstandard noch nicht niederschlug. Kaltefleiter hat ermittelt, daß nicht die objektive ökonomische Entwicklung allein, „sondern die Perzeption der jeweiligen Situation für die politischen Rückwirkungen entscheidend ist“ Das Ergebnis legt er in einer Graphik vor, aus der hervorgeht, daß die Einschätzung, die Perzeption der eigenen und der gesamten ökonomischen Lage der befragten repräsentativ ausgewählten Personen für die Konzentration des Parteiensystems ausschlaggebend gewesen ist. Erst als der Index der Beurteilung der eigenen wirtschaftlichen Lage im Vergleich zur Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg 1953 nicht mehr unter minus 50% lag (schlechtere Lage), erfolgte ein Schub in der Parteienkonzentration bei der Bundestagswahl von 1953. Und weiter: „Eine Kontinuität in der'Konzentration des Parteiensystems trat erst in der Bundestagswahl 1957 ein, dies war der gleiche Zeitpunkt, zu dem auch der Index der Perzeption der Wirtschaftslage erstmalig positiv wurde. Die Konzentration des Parteiensystems korreliert somit deutlich mit dem wirtschaftlichen Wachstum und der Perzeption dieses Wachstums. Diese Korrelation ist zwar tendenziell einfach linear, es besteht aber zwischen dem effektiven Wachstum und der Konzentration des Parteiensystems ein time-lag, der auf die verspätete Perzeption zurückgeführt werden kann."

Die ökonomischen Faktoren der Zustimmung der Bürger zum politischen System der Bundesrepublik sind bisher didaktisch nicht zureichend aufgearbeitet worden und sollten daher im Zusammenhang der vorliegenden Thematik ein besonderes Gewicht erhalten. Allerdings darf dieser Aspekt der westdeutschen Parteienentwicklung nicht verabsolutiert werden. Es sollte aber auch nicht das Gegenteil geschehen, nämlich seine Unterdrückung. Dies wiederum tat A Mintzel in seinem Vortrag über die westdeutsche Parteienentwicklung auf dem Würzburger Historikertag 1980 — der ansonsten ein sehr gutes Gegengewicht zu einer Verabsolutierung des wirtschaftlichen Aspekts darstellt —, als er den Umstand, daß die Gunst der ökonomischen Entwicklung die Zustimmung der Bevölkerung zum politischen System der Bundesrepublik gefördert habe, einen Gemeinplatz nannte

Der sozio-ökonomische Aspekt der westdeutschen politischen Stabilität wäre unvollständig skizziert, ließe man die Eingliederung der Vertriebenen, die wohl nicht nur Alfred Grosser als die größte soziale und wirtschaftspolitische Leistung der Bundesrepublik ansieht, außer acht. Ihr hat P. Waldmann 1979 einen wichtigen Beitrag gewidmet, auf den hier aus Raumgründen nur verwiesen werden kann. Didaktisch dürfte es günstig sein, die Untersuchung der Beziehungen von wirtschaftlichem Aufschwung und politischer Stabilisierung mit Hilfe des Vertriebenenproblems einschließlich seiner parteipolitischen Seite (BHE) einzuleiten. Viele Schüler entstammen dieser Gruppe und sind noch von deren spezifischen Sozialisationsmustern geprägt, selbst wenn die zeitliche Distanz auch hier zu Verwischungen führt

V. Kräfte

Initiativen und Organisationen der Arbeiterschaft Arbeitersusschässe und Gewerkschaftsgründungen Die Antworten auf die Frage nach den ökonomischen und gesellschaftlichen Weichenstellungen sind lange von der Antithese „Neuordnung — Restauration“ bestimmt worden. Erst allmählich wird diese Verengung der Perspektive aufgebrochen. Diesem Zweck diente auch die genannte Sektion des Historikerkongresses 1980. Zunehmend wird das Gegensatzpaar als untaugliches Mittel zur kritischen Rekonstruktion der Gründungsphase der Bundesrepublik erkannt.

A. Lein gewinnt diesem Problem einen interessanten Aspekt ab, der vielleicht geeignet sein könnte, die Weichenstellungen neu zu beleuchten, selbst wenn man nicht geneigt ist, seine Option für eine demokratisch-sozialistische Entwicklung zu teilen Seiner Auffassung nach versperrt die Alternative „Neuordnung — Restauration“ die wissenschaftliche Untersuchung realer Handlungsmöglichkeiten, die er gerade auch für die Arbeiterschaft trotz der Begrenzungen durch die Militärregierungen für die Zeit nach 1945 als gegeben ansieht. Diese Handlungsmöglichkeiten wurden seiner Ansicht nach aber durch das Selbstverständnis der Arbeiter und darüber hinaus breiter Schichten der Bevölkerung selbst beeinträchtigt, indem sie nicht an neuen Anfang, sondern an Wiederaufbau dachten. Der Umstand, daß das deutsche Volk sich nicht selbst vom Nationalsozialismus befreit hatte und auch die Besetzung durch die Sieger nicht als Befreiung erfahren wurde, bedingte die Orientierung der Politiker an der Weimarer Republik und ihren Demokratievorstellungen und -ausprägungen als wünschenswerter Gegenwart und Zukunft. Damit waren sie jedoch nur partiell in der Lage, die Fehler der Weimarer Republik zu erkennen: „Nur eine eigenständige Überwindung des Nazismus hätte auch die Überwindung der Fehler und Schwächen der Weimarer Republik bedeutet“

Dennoch bedeutete nach Lein das Ende des Zweiten Weltkrieges einen „Wendepunkt in der deutschen Geschichte, weil demokratische Kräfte sich erneut regen und wieder an den Aufbau eines demokratischen Staates gehen konnten." Eine Restauration konnte es nicht geben, denn der deutsche Nationalstaat war vernichtet, und der Wandel im internationalen System ließ deutsche Politik nur noch im Rahmen der Globalkonzeption der jeweiligen Bezugsmacht zu. Bei allen entsprechenden Begrenzungen gab diese Einbindung deutscher Politik aber deutschen Aktivitäten Raum für die Verwirklichung eigener Vorstellungen. Die Besatzungsmächte öffneten den Weg zur Demokratie, „ihn begehen konnten nur die Deutschen selbst. Daher bewies sich der realistische Politiker jener Tage darin, daß er sah, daß er mit der Besatzungsmacht kollaborieren mußte, aber andererseits sich mehr und mehr auf die deutschen politischen Kräfte stützen und sie fördern mußte, um schließlich die deutschen Interessen immer besser vertreten zu können." Der Wendepunkt der deutschen Geschichte werde signifikant in der Zustimmung der Bevölkerung zur Demokratie-gründung in Westdeutschland, einer Zustimmung, die die Weimarer Republik niemals erlebt hatte, allerdings mit einem entscheidenden Akzent: „Der neue deutsche Weststaat, die Bundesrepublik Deutschland, wurde sicherlich nicht von breiten Kreisen der Bevölkerung erkämpft, aber von ihr getragen."

Mit dieser Überlegung ist die Frage nach den gestaltenden Kräften der westdeutschen Demokratiegründung im wirtschaftlich-gesellschaftlichen Bereich wie der Art ihres Kampfes und dem Maß ihrer Kampfbereitschaft und -ausdauer im Ringen mit den Bedingtheiten der Nachkriegszeit erreicht. Haben nicht die breiten Massen der Bevölkerung gekämpft und die Gegenwart der achtziger Jahre dadurch vorgeformt, so wurden doch ihre unterschiedlichen Interessen durch Vertreter verschiedenster Gruppen artikuliert. Und je nach deren unterschiedlich bedingten demokratischen Leitbildern kämpften diese für mehr Wiederherstellung und Weiterentwicklung positiv erfahrener Wirklichkeit der Weimarer Republik oder Schaffung neuer demokratischer Qualitäten.

Die oben genannten Befunde zu Sozialisierung und Bodenreform sowie wirtschaftlichen Weichenstellungen lassen den engen Spielraum für innovatorische Maßnahmen durch die Deutschen erkennen bzw. markieren das Kräfteverhältnis zwischen Besatzern und Deutschen. Sie zeigen allerdings auch, daß es Spielräume gab, die genutzt werden konnten. Die Frage, wie sie genutzt wurden, läßt sich nicht hinreichend beantworten, wenn man unberücksichtigt läßt, daß die deutschen gesellschaftlichen Gruppen und Kräfte sich überhaupt erst formieren mußten, ehe sie voll aktiv werden konnten. Und gerade während dieses Formierungsprozesses vollzogen sich die ersten gewichtigen Weichenstellungen, ohne daß die verschiedenen deutschen Zielvorstellungen bereits zu Programmen und Handlungsstrategien verdichtet worden waren. Vielleicht liegt hier eine Erklärung für die Feststellung von General Clay, daß die deutschen Gewerkschaften zu wenig militant seien und deshalb weniger erreicht hätten, als möglich gewesen wäre.

