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Der Mord an sechs Millionen Juden Die Wahrheit ist unteilbar *) | APuZ 30/1978 | bpb.de

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APuZ 30/1978 Artikel 1 Artikel 2 Der Mord an sechs Millionen Juden Die Wahrheit ist unteilbar *) Die Zahl der Opfer der „Endlösung" und der Korherr-Bericht

Der Mord an sechs Millionen Juden Die Wahrheit ist unteilbar *)

Arthur Suzman und Denis Diamond

/ 44 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Etwas mehr als dreißig Jahre sind erst vergangen, seit die Welt von den furchtbaren Geschehnissen in Hitlers Todeslagern erfuhr, und doch wird heute bereits wieder versucht, die Existenz dieser Konzentrationslager zu leugnen, in denen unvorstellbare Greueltaten begangen wurden. Es besteht die Gefahr, daß damit warnende Stimmen zum Schweigen gebracht werden sollen und daß dem derzeitigen Wiederaufleben des Hitlerkultes mit all seinen negativen Folgen Vorschub geleistet wird. In der ganzen Welt nimmt die Zahl neonazistischer Veröffentlichungen — übersetzt in viele Sprachen — ständig zu. Sie gleichen in ihrer Zielsetzung und ihren Behauptungen der Publikation „Did Six Million Really Die?“, deren Argumente in diesem Beitrag exemplarisch auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft werden. Viele solcher Veröffentlichungen sind in ihrer Ausdrudesweise brutal, während andere mit gleicher Intention sich hinter einer pseudowissenschaftlichen Fassade verstecken. Alle bezwecken, durch die Diskreditierung des jüdischen Volkes und des Staates Israel antijüdische Einstellungen sowie die Diffamierung einer auf Versöhnung gerichteten Politik zu erzeugen. Wie eihige Vorfälle vor kurzem erschreckend deutlich zeigten, scheint vor allem in der nachwachsenden Generation — seien es Schüler, Lehrlinge, Studenten oder Bundeswehrsoldaten — sich eine Art demonstrative Gleichgültigkeit oder gar zynische Ignoranz gegenüber den deutschen Verbrechen an den Juden als modische Attitüde zu verbreiten. Solche als „elitär“ empfundene Haltung bei der Jugend wird offenbar zunehmend von rechtsextremistischen Gruppen unterstützt, u. a. mit Hilfe einer neuen Variante der „Dolchstoßlegende". Es ist eine bittere Tatsache, daß heute eine demokratische Öffentlichkeit genötigt wird, angesichts der erdrückenden Wahrheit und der historischen Schuld eben jener Kreise sich überhaupt mit solchen Verdächtigungen und Pseudodokumentationen auseinandersetzen zu müssen.

Einführung *) Etwas mehr als dreißig Jahre sind erst vergangen, seit die Welt von den furchtbaren. Geschehnissen in Hitlers Todeslagern erfuhr, und doch wird heute bereits wieder versucht, die Existenz dieser Konzentrationslager zu leugnen, in denen unvorstellbare Greueltaten begangen wurden. Es besteht die Gefahr, daß damit warnende Stimmen zum Schweigen gebracht werden sollen und dem gegenwärtigen Wiederaufleben des Hitlerkultes mit all seinen negativen Implikationen Vorschub geleistet wird.

Anfang der siebziger Jahre erschien in Großbritannien eine Broschüre mit dem Titel „Did Six Million Really Die? — The Truth at Last". Als Autor zeichnete ein „Richard Harwood". Diese Publikation, die den . Holocaust'leugnet, fand im Vereinigten Königreich starke Verbreitung und tauchte vor einiger Zeit, zusammen mit anderen Schriften ähnlichen Charakters, auch in Südafrika auf, wo sie von S. E. D. Brown, dem Herausgeber des „South African Observer" — eines ultrarechten Blattes — vertrieben wird **).

Seitdem nimmt in der ganzen Welt die Zahl der neo-nazistischen Veröffentlichungen in vielen Sprachen ständig zu. Sie gleichen in Zielsetzung und Aufmachung der Publikation „Did Six Million Really Die?", wobei einige in ihrer Ausdrucksweise brutal und grob sind, während andere sich hinter wissenschaftlicher Fassade verstecken. Alle bezwecken, durch die Diskreditierung des jüdischen Vol’) kes und des Staates Israel anti-jüdische Einstellungen zu erzeugen.

Die Publikation Die Publikation „Did Six Million Really Die?"

(Starben wirklich sechs Millionen?) macht im wesentlichen geltend, es sei eine völlig unbegründete und betrügerische Erfindung der Nachkriegspropaganda, daß sechs Millionen Juden an den direkten Folgen der offiziellen deutschen Vernichtungspolitik während des Zweiten Weltkrieges starben. Der Autor erklärt, daß diese Geschichte dazu dienen sollte, von der westdeutschen Regierung Wiedergutmachungszahlungen zu erpressen, und er nennt dies „einen Betrug, der jeder Beschreibung spottet".

Er bezeichnet den Tod von sechs Millionen Menschen als „die ungeheuerlichste Erfindung aller Zeiten" und als „reine Hirngespinste"; er unterstellt, daß die Juden, die aus allen möglichen Gründen im Zweiten Weltkrieg überhaupt umkamen, insgesamt nur „nach Tausenden gezählt werden können." In der Publikation wird von „dem großen Schwindel mit den Gaskammern" gesprochen und behauptet, daß es keine zuverlässigen, lebenden Augenzeugen gegeben habe, die bestätigte Aussagen darüber gemacht hätten. Die grauenvollen Fotos und Filme seien gefälscht worden und das „Tagebuch der Anne Frank" sei Unsinn und Betrug. Von den Konzentrationslagern wird behauptet, dort hätten menschenwürdige Bedingungen geherrscht. Die Lagerinsassen hätten angemessene Rationen, normale medizinische Betreuung und Pakete mit Nahrungsmitteln, Kleidung und Arzneimitteln durch das Rote Kreuz erhalten. Der Nürnberger Prozeß, bei dem die Verteidigung angeblich die Zeugen der Anklage nicht ins Kreuzverhör nehmen durfte, wird als „die unwürdigste juristische Farce der Geschichte“ bezeichnet, und das Beweismaterial für die Massenvernichtungen sei falsch und betrügerisch gewesen.

Obwohl die betreffende Publikation den Anspruch erhebt, eine ernst zu nehmende wissenÜbersetzung: schaftliche Untersuchung zu sein, läßt sich sofort feststellen, daß es sich um eine vorsätzliche Fälschung handelt, die voll von Halbwahrheiten, Verdrehungen und unbewiesenen Behauptungen ist. Es ist wenig mehr als ein ungeschicktes — aber nichtsdestoweniger gefährliches — Machwerk neo-nazistischer Propaganda; diese Einschätzung wird von zahlreichen maßgebenden Persönlichkeiten und Behörden, auf deren Aussagen weiter unten Bezug genommen wird; bestätigt.

Autor und Herausgeber Bevor hier näher auf die Publikation selbst eingegangen wird, soll auf einige bezeichnende Tatsachen zur Identität des Autors und zur politischen Zugehörigkeit des Herausgebers hingewiesen werden:

/Der Name des Autors wird mit „Richard Harwood" angegeben, ein Schriftsteller, der sich auf die politische und diplomatische Aspekte des Zweiten Weltkrieges spezialisiert habe, „zur Zeit an der University of London".

Der Akademische Registrator der University of London, Paul Foster Vowles, hat eidesstattlich erklärt, daß eine Person des Namens Richard Harwood weder jetzt noch in der Vergangenheit Student, Dozent oder Absolvent der University of London oder eines der ihr angegliederten Colleges gewesen sei. Es ist keine andere Veröffentlichung unter dem Namen Richard Harwood bekannt. Da der Autor somit seine Identität hinter einem falschen Namen verbirgt, ist es nicht möglich, seine Kompetenz oder seinen akademischen Ruf nachzuprüfen.

Als Verlag und Druckanstalt wird die „Hi-storical Review Press, 23 Ellerker Gardens, Richmond, Surrey, England“ genannt. Gemäß der eidesstattlichen Erklärung von Dr. Jacob Gewirtz (Executive Director of the Defence and Group Relations Department of the Board of Deputies of British Jews) haben Untersuchungen ergeben, daß dies lediglich eine Deckadresse ist und daß die „Historical Review Press“ eng mit neo-nazistischen Organisationen in England assoziiert ist.

Die unredlichen Methoden des Autors Harwoods Publikation ist eine sorgfältig ausgeklügelte Zusammenstellung, die durch die Anführung von Belegen den Eindruck erwekken soll, sie basiere auf maßgeblichen Arbeiten und Quellen. überprüft man die Original-Dokumente — was dem Leser normalerweise nicht möglich ist — so läßt sich feststellen, daß sie manipuliert worden sind; andere angeblich maßgebliche Werke, auf die sich Harwood beruft, sind nachgewiesenermaßen fragwürdig.

Zu den vom Autor angewandten unredlichen Methoden gehören glatte Lügen, falsche oder aus dem Zusammenhang gerissene Zitate, falsche Unterstellungen, Fälschung von Statistiken und absichtliche Weglassung gegenteiliger Passagen in den gleichen Werken, auf die Harwood sich beruft.

Hier sollen einige Beispiele — aus vielen anderen — angeführt werden, um die unehrlichen Absichten des Autors und die Wahrheitsverdrehungen aufzuzeigen, die die gesamte Arbeit diskreditieren:

a) Harwood stützt sich auf den Bericht des Internationalen Komitees des Rotes Kreuzes, der — wie er behauptet — „in seiner Aufrichtigkeit und Objektivität fast einzigartig" ist. Er läßt jedoch absichtlich zahlreiche Abschnitte desselben Berichtes weg, die seine eigenen Behauptungen Lügen strafen. Ferner zitiert er bestimmte Statistiken aus Schweizer Quelle, verfälscht die Zahlen jedoch und schreibt diese manipulierten Zahlen fälschlich dem Internationalen Roten Kreuz zu.

b) Er schreibt unechte Statistiken über die Zahl der umgekommenen Juden fälschlich zwei jüdischen Quellen zu, nämlich dem „World Centre of Contemporary Jewish Do-cumentation" in Paris und Professor Raul Hilberg. Darüber hinaus gründet er seine eigenen Berechnungen auf eine der „Chamber's Encyclopaedia" entnommene Zahl. Diese Zahl ist nicht nur gefälscht, sondern Harwood läßt auch hier Passagen desselben Artikels fort, die seine eigene These völlig widerlegen. c) Er zitiert Abschnitte aus dem Buch „Als Gefangene bei Hitler und Stalin" von Margarete Buber-Neumann (1949), einer Insassin des Lagers Ravensbrück. Diese Zitate sollen seine Behauptungen über „die in den Konzentrationslagern vorherrschenden menschlichen Bedingungen" stützen; er unterdrückt jedoch absichtlich zahlreiche Passagen, in denen die Tötungen durch Vergasen oder Erschießen und andere Greueltaten, die in dem Lager geschahen, geschildert werden. d) Harwood zitiert beifällig eine — allerdings aus dem Zusammenhang gerissene — Stelle aus der Biographie „Adolf Hitler" von Colin Cross. Auch hier läßt er zahlreiche Abschnit5 te fort, die sich auf die Massenmorde beziehen. Die hier angeführten spezifischen Fälle von Verfälschungen sollen nun im einzelnen nachgewiesen werden.

Entstellung des Berichtes des Roten Kreuzes Zur Stützung seiner Behauptung, daß es niemals eine vorsätzliche Politik der Massenvernichtung gegeben habe, beruft sich Harwood mit folgenden Worten auf den Bericht des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (S. 24, Sp. 1):

„Zur Judenfrage in Europa während des Zweiten Weltkrieges und den Zuständen in den deutschen Konzentrationslagern gibt es einen Bericht, der in seiner Aufrichtigkeit und Objektivität fast einzigartig ist: den drei-bändigen Bericht des Internationalen Roten Kreuzes und seiner Aktivitäten während des Zweiten Weltkrieges, Genf, 1948."

An anderer Stelle betont Harwood:

„Bei diesem umfassenden, dreibändigen Bericht muß hervorgehoben werden, daß die Delegierten des Internationalen Rotes Kreuzes in den Lagern des von den Achsenmächten beherrschten Europa keinerlei Anzeichen für eine vorsätzliche Politik zur Vernichtung der Juden fanden. Auf keiner der 1 600 Seiten des Berichts wird eine Gaskammer erwähnt. In dem Bericht wird nicht bestritten, daß die Juden — gleich vielen anderen Nationalitäten in Kriegszeiten — schwere Zeiten durchmachten und Entbehrungen litten, über eine planmäßige Vernichtung wird jedoch absolut nichts gesagt, wodurch die Legende von dem Tod von sechs Millionen Juden vollauf widerlegt wird." (S. 25, Sp. 2).

Nachstehend einige von Harwood absichtlich weggelassene Passagen, die alle seine Behauptungen in bezug auf die Todeslager Lügen strafen (Hervorhebungen von den Autoren): „Unter dem Nationalsozialismus waren die Juden in der Tat Ausgestoßene geworden, die durch eine starre, rassistische Gesetzgebung von Tyrannei, Verfolgung und systematischer Vernichtung bedroht waren. Sie waren ohne jeglichen Schutz; da sie weder Kriegsgefangene noch Zivilinternierte waren, bildeten sie eine eigene Kategorie, die keine Konvention schützte, und die somit auch nicht unter die Kontrolle fiel, die das Internationale Komitee des Roten Kreuzes über Gefangene und Internierte auszuüben ermächtigt war. In den meisten Fällen waren sie in der Tat Bürger des Staates, in dessen Macht sie sich befanden und der — im Bewußtsein seiner höchsten Autorität — keinerlei Interventionen zu ihren Gunsten duldete. Diese bedauernswerten Menschen erlitten das gleiche Schicksal wie politische Deportierte, besaßen keine Bürger-rechte und wurden weniger gut behandelt als Angehörige feindlicher Staaten, die wenigstens den Schutz eines Gesetzes in Anspruch nehmen konnten. Sie wurden in Konzentrationslager und Gettos gesperrt,, zu Zwangsarbeiten eingezogen, waren schweren Gewalttätigkeiten ausgesetzt und wurden in Todeslager geschickt, ohne daß irgend jemand die Möglichkeit hatte, in jenen Angelegenheiten zu intervenieren, die Deutschland und seine Verbündeten als rein interne Angelegenheiten betrachteten." (Bd. I, S. 641) „Tausende von Juden waren gezwungen worden, das Land (Tschechoslowakei) zu verlassen und sich zum sogenannten . Arbeitsdienst’ zu melden, was aber in Wirklichkeit für die meisten von ihnen das Vernichtungslager zu bedeuten schien." (Bd. I, S. 645) „Während der Zeitspanne im September 1940, als die . Eiserne Garde’, unterstützt von der Gestapo und der deutschen SS, die Macht ergriffen hatte, wurden alle Juden verfolgt und in Todeslager deportiert." (Bd. I, S. 653) „Bei seinem Hilfswerk für die Zivilbevölkerung befaßte sich das IRK besonders mit den Juden. In Deutschland und den von Deutschland besetzten oder beherrschten Ländern, wie insbesondere Ungarn, Polen, die Tschechoslowakei, Rumänien und Jugoslawien, mußte keine andere Bevölkerungsgruppe ähnliche Demütigungen, Entbehrungen und Leiden erdulden. Ohne irgendeinen vertraglichen Schutz in Anspruch nehmen zu können, wurden die Juden aufgrund der NS-Doktrin verfolgt und mit Vernichtung bedroht und schließlich in der unmenschlichsten Weise deportiert, in Konzentrationslager eingesperrt, zu Zwangsarbeit verurteilt oder ermordet." (Bd. III, S. 513) „In Deutschland und seinen Satellitenstaaten traf die zu dieser Gruppe gehörenden Zivilisten das bei weitem schlimmste Los. Diskriminiert von einem Regime, das mehr oder weniger offen ihre Vernichtung betrieb, waren sie nicht in der Lage, sich mit den lebensnotwendigen Gütern zu versorgen, nicht einmal in den geringen Mengen, auf die . Arier'einen Anspruch hatten. Darüber hinaus waren die jüdischen Gemeinden durch die langjährige Diskriminierung, Konfiszierung und Ausbeutung äußerst verarmt." (Bd. III, S. 514)

Harwood stellt fest, es werde häufig behauptet, daß Massenvernichtungen in als Duschanlagen getarnten Gaskammern durchgeführt wurden. (S. 25, Sp. 2). In seinem Bemühen, diese Behauptung zu entkräften, schreibt er: „Auch hier wird in dem Bericht die Haltlosigkeit dieser Behauptung deutlich. Nicht nur die 'Waschplätze, sondern auch die Bade-, Dusch-und Wäschereieinrichtungen wurden von Delegierten inspiziert. Sie mußten oft darauf dringen, daß die Einrichtungen weniger primitiv gestaltet oder daß sie repariert bzw. erweitert wurden." (Bd. 111, S. 594)

Harwood wollte absichtlich den Eindruck erwecken, daß die in der oben angeführten Stelle des Berichts erwähnten Lager deutsche Konzentrationslager waren. Schlägt man in Bd. I, S. 594 (von Harwood unkorrekt als Bd. III zitiert) nach, so läßt sich feststellen, daß die in dem obigen Abschnitt erwähnten Lager keineswegs deutsche Konzentrationslager waren, sondern im Gegenteil Lager der Alliierten für Zivilinternierte in Ägypten.

Gemäß dem Bericht gab es bei dem ersten Besuch des Roten Kreuzes im Lager Theresienstadt im Juni 1944 dort etwa 40 000 Juden. Harwood verschweigt jedoch, daß in dem Bericht erwähnt wird, bei einem zweiten Besuch im April 1945 — „der nur nach mühsamen, von deutscher Seite stark verzögerten Verhandlungen gestattet wurde" — habe es nur noch 20 000 Lagerinsassen gegeben, und daß die Delegierten von dem Leiter der Sicherheitspolizei des Protektorats informiert wurden, die letzte Verlegung von 10 000 Juden nach Auschwitz habe sechs Monate zuvor stattgefunden. Demnach waren zwischen den beiden Besuchen ungefähr die Hälfte der Lagerinsassen bereits in das berüchtigte Vernichtungslager Auschwitz transportiert worden.

Harwood behauptet ferner, daß eine neutrale Schweizer Quelle — „Die Tat" /Zürich vom 19. Januar 1955 — alle Opfer des Zweiten Weltkrieges aufgrund politischer, rassischer oder religiöser Verfolgung, die zwischen 1939 und 1945 in Gefängnissen und Konzentrationslagern starben, auf 300 000 beziffere, von denen nicht alle Juden waren, und er fügt hinzu, daß diese Zahl auf Angaben des Internationalen Roten Kreuzes basiere (S. 28, Sp. 2).

In einer Mitteilung mit Datum des 22. August 1975 beurkundet das Internationale Komitee des Roten Kreuzes in Genf, daß die von Harwood zitierten, oben erwähnten Zahlen auf Statistiken beruhen, die fälschlich dem Internationalen Roten Kreuz zugeschrieben wurden, offensichtlich, um diese Zahlen glaubwürdig erscheinen zu lassen. Weiter besagt diese Mitteilung, daß in dem Artikel in „Die Tat" „weder das Internationale Komitee noch eine andere Institution des Roten Kreuzes zitiert wurde". Die in der „Tat" erwähnte „Zahl von 300 000 Opfern bezog sich nur auf die Anzahl von Deutschen, die in Konzentrationslagern starben, und nicht auf Angehörige anderer Staaten, die das gleiche Schicksal traf."

Fälschung von Statistiken In einem großen Teil seiner Publikation befaßt sich Harwood mit der Frage, wie viele Juden nun genau im Zweiten Weltkrieg umgekommen sind. Obwohl jeder ernstzunehmende Historiker die Zahl der Toten auf Millionen beziffert, gibt Harwood vor, sie beliefe sich nur „auf Tausende“. Er gibt (auf S. 28, Sp. 2) die Gesamtzahl aller umgekommenen Juden mit 1 485 292 bzw. 896 892 an und schreibt diese Zahlen zwei jüdischen Quellen, dem „World Centre of Contemporary Jewish Do-cumentation" in Paris und Professor Paul Hilberg zu.

Hilberg, Professor für Politische Wissenschaft an der University of Vermont/USA und Autor des Standardwerkes „The Destruction of the European Jews", hat in seiner eidesstattlichen Erklärung bezeugt, daß diese Zahlen völlig aus der Luft gegriffen sind und aus der unglaubwürdigen Publikation eines gewissep Paul Rassinier stammen.

Dabei geht Rassinier wie folgt vor: von der vom „World Centre" geschätzten Zahl jüdischer Opfer von 6 009 400 zieht er die unhaltbare Zahl von 4 524 108 (als angebliche Emigranten) ab und kommt so zu seiner eigenen Berechnung von 1 485 292; in ähnlicher Weise subtrahiert er von Hilbergs Schätzung von 5 419 000 dieselbe Zahl von 4 524 108 und gelangt so zu seiner eigenen Zahl von 896 892. Diese falschen und absurden Zahlen Rassiniers aber schreibt Harwood dem „World Centre" bzw. Hilberg zu.

Wie Hilberg ferner bemerkte, gründet Harwood seine Berechnungen weitgehend auf einen angeblichen Vermerk der „Chambers Encyclopaedia", wonach es vor dem Krieg in Europa 6 500 000 Juden gab. Harwood hat auch hier die Quelle absichtlich falsch zitiert, nach der 1939 die Zahl der Juden in nationalsozialistisch beherrschten Gebieten 6 500 000 betrug. Tatsächlich werden die Juden im Vorkriegs-Europa auf über 9 Millionen geschätzt.

Darüber hinaus läßt Harwood wohlweislich außer acht, daß in dem gleichen Artikel in der „Chamber's Encyclopaedia" auf die „systematische Vernichtungskampagne in zahlreichen Todeslagern" eingegangen wird, in deren Verlauf „ein Drittel des jüdischen Volkes vernichtet wurde".

Falsche Darstellungen der Zustände in den Konzentrationslagern Harwood beruft sich (S. 20) auf das Buch „Als Gefangene bei Hitler und Stalin" von Margarete Buber-Neumann (Insassin des Konzentrationslagers Ravensbrück von 1940 bis 1945), das, wie er behauptet, „ein völlig anderes Bild" von den in den Lagern herrschenden Bedingungen vermittelt. Er nimmt dabei Bezug auf ihre Feststellung, daß sie Ravensbrück „sauber, zivilisiert und gut verwaltet" gefunden habe — mit regelmäßigen Bädern und sauberen Bettüchern.

Die nachstehenden Stellen aus ihrem Buch scheinen jedoch seiner Aufmerksamkeit entgangen zu sein: „Im Winter 1941/42 begann in Ravensbrück die Vernichtung der Gefangenen durch Vergasen." „Während des ganzen Jahres 1940 starben in Ravensbrück nur 47 Gefangene. In späteren Jahren lag die Rate der eines natürlichen Todes Gestorbenen bei 80 pro Tag, wobei jene nicht eingerechnet sind, die in die Gaskammern geschickt wurden, und mehr als die Hälfte von ihnen war erschlagen worden oder in den Strafzellen verhungert oder erfroren. Die im Lazarett arbeitenden Gefangenen mußten die Leichname aus den Zellen holen und fanden sie am Boden festgefroren oder durch das Hungernlassen mumifiziert." „Während der Jahre 1940 und 1941 trafen zahlreiche Transporte polnischer Frauen in Ravensbrück ein. Es schien fast, als ob Hitler beschlossen hätte, das ganze polnische Volk auszulöschen ...'Von da an fanden jenseits der Lagermauern häufig Hinrichtungen statt, während wir dastanden und schweigend warteten ..." „ 1944 wurde jenseits der Bunker ein zweites Krematorium errichtet und der schwarze, stinkende Rauch, der aus den Schornsteinen quoll, gehörte von da an zum täglichen Leben in Ravensbrück ... Die Aufseher und SS-Männer pflegten gern zu uns zu sagen, der einzige Weg, auf dem wir Ravensbrück je verlassen würden, wäre . durch den Schornstein’ ".

Die in dem Buch geschilderten erbarmungslosen Prügel und anderen Grausamkeiten und Erniedrigungen, die die weiblichen Insassen des Lagers erleiden mußten, läßt Harwood ebenfalls unerwähnt.

Falsche Darstellungen in der Hitler-Biographie von Colin Cross Zur Stützung seiner Behauptung, es sei unwahrscheinlich gewesen, daß die Deutschen auf der Höhe des Krieges Millionen von Juden meilenweit in vermeintlich komplizierte und kostspielige Vernichtungsstätten transportiert hätten, führt Harwood folgende Stelle aus dem Buch „Adolf Hitler" von Colin Cross an, der, wie er feststellt, viele Probleme jener Zeit . intelligenter’ als mancher anderer einschätzt: „Die Verschleppung von Millionