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Militärische Bündnisbeziehungen in Osteuropa und die Entspannung | APuZ 11/1980 | bpb.de

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APuZ 11/1980 Artikel 1 Weltbild und Bewußtwerdung — vernachlässigte Faktoren beim Studium der Internationalen Beziehungen Entspannung und Sicherheit Konzeptionelle Überlegungen an einer kritischen Wegemarke Militärische Bündnisbeziehungen in Osteuropa und die Entspannung

Militärische Bündnisbeziehungen in Osteuropa und die Entspannung

Stephan Tiedtke

/ 31 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die westlichen Einschätzungen der Motive, die 1955 zur Gründung der Warschauer Vertragsorganisation (WVO) führten — die Gründung sei für die militärische Ost-West-Konfrontation weitgehend bedeutungslos und habe vor allem symbolisch politische Aufgaben zu erfüllen gehabt —, haben bis heute die westliche Haltung zur militärischen Kooperation in Osteuropa geprägt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten (Reorganisation der osteuropäischen Armeen nach 1955, Folgeerscheinungen des ungarischen AufStandes), die die militärische Ineffizienz der WVO während der ersten Jahre erklären, trat 1960/61 das Bündnis in eine Phase verstärkter multilateraler Zusammenarbeit Sie bot der DDR Gelegenheit, staatliche Gleichstellung im osteuropäischen Staatensystem zu erlangen. Nachdem Mitte der sechziger Jahre die militärische Zusammenarbeit vor allem im Norden der WVO ein relativ stabiles und hohes Niveau erreicht hatte, begannen auch die osteuropäischen Staaten konkrete Entspannungsziele anzusteuern. Die militärische Integration sollte dabei ein abgestimmtes Zusammenwirken der Warschauer Vertragsstaaten in der Entspannung mit garantieren helfen. Gleichzeitig eröffnete die Entspannung den kleineren Vertragsstaaten aber auch die Möglichkeit, aufgrund ihrer gestiegenen militärischen Bedeutung Veränderungen in den Bündnisstrukturen zu fordern (erste Reform des Bündnisses 1969). Die tschechoslowakische Kritik am Bündnis 1968, die ein größeres Mitspracherecht verlangte, und die rumänische desintegrative Militärpolitik sind dafür ein Beleg. Rumänien kann diese Politik u. a.deshalb nicht verfolgen, weil die rumänische Armee nicht in die militärische Integration (Vereinte Streitkräfte) eingeschlossen ist, die auf den potentiellen mitteleuropäischen Kriegsschauplatz ausgerichtet ist. Eine Änderung des militärischen „Gleichgewichts" in Südosteuropa (massive Aufrüstung der Türkei und Griechenland) kann jedoch das Ende des selbständigen militärpolitischen Kurses Rumäniens bedeuten, Westliche Militärpolitik, die ein begleitendes und nicht hemmendes Element der Entspannung sein will, muß ihre Rüstungsentscheidungen auch im Hinblick auf deren Wirkungen auf die Bündnisbeziehungen in Osteuropa fällen.

ImVergleich zu der hohen publizistischen und wissenschaftlichen Aufmerksamkeit, mit der man von Osteuropa aus die militärpolitischen Beziehungen in der NATO verfolgt, fallen die westlichen Analysen der militärpolitischen Beziehungen in Osteuropa äußerst bescheiden aus. Dieses westliche Desinteresse an der militärischen Kooperation zwischen den Mitgliedsstaaten der Warschauer Vertragsorganisation (WVO) kann vor allem mit der traditionellen politischen Einschätzung des osteuropäischen Staaten-und Militärsystems als eines monolithischen Blocks erklärt werden, in dem die sowjetische Führung sich mit ihren Interessen prinzipiell durchsetze. In dieser Sichtweise existiert so gut wie keine für das Ost-West-Verhältnis relevante militärische Zusammenarbeit es gibt nur eine sowjetische Militärpolitik, der sich die Bündnis-partner unterzuordnen haben.

Wird diese Betrachtungsweise, für die auf den ersten Blick eine Reihe realer politischer und militärpolitischer Faktoren spricht (Standardisierung der osteuropäischen Armeen nach sowjetischen Mustern, Besetzung der wichtigsten Positionen des Bündnisses durch sowjetische Offiziere, hoher Anteil der sowjetischen Stationierungstruppen an den Bünd-

nistruppen in Osteuropa), den militärpolitischen Gegebenheiten in Osteuropa gerecht, oder ist sie ein Relikt der Blockkonfrontation im Kalten Krieg, als auf beiden Seiten Diffe-Tenzierungen einzelstaatlicher Interessen, aber auch der Gesellschaftsstrukturen im Gegensystem nicht wahrgenommen wurden? Unser existentielles Interesse, das eine militärische Entspannung in Europa fordert, erlaubt 4 diese Frage keine oberflächlichen Antworten, auch wenn der Einmarsch sowjetischer ruppen in Afghanistan für viele eine Verlok-Ung ist, zu den einfachen und damit bequemen Freund-Feind-Schemata des Kalten Krieges zurückzukehren.

'—-------Fehleinschätzungen der militär-und sicherheitspolitischen Beziehungen in der WVO, wie sie etwa den westlichen und insbesondere westdeutschen Bemühungen um eine Isolierung der DDR in Osteuropa zugrunde lagen, führen zu unrealistischen Entspannungsversuchen und gefährden die militärische Entspannung, die Europa so dringend benötigt. Ebenso wie Mitte der sechziger Jahre das westliche Interesse an einer wirtschaftlichen Kooperation mit Osteuropa differenzierte Analysen der nationalen Volkswirtschaften und des Warenaustauschs im Geltungsbereich des RGW (Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe) notwendig machte, sollten auch die Interessen an einer militärischeh Entspannung in Europa mit sachlichen Analysen der militärischen Zusammenarbeit innerhalb der WVO fundiert werden.

Jedoch stößt ein solches Vorhaben auf eine wesentlich ungünstigere Quellenlage als im Bereich der osteuropäischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Bürokratien Osteuropas tragen ihre militärpolitischen Kontroversen nicht öffentlich aus und informieren möglichst wenig detailliert über die Modalitäten ihrer militärischen Zusammenarbeit. Lediglich in Ausnahmefällen lassen die Quellen etwas von Konflikten zwischen den Warschauer Vertragsstaaten verlauten, ohne daß aber auch dann der Schleier des Geheimnisses wesentlich gelüftet wird. Rumänien, das sich seit 1964 mit wechselnder Intensität, aber dennoch kontinuierlich den Zwängen der militärischen Zusammenarbeit zu entziehen sucht, stützt sich zwar bei seinen Selbständigkeitsbestrebungen auf die internationale Öffentlichkeit, hütet sich aber, gegen den gemeinsamen Grundsatz zu verstoßen, möglichst wenig über die strittigen Fragen der militärischen, militärpolitischen und rüstungsindustriellen Kooperation zu informieren Diese restriktive Informa-tionsbereitschaft der osteuropäischen Bürokratien erfordert, will man die gegenwärtigen Entwicklungstendenzen der Militärpolitik des osteuropäischen Bündnisses erkennen, eine historische Analyse der militärischen Kooperation der Warschauer Vertragsstaaten. Erst die Sicht auf die Entwicklung der WVO seit ihrer Gründung läßt die Grundströmungen deutlich hervortreten, die die Zusammenarbeit strukturieren und an denen die westliche Rüstungskontrollpolitik nicht vorbeigehen kann. Dies bestätigen auch die osteuropäischen Wissenschaftler, die offensichtlich erhebliche Schwierigkeiten mit ihrer eigenen Militärgeschichte haben: Eine historisch ausführliche Darstellung der militärischen Kooperation in Osteuropa liegt nicht vor, ebenso-wenigeine Geschichte der Nationalen Volks armee (NVA), die zu schreiben die ostdeut sehen Historiker sich bislang vergeblich be mühten

Da die osteuropäischen Darstellungen die mi litärische Kooperation und das sicherheitspo litische Selbstverständnis ihrer Akteure ehe verschleiern als erhellen, steht der westlich Beobachter vor der Aufgabe, diese Lücke z füllen. Denn die Forderung nach einer realisti sehen Analyse der militärischen Kooperatio verlangt vor allem, sich über das militärpoliti sehe Selbstverständnis der Bürokratien um über die internen und externen Rahmenbe dingungen ihrer Bündnispolitik Klarheit z verschaffen.

Die militärstrategischen und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen der Kooperation

Die im Vergleich zur NATO zweifellos größere Homogenität in den Militärapparaten und militärpolitischen Vorstellungen Osteuropas (höherer Standardisierungsgrad, einheitlichere Logistik und Ausbildungspraktiken u. a.) wird im-Westen vorrangig als Resultat der sowjetischen Dominanz im Bündnis begriffen. Sicherlich erklärt der sowjetische Druck in vieler Hinsicht die militärpolitische Konformität des Bündnisses, aber diese ist auch Ergebnis einer militärstrategischen Interessenkohäsion, die anders bedingt ist als in der NATO, und sie ist weiterhin ein Ergebnis der spezifischen Gesellschaftsstrukturen Osteuropas

Die Bündnisbeziehungen der NATO werden durch das Interesse der Vereinigten Staaten belastet, bei einem militärischen Konflikt i Europa ihr Territorium nicht gefährden z wollen. Entsprechend diesem Interesse nebe anderen wurde in der NATO die Strategiede massiven Vergeltung durch die der „flexibl response" ersetzt, von der die Westeuropä befürchten, sie gefährde die Glaubwürdigke der amerikanischen nuklearen Schutzgarai tie. Im Unterschied zur NATO halten die S wjetunion und ihre Verbündeten bis heute a einer Strategie der massiven Vergeltung fes Historische, militärgeographische, abschre! kungspolitische Gründe lassen diese Strateg ebenso begründet erscheinen wie bündni politische. Den kleineren Warschauer Ve tragsstaaten signalisiert die gegenwärtige s'wjetische Strategie, die gleichzeitig WV. Strategie ist, ein hohes Maß an Glaubwürdi keit der sowjetischen nuklearen Schutzgarai tie. Die sowjetische militärische Planung f den Kriegsfall in Europa, die vorsieht, na dem angenommenen Angriff durch die NA das Kriegsgeschehen möglichst schnell 4 gegnerisches Territorium zu tragen und die i Unterschied zur NATO eine begrenzte at mare Kriegführung in Europa für unmöglich hält, geht davon aus, daß sowjetisches Territorium bei einem mitteleuropäischen Konflikt nicht verschont bleiben wird. Da diese Strategie keine Ansätze erkennen läßt, daß die Sowjetunion beabsichtigt, sich vom potentiellen Kriegsschauplatz Mitteleuropa abzukoppeln, sind die kleineren Warschauer Vertragsstaaten (vor allem die nördlichen Staaten Polen, DDR und ÖSSR) vehemente Verfechter dieser Strategie

Hinzu kommt, daß das sowjetische bündnispo-litischeInteresse an der Militärstrategie stark gesellschaftspolitisch ausgerichtet ist. Zumindest Analysen für den denkbar ungünstigsten Fall (worst case") müssen westliche Drohungenemst nehmen, im Falle eines militärischen Konflikts die gesellschaftspolitischen und nationalstaatlichen Widersprüche in den osteuropäischen Gesellschaftssystemen ausnutzen zu wollen. Der Ausbruch gewaltsamer Konflikte in Osteuropa zwischen Beherrschten und herrschenden Bürokratien (Ungarn 1956, SSR 1968, Polen 1956 und 1970) konfrontierte die Sowjetunion immer wieder mit den innenpolitischen Instabilitäten der Verbündeten, vor allem gerade jener, die militärisch für sie eine wichtige Rolle in Europa spielen. Ein kurzer, zudem auf dem Territorium des Gegners ausgetragener Krieg soll dazu beitragen, daß diese Instabilitäten nicht zu einem gravierenden Problem für die sowjetische Kriegfüh-

rung werden.

Auch wenn in den „Worst-case'-Analysen der militärischen Planungsstäbe derartige Überlegungen eine Rolle spielen, auf die unmittelbare Praxis der militärischen Kooperation haben sie kaum Einfluß. Auf der staatlichen Interaktionsebene besteht ein hohes Maß von Einheitlichkeit. Die einheitliche gesellschaftspolitische Organisation der Staatsapparate und die gleichen sozioökonomischen Grundlagen, die nicht durch das kapitalistische Konkurrenzprinzip bestimmt sind, ermöglichen einen sehr weitgehenden Interessenausgleich zwischen den staatstragenden Bürokratien, der historisch auf der administrativen und gewaltsamen Verordnung des sowjetischen Modells für die osteuropäischen Staaten beim Beginn des Kalten Krieges beruht. Erschwert und immer wieder in Frage gestellt wird freilich der Interessenausgleich dadurch, daß die nationalen Bürokratien bei der Formulierung ihrer Bündnispolitik die Widersprüche in ihren Gesellschaftssystemen und nationalen Interessen berücksichtigen müssen. Dabei haben sie auch die Interessen anderer Bürokratien in Rechnung zu stellen. Die bündnispolitischen Grenzen innergesellschaftlicher Konfliktregulierung sind dann erreicht, wenn die gesellschaftspolitischen Änderungen im nationalen Bereich die Herrschaft der anderen Bürokratien bedrohen oder für diese bedrohlich erscheinen (die ÖSSR-Krise von 1968 machte dies deutlich).

Die Entwicklung der WVO bis zum Beginn der Entspannung

Inder westlichen Fachliteratur wird der Gründung der WVO im Mai 1955 keine ernsthafte militärische Bedeutung, weder im Kontext des Rüstungswettlaufs noch für die Zusammenardt der osteuropäischen Staaten, zugeschrie-26 Belegt wird das auch damit, daß die WVO ln den ersten Jahren ihres Bestehens keine wesentliche militärische Rolle gespielt habe, " ese Einschätzung der Frühgeschichte der 0 hat die westliche Haltung gegenüber er militärischen Bedeutung der osteuropäi-sehen Kooperation bis heute geprägt Auffassungen, die davon ausgehen, die Sowjetunion habe die WVO gegründet, um ein politisches Tauschobjekt gegenüber der NATO in der Hand zu haben, die Verbündeten zu disziplinieren und zu kontrollieren, oder sie benutze die WVO als Transmissionsriemen sowjetischer Außenpolitik 6), haben gemeinsam, daß sie die Gründung der WVO außerhalb der damals zugespitzten militärischen Ost-West-Konfrontation stellen. Als hätte die Einbeziehung der Bundesrepublik in die NATO und der Aufbau der Bundeswehr bei der osteuropäischen Entscheidung, ein Militärbündnis zu gründen, kein Gewicht gehabt. Dasselbe gilt auch für die Gründung der Nationalen Volks-armee (NVA) 1956, die in der Bundesrepublik meist als bloße Umbenennung der Kasernierten Volkspolizei (KVP) rezipiert wird.

Die Auffassung von der geringen militärischen Bedeutung der WVO wurde und wird oft mit der These begründet, die Sowjetunion könne auf eine multilaterale Organisation verzichten, da sie militärisch mit den osteuropäischen Staaten durch das System der bilateralen Verträge über „Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand" verbunden sei. Zur Zeit der Gründung der WVO war jedoch das bilaterale Vertragssystem nicht lükkenlos; u. a. war aus ihm die DDR bis 1964 vollständig ausgeschlossen. Ein Fortfall der WVO ohne gleichzeitige Einbindung der DDR in dieses Vertragssystem mußte somit zumindest von der DDR-Führung als eine Minderung ihres Sicherheitsstatus begriffen werden. Da der DDR wegen ihrer militärgeographischen und besonderen deutschlandpolitischen Lage der sicherheitspolitisch höchste Stellenwert unter den kleineren Vertragsstaaten zukommt, liegt die Vermutung nahe, daß diese Sonderrolle der DDR für die Entscheidung, eine multilaterale Militärorganisation zu gründen, von nicht geringer Bedeutung war.

Verfolgten die osteuropäischen Staaten tatsächlich eine Bündnispolitik, die eine Ersetzbarkeit der WVO durch das bilaterale Vertragssystem offenhält, dann sollte erwartet werden, daß in den Neuabschlüssen der bilateralen Verträge nach 1964 die Verträge in diese Richtung gestaltet wurden. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Wegfallen der regionalen Beschränkung (die alten Verträge galten explizit ebenso wie der Warschauer Vertrag nur für den Konflikt in Europa) zeigt, daß die bilateralen Verträge eher den Warschauer Vertrag ergänzen sollen, als daß sie ihn ersetzen können Darüber hinaus dürfte das in den sechziger Jahren erreichte militärische Integrationsniveau kaum auf der Basis bilateraler Verträge aufrechterhalten werden können, zumindest würde dies erhebliche Organisationsprobleme verursachen.

Doch worin liegen die Gründe, daß die WVO in den ersten Jahren militärisch so wenig in Erscheinung trat? Nicht das Desinteresse der Bündnisvormacht, sondern militärische uk militärpolitische Faktoren erschwerten da Aufbau eines effizienten militärischen Bünd nisses. Vor allem sind hier die damaligen Um rüstungsmaßnahmen in den Landstreitkräfter als Folge einer sowjetischen Neueinschätzun über den Kriegsverlauf unter atomaren Bedin gungen zu nennen. Die Neubewertung de Anfangsphase eines Weltkrieges und die Ansicht, daß der strategische Schlagabtausch die beiden Großmächte möglicherweise nichtver nichten würde, sondern daß danach militärische Operationen noch fortdauern könnten hatten eine weitgehende Reorganisation da Landstreitkräfte zur Folge, deren sichtbarste Ausdruck drei drastische Reduzierungen im Personalbestand der Sowjetarmee in den Jah ren 1955— 1959 waren. Auch in den Armeer der Verbündeten wurden die Streitkräfte reor ganisiert, was freilich nirgends problemlo: vonstatten ging. Die Forderung nach Umstel lung der Landstreitkräfte auf zwei weitgehenc einheitliche Grundarten taktischer Verbände warf beispielsweise für die militärische Füh rung der DDR „nicht unbeträchtliche perso nelle organisatorische Probleme" auf. Be derartig umfassenden Reorganisationsmab nahmen war freilich kaum an eine multilate rale und zudem intensive militärische Zusam menarbeit in Osteuropa zu denken, vielmeh war jeder Vertragsstaat mehr oder wenige isoliert — allenfalls mit sowjetischer Hilfe -damit beschäftigt, die Reorganisation durchzu führen.

Die multilaterale Zusammenarbeit wurde abe auch durch die politischen Folgeerscheinun gen des ungarischen AufStandes von 1956 er schwert und verzögert. In drei Bereichen 1 tigte der Aufstand militärpolitische Folgenfi das gesamte Bündnis:

— Infolge einschneidender Veränderungei im Militärapparat und im Ausrüstungsstan schied in den folgenden Jahren die ungarisch Armee als relevante Bündnisarmee aus um entsprechend stagnierte die militärische Zu sammenarbeit im südlichen Bereich e WVO. -Das „Versagen" der ungarischen Armee während des Aufstandes konfrontierte die herrschenden Bürokratien mit der Aufgabe, sich verstärkt um die ideologische Arbeit in ihren Armeen zu bemühen, was auf Kosten der technologischen Ausbildung und damit der militärischen Zusammenarbeit der Bündnisarmeen geschah

-Bestand in der Tat, wie geflohene ungarische Offiziere berichteten, 1955 das Vorhaben, eine multilaterale Bündnisarmee aufzubauen, so wurde dieses Unternehmen nach dem Aufstand zu den Akten gelegt

Für die These, daß die Gründung der WVO eine neue Phase in der Militärpolitik Osteuropas einleitete, spricht die Aufrüstung der DDR. Waffentechnische Ausrüstung und personelle Auffüllung der NVA in den Jahren von 1956 bis 1958 — verglichen mit dem Stand der Kasernierten Volkspolizei vor 1956 — signalisieren, daß nach 1955 auch im ostdeutschen Militärapparat eine wichtige Veränderung vorgenommen wurde, deren Ziel es war, eine schlagkräftige Bündnisarmee zu schaffen. Von einer schlichten Umbenennung kann nicht die Rede sein. Die Schwierigkeiten der ostdeutschen Bürokratie bei der personellen Auffüllung der NVA schränkten aber ebenso Wie der noch niedrige Ausbildungsstand die militärische Effizienz der NVA erheblich ein und setzten der Kooperationsfähigkeit der NVA in jener Zeit enge Grenzen.

Die Stagnationsphase der WVO wurde in den Jahren 1960/61 überwunden. Verschiedene Indikatoren zeigen die neue Qualität der militärischen Zusammenarbeit an: größere gemeinsame Manöver (1961 findet das erste Manöver statt, an dem mehr als zwei undnisarmeen beteiligt sind);

-verstärkter Erfahrungsaustausch (ab 1960 tgt der Politische Beratende Ausschuß [PBA], d 4S höchste Organ der WVO, relativ regelmä-38 1961 findet die erste gemeinsame Tagung er Verteidigungsminister statt); — verstärkte Ausrüstung der WVO-Armeen mit einheitlicher moderner Bewaffnung;

— klarere Kompetenzteilung zwischen RGW und WVO.

Der Eintritt in die nächsthöhere Phase der Kooperation wurde beschleunigt von militärstrategischen, aber auch ökonomischen Überlegungen in der Sowjetunion. Anfang 1960 formulierte Chruschtschow vor dem Obersten Sowjet die sowjetische Militärstrategie neu, indem er noch stärker als bisher die strategischen Waffen in den Mittelpunkt der Strategie rückte und gleichzeitig die Relevanz der konventionellen Streitkräfte für den Kriegs-ausgang einschränkte. Hinter diesen Neuerungen standen auch wirtschaftliche Interessen: Die Reduzierung der Sowjetarmee um ein Drittel ihres gesamten Mannschaftsbestandes sollte den prekären Arbeitskräftemangel beheben helfen; außerdem hoffte man, mit den eingesparten Mitteln die Konsumgüterindustrie fördern zu können

Die zentraleuropäische Konfliktregion war jedoch von den sowjetischen Reduzierungen nicht unmittelbar betroffen; das sowjetische Engagement blieb dort — sicherlich auch auf Druck des Militärs, das den Reformen Chruschtschows teilweise sehr reserviert gegenüber stand — unangetastet. Insgesamt nahm die konventionelle Stärke der WVO in Zentraleuropa sogar zu. Im Gegensatz zum sowjetischen Rüstungshaushalt, der 1960 offiziell um 0, 7 Prozent abnahm und 1961 um 17, 6 Prozent abnehmen sollte (die Truppenreduzierung, die diese Einsparung erbringen sollte, wurde Mitte 1961 gestoppt), stiegen in dieser Zeit die Rüstungsaufwendungen der kleineren Vertragsstaaten um durchschnittlich 5, 7 bzw. 11 Prozent. Dies läßt das Interesse der Sowjetunion Anfang der sechziger Jahre an einer ausgeglicheneren Belastung der nationalen Wirtschaften durch die Rüstungsausgaben erkennen. Zuvor mußte jedoch eine wichtige Voraussetzung für eine stabile militärische Kooperation erfüllt werden: Damit die DDR einen relevanten und kontinuierlichen militärischen Bei-trag leisten konnte, mußte sie gesellschaftspolitisch konsolidiert werden. Denn ohne die Integration der DDR in die militärische Kooperation und ohne ihre gesellschaftspolitische, freilich repressive Konsolidierung blieb die militärische Kooperation zwangsläufig an der Nahtstelle des Ost-West-Konfliktes gefährdet. Der Bau der Mauer in Berlin im August 1961 leistete zur Konsolidierung den entscheidenden Beitrag; die DDR konnte danach eine Angleichung ihrer militärgesellschaftlichen Bedingungen an die der Bündnispartner vornehmen, ohne länger von empfindlichen Bevölkerungsverlusten durch die Flucht vieler ihrer Bürger in den Westen behindert zu werden. Sichtbarster Ausdruck dafür war . die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, eine Notwendigkeit im Verständnis „sozialistischer" Militärpolitik.

Sowohl bei der Gründung der WVO — ursprünglich war offensichtlich nur ein regionales Bündnis zwischen der DDR, Polen, der ÖSSR und der Sowjetunion geplant — als auch beim Übergang zur intensivierten militärischen Kooperation nahm die DDR eine Schlüsselstellung unter den kleineren Vertragsstaaten ein. Der Führung der DDR kam dies nicht ungelegen, bot sich doch auf dem Wege der militärischen Integration die Möglichkeit, die politische Integration der DDR in das osteuropäische Staatensystem voranzutreiben und die staatliche Gleichstellung mit den Bündnispartnern zu erreichen. Die DDR verfolgte somit ähnliche Ziele mit ihrer Militärpolitik wie die Bundesrepublik Deutschland: Im außenpolitischen Kalkül Adenauers galt die Aufrüstung der Bundesrepublik weniger der militärischen Bedrohung aus Osteuropa, auch wenn sie damals als recht hoch perzipiert wurde, als vielmehr der Erlangung staatlicher Souveränität, Gleichberechtigung und Integration der Bundesrepublik in das westliche Staatensystem. Die strikte Unterordnung des militärischen Beitrages der DDR unter die Bündnisbelange und ihre Anstrengungen, eine effiziente Armee in möglichst kurzer Frist aufzubauen, wurden der DDR zwar vc der Sowjetunion abverlangt, sie entsprachs aber auch den außenpolitischen Interesst der DDR-Führung — Interessen, die sich nid so leicht auf dem Wege der ökonomischenK Operation, die damals noch sehr im argen la verwirklichen ließen. Die westliche Wahrne mung der ostdeutschen Militärpolitik, die besonders militaristisch und bedrohlich a gressiv erschien, hat diesen bündnisintern Aspekt übersehen.

Die militärische Bedeutung der ostdeutsch« Armee läßt sich empirisch am konkretest am Ausrüstungsstand der NVA und ihrer B teiligung an den Manövern des Bündnisses« fassen: Mitte der sechziger Jahre hatte d NVA einen Ausrüstungsstand erreicht d dem Niveau der polnischen und tschechosl wakischen Armee gleichwertig, den südlich WVO-Armeen aber eindeutig überleg'war In bezug auf die Beteiligung derN an Bündnismanövern nahm und nimmt c DDR einen bevorzugten Platz unter WVO-Staaten ein: Bei insgesamt 21 multila ralen Manövern im nördlichen Bereich WVO im Zeitraum von 1955 bis 1970 nähme NVA 20 mal teil und war mal Gastgeber Berücksichtigt man die häufigen gemein: men Übungen der NVA mit den 20 Division der GSSD (Gruppe sowjetischer Streitkräfte Deutschland), die als Elite-Divisionen der f wjetarmee eingestuft werden, dann wird i militärische Bedeutung der NVA noch den eher. 14)

Militärisch hatte freilich nicht nur die Ari der DDR an Bedeutung gewonnen, auch Streitkräfte der anderen kleineren Vertra staaten, vor allem die des nördlichen Dreiec hatten ihren Beitrag zur militärischen Koo ration gesteigert. Den amerikanischen Mii Wissenschaftler Th. W. Wolfe veranlaßte d zur Feststellung, daß entsprechend der Wa senden militärischen Integration die milit sehe Abhängigkeit der Sowjetunion von ih Bündnispartnern tendenziell zunehme

Die WVO in der Entspannung

Auch in Osteuropa wird im Einklang mit der westlichen Zwei-Pfeiler-Doktrin (Verteidigung plus Entspannung gleich Sicherheit) militärische Stärke zur Durchsetzung und Absicherung der politischen Entspannung gefordert Auf die osteuropäische multilaterale Entspannungsinitiative von 1964/65, die eine neue Phase in der osteuropäischen Westpolitik einleitete, bezogen heißt dies: Erst nachdem ein funktionierendes Militärbündnis auf der Basis relativ stabiler sozioökonomischer und politischer Verhältnisse geschaffen war, konnte das Risiko konkreter Entspannungsschritte gewagt werden. Dahinter stand die Überlegung, daß ein integriertes militärisches Zusammenwirken koordiniertes außenpolitisches Handeln der Vertragsstaaten gegenüber dem Westen, bei dem auch sicherheitspolitische Interessen zur Debatte stehen, erleichtern werde. Dieser Erwartung stand aber entgegen, daß in einer west-östlichen Entspannung das gesteigerte militärische Selbstbewußtsein der kleineren Vertragsstaaten nationale Eigeninteressen stärken und desintegrierende Tendenzen fördern könne. Es ist bezeichnend, daß erst in der Entspannungsära Kontroversen über militärpolitische Fragen zwischen den Vertragsstaaten bekannt wurden, wobei Rumänien und die ÖSSR (während des Jahres 1968) in ihrer Kritik an der Militär-politik des Bündnisses am weitesten vor-preschten. Im Verlauf der Entspannung mußte die Sowjetunion die Erfahrung machen, daß autonome Bestrebungen der Verbündeten in einem multilateralen System schwieriger zu steuern sind als in einem bilateralen.

Militärpolitische Kontroversen während des „Prager Frühlings"

In den Darstellungen des „Prager Frühlings“ wird militärpolitischen Fragen als Gegenstand der Kontroverse zwischen den Vertragsstaaten wenig Beachtung geschenkt. Dennoch gab essie, und es kann sogar vermutet werden, daß sie die Entscheidung zum Einmarsch von W O-Truppen in die ÖSSR auch beeinflußten. Kritik am militärpolitischen Zustand der WO wurde freilich in der ÖSSR nicht erst 1968, sondern bereits 1966 geübt Aber während des „Prager Frühlings“ wurde sie vertieft und verschärft. Die eigenständigen militärpolitischen Vorstellungen, die von unterschiedli-Chen Ebenen (vom Radiokommentator bis zum Verteidigungsminister) vorgebracht wurden, konzentrierten sich auf folgende Punkte:

-größeresMitspracherecht der kleineren ertragsstaaten an der militärischen und mili-Strategischen Planung;

-gleichberechtigteTeilnahme am EntscheiwvsProzeß im Kommandosystem der intensivere Tätigkeit des Politischen Beraynden Ausschusses.

Brisanz erhielt diese Kritik, die —tschechoslowakischer Sicht eine Verbes-serung der militärischen Zusammenarbeit anstrebte, durch personelle Veränderungen in der tschechoslowakischen Armee, die die informellen Kanäle der sowjetischen Sicherheitsorgane zur tschechoslowakischen Armee unterbrachen, und durch Forderungen, die ÖSSR müsse stärker eine Verteidigung mit planen eigenen Mitteln

Derartige militärpolitische Vorstellungen nährten bei den Verbündeten Zweifel an der tschechoslowakischen Bereitschaft, die Militärpolitik des Bündnisses auch weiterhin voll zu unterstützen. Sie interpretierten die tschechoslowakische Kritik als eine Gefährdung der militärischen Zusammenarbeit und der Integrationsvorhaben, wie man sie im März 1968 auf der Tagung des PBA grundsätzlich beschlossen hatte.

Die militärpolitischen Bedenken der Bündnis-partner gegenüber der neuen ÖSSR-Bürokratie wurden auch durch deren Weigerung verstärkt, die Stationierung zumindest einer sowjetischen Division auf ihrem Territorium zu gestatten. Diese Forderung, die bereits vor 1968 erhoben worden war, hatte offensichtlich zum Ziel, die nukleare „Lücke" (da es in der ÖSSR keine sowjetischen Truppen gab, waren entsprechend auch keine taktischen Nuklear-waffen in dieser Region disloziert) im Verteidigungsgürtel der WVO entlang der Systemgrenze zu schließen Von der Führung des „Prager Frühlings" mußte diese Forderung aber als ein Versuch bewertet werden, militärischen Druck auf die Reformer auszuüben. Diese bestanden demgegenüber auf Beibehaltung der massiven Abschreckungsstrategie, um die geringe militärstrategische Notwendigkeit dieser Truppen zu unterstreichen. Auch wenn der Einmarsch der WVO-Truppen in die ÖSSR dann vorrangig die Aufgabe hatte, einen gesellschaftspolitischen „Infektionsherd" zu beseitigen, dürfen die militärpolitischen Hintergründe des Einmarsches nicht unterschätzt werden.

Der Einmarsch in die ÖSSR hat den Fortgang der Entspannung in Europa nicht verhindert. Diese Auffassung vieler westlicher Kritiker muß jedoch ergänzt bzw. korrigiert werden: Da für die osteuropäischen Bürokratien die Integration eine wichtige Bedingung ihrer Entspannungspolitik ist, da Entspannung die Stabilität des Gesellschafts-und Bündnissystems voraussetzt war für sie der Einmarsch auch entspannungspolitisch notwendig geworden; der Einmarsch ermöglichte die militärische Integration weiter auszubauen. In der Auseinandersetzung um die Entwicklung der ÖSSR während des Jahres 1968 hatte sich die Integrationsforderung, wie sie besonders die ostdeutsche Bürokratie vertrat, durchgesetzt. Die DDR verfolgte, nachdem sie weitgehende nationale Gleichstellung mit den Bündnispartnern erreicht hatte, nach 1964 verstärkt das Ziel der internationalen Anerkennung. Dazu mußte sie sich die Unterstützung der auf der internationalen Ebene etablierten Verbündeten sichern. Diese Unterstützung waraberb reits im beginnenden Entspannungsproz wie die vorbehaltslose Aufnahme diplom tischer Beziehungen zwischen Rumäniens der Bundesrepublik Deutschland zeigte, offe sichtlich nicht mehr selbstverständlich. E bündnispolitischen Bemühungen der DDR» ren deshalb darauf gerichtet, Alleingängev Bündnispartnern auf Kosten der internati nalen Anerkennung und der Sicherheit d DDR zu verhindern. Ein entscheidendes M tel dazu war die Forcierung der politisch und militärischen Integration derosteurop sehen Staaten.

Einen vorläufigen Abschluß der Diskussi über die militärpolitischen Beziehungen i nerhalb des Bündnisses markieren die Ref men der Bündnisorganisation (die erste s Gründung der WVO), die der PBA im Mi 1969 in Budapest beschloß. Die Ergebnisse d PBA-Tagung zeigen einen vielfältigen Ko promißcharakter, der es nicht erlaubt, une geschränkt von der einseitigen Durchsetzu sowjetischer Interessen zu sprechen. Der I Schluß, drei neue Institutionen zu gründen das Komitee zur Koordinierung der Milit technologie, den Militärrat des Vereint Kommandos und das Komitee der Vertei gungsminister —, eröffnete den kleiner Vertragsstaaten die Möglichkeit große: Mitsprache in der militärischen Planu Gleichzeitig bedeuteten die Reformen al auch eine Intensivierung der militärischen tegration. An dem Bemühen, die tschechos wakische Armee nach dem Einmarsch m liehst schnell wieder in den laufenden Pros der militärischen Integration einzuordn wird dies sichtbar.

Differenzen zwischen Nord und Süd — die rumänische Militärpoliti Anders als es die Vorstellung eines monolithischen Militärblocks in Osteuropa will, gelang es der rumänischen Führung, sich weitgehend der Blockkohäsion zu entziehen. Die in ihrer Tendenz gaullistische Außen-und Militärpolitik Rumäniens verfolgt im Bündnis eindeutig desintegrierende Ziele — im Unterschied zur tschechoslowakischen Bündnispolitik '1968, die aus ihrer Sicht eine Verbessert der Zusammenarbeit anstrebte. Der integ tionsfeindliche, auf nationale Selbständigl bedachte Gharakter der rumänischen Bü nispolitik kommt in den kontinuierlis Initiativen zur Auflösung der Militärbl zum Ausdruck, ferner in den Forderuns nach Abzug fremder Truppen von auslär sehen Territorien, nach Öffnung des Bünd ses auch für andere Staaten, nach Verbot'Militärmanövern auf dem Gebiet frem Staaten und in dem Anspruch, jeder Staat sei „für die Organisation, die Ausbi 1 und Ausrüstung seiner Armee" selbst zuständig und müsse sich vor allem auf seine eigenen Streitkräfte verlassen. Außerdem lehnt die rumänische Bürokratie es strikt ab, einen auch noch so kleinen Teil der Kommandogewalt und der Leitung der Streitkräfte abzutreten. Widerstand gegen die Dominanz der Sowjetunion im Entscheidungsprozeß des Bündnisses zeigt auch die Forderung nach Mitsprache beim Einsatz von Atomwaffen und die Forderung, der Posten des Oberkommandierenden der Vereinten Streitkräfte solle nach dem Rotationsprinzip besetzt werden

Wie ist zu erklären, daß diese stattliche Summe militärpolitischer Eigenständigkeiten, die ja teilweise auch reale militärische Folgen haben, bislang toleriert wurden? Eine Rolle spielt sicherlich, daß Rumänien es geschickt verstand, für seine Außenpolitik sich der Unterstützung der internationalen Öffentlichkeit (China, die Blockfreien, die westlichen Industrienationen) zu versichern; zur Erklärung reicht dies aber nicht aus. Immanente Faktoren der militärischen Kooperation, vor allem die militärische Zweiteilung der WVO in eine Nord-und eine Südgruppe, scheinen für die Zurückhaltung der Verbündeten ausschlaggebender zu sein.

Die südlichen Vertragsstaaten stellen sich die Frage, ob es angesichts ihrer militärgeographischen Lage notwendig ist, ebenso hoch gerüstet zu sein wie ihre nördlichen Partner, und ob sie die Integrationsmaßnahmen der WVO, die vor allem auf einen Konflikt in Mitteleuropa hin konzipiert sind, mitvollziehen müssen. Sie müssen sich auch fragen, ob die Militärstrategie der WVO ihre Sicherheitsinteressen optimal befriedigt. Welches Interesse kann ein Land wie Rumänien an einer Strategie haben, die wohl für Mitteleuropa die Abschreckung glaubwürdig macht, aber bei deren Versagen das rumänische Territorium nahezu automatisch in den Konflikt hineinzöge? Im Unterschied zu seinen nördlichen Verbündeten dürfte Rumänien eher an einer Strategie interessiert sein, die ähnlich der Flexible-reponse-Strategie der NATO die Begrenzbarkeit eines mitteleuropäischen Konfliktes als strategische Möglichkeit offen läßt.

Diese sicherheitspolitischen Interessendivergenzen sind ein generelles Problem zwischen dem Norden und Süden der WVO. Sie haben wiederholt zu Diskussionen über regionale Zusammenschlüsse, in denen die spezifischen militärischen Sicherheitsinteressen einzelner Vertragsstaaten stärker beachtet wurden, geführt. Für den Süden der WVO schlug Bulgarien 1971 ein „paktähnliches Sicherheitsabkommen" vor, das über die Systemgrenze hinaus sechs Balkanstaaten erfassen sollte -Rumänien verfolgt dieses Ziel seit 1957 mit dem Vorschlag, auf dem Balkan eine'„Zone des Friedens" zu schaffen Bislang gab es jedoch keine konkreten Schritte zur Bildung einer südlichen Subregion, die sich mit dem Integrationsniveau des „nördlichen Dreiecks" auch nur ungefähr vergleichen ließen. Sichtbares Zeichen dafür ist die geringe Bereitschaft der südlichen WVO-Staaten, gemeinsame Manöver durchzuführen.

Die rumänische Führung konnte jedoch ihren politischen Freiraum nur erkämpfen, weil er die militärischen Sicherheitsinteressen der Sowjetunion nicht beeinträchtigt, weil er für die wichtigen nördlichen Vertragsstaaten bei deren Sicherheitsinteressen nicht nachahmenswert ist und weil die rumänische Armee entsprechend der geographischen Lage Rumäniens nicht in die Vereinten Streitkräfte, d. h. in die engere militärische Zusammenarbeit, integriert ist. Vor allem der letzte Aspekt besitzt besonderes Gewicht. Zu den Vereinten Streitkräften gehören die bestausgebildeten Einheiten der kleineren Vertragsstaaten und die sowjetischen Truppen, die für einen zentraleuropäisches Konflikt bestimmt sind, wobei eine hohe Einsatzbereitschaft vorausgesetzt wird Durch die Zuordnung von Einheiten zu den Vereinten Streitkräften — die sechs Divisionen, über die die DDR verfügt, gehören beispielsweise alle den Vereinten Streitkräften an — wird der militärpolitische Freiraum der betroffenen Staaten erheblich eingeschränkt. Da die Ausrüstung der Vereinten Streitkräfte weitgehend standardisiert ist, die Organisationsstruktur der Einheiten vereinheitlicht und die Ausbildungspraktiken aufeinander abgestimmt sind, können die Bürokratien, die die Masse ihrer Truppen dem Vereinten Oberkommando unterstellen, nicht mehr beliebig über diese Truppen verfügen, sondern müssen sich an vereinbarte Richtlinien halten.

Bei der Formulierung dieser Richtlinien bilden der Ausrüstungs-und Ausbildungsstand der sowjetischen Divisionen in Zentraleuropa den entscheidenden Orientierungsrahmen Aus verschiedenen Gründen kann jedoch nicht erwartet werden, daß sich das technische Niveau der kleineren Bündnisarmeen völlig an das der Sowjetarmee angleicht: Die Bündnispartner der Sowjetunion können ihren Haushalt nicht beliebig mit der Anschaffung teuren neuen Geräts belasten; auch sie müssen ein sozial einigermaßen vertretbares Maß der Belastung einhalten. Andererseits besteht auch bei der Sowjetunion kein Interesse, die Bündnispartner unbedingt mit ihren neuesten Waffensystemen auszurüsten. Die sowjetische Lieferbereitschaft wird dadurch eingeschränkt, daß die Produktion der modernsten Waffen hochwertige technische Fertigungsmethoden und entsprechend qualifizierte Kader absorbieren, die beide nicht ausreichend vorhanden sind Zudem muß die Sowjetunion auch die Auswirkungen ihrer Waffenlieferungen auf die Rüstungsdynamik in Mitteleuropa berücksichtigen. Warum sonst lieferte sie modernste Waffen in den Nahen Osten und nicht an die europäischen Verbündeten? Rumänien ist diesen Restriktionen der integrierten Rüstungsplanung nicht oder nur wenig ausgesetzt. Entsprechend konnte Rumänien eine Reorganisation des Heeres vornehmen, die im Sinne des Volkskrieges intendiert, sich ohne direkte Unterstützung durch die Verbündeten verteidigen zu können, und die mit der Militärstrategie der WVO kaum noch in Einklang zu bringen ist. Da die Standardisierungsnormen der Vereinten Streitkräfte nicht berücksichtigt werden mußten, war es Rumänien auch möglich, eine eigene Rüstungsindustrie aufzubauen — u. a. gemeinsame Entwicklung und Produktion eines Jagd-flugzeuges mit dem Nicht-Bündnismitgl Jugoslawien. Volkswirtschaftliche Moth haben dabei gegenüber den militärpoli sehen Selbständigkeitsinteressen höchstwah scheinlich nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Vergleich zum Import von Waffen? stemen — schwere Waffensysteme könne wenn nicht von außerhalb der WVO, mitwen gen Ausnahmen nur aus der Sowjetunion I» zogen werden — sind Lizenzproduktione und Eigenentwicklungen volkswirtschaftic kaum vertretbar. Nur wenn es gelänge, erfol reich mit den sowjetischen Erzeugnissen! konkurrieren, bestände für die kleinere WVO-Staaten die Hoffnung auf die Produl tion größerer Stückzahlen und damit auf Ret tabilität. Zwei Faktoren schränken aber di Konkurrenzfähigkeit der Bündnispartner g genüber der Sowjetunion erheblich ein: 11 Unterschied zur Praxis in der NAT bleibe in der WVO anscheinend die Rüstungsplä der Bündnisvormacht den Vertragspartner völlig unbekannt, bis die neuen Waffens steme in Dienst genommen werden. Dadurc ergibt sich für die kleineren WVO-Staatendi Risiko, daß ihre Waffensysteme in jedem St dium der Forschung, Entwicklung und Pk duktion obsolet sind. Außerdem kann die st wjetische Bürokratie auf Grund der hohe Produktionsziffer relativ leicht den Kan preis der Produkte ihrer Bündnispartner in terbieten

Diese ökonomischen Daten führten dazu, de Polen und die SSR, die beide neben der St wjetunion noch schwere Waffensysteme pre duzieren, sich zunehmend auf kleinere Wa fensysteme sowie auf Waffen und Gerät kor zentrieren, die von der zivilen Produkt® nicht allzu weit entfernt sind. Dieser rüstung industrielle Bedeutungsverlust wird teilweis durch die Zulieferfunktion der Industriende kleineren Vertragsstaaten für die sowjetisch Rüstungsindustrie wieder ausgeglichen, ie gilt nicht nur für Polen und die CSSR. die t ditionell eine starke Rüstungsindustrie bes zen, sondern auch für die DDR. Die wachsen Komplexität moderner Waffensysteme, d" Verwischung der Grenze zwischen zivilen® rüstungsindustrieller Produktion in Teilbers chen und die fortschreitende Spezialisier® im RGW haben auch die Abhängigkeit der wjetischen Rüstungsindustrie von den Bündnispartnern erhöht. Inwieweit nun Rumänien durch sein desintegratives Verhalten in der WVO sich auch von der rüstungsindustriellen Zusammenarbeit — u. a. im Komitee zur Koor-dinierung der Militärtechnologie — ausgeschlossen hat und damit gezwungen ist, rüstungsindustriell eigene Wege zu beschreiten, ist angesichts der Informationslage nicht zu beantworten.

Aktuelle Probleme der militärischen Kooperation

Die weitgehende Ausnutzung seiner militärischen Sonderstellung im Bündnis durch Rumänien — von den Verbündeten zumindest toleriert — belastet in Verbindung mit dem unabhängigen außenpolitischen Kurs zunehmend die militärpolitischen Beziehungen Rumäniens zu den Verbündeten. Im November 1978 wurde dies überaus deutlich. Fünf Tage nachdem der PBA in seiner Deklaration die Forderung nach einer Steigerung der Rü-stungsanstrengungen mit „Beschlüssen" und Aktionen" der NATO begründet hatte, die darauf gerichtet seien, „daß die NATO-Staaten die militärische Überlegenheit über die sozialistischen und andere Länder der Welt errin-gen" zeichnete Ceausescu ein völlig anderes Bild des militärischen Kräfteverhältnisses. Die Rüstung sowohl der NATO als auch der WO gehe über das Notwendige weit hinaus und die Militärpakte gewährleisteten nicht Unabhängigkeit, Sicherheit und Frieden, sondern bewirkten vielmehr nichts anderes, als den Spannungszustand zu erhalten Daß Ce-

dusescu sich dabei auf die sicherheitspoliti-sche Lage Rumäniens beschränkt und sich weJig um die zentraleuropäische Konfliktregion xummert, läßt die beiläufige Bemerkung er-

gsnnen, auch Länder wie Griechenland und de Türkei seien „nicht damit beschäftigt, die Aufrüstung zu intensivieren"

Gunz anders stellt sich dagegen den nördlic en Vertragsstaaten die sicherheitspolitische & 6 dar. Sie stehen gegenwärtig vor dem Pro-«u, die technologische Lücke, die sich seit 11 e der sechziger Jahre von neuem zu den ^tischen Streitkräften in Osteuropa auf•n hat und die in den siebziger Jahren im-mer spürbarer wurde, schließen zu müssen. Die Aufrüstung der sowjetischen Streitkräfte in Zentraleuropa während der letzten zehn Jahre diente der Steigerung der Beweglichkeit und Feuerkraft der Bodentruppen. Sie ist — gekoppelt mit einer Revision in der operativen Kriegführung — eine Antwort auf die technologische Entwicklung im „Rüstungswettlauf", durch die defensive Kampfhandlungen im konventionellen Bereich eindeutig favorisiert werden Um die Verwundbarkeit ihrer Streitkräfte im Gefecht zu verringern, werden auch die kleineren Vertragsstaaten sich gezwungen sehen, die sowjetischen „Verbesserungen" zumindest teilweise nachzuvollziehen. Ein Aufrüstungsschub im nördlichen Dreieck der WVO muß deshalb für die nächsten Jahre erwartet werden. Daß der moderne Panzer T-72 bei der Jubiläumsparade der DDR am 6. Oktober in Ost-Berlin auftauchte und daß der Verteidigungshaushalt der DDR für 1980 überdurchschnittlich aufgestockt wurde, könnte dafür eine erste Bestätigung sein.

Einen neuen Aufrüstungsschub will Rumänien nicht mitvollziehen und teilt deswegen nicht die alarmierenden Analysen von einer zunehmenden militärischen Bedrohung, die offensichtlich die geplanten Rüstungsmaßnahmen legitimieren sollen. Vielmehr ließ Rumänien Ende 1978 wissen, es beabsichtige, die Rüstungskosten zugunsten der Konsumgüter-versorgung der Bevölkerung zu senken. Der Befürchtung, dadurch könne die Verteidigungskapazität Rumäniens leiden, wird mit dem Argument begegnet, die Kampf-und Verteidigungsbereitschaft werde um so mehr erhöht werden, je stärker die Produktivkräfte anwachsen und der Grad der Zivilisation und des Wohlstandes des Volkes sich erhöhe -

Die Weigerung Rumäniens, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, wird von den Verbündeten als eine Schwächung der gemeinsamen Verteidigung begriffen und entsprechend kritisiert. Anders als bei vorangegangenen militärischen Alleingängen Rumäniens, war Ende 1978 die Kritik besonders heftig. Die Vermutung liegt nahe, daß die rumänische Entscheidung, die tendenziell der auch in der Sowjetunion immer wieder diskutierten Prioritätenverlagerung vom schwerindustriellen, d. h. insbesondere rüstungsindustriellen Sektor in die Konsumgüterindustrie entspricht, von den verbündeten Bürokratien als eines, zialpolitische Herausforderung begriffenw die Instabilitäten in ihrem Gesellschaftss stem schaffen könnte Die Erinnerung: Bestrebungen während des „Prager Frühling den tschechoslowakischen Verteidigung haushalt wegen der angespannten ökon® sehen Situation zu kürzen, dürfte bei d Bündnispartnern noch lebendig sein

Konsequenzen für die Entspannung

Erste Anzeichen eines eigenständigen militär-und außenpolitischen Weges Rumäniens kündigten sich zu Beginn der Entspannungsära an, in deren Verlauf dann Rumänien seine außen-politische Selbständigkeit eindrucksvoll ausweiten konnte. Die Entspannung mit dem Westen war somit eine wichtige Rahmenbedingung, um den nationalen militärpolitischen Spielraum innerhalb der WVO voll auszuschöpfen und zu erweitern. Die Entspannung wirkte sich freilich nicht nur auf den Spielraum der nationalen Akteure aus, sie beeinflußte auch die Bündnisbeziehungen innerhalb der WVO insgesamt. Die Organisationsreform der WVO von 1969 sollte die militärische Integration verstärken, gleichzeitig mußte sie aber auch, um das Ziel der Integration — ein koordiniertes Zusammengehen der Verbündeten im Entspannungsprozeß — nicht zu gefährden, den kleineren Verbündeten größere Möglichkeiten der Mitsprache einräumen. Jedoch ist die westöstliche Entspannung nicht so weit vorangeschritten, daß nicht bei einer Verschärfung der Blockkonfrontation dieser Trend wieder rückgängig gemacht und ein Land wie Rumänien den Blockzwängen wieder voll und ganz unterworfen werden könnte. Die internationale Krise im Verlauf der sowjetischen Besetzung in Afghanistan hat diese Möglichkeit eindrücklich vor Augen geführt. Wenn westliche Militärpolitik dem Anspruch gerecht werden will, ein begleitendes und nicht hemmendes Element der politischen Entspannung zu sein, dann müssen ihre Rüstungsentscheidungen an ihrer Wirkung auf die militärische Konfrontation, und das heißt auch auf die Bündnisbeziehungen in Osteuropa, gemessen werden. Geben sie Anlaß zu einer Verhärtung der gesellschaftlichen Verhältnisse und Bündnisbeziehungen in Osteu-B ropa, oder tragen sie dazu bei, militärisch „Sachzwänge" als Mittel der zwischenstaal! eben Repression entkräften zu helfen? West ehe Politiker sollten dies beispielsweise ini rer militärpolitischen Antwort auf die s wjetische Besetzung Afghanistans bedenke: Eine massive Ausrüstung der türkischen A mee mit modernen Waffen, wie sie die Ui und die Bundesrepublik beabsichtigen, könn als Nebenwirkung einen Aufrüstungssch auch in der griechischen Armee zur Folgeh ben, allein um das „Gleichgewicht" in derÄgä zwischen den beiden NATO-Staaten, die in merhin 1974 Krieg gegeneinander führte: aufrechtzuerhalten. Von der Sowjetunion« eine derartige Entwicklung höchstwah scheinlich als eine Schwächung der Südflanl der WVO interpretiert werden. Rumänie könnte dann gegenüber den Verbündete seine Weigerung, die Rüstungsaufwendungs zu steigern, kaum noch legitimieren. Die ste rumänische Entscheidung, angesichts d Afghanistan-Krise den Verteidigungshaushi aufzustocken, scheint in diese Richtung ’ deuten, sie bleibt jedoch ambivalent, solan die Blöcke noch an der Entspannung festhi ten: sie richtet sich potentiell ebenso 8685 die Sowjetunion wie gegen die NATO: 8585 die Sowjetunion, um von einem militärisc" Eingreifen ähnlich wie in Afghanistan a s gegen die NATO, die schrecken, da Beistald Verpflichtungen des Warschauer Vertta für Rumänien nach wie vor Gültigkeit 9 zen. Bei einer Verschärfung des Rüstung wettlaufs und der politischen Beziehungen dem Balkan muß jedoch befürchtet wer daß Rumänien gewaltsam in den Block reintegriert wird.

Mit anderen Bündnisbeziehungen muß, wie die Entwicklungsgeschichte der WVO lehrt, die westliche Entspannungspolitik im nördlichen Bereich der WVO rechnen. Sie darf weder dem Fehler verfallen, eine „rumänische" Außenpolitik als eine Möglichkeit für die kleineren Vertragsstaaten im Norden zu sehen, auch wenn die rumänische Führung den Eindruck erweckt, ihre Entspannungsvorschläge (Auflösung der Blöcke, Abzug fremder Truppen von ausländischen Territorien u. a.), die aus rumänischer Sicht ihre Berechtigung haben, seien eine realistische Alternative zu den bislang erfolglosen militärischen Entspannungsversuchen in Europa. Noch sollte sie die Bündnisbeziehungen im „nördlichen Dreieck" als monolithisch begreifen. Die Führung der CSSRhatte 1968 einen Eindruck gegeben, wie weit auch im Norden der WVO die militärpolitischen Meinungsverschiedenheiten reichen können, denen freilich durch das militärisch bedingte Integrationsniveau, und das zeigte sich 1968 auch, engere Grenzen als im Süden gesetzt sind. Ebenso wie die westlichen Staaten, vor allem die Bundesrepublik Deutschland, davon ausgehen, eine europäische Rüstungskontrollvereinbarung dürfe den Zusammenhalt der NATO nicht gefährden, gilt auch für die nördlichen WVO-Staaten, daß die militärische Entspannung ihre militärische Integration nicht beeinträchtigen dürfe. Die Hoffnung, auf dem Wege der Militärpolitik und der militärischen Entspannung eine Diversifikation der nationalen Interessen in der WVO erreichen zu können, ist genauso unrealistisch wie entsprechende Bemühungen der WVO-Staaten hinsichtlich der Bundesrepublik Deutschland. Vielmehr sollte für beide Seiten gelten, daß sie die bündnispolitischen Rahmenbedingungen, innerhalb deren die jeweilige Gegenseite ihre militärische Entspannungspolitik konzipiert, akzeptierten und sich lediglich darauf beschränken, deren Kompromißbreite, Flexibilität für ein Rüstungskontrollabkommen auszuloten und mit eigenem restriktivem Rüstungsverhalten helfen, dieses auszuweiten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Das Fehlen von detaillierten Untersuchungen zur Amsharpolitik der kleineren WVO-Staaten — mit teresseme der DDR — dokumentiert dieses Desin-

  2. Dem tschechoslowakischen General V. Prchlik wurden 1971 wegen seiner relativ informationsreichen Kritik an der militärischen Zusammenarbeit im Bündnis, die er im Juli 1968 im Rahmen einer Pressekonferenz vorgebracht hatte, der Prozeß ge-

  3. Lediglich das in der Zeitschrift „Militärgeschichte" viel diskutierte Thesenpapier von G. Glaser et al., Zur Geschichte der Nationalen Volksarmee der DDR — Thesen (Beilage zu: Militärgeschichte 4/1973), versucht erstmalig, die verschiedenen Entwicklungsphasen der NVA systematisch zu erfassen.

  4. An anderer Stelle habe ich verschiedene Rahmenbedingungen der sowjetischen Militärstrategie ausführlich dargestellt; s. St. Tiedtke, Rüstungskontrolle aus sowjetischer Sicht. Die Rahmenbedingungen der sowjetischen MBFR-Politik, Frankfurt 1980, S. 20— 26.

  5. Die Kritik, die in der ÖSSR 1968 an der s 1 tischen Bündnispolitik geübt wurde, warnte v s ner Änderung der sowjetischen Strategie dernch ven Vergeltung; s. die Wiedergabe eines W. Wol slowakischen Radiokommentars bei Th. W Soviet Power and Europe. 1945- 1970, na 1970, S. 489.

  6. Nähereszu der Stichhaltigkeit dieser Interpreta-sation 7 " Tedtke, Die Warschauer Vertragsorgani-nunosnum Verhältnis von Militär-und Entspan-S. 159. 1 in Osteuropa, München, Wien 1978,

  7. Vgl. P. H. Lange, Der Warschauer Pakt im Prozeß der europäischen Entspannungspolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik, Ebenhausen 1974, S. 70.

  8. K. Greese, G. Glaser, über die Politik der SEI zum Aufbau des militärischen Schutzes der U nerhalb der Verteidigungsgemeinschaft Sot . scher Staaten Europas (1955/56— 1961inionde zur Geschichte der Arbeiterbewegung 1971, 5 heft zum 25. Jahrestag der SED, S. 128.

  9. D. RHerspring, East German Civil-Military Rela-YoPk’whelmpact of Technology 1949— 1972, New spiel do ashington, London 1973, weist dies am Bei-16 J Hi DDR nach.

  10. in: walmai. Die ungarische Volksarmee seit 1956, S. 5841 shrwissenschaftliche Rundschau 10/1958,

  11. Vgl. J. Tiedtke, S. Tiedtke, Auswirkungen innenpolitischer Probleme der Sowjetunion auf die Entwicklung der Warschauer Vertragsorganisation, in: E. Jahn, Sozioökonomische Bedingungen der sowjetischen Außenpolitik, Frankfurt 1975, S. 166 ff.

  12. Vgl. die Rede O. Grotewohls auf der „Konferenz europäischer Länder zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit in Europa" im Dezember 1954, in: Dokumente zum Warschauer Vertrag (1954— 1961), Berlin (Ost) 19622, S. 14 f.

  13. Näheres zum Vergleich des Ausrüstungsstad der kleineren Bündnispartner bei S 1 (Anm. 6), S. 72f. . Ma

  14. Zum Definitionsproblem multilateraler ver, ebenda, S. 68 ff.

  15. Th. W. Wolfe (Anm. 5), S. 492.

  16. Siehe Tiedtke (Anm. 6), S. 83.

  17. Einzelheiten zu den Kritikpunkten, ebenda, S. 83 ff.

  18. Diesen Aspekt beleuchtet intensiv L. L. Whetten, Military Aspects of the Soviet Occupation of Czechoslowakia, in: The World Today 2/1969, S. 60— 68.

  19. Vgl. E. Jahn, Zur Ambivalenz von Entspannungspolitik nach der KSZE, in: J. Delbrück, N. Ropers, G. Zellentin (Hrsg.), Grünbuch zu den Folgewirkungen der KSZE, Köln 1977, S. 57 ff.

  20. Quellenbelege bei St. Tiedtke (Anm. 6), S. 81.

  21. Frankfurter Rundschau, 23. 4. 1971.

  22. Vgl. F. Stephen Larrabee, Europäische Sicherheit und Sicherheitsprobleme auf dem Balkan, in: Osteuropa 3/1974, S. 172 ff.

  23. Vgl. Krasnaja Zvezda, 26. 3. 1971.

  24. Beispielhaft kann hier die Zusammenarbeit von NVA und den sowjetischen Truppen in der DDR genannt werden; vgl. S. Tiedtke (Anm. 6), S. 44ff.

  25. Vgl. Michail Checinski, The Costs of Armament Production and the Profitability of Armament Export in Comecon Countries, in: Osteuropa-Wirtschaft 2/1975, S. 123.

  26. bei S. Tiedtke (Anm. 6), S. 125— 155.

  27. hDklaration der Teilnehmerstaaten des War-desporusVertrages, angenommen auf der Tagung vembol ischen Beratenden Ausschusses am 22. No-78 in S. 01. Moskau, in: Europa-Archiv 1/1979

  28. KRede des Generalsekretärs der Rumänischen istischaniiStischenPartei und Präsidenten der Sozia-vordemn. Republik Rumänien, Nicole Ceausescu, 1978 in Eenum des ZK der RKP am 19. November

  29. Ebenda, s. PArchiv 1/19791 S 1 D 30.

  30. Eine ausführliche Darstellung des technologischen Aspekts des konventionellen Rüstungswettlaufs findet sich bei S. Tiedtke (Anm. 4), S. 54— 67.

  31. A. a. O. (Anm. 27), S. D 31.

  32. D. Bender stützt diese Annahme mit dem te weis auf Äußerungen osteuropäischer DIP in: Herald Tribune, 30. 11. 1978, S. 4.

  33. Vgl. dazu a. a. O. (Anm. 6), S. 89.

Weitere Inhalte

Stephan Tiedtke, Dr. phil., geb. 1942; Studium der Allgemeinen Geschichte, Osteuropäischen Geschichte, Slawistik und Politologie in Frankfurt und Wien; Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hessischen Stiftung Friedens-und Konfliktforschung (HSFK) in Frankfurt. Veröffentlichungen u. a.: Die Warschauer Vertragsorganisation. Zum Verhältnis von Militär und Entspannungspolitik in Osteuropa, München/Wien 1978; Rüstungskontrolle aus sowjetischer Sicht. Die Rahmenbedingungen der sowjetischen MBFR-Politik, Frankfurt