Die Einschätzung des Scheitern der Arbeiter-initiativen und Betriebsausschüsse durch U. Borsdorf und H. Pietsch verweist auf die Parallelität von Formierungsprozeß einerseits und Weichenstellungen andererseits, wenn es heißt, daß die bei den betrieblichen Kadern faßbaren Neuordnungsvorstellungen „nicht auf die Ebene von Programm und Begriff gehoben werden konnten und somit einer Basis, die unter den materiellen und ideellen Nachwirkungen des Nationalsozialismus litt, keine klare Zielprojektion bieten konnte" Vergleichbar urteilt auch Lein im Anschluß an die Analyse der Braunschweiger antifaschistischen Aktion 1945: „Das Ziel . Sozialismus'war nicht Bestandteil eines politischen Plans, sondern eines Glaubensbekenntnisses."

Antifaschistische Arbeiterinitiativen und Gewerkschaftsgründungen sind in den letzten Jahren zum Teil in regionalgeschichtlichen Studien untersucht und unter der Frage „Neuordnung oder Restauration?" beurteilt worden. Hier können weder die demokratischen Neuansätze noch die Bedingungen des Scheiterns der Antifa-Ausschüsse ausführlich dargestellt werden, die es unternahmen, „Sicherheitsmaßnahmen gegen Nazis zu ergreifen und ihre Arbeitskraft und ihr Vermögen zur Wiedergutmachung heranzuziehen, Trümmerräumung und Reparatur von Wohnhäusern und Produktionsstätten zu organisieren, Vorratslager vor Plünderung zu schützen, Nahrungsmittel und Brennmaterial herbeizuschaffen und diese wie auch den verbliebenen Wohnraum gerecht zu verteilen, Verwaltungen und Betriebe von Nazis zu säubern, durch eine Hilfspolizei eine elementare Ordnung zu gewährleisten und durch die Ausschüsse in den Betrieben und Wohnbezirken Anknüpfungspunkte für die Kommunikation aller Aufbauwilligen und Bedürftigen zu schaffen"

Die Sicherheitsinteressen der Besatzer wie die mangelnde Programmatik und Organisation der Initiativen trugen zum Scheitern dieser Ansätze einer Neuorientierung bei. Im öffentlichen Bewußtsein der Gegenwart sind sie mehr oder weniger unbekannt Es erscheint notwendig ist, sie mehr als gedachte denn als gelebte Möglichkeiten menschlich-gesellschaftlicher Existenz äm bisher letzten Wendepunkt der deutschen Geschichte zu akzentuieren. Denn die Antifas stellen sich nur „als eine Durchgangsstufe im Aufbau der Arbeiterbewegung dar, die ... die Handlungs-und Orientierungsfähigkeit der Arbeiter erst wieder vorbereitete"

Die Frage, ob die Arbeiterinitiativen wirklich eine Durchgangsstufe im Formulierungsprozeß der westdeutschen Arbeiterschaft waren, führt zur Kontroverse über den Aufbau der Gewerkschaften. So geben Borsdorf und Pietsch den Gewerkschaften einen Teil der Schuld am Scheitern der antifaschistischen Initiativen, indem sie den Vergleich mit der Gründungsphase der Weimarer Republik bemühen. Wie damals die Gewerkschaften die Rätebewegung aufgesogen hätten, so hätten sie 1945 dazu beigetragen, die „innovatorische Potenz" der Betriebsräte zu hemmen In dieser Einschätzung stehen die Gewerkschaften zwar als Kräfte „demokratischer Wiederherstellung", aber wohl mehr noch für „Restauration" in dem Sinne, daß gewerkschaftliches Denken nicht für sozialistische Innovation ausreichte.

Besonders Aufbau und organisatorische Struktur der Gewerkschaften sind Gegenstand lebhaften Forschungsinteresses u. a. mit dem Ergebnis gewesen, daß einmal der Impuls zur Gründung von Gewerkschaften von den Betrieben und nicht von „oben" ausgegangen sei (wenn doch schon der Antifa-Durchbruch von der Basis aus gescheitert war), daß zum anderen die Siegermächte aus antikommunistischen Motiven den Gewerkschaftsaufbau verzögert hätten und schließlich, daß die organisatorischen Zielvorstellungen auf die Bildung einer Einheitsgewerkschaft gerichtet gewesen seien, deren Realisierung die Besatzungsmächte jedoch zugunsten des Industrieverbandsprinzips verhindert hätten. Dieser herrschenden Auffassung widerspricht neuerdings S. Mielke in einem 1979 erschienenen Beitrag, der Legenden in der Einschätzung des Wiederaufbaus der Gewerkschaften von der Wirklichkeit zu sondern anstrebt

Mielke gelangt zu dem Ergebnis, daß nicht, wie es bestimmten Wunschvorstellungen mancher Autoren entspreche, die Gewerkschaftsgründungen in der ersten Phase (April bis Juli 1945) in der Mehrzahl der Fälle spontan aus den Betrieben heraus erfolgt sei: „entgegen der . herrschenden Auffassung'in der Literatur wurde die Neugründung von Gewerkschaften in stärkerem Maß von ehemaligen Gewerkschaftsfunktionären , von oben'— wenn auch lediglich in lokalem bzw. regionalem Maßstab — betrieben, z. T. in Zusammenarbeit mit von ihnen eingesetzten Betriebsvertretungen" Weiterhin ließe sich die Verzögerung beim Gewerkschaftsaufbau nicht etwa allein auf antikommunistische, sondern zumindest ebenso wesentlich auf Sicherheitserwägungen und demokratietheoretische Überlegungen bezüglich der eigenen Entscheidung'der Deutschen von Seiten der Besatzer zurückführen. „Obwohl die Vertreter der . Antikommunismusthese'selbst auf die verschiedenen Strömungen und deren divergierende Motive in den Militärregierungen hinweisen, vernachlässigen sie bei der Beurteilung der Politik der Besatzungsmächte in der Frage des Gewerkschaftsaufbaus diese Aspekte fast vollständig." Schließlich sei der Einfluß besonders der USA auf die Organisationsstruktur der Gewerkschaften von der bisherigen Forschung weit überschätzt worden. Das Industrieverbandsprinzip sei durchaus auch von vielen deutschen Gewerkschaftlern befürwortet worden.

Mielke setzt mit dieser Infragestellung der bisherigen Lehrmeinungen neue Akzente für die Analyse der Gewerkschaftsbildung in Westdeutschland. Wie Borsdorf und Pietsch sieht er die Gewerkschaften als wirksamsten Faktor der Formierung der Arbeiterschaft an, allerdings liegt sein Akzent nicht in der Sphäre des Bedauerns, daß diese Formierung so und nicht anders erfolgt sei. Im Sinne des erkenntnisleitenden Interesses dieses Beitrags kann man vielleicht sagen, daß im gewerkschaftlichen Formierungsprozeß ein überwiegen der traditionellen gewerkschaftlichen Auffassungen feststellbar ist und damit die Wiederherstellung und Weiterentwicklung gegenüber der Neuordnung. Es geht außerdem offensichtlich nicht an, den Besatzungsmächten einen zu großen Teil an der Verschuldung des Nicht-Gelingens einer demokratischen Neuordnung von der „Basis" aus zuzuschreiben. Den Deutschen wurden Handlungsspielräume gewährt, die auch genutzt wurden, allerdings mit einem anderen Akzent, als es der bisher herrschenden Auffassung wünschenswert erscheint. Immerhin haben die Gewerkschaften mit der Überwindung der Richtungsgewerkschaften eine ganz erhebliche Innovation geleistet und damit einen wesentlichen Beitrag zur „Weiterentwicklung“ getan. Das muß an dieser Stelle deutlich gesagt werden.

Führungskräfte in Wirtschaftsbürokratie und Industrie Wirtschaftsverwaltung und Industrieverbände Am Anfang des Formierungsprozesses der westdeutschen Führungseliten einschließlich der Wirtschaftseliten stand die Entnazifizierung. Deren Ansatz, Verlauf und Ergebnisse bestimmten die Struktur der Führungskräfte entscheidend. Hier ist nicht der Ort, die in den letzten Jahren recht gut erforschte Entnazifizierung erneut darzustellen, zu deren wichtigsten Ergebnissen die Tatsache gehört, daß in den westlichen Besatzungszonen bedeutende traditionelle Funktionseliten, wenn auch unter Ausschluß der nationalsozialistischen Spitzen, zumindest in ihrer sozialen Rekrutierung überlebt und die Weichenstellungen für die Bundesrepublik wesentlich mit getragen haben. Für die Juristen haben dies J. R. Wenzlau 1979 und M. Stolleis 1980 belegt Die Kontinuität in der Justiz war eine vollständige Im Gegensatz zur SBZ, wo die alte juristische Funktionselite durch eine neue ersetzt wurde, haben die Westmächte in ihren Zonen dieses z. T. nicht angestrebt, z. T. nicht durchsetzen können. „Der durch gemeinsame Ausbildung, hohen Stand des Fachwissens und gemeinsame Wertorientierungen zusammengehaltene . Juristenstand'konservierte sich — unter Ausschaltung allzu belasteter Elemente. Die Konsistenz der Funktionselite überbrückte im Westen den politischen Bruch von 1945. Durch ihre mangelhafte Vertrautheit mit dem deutschen Rechtssystem und durch die . Solidarität der Juristen untereinander’ wurden sie (die Alliierten, d. V.) auch oft überspielt."

Bezogen auf das Erkenntnisinteresse heißt dies — wenn man die Rückkehr zum Weimarer Rechtsdenken und den traditionellen Organisationsformen hinzunimmt —, daß Wiederherstellung positiv erfahrener Wirklichkeit gerade auch die Nutzung des deutschen Handlungsspielraums markiert, wobei aber infolge der Verhaftung des deutschen Rechtswesens insgesamt in vordemokratischen Traditionen die restaurative Tendenz in der negativen Besetzung des Begriffs überwiegt und Wiederherstellung folglich nicht ohne weiteres Wiederherstellung der Demokratie bedeutet. Immerhin bestand die Chance, im Zuge der westdeutschen Demokratiegründung auch die Juristen und die Rechtsordnung im Laufe der Jahre zu demokratisieren, d. h. einen Prozeß einzuleiten, der hinsichtlich des Personal-bestandes spätestens mit dem Generationswechsel sichtbare Erfolge zeigen würde.

Daß personelle Kontinuitäten Funktionswandel und Funktionsveränderungen in Richtung Demokratie nicht ausschließen, weist G. Ambrosius am Beispiel der Wirtschaftsverwaltung nach. Er untersucht die Wirtschaftsbürokratie vom Reichswirtschaftsministerium über die zonale und bizonale Wirtschaftsverwaltung bis zum Bundeswirtschaftsministerium im Hinblick auf politischen und wirtschaftspolitischen Funktionswandel, die daraus abzuleitenden Organisationsveränderungen und die Entwicklung der Personalstruktur Ambrosius zeigt am Wandel der ökonomischen Ordnung vom staatswirtschaftlichen Planungssystem zu einem neoliberalen, in dem die direkten Interventionsmöglichkeiten des Staates deutlich reduziert wurden, daß diese Reduktion staatswirtschaftlicher Interventionen parallel zu einer wachsenden Funktionalisierung demokratisch-parlamentarischer Institutionen verlief und die Wirtschaftsbürokratie mit der schrittweisen Integration ins parlamentarische System an politischer Bedeutung verlor, während sie zugleich im Kampf der demokratischen Parteien politisiert wurde. Allerdings „vollzog sich der Transformationsprozeß von einer autonomen, lediglich alliierten Stellen verantwortlichen Bürokratie zu einer in das parlamentarische System integrierten Ministerialbürokratie, die sich vor der Öffentlichkeit, dem Parlament und den sie tragenden Parteien rechtfertigen mußte, nur langsam; endgültig wurde dieser Schritt erst mit den Bundestagswahlen 1949 vollzogen." Die mit der Transformation von einer Behörde mit weitreichenden Planungs-und Bewirtschaftungsaufgaben in eine Ministerialbürokratie mit lediglich Koordinations-und Ordnungsfunktionen verbundenen organisatorischen Probleme wurden im Sinne einer Wiederherstellung der traditionellen Reichsbürokratie vor 1933, die effektiv gewesen und nach 1918 in den Demokratisierungs-und Parlamentarisierungsprozeß scheinbar integriert worden war, gelöst. „Daß diese Integration letztlich doch nicht vollzogen worden war, blieb weitgehend unberücksichtigt. Der Wille zur Reform war vorhanden, allerdings zu einer Reform, die den Zustand von vor 1933 restaurierte.“ Das Ergebnis war eine institutionelle Kontinuität der Aufbauorganisation zwischen Reichswirtschaftsministerium und Bundes-wirtschaftsministerium. Und das Ergebnis der Personalpolitik war ebenfalls eine enge Verbindung von RWM und BWM, wenn auch nicht in Gestalt einer ungebrochenen Kontinuität, denn die Wirtschaftsverwaltung war inhomogen zusammengesetzt und stellte keine geschlossene Gruppe von Ministerialbeamten dar. Die fachliche Qualifikation war das entscheidende Einstellungskriterium. Dies wiederum aber war ein Mittel, auch fachlich hochqualifizierte Parteimitglieder der NSDAP weiterbeschäftigen zu können. Die „auf die bloßen Kriterien der fachlichen Kompetenz abgestellte Entnazifizierungs-und Personalpolitik war sicherlich ein wesentlicher Grund dafür, daß die VfW (Verwaltung für Wirtschaft, d. V.) bis 1949 in der Öffentlichkeit immer wieder wegen des hohen Anteils an Parteimitgliedern angegriffen wurde" Ambrosius meint abschließend jedoch, daß der Anteil ehemaliger Parteimitglieder ohne die Entnazifizierung zwischen 1946 und 1949 höher gelegen hätte.

Aller berechtigten Kritik gegenüber der Struktur der „neuen" Führungskräfte in der Wirtschaftsbürokratie wie des Staatsapparates generell und auch der Eliten der Industrie, über die noch zu sprechen sein wird, sollte entgegengehalten werden, daß langfristig ein Einstellungswandel, orientiert an demokratischen Werten und Normen, auch im Gefüge der „restaurierten" Eliten zu erwarten war. Denn eine wichtige Voraussetzung war dafür nach R. Löwenthal 1949 bereits gegeben: „Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte akzeptierten die besitzenden Oberschichten und die beamteten Träger der staatlichen Exekutive, die in der Mehrheit der ersten deutschen Republik von Beginn an als Feinde gegenübergestanden hatten, die demokratischen Regeln mit der gleichen Selbstverständlichkeit, wie dies in den angelsächsischen Demokratien der Fall ist."

Dennoch war die demokratische Innovation für die Zukunft'der Bundesrepublik hier weniger zu erwarten, schon gar nicht im Sinne der o. g. „Schaffung neuer demokratischer Qualitäten". Aber dem Einwand, man hätte halt gründlicher und grundsätzlicher die Regeneration alter Eliten verhindern sollen, sei ein gerade für die Thematik „Wirtschaft und Gesellschaft in der Gründungsphase der Bundesrepublik" wesentlicher Gesichtspunkt entgegengehalten: Angesichts der wirtschaftlichen Lage, die oben gekennzeichnet wurde, und der Notwendigkeit, die Wirtschaft wieder anzukurbeln, brauchte man fachlich qualifizierte Führungskräfte. Woher sollte man sie nehmen? Der wirtschaftliche Aufschwung der Bundesrepublik gibt der Entscheidung nachträglich recht, auf das vorhandene Fachpotential zurückzugreifen. , Das Spannungsverhältnis zwischen notwendiger demokratischer Innovation und ebenso notwendigem wirtschaftlichen Wiederaufbau ist deutlich; es sollte allen vorschnell Urteilenden vor Augen gehalten werden. Entscheidend würde nun — wenn man bestimmte Zwänge nicht umgehen konnte — sein, ob in Zukunft eine Demokratisierung eben dieser alten Eliten möglich sein würde. R. Löwenthals allgemeiner gehaltener Einschätzung sollen, bezogen auf die Eliten der deutschen Industrie, zwei weitere Kennzeichnungen vom Ende der siebziger Jahre zugefügt werden: 1. „ökonomischer Rationalität und politischem Druck gleichermaßen folgend, brach die westdeutsche Wirtschaftselite 1945 radikaler mit dem alten politischen und gesellschaftlichen System als 1918. Dies war möglicherweise einer der maßgeblichen Gründe für die Kooperationsbereitschaft der Industrie gegenüber der alliierten Demokratisierungskonzeption, für die grundsätzliche Einfügung der neugegründeten Interessenorganisationen in das sich entwickelnde parlamentarische, sozialstaatliche System der BRD und für das vergleichsweise zu der Weimarer Republik ohne systemsprengende Konflikte verlaufende Arrangement zwischen Industrie und Politik" 2. „Die Reorganisation der Unternehmerverbände erfolgte nicht gegen den heftigen Widerstand der Mehrheit der Bevölkerung .. .

Beide Zitate markieren die Integration auch der Industriellen in das demokratisch-parlamentarische System der Bundesrepublik. Die Bereitschaft der Industrie zu dieser Integration diagnostizierte E. Buchholz bereits 1969, indem er feststellte, daß zwölf Jahre Nationalsozialismus, Kriegs-und Nachkriegserfahrungen auch in den Unternehmerverbänden „eine Einsicht verbreitet und gefestigt hätten, die vorher nur die Gewerkschaften auszeichnete; daß nämlich die Demokratie die politische Grundlage ihrer Existenz ist."

Ist die positive Einstellung der Industrie zum parlamentarischen System auch eine wichtige Komponente der westdeutschen Demokratiegründung, so muß — entsprechend den Befunden zur Bürokratie — auch für diese Gruppe im Hinblick auf etwaige Neuordnungsvorstellungen doch sofort eingeschränkt werden, daß mit der Integration in die politische Ordnung nicht ohne weiteres eine Bereitschaft einhergehen mußte, auch im wirtschaftlichen Sektor demokratische Veränderungen zu befürworten, geschweige denn anzustreben. Die Montan-Mitbestimmung scheint diese Behauptung zu widerlegen, machten doch die Unternehmer der Eisen-und Stahlindustrie den Gewerkschaften im Herbst 1946 in der britischen Zone weitgehende Mitbestimmungsvorschläge. Dies geschah aber, wie W. L. Bernecker zeigt, besonders deshalb, um Dekartellisierungen zu verhindern und dies gemeinsam mit den Gewerkschaften zu tun, indem man ihnen sogar eine Beteiligung am Kapital der Unternehmen anbot Die Bemühungen scheiterten im Februar 1947, als die Entflechtung in Verbindung mit der die britische Besatzungsmacht sehr interessierenden paritätischen Mitbestimmung in den Aufsichtsorganen der entflochtenen Betriebe endgültig festgelegt wurde. Diese Mitbestimmung im Montanbereich wurde Bestandteil der bundesrepublikanischen Ordnung. Die Entstehung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 läßt gegenüber den Unsicherheiten der früheren Jahre die inzwischen gefestigte Stellung der Unternehmerorganisationen erkennen, denn die gewerk-schaftlichen Erfolge blieben weit hinter den Forderungen zurück. Bezogen auf die frühe Phase meinen H. Homberg und J. Schissler in der Interessenpolitik der Industrie das Grund-muster „Anpassung mit Perspektive" erkennen zu können: pragmatisches Entgegenkommen, um andere Optionen für die Zukunft aufrechtzuerhalten. Als Beleg führen sie die Beobachtung an, daß die Industriellen anfangs eher in Übereinstimmung mit programmatischen Vorstellungen der SPD einen zentralistischen Aufbau des westdeutschen Staates befürwortet hätten, dann aber, als die Amerikaner ihre föderalistischen Pläne durchsetzten und die * CDU diese pragmatisch aufnahm, auf diesen Kurs in der realistischen Erwartung eingeschwenkt seien, „daß nach der Gründung der Bundesrepublik solche Entscheidungen revidierbar sein würden"

Dieses Muster ließe sich zum anderen bei der Frage einer möglichen paritätischen Besetzung von im Rahmen der Industrie-und Handelskammern gebildeten Arbeitsgemeinschaften zwischen Unternehmern und Gewerkschaften nachweisen, die bis 1949 wichtige Aufbauarbeit leisteten, dann aber aufgelöst wurden. „Ihr freiwilliges Kooperationsangebot erlaubte der Industrie letztlich, ihre Eigenständigkeit und den von ihr gewünschten Freiraum an Einflußmöglichkeiten zu bewahren; es bedeutete keineswegs eine Festlegung für die Zukunft. Homberg und Schissler übersehen aber, daß die Arbeitgeber diese Arbeitsgemeinschaft erst dann als Koordinationsstellen der Arbeitnehmer-und Arbeitgeberinteressen ohne Entscheidungsbefugnisse vorschlugen, als sia den gewerkschaftlichen Anspruch, die Industrie-und Handelskammern paritätisch zu besetzen, erfolgreich abgeschlagen hatten. Die Industrie-und Handelskammern hätten, so die unternehmerische Argumentation, „Selbstverwaltungsaufgaben in einer von einem freien Unternehmertum geführten Wirtschaft zu erfüllen. Die Gewerkschaften an diesen Aufgaben zu beteiligen, hieße sie zu Unternehmern machen und damit ihrem Zweck der Vertretung der Arbeitnehmerinteressen zu entfremden. Nur als sozialpolitische Partner, also wo es um die unmittelbaren Belange der Arbeiter ging (mittelbar sind natürlich auch die allgemeinen wirtschaftspolitischen Fragen als deren Belange anzusehen), wollten sie die Gewerkschaften als gleichberechtigte Partner anerkennen." Damit dürfte das von Homberg und Schissler behauptete Grundmuster industrieller Interessenpolitik doch ein wenig infrage gestellt sein.

Die eindeutige Interessenartikulation demonstriert, wie weit die industriellen Eliten von wirtschaftsdemokratischen Gedanken entfernt waren. Eine gewisse Flexibilität läßt sich jedoch nicht leugnen, und es ist zu vermuten, daß Homberg und Schissler dann recht haben, wenn sie meinen, daß die Industrie langfristig darauf vertraut habe, „daß die ihr zur Verfügung stehenden indirekten Mittel der . materiellen Verfassung'der Gesellschaft ihr erlauben würden, ihre Akzente mit hinreichendem Gewicht in Ansatz zu bringen"

Zusammenfassend wird man anhand des bisher verfügbaren Materials mit I. Tornow konstatieren können, daß die Unternehmerverbände als Interessenorganisationen der industriellen Eliten „ein Element der Kontinuität in der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts" sind Dennoch sollte man die Voraussetzungen für einen langfristigen Einstellungswandel dieser gesellschaftlichen Gruppe durch die Einbettung in das demokratisch-parlamentarische System der Bundesrepublik nicht zu gering veranschlagen.

VI. Partizipation

Das Ringen um die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in der Industrie Montan-Mitbestimmung und Betriebsverfassungsgesetz „überraschender als die Tatsache, daß die deutsche Industrie die Politik des Kanzlers einer bürgerlichen Koalition förderte, ist die Unterstützung, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), den man eher auf der Linie der sozialdemokratischen Opposition vermuten würde, Adenauers Westintegration, ja selbst der Wiederbewaffnung zuteil werden ließ." Dieses Zitat an den Anfang eines Kapitels über die Mitbestimmung zu setzen, scheint absurd. Der tiefere Sinn liegt jedoch näher, als man vermuten würde, denn es besteht kein Zweifel, daß die Entscheidung des Bundeskanzlers für volle paritätische Mitbestimmung in der Montanindustrie „primär als Gegenleistung für die Tolerierung seiner Außen-und Verteidigungspolitik durch den DGB konzipiert war"

An diesem Sachverhalt hat sich die Frage entzündet, ob Adenauer seine Innenpolitik nicht generell nur unter dem Primat der Außenpolitik entworfen und betrieben hat Im Hinblick auf die Rentenreform von 1957, auf die noch näher einzugehen ist, meint H. G. Hockerts den genuinen Sozialpolitiker Adenauer entdeckt zu haben. Dem soll nicht widersprochen werden, man sollte allerdings bedenken, daß die sozialpolitische Aktivität, die zur Rentenreform führte, erst einsetzte, als die Integration der Bundesrepublik in das westliche Verteidigungssystem fast abgeschlossen war und der Bundeskanzler nun innenpolitisch ein „sehr großes Werk" auf sozialem Gebiet in Angriff nehmen zu müssen meinte, das die Arbeit von Partei und Regierung „in gewisser Hinsicht" krönen sollte Vor diesem Zeitpunkt waren Wohnungsnot, Kriegsopferversorgung und Lastenausgleich, also die Überwindung der Kriegsfolgen die vordringlichsten sozialpolitischen Probleme gewesen, die aber ganz und gar der „Überwasserhaltung" der neuen Regierung dienten, damit diese ihren außen-politischen Kurs überhaupt steuern konnte. Und ein . Abfallprodukt" dieses Kurses ist auch die Montan-Mitbestimmung. Dies qualifiziert sie als Beitrag zur Systemstabilisierung ohne ernstgemeinte Schritte hin zur Wirtschaftsdemokratie. Für den DGB jedoch wurde sie der größte Erfolg seines Kampfes in den ersten Jahren der jungen Republik, wenn nicht sogar seiner gesamten bisherigen Geschichte. Wie kam dieser Erfolg zustande? Wie oben bereits dargestellt,, blieb die Montan-Mitbestimmung der britischen Besatzungszone als Reformrest erhalten. Die britische Militärregierung hatte in ihrer Zone bei der Entflechtung aus den von den Alliierten beschlagnahmten Montan-Großkonzernen die gesamte Eisen-und Stahl-erzeugung ausgegliedert und die Aufsichtsräte der neu gegründeten selbständigen Unternehmen paritätisch mit je fünf Vertretern der Unternehmer und der Gewerkschaften, unter denen sich immer zwei Belegschaftsmitglieder befanden, besetzen lassen. Diese Regelung hatte also über die Gründung der Bundesrepublik hinaus Bestand. Ende 1950 planten die alliierten Hochkommissare die Durchführung ihres Gesetzes Nr. 27 vom 20. 5. 1950, das die Entflechtung der Eisen-und Stahlindustrie in der Bundesrepublik regeln sollte, auf die Bundesregierung zu übertragen. Da das deutsche Gesellschaftsrecht die Mitbestimmung, wie sie im Montan-Bereich praktiziert wurde, nicht kannte, stellt sich sofort die Frage der künftigen Besetzung der Aufsichtsräte. Während die Gewerkschaften auf der Beibehaltung der Regelung beharrten, wollte das Wirtschaftsministerium bis zum Erlaß eines deutschen Betriebsverfassungsgesetzes das bisherige deutsche Gesellschaftsrecht anwenden und damit die Montanmitbestimmung aussetzen. Das Kampfverhalten des DGB haben A. Baring unter besonderer Gewichtung der Persönlichkeit ihres Vorsitzenden Hans Böckler und D. Schuster von gewerkschaftlicher Seite aus dargestellt Während Schuster die Urabstimmungen der Gewerkschaftsmitglieder der Eisen-und Stahlindustrie wie des Kohlebergbaus (95, 87% bzw. 92, 8% für Beibehaltung der Mitbestimmung) als gewerkschaftliches Druckmittel hervorhebt, kennzeichnet Baring das positive Verhältnis zwischen Böckler und Adenauer. Die Auffassungen des Kanzlers und des DGB-Vorsitzenden lagen in außen-und sicherheitspolitischen Fragen recht nahe. Da Böckler einerseits bereits seit dem Winter 1949/50 eine westdeutsche Wiederbewaffnung für unvermeidlich erachtete, es andererseits für den DGB-Vorsitzenden keinerlei Einflußmöglichkeiten in dieser Angelegenheit gab, versuchte er aus dieser Situation für die Gewerkschaften Kapital zu schlagen und seine wirtschaftsdemokratische Konzeption zumindest partiell durchzusetzen. „Möglich und nötig schien ihm ... für das gewerkschaftliche Stillhalten, für die stillschweigende Unterstützung der Adenauerschen Außen-und Verteidigungspolitik jetzt dem Bundeskanzler eine Gegenleistung — eine demokratische Wirtschaftsverfassung, die Neuordnung der deutschen Wirtschaft — abzuverlangen" Gegenüber Adenauer bestand er am 28. 8. 1950 auf einer sozialen und zeitgemäßen Wirtschaftsordnung u. a. mit dem außen-und sicherheitspolitischen Argument, nur eine „demokratisierte Wirtschaftsverfassung könne vor dem Kommunismus schützen; hätte man in Korea nicht derart starr an überlebten Privilegien und Klassenvorrechten festgehalten, wäre vielleicht alles anderes gekommen"

Diese Argumentation erinnert an Schumachers These von der Notwendigkeit einer Politik der „sozialen Stärke", nur war sie wesentlich realitätsbezogener, wie der Erfolg zeigte: Adenauers Einlenken, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, wenn auch erst nach Bekundung äußerster Entschlossenheit der Industriegewerkschaften (Drohung mit Aufruf zu unbegrenztem Streik) erfolgte im Januar 1951 in einer zweiten Unterredung mit Böckler. Damit war die Lösung noch nicht gefunden, denn die Unternehmer verweigerten ihre Zustimmung. Erst nach mehreren Sitzungen brachte der Bundeskanzler am 25. 1. 1951 eine Einigung zustande, die im wesentlichen den Forderungen des DGB entsprach und die Grundlage des Mitbestimmungsgesetzes für Kohle, Eisen und Stahl vom 10. 4. 1951 werden sollte. Die Hoffnung der Gewerkschaften, das in der Montanindustrie Erreichte auch auf die anderen Industriezweige ausdehen zu können, ging jedoch nicht in Erfüllung. Bereits 1950 brachte die CDU/CSU einen Gesetzentwurf für ein Betriebsverfassungsgesetz (BVG) in den Bundes-tag ein, der vom DGB strikt abgelehnt wurde, da er keine wirksame Form der Mitbestimmung vorsah und gleichzeitig den Betriebsrat einer „Friedenspflicht" unterwarf, die den Betriebsrat mehr zum Mittler zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern machte als zum Vertreter der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der Unternehmensleitung.

Im Unterschied zum Kampf um die Montan-Mitbestimmung konnten sich die Gewerkschaften jedoch nicht zu einer entschiedenen Haltung gegenüber dem BVG-Entwurf verstehen. Erst 1952 kam es zu Protestaktionen, die die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag am 19. 7. 1952 aber nicht verhindern konnten. E. H. von Bernewitz beurteilt das Ergebnis des vom DGB als schwarzen Tag für die demokratische Entwicklung der Bundesrepublik bezeichneten 19. 7. 1952 für die Gewerkschaften dahingehend, daß mit dem BVG der gewerkschaftliche Einfluß praktisch unterbunden worden sei. Indem die Gewerkschaften diese Regelung geschluckt hätten, hätten sie auch den Anspruch von Regierung und Parlament, „Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverfassung allein zu bestimmen und dem Wähler nur alle vier Jahre die Entscheidung über diese Politik zuzugestehen", anerkannt -Wie erbittert die Gewerkschaften über ihr Scheitern waren, demonstriert ihre Kampagne „Für einen besse-ren Bundestag" im Sommer 1953 Auch mit dieser Wahlkampagne scheiterte der DGB, denn die CDU/CSU erhielt einen Stimmenzuwachs.

Die Aktualität der wirtschaftsdemokratischen Problematik zeigt sich am Falle der Umstrukturierungsabsichten und -entscheidungen des Mannesmann-Konzerns 1980. Das Zustande-kommen der Montan-Mitbestimmung erweist sich gerade wieder in der derzeitigen Diskussion um Beibehaltung oder Nicht-Beibehaltung der Mitbestimmung in bestimmten Bereichen dieses Konzerns als Ausnahmefall der Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik Deutschland. Die Montanmitbestimmung wurde nur halbherzig und vorwiegend zum Zweck außen-und sicherheitspolitischer Stabilisierung gewährt. Jede Fortschreibung aber stieß auf hartnäckigen Widerstand besonders der Unternehmerverbände, denn eine Verallgemeinerung innerbetrieblicher Mitbestimmung und ihrer überbetrieblichen Ausweitung hätte einen Strukturwandel der Wirtschaftsverfassung bewirkt. Allerdings muß man fragen, ob die Gewerkschaften nicht zu wenig Entschlossenheit gezeigt haben. Wäre, wenn Böckler noch gelebt hätte, eine andere Entwicklung möglich gewesen? Zweifelsfrei kann ein Erstarken der beharrenden Kräfte in Wirtschaft und Politik konstatiert werden, die eine Neuordnung der Wirtschaftsverfassung über ein bestimmtes Maß hinaus nicht zuließen. Das zeigt sich nicht minder eindeutig in der Frage der Verhinderung bzw.der Kontrolle wirtschaftlicher Machtzusammenballung, im Kartellgesetzgebungsprozeß, der über sieben Jahre dauerte.

Kontrolle ökonomischer Macht und soziale Teilhabe am Wirtschaftswachstum Kartellgesetzgebung und Rentenreform Nicht nur die Gewerkschaften haben auf einen Wandel der Wirtschaftsverfassung als Entsprechung der politischen Demokratie hingewirkt, auch nicht nur die SPD unter den politischen Parteien, sondern ebenso tragende Kräfte der Regierung, nämlich das Bundes-wirtschaftsministerium unter Führung von Ludwig Erhard mit dem Plan eines Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. 1976 erschienen parallel zwei Publikationen zur Kartellgesetzgebung. Während R. Robert die Entstehung des Gesetzes unter der Perspektive der Konzentrationspolitik untersucht, wird P. Hüttenbergers Interesse von der Frage nach Wirtschaftsordnung und Interessenpolitik bestimmt, der auch hier nachgegangen werden soll

Hüttenberger analysiert das jahrelange Tauziehen um ein Gesetz gegen Wettbewerbs-beschränkungen besonders anhand der Akten des Bundesrates; dieser Gesetzgebungsprozeß gibt Aufschluß darüber, daß das vermeintliche generelle Gegeneinander von Regierungsparteien und SPD in der Anfangsphase der Bundesrepublik unzutreffend ist. Zu Beginn der ersten Legislaturperiode entsprachen die Fronten in Sachen Wettbewerbsordnung den parteipolitischen Grenzen, „aber schon im weiteren Verlauf änderten sie sich, spalteten sich die Fraktionen. Der Zwiespalt von . sozialistisch auf der einen Seite und . liberal'bis . konservativ'auf der anderen ging in Auseinandersetzungen zwischen . Sozialisten', die sich für das liberale Wettbewerbsgesetz einsetzten und . Liberalen', die es bekämpften, über. Die SPD geriet nach 1949 auf die Seite des Bundes-wirtschaftsministers Ludwig Erhard, die CDU entfernte sich von ihm. Die Gräben dieser neuen Linie waren genauso tief wie die zwischen den Parteien" Nach einigen Vorarbeiten vor Gründung der Bundesrepublik legte das Bundeswirtschaftsministerium im Oktober 1949 einen ersten Entwurf für ein Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vor. Es enthielt ein absolutes Kartellverbot zum Zweck der Verhinderung des Einflusses von Monopolen auf die Märkte, außerdem die Aufgliederung bestehender wirtschaftlicher Machtgebilde auch ohne Kartelleigenschaften, staatliche Auflagen für Inhaber ökonomischer Macht sowie strenge Strafen bei Gesetzesübertretungen. Dieser Entwurf wurde schon im November 1949 durch einen zweiten ersetzt, da er in der Industrie auf heftige Kritik gestoßen war. Er schränkte das absolute Verbotsprinzip ein, indem er gestattete, daß marktbeherrschende Unternehmen sich durch Eintragung in ein öffentliches Register ausweisen und außerdem die optimale Versorgung der Märkte sicherzustellen hatten. Damit kam das in der Weimarer Republik vieldiskutierte Mißbrauchsprinzip wieder in die Debatte. So war das Feld abgesteckt: Verbotsprinzip contra Mißbrauchsprinzip.

Der Ablauf des über siebenjährigen(!) Gesetzgebungsprozesses, in dem es Erhard um Ord-nungsprinzipien im Sinne eines wirtschaftspolitischen Korrelats zur politischen Demokratie ging, kann hier aus Platzgründen nicht dargelegt werden, ebensowenig der Vorgang der Umgruppierung der politischen Lager mit dem Ergebnis, daß auf Erhards Seite SPD, Teile der FDP und einige CDU-Abgeordnete standen, während die CDU/CSU den Gegenkurs mit intensiver Unterstützung der Großindustrie, schließlich auch der mittelständischen Industrie und des Handels, steuerte und damit 1957 schließlich Erfolg hatte. Wenn auch das Verbotsprinzip nicht wörtlich gestrichen wurde, wurde es doch durch zahlreiche Einschübe wirkungslos, die die wichtigsten Eckpfeiler der Erhardschen Konzeption auflösten. Sein Konzept „einer einheitlichen, vom Staat garantierten und kontrollierten Ordnung der Wirtschaftsverfassung als Ergänzung zum Grundgesetz war somit wenigstens in den großen Zügen gescheitert" Das Gesetz entsprach in den wesentlichen Punkten den Vorstellungen der Industrie, wie sie seit 1950 artikuliert worden waren.

Hüttenberger faßt die verschiedenen Ursachen des Scheiterns der Konzeption Erhards zusammen: „ 1. Sie lagen an Erhard selbst, der trotz seines Beharrens in Einzelfragen dem Druck von außen nachgab und der die Verschleppungstaktik der Kartellgesetzgegner nicht zu durchbrechen vermochte, zumal er die Gunst der Stunde zu Anfang der Bundesrepublik nicht ausgenutzt hatte. 2. Der linke Flügel der CDU entfaltete nicht die politisch notwendige Hilfe für Erhard ... 3. Adenauer neigte dazu, der Großindustrie einen Einfluß auf die Formulierung des Gesetzes einzuräumen, ja er leitete die unmittelbaren Verhandlungen zwischen Bundeswirtschaftsministerium und dem BDI in die Wege. 4. Das Gesetzgebungsverfahren litt auch unter den bürokratischen Rivalitäten der Bundesbehörden. 5. Die Verzögerungen bei der Beratung des Gesetzes schufen Zeit zu neuen Zusammenschlüssen, so daß in der mittelständischen Industrie und dem Handel der Eindruck aufkommen mußte, Kartellverbote richteten sich allein gegen sie. Dadurch verlor Erhard die Unterstützung einer starken sozialen Gruppe, die 1950 aus eigenem Interesse noch hinter ihm gestanden hatte."

Trotz des Scheiterns des generellen Kartell-verbots stellt das Gesetz gegen Wettbewerbs-beschränkungen doch einen ersten wichtigen Schritt im Hinblick auf die Kontrolle ökonomischer Macht dar. Dies sollte nicht verkannt und unterschätzt werden. Ob allerdings das Wirken des 1957 eingerichteten Kartellamtes eine effektive und ausreichende Kontrolle ökonomischer Machtentfaltung darstellt, darf bezweifelt werden.

Das eigentliche Ziel — der politischen Verfassung eine den Wettbewerb sichernde, vom Staat garantierte und kontrollierte Wirtschaftsverfassung zur Seite zu stellen — ist auch hier wie in der Mitbestimmungsfrage an den Kräften gescheitert, die einen Einbruch in ihr ökonomisches Herrschaftsreservat befürchteten. Immerhin sind Teile des Programms — wie etwa bei der Mitbestimmung — realisiert worden, so daß die Bilanz so schlecht auch wieder nicht ausfällt. Die Befunde bestätigen jedoch eine Entwicklungstendenz, die P. Waldmann so interpretiert, daß die westdeutsche Gesellschaft in der Gründungsphase der Bundesrepublik einmal den entscheidenden „Sprung" in die moderne Industriegesellschaft getan hat, dies jedoch nicht im Verein mit einer zukunftsorientierten, optimistischen Weitsicht bewerkstelligte, sondern „gleichsam mit rückwärtsgerichtetem Blick ... unter ständiger Bezugnahme auf vergangene kulturelle Leitbilder und soziale Verhältnisse"

Wie bei der Mitbestimmung wurde auch beim Entscheidungsprozeß um das Kartellgesetz ein Stück eines Programms verwirklicht und damit eine partielle Innovation ermöglicht, die zur sozialen Stärke der Bundesrepublik beigetragen hat. Konnte Teilhabe an den Entscheidungen in der Industrie nur teilweise erreicht werden und blieb die Kontrolle der ökonomisch Mächtigen beschränkt, so sollte aber das Ziel der sozialen Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung für die sozial Schwächeren nun in einem größeren Maße in der Rentenreform realisiert werden

W. Schreiber, einer der Väter der Rentenreform von 1957, geht in einem Beitrag von 1974 davon aus, daß sich am Ende der vierziger Jahre in sozialgeschichtlicher Hinsicht eine „unübersehbare Epochenzäsur vollzogen" habe und begründet dies mit Änderungen, durch die das System der sozialen Sicherung seit 1948 infolge von Umdenken Sinnwandel erfahren habe. Während früher die Gestaltungsprinzipien der Fremdhilfe, der Einkommensumverteilung, der Fürsorge und Versorgung die stärkste Prägekraft gehabt hätten, sei nunmehr das Element der Selbsthilfe, der individuellen Selbstverantwortung jedes einzelnen deutlich in den Vordergrund getreten. Denn der Bürger der freiheitlichen Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung wolle sein Leben in eigener Verantwortlichkeit und nicht als Kostgänger eines Versorgungssystems gestalten; er empfinde ein vitales Bedürfnis nach Einrichtungen, die es ihm erleichterten, sein Lebenseinkommen in bedarfsgerechter Weise auf alle, auch die nicht einkommensträchtigen Phasen seines Lebens umzuschichten. „Es geht um zeitlichen Transfer von Teilen des eigenen Einkommens, nicht mehr um Einkommensredistribution von einer Person auf die andere.“

Die Qualität dieses von Schreiber diagnostizierten Umdenkens erscheint in einem etwas anderen Licht, wenn man bedenkt, daß die traditionelle Sozialversicherung zunächst einmal in enger Anlehnung an Institutionen und Recht der Weimarer Republik rekonstruiert wurde. Dazu gehört auch das Organisationsgefüge. Neu war allerdings die Einführung der Sozialgerichtsbarkeit und der sozialpartnerschaftlich motivierten Parität von Versicherten (Gewerkschaften) und Arbeitgebern in allen Selbstverwaltungsorganen. Die modifizierte Wiederherstellung Weimarer Verhältnisse entsprach jedoch nicht den Vorstellungen von SPD und DGB, die eine Einheits-und Volksversicherung wünschten. Eine solche Versicherungsstruktur mit großem gewerkschaftlichem Einfluß hatte der alliierte Kontrollratsentwurf von 1946 vorgesehen, gegen den aber — bevor die Westmächte ihn 1947/48 im Kontrollrat zu Fall brachten — neben Ärzteschaft, Arbeitgebern in Industrie und Handel, den Selbständigen in Handwerk und Landwirtschaft gerade auch die Gewerkschaften heftig opponierten: „... die innerdeutsche Opposition gewann gerade dadurch an Wirksamkeit und Breite, daß sie von bedeutenden Teilen der Gewerkschaftsbewegung mitgetragen wurde Galt diese Opposition auch besonders den mit diesen Entwürfen einhergehenden Leistungsverschlechterungen, so wurden in ihr aber doch entscheidende Prioritäten deutlich: Im bizonalen Wirtschaftsrat, der 1948 die sozialversicherungsrechtliche Legislativ-kompetenz erhielt, einigten sich CDU/CSU und SPD gegen FDP und DP auf übergangsgesetze, „die die Leistungen deutlich erhöhten, Unterschiede in der Sozialrechtsposition von Arbeitern und Angestellten verringerten, jedoch strittige Grundsatzfragen ausklammerten" Dieser Konsens entsprach wohl der sozialdemokratischen Erwartung auf sofortige Übernahme der Regierungsgewalt in der jungen Bundesrepublik insofern, als man, nachdem die Leistungserhöhung sichergestellt war, eine Einheits-und Volksversicherung dann auf legislativem Wege nachzuschieben gedachte.

Hier wird wieder einmal das oft beschworene Dilemma der SPD in der Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland deutlich, aber es wird an diesem Fall auch einsichtig, daß die These von der verhinderten Neuordnung wegen des Widerstandes der Besatzungsmächte nicht gültig ist. Es gab manche Spielräume für die Deutschen, und im Falle der Sozialversicherung waren es sogar die „linken“ Kräfte, die ein durchaus ihren Interessen entsprechendes Angebot ausschlugen. Sie taten es, weil sie die langfristige Perspektive des Strukturwandels von der augenblicksgebundenen Perspektive (Leistungserhöhung) verdecken ließen und auf späteres Nachholen hofften. Mit dem Scheitern der Konzeption von SPD und DGB, das sich bis 1953 herausgestellt hatte, kam die oben von Schreiber skizzierte andere Alternative zum Durchbruch, die sich bei der Diskussion der bis dahin gesehenen Alternativen: Anknüpfung an Weimar — Einheits-und Volksversicherung überhaupt erst entwickelte.

Der Innovationsschub wurde durch eine Sozialpolitik bewirkt, die den sozialdemokratischen Vorstellungen entgegenkam und deshalb zu parlamentarischer Gemeinsamkeit mit der CDU/CSU — wiederum gegen FDP und DP — führte. Die maßgebliche Beteiligung Bundeskanzler Adenauers an dem sozialen Reformwerk weist den Regierungschef entgegen bisheriger Einschätzung auch als Sozialpolitiker mit sozialstruktureller Zielrichtung aus Selbst ein so kritischer Betrachter der westdeutschen Politik wie H. K. Rupp kann nicht umhin, eine gewisse Arbeiterfreundlichkeit der Sozialpolitik der fünfziger Jahre anzuerkennen, wenn er feststellt, daß die Rentenversicherung 1957 „die Anpassung der Renten an das Niveau der ja beträchtlich steigenden Löhne sicherte", daß „eine gegenüber der Weimarer Republik und dem Dritten Reich erhebliche Verbesserung der sozialen Sicherung der Arbeiter und Angestellten" erfolgt sei, und daß schließlich eine Egalisierung des Fürsorgean-Spruchs für alle im Bundessozialhilfegesetz von 1961 erreicht worden sei

Die Verbesserung der sozialen Sicherung der Arbeiter und Angestellten wurde begleitet von einem Prozeß der Angleichung beider Gruppen, die allerdings nicht zu einer organisatorischen und finanzwirtschaftlichen Verschmelzung führte, was die Angestelltenverbände auch nicht zugelassen hätten. Dieser Angleichungsprozeß zeigte sich seit 1949 in der Rentenversicherung mit der Einführung der „Halbinvaliditätsgrenze" und der „unbedingten Witwenrente" in der Arbeiterversicherung, dann 1957 in dem für Arbeiter und Angestellte identischen Finanzierungs-und Leistungsrecht in der Alters-, Invaliditäts-und Hinterbliebenenversicherung.

In der Rentenreform wurde etwas von dem oben beschriebenen Sinnwandel weg vom reinen Fürsorgeprinzip manifest. Schreiber wie Hockerts betonen den Funktionswandel der Rente. Die herkömmliche Vorstellung, die Rente sei nur ein Zuschuß zum Lebensunterhalt, wurde zugunsten des Grundsatzes der Lohnersatzfunktion fallengelassen, wonach „die Rente den relativen, am Arbeitseinkommen gemessenen sozialen Status des versicherten Arbeitnehmers auch im Alter aufrechterhalten soll" Dies wurde 1957 einmal durch Anhebung des Ausgangsniveaus der Renten, zum anderen durch die Dynamisierung der Rente entsprechend der industrie-wirtschaftlichen Dynamik angestrebt. Die Einführung der Rentendynamik hat übrigens die soziologisch interessante Folge, daß die Arbeitnehmer auch in ihrem Rentenalter an der lohnpolitischen Aktivität der Gewerkschaften interessiert bleiben.“

Für die Bewährung dieses 1957 eingeführten Dynamisierungsprinzips spricht die Tatsache, daß 1963 die Unfallversicherung, 1967 die Kriegsopferversorgung, 1972 die Lastenausgleichsleistungen und 1974 das Krankengeld „dynamisiert" wurden.

Das Beispiel der Sozialversicherungsgesetzgebung weist eine Richtung auf, in der sich der junge Staat Bundesrepublik gesellschaftspolitisch entwickelte: Auf der Grundlage traditioneller Grundstrukturen (gegliederte Sozialversicherung, Schutzbedürftigkeitsprinzip, Versicherungsprinzip) wurden evolutionäre Schritte getan, die der Demokratie die Zustimmung der Majorität ihrer Bürger sicherte. Die Gesellschaftsordnung blieb im Prinzip unverändert (Unternehmerwirtschaft, Individualeigentum, selbständiger Mittelstand), die sozialen Reformen brachten aber Anpassungsleistungen zum Abbau von systemimmanenten Spannungen und bedingten damit Interessenausgleich. Und auch die politische Demokratie zog daraus ihren Nutzen: Durch den wachsenden Anteil der Arbeitnehmer an der berufstätigen Bevölkerung der Bundesrepublik haben die an Sozialversicherungsleistungen besonders interessierten Wähler hohes politisches Gewicht und fördern damit, indem sie die Parteien-und Verbandskonkurrenz bestimmen, Stabilität und Leistungsfähigkeit der parlamentarischen Demokratie.

Das Kapitel „Partizipation“ hat in seinen beiden Abschnitten an ausgewählten Beispielen die Frage erörtert, zu welchen Ergebnissen das Ringen um die Gestaltung einer der politischen Verfassung der jungen Bundesrepublik entsprechenden wirtschaftlichen und sozialen Verfassung geführt hat. Das Maß der erreichten Mitbestimmung wie das der gewonnenen Kontrollmöglichkeit wirtschaftlicher Macht-entfaltung einerseits und das Maß der über das Fürsorgeprinzip weit hinausreichenden sozialen Sicherung andererseits markieren die Eigentümlichkeit des wirtschaftlich-gesellschaftlichen Ordnungsgefüges der Bundesrepublik am Ende ihrer Gründungsphase in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre: Es ist das Ergebnis der Bestrebungen fast aller gesellschaftlichen Gruppen und Kräfte in Westdeutschland nach 1945, ein neues, gegenüber den vergangenen besseres Gemeinwesen zu gestalten. Der Rahmen, innerhalb dessen dies geschehen konnte und sollte, war zweifach terminiert: einmal durch die Bedingungen des hier nicht thematisierten internationalen Systems, zum anderen durch die verschiedenen Vorstellungen der Deutschen selber, die zwischen Wiederherstellung und Weiterentwicklung positiv erfahrener Wirklichkeit der Weimarer Republik und der Schaffung neuer demokratischer Qualitäten angesiedelt waren. Eine der Qualität des Grundgesetzes entsprechende Wirtschafts-und Sozialverfassung der Bundesrepublik kam nicht zustande. Dennoch wurden Schritte in diese Richtung getan, die die „positive" Eigentümlichkeit des Ordnungsgefüges ausmachen, zugleich aber die Aufgaben für die Zukunft erhellen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Sektion 9: Deutsche Nachkriegsgeschichte nach 1945 — Neuaufbau oder Restauration?

  2. Abeishauser, Wirtschaft in Westdeutschland 1945— 1948, Stuttgart 1975 (Abeishauser 1975); ders., Die verhinderte Neuordnung? Wirtschaftsordnung und Sozialstaatsprinzip in der Nachkriegszeit, in: Politische Bildung 1976, Heft 1, S. 53ff. (Abeishauser 1976); ders., Die Rekonstruktion der westdeutschen. Wirtschaft und die Rolle der Besatzungspolitik, in: C. Scharf/H. J. Schröder (Hrsg.), Politische und ökonomische Stabilisierung Westdeutschlands 1945—

  3. Abeishauser 1979, S. 208f.

  4. Abeishauser 1975, S. 168.

  5. Ebd. S. 124.

  6. Abeishauser 1975, S. 168.

  7. Ebd. S. 168.

  8. Ebd. S. 164.

  9. Ebd. S. 169.

  10. Abeishauser 1979, S. 236.

  11. D. Winkler, Die amerikanische Sozialisierungspolitik in Deutschland 1945— 1948, in: H. A Winkler (Hrsg.), a. a. O., 1979, S. 88ff„ Weitere Literatur ebd., S. 88f.

  12. D. Winkler, a. a. O., S. 91.

  13. Ebd. S. 92.

  14. Ebd. S. 109.

  15. Ebd. S. 110.

  16. Ebd. S. 107.

  17. Ebd. S. 108.

  18. J. B. Lange-Quassowski, Neuordnung oder Restauration?, Opladen 1979.

  19. U. Uffelmann, Internationale Politik und deutsche Frage 1945— 1947, Düsseldorf 1976.

  20. P. Hüttenberger, Die Anfänge der Gesellschaftspolitik in der Britischen Zone, in: VfZG 1973, S. 171 ff.; ders., Nordrhein-Westfalen und die Entstehung seiner parlamentarischen Demokratie, Sieg-burg 1973; R. Steininger; Die Rhein-Ruhr-Frage im Kontext britischer Deutschlandpolitik 1945/46, in: H. A Winkler (Hrsg.), a. a. O., S. 111 ff.; G. J. Trittei, Die Bodenreform in der Britischen Zone 1945— 1949, Stuttgart 1975.

  21. R. Steininger, a. a. O., S. 165.

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  24. Trittei, S. 171.

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  26. Chr. Weisz, Organisation und Ideologie der Landwirtschaft 1945— 1949, in: VfZG 1973, S. 192ff., hier S. 199.

  27. M. Geyer, Alliierte Militärregierungen: Okkupation, militärische Verwaltung, Staatsgründung, in: SOWI 1977, Heft 3, S. 981.

  28. Abeishauser 1976, S. 67.

  29. Abeishauser 1979, S. 237.

  30. H. Möller, Zur Vorgeschichte der Deutschen Mark, Basel/Tübingen 1961, S. 429 ff.

  31. Abeishauser 1979, S. 239.

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  35. A. Shonfield, Geplanter Kapitalismus, Köln 1968, S. 326.

  36. A. Müller-Armack, Überblick über die Argumente gegen Planwirtschaft überhaupt und ihre bisherigen Erscheinungsformen in Deutschland und anderen Ländern, in: W. Abeishauser (Dokumentation), Freiheitlicher Sozialismus oder Soziale Marktwirtschaft? VfZG 1976, S. 431.

  37. Abeishauser 1979, S. 247.

  38. K. Pritzkoleit, Männer — Mächte — Monopole, Düsseldorf 1953, 3. Aufl. 1963, S. 635.

  39. Abeishauser 1979, S. 247.

  40. Pritzkoleit, a. a. O., S. 635.

  41. Ebd. S. 637f.

  42. K. Pritzkoleit, a. a. O. S. 637.

  43. Abeishauser 1979, S. 250.

  44. Die „Counterpart Funds" entstanden beim Kauf von Marshall-Plan-Gütern durch deutsche Importeure und flossen zum ERP-Sondervermögen des Bundes zusammen.

  45. Abeishauser 1979, S. 252.

  46. Ebd. S. 253.

  47. W. Kaltefleiter, Wirtschaft und Politik in Deutschland — Konjunktur als Bestimmungsfaktor des Parteiensystems, Köln/Opladen 1966; H. Rattinger, Wirtschaftliche Konjunktur und politische Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1980. ,

  48. W. Kaltefleiter, a. a. O., S. 157.

  49. Ebd. S. 109.

  50. Ebd. S. 115.

  51. A Mintzel, Das westdeutsche Parteiensystem bis 1961. Vortrag auf dem Würzburger Historikertag 1980.

  52. P. Waldmann, Die Eingliederung der ostdeutschen Vertriebenen in die westdeutsche Gesellschaft, in: J. Becker/T. Stammen/P. Waldmann (Hrsg.), Vorgeschichte der Bundesrepublik, München 1979, S. 163ff.

  53. A. Lein, Antifaschistische Aktion 1945. Die „Stunde Null" in Braunschweig, Göttingen 1978.

  54. Ebd. S. 242.

  55. Ebd. S. 241.

  56. Ebd. S. 241.

  57. Ebd. S. 241.

  58. U. Borsdorf/H. Pietsch, Betriebsausschüsse 1945 — Alternative an der Basis?, in: SOWI 1977, Heft 3, S. 110ff„ hier S. 115.

  59. A Lein, a. a. O., S. 239.

  60. L. Niethammer (Hrsg.), Arbeiterinitiative 1945, Wuppertal 1976, S. 11.

  61. Ebd. S. 714.

  62. U. Borsdorf/H. Pietsch, a. a. O., S. 114.

  63. S. Mielke, Der Wiederaufbau der Gewerkschaften: Legenden und Wirklichkeit, in: H. A Winkler (Hrsg.), a. a. O., S. 75ff, dort weitere Literatur. ’

  64. Ebd. S. 87.

  65. Ebd. S. 87.

  66. L. Niethammer, Zum Verhältnis von Reform und Rekonstruktion in der US-Zone am Beispiel der Neuordnung des öffentlichen Dienstes, in: VfZG 1973, S. 177 ff.

  67. J. R. Wenzlau, Der Wiederaufbau der Justiz in Nordwest-Deutschland 1945— 1949, Königstein/Ts 1979; M. Stolleis, Rechtsordnung und Justizpolitik 1945— 1949, Vortrag auf dem Würzburger Historikertag 1980.

  68. So P. Hüttenberger am 26. 4. 80 auf einer Tagung in Loccum.

  69. M. Stolleis, a. a. O., Mitschrift.

  70. G. Ambrosius, Funktionswandel und Strukturveränderung der Bürokratie 1945— 1949: Das Beispiel der Wirtschaftsverwaltung, in: H. A Winkler (Hrsg.), a. a. O. S. 167 ff.

  71. Ebd. S. 180.

  72. Ebd. S. 189.

  73. Ebd. S. 206.

  74. R. Löwenthal, Prolog: Dauer und Verwandlung, in: R. Löwenthal/H. P. Schwarz (Hrsg.), Die zweite Republik, Stuttgart 1974, S. 9ff, hier S. 10.

  75. H. Homburg/J. Schissler, Zum Kontinuitätsproblem von Interessenorganisationen und Funktionseliten der westdeutschen Industrie im Umbruch 1945/49, in: SOWI 1977, S. 117ff hier. 120.

  76. I. Tornow, Die deutschen Unternehmerverbände 1945— 1950 — Kontinuität oder Diskontinuität?, in: J. Becker/T. Stammen/P. Waldmann (Hrsg.), Vorgeschichte der Bundesrepublik, a. a. O., S. 235ff, hier S. 254.

  77. E. Buchholz, Die Wirtschaftsverbände in der Wirtschaftsgesellschaft, Tübingen 1969, S. 67.

  78. W. L. Bernecker, Die Neugründung der Gewerkschaften in den Westzonen 1945— 1949, in: J. Becker u. a. (Hrsg.), a. a. O, S. 261 ff, hier S. 279.

  79. H. Homburg/J. Schissler, a. a. O., S. 119.

  80. Ebd. S. 119.

  81. I. Tornow, a. a. O., S. 239.

  82. H. Homburg/J. Schissler, a. a. O., S. 119.

  83. I. Tornow, a. a. O., S. 253.

  84. A Baring, Außenpolitik in Adenauers Kanzler-demokratie, München, 2. Aufl. 1971, Bd. 2, S. 58f.

  85. H. G. Hockerts, Adenauer als Sozialpolitiker, in: D. Blumenwitz u. a. (Hrsg.), Konrad Adenauer und seine Zeit, Stuttgart 1976, S. 466ff, hier S. 470.

  86. Ebd. S. 473.

  87. A Baring, a. a. O.; D. Schuster, Die deutschen Gewerkschaften seit 1945, Stuttgart 1973.

  88. A Baring, a. a. O., S. 66.

  89. Ebd. S. 67.

  90. E. H. v. Bernewitz, Die wirtschaftliche Organisation der Bundesrepublik Deutschland, in: E. H. v. Bernewitz (Hrsg.), Wirtschaft und Politik verstehen, Reinbek 1978, S. 140ff, hier S. 157.

  91. D. Schuster, a. a. O., S. 43.

  92. R. Robert, Konzentrationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland — Das Beispiel der Entstehung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Berlin 1976; P. Hüttenberger, Wirtschaftsordnung und Interessenpolitik in der Kartellgesetzgebung der Bundesrepublik 1949— 1957, in: VfZG 1976, S. 287 ff.

  93. P. Hüttenberger 1976, a. a. O., S. 289f.

  94. Ebd. S. 307.

  95. Ebd. S. 307.

  96. P. Waldmann, a. a. O., S. 189.

  97. W. Schreiber, Um die soziale Sicherheit, in: R. Löwenthal/H. P. Schwarz (Hrsg.), Die zweite Republik, Stuttgart 1974, S. 791 ff.; H. G. Hockerts, Adenauer als Sozialpolitiker, a. a. O.; ders., Sozialpolitische Reformbestrebungen in der frühen Bundesrepublik. Zur Sozialreform-Disküssion und Rentengesetzgebung, in: VfZG 1976, S. 341 ff.; ders., Der Wiederaufbau der Sozialversicherung als Beispiel von Reformkonservativismus; Vortrag auf dem Würzburger Historikertag 1980, Mitschrift; jetzt auch: ders., Sozialpolitische Entscheidungen im Nachkriegsdeutschland, Stuttgart 1980.

  98. W. Schreiber, a. a. O., S. 791.

  99. Ebd. S. 797.

  100. H. G. Hockerts, Mitschrift, a. a. O.

  101. Ebd.

  102. H. G. Hockerts 1976, S. 478.

  103. H. K. Rupp, Politische Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1978, S. 124.

  104. H. G. Hockerts, Mitschrift, a. a. O.

  105. W. Schreiber, a. a. O., S. 800f.

  106. Der Verf. wird demnächst zur Thematik dieses Beitrags eine Materialsammlung für den Unterricht vorlegen.

Weitere Inhalte

Uwe Uffelmann, Dr. phil., geb. 1937; 1964— 1971 im gymnasialen Schuldienst; seit 1971 Professor für mittlere/neueste Geschichte und Geschichtsdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg. Veröffentlichungen u. a.: Internationale Politik und deutsche Frage 1945— 1947, Düsseldorf 1976; Zur Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland (gern, mit H. Schneider), Paderborn 1977; Die sowjetische Deutschlandinitiative von 1952 im Unterricht der Sekundarstufe I, in: Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 161, Bonn 1980; Vorüberlegungen zu einem problemorientierten Geschichtsunterricht im sozialwissenschaftlichen Lernbereich, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 33/75; Problemorientierter Geschichtsunterricht oder die Frage nach dem Zugang des Schülers zu historischem Denken, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 4/78; Problemorientierter Geschichtsunterricht, in: Handbuch der Geschichtsdidaktik, Bd. 1, Düsseldorf 1979; Das Mittelalter im Historischen Unterricht, Düsseldorf 1978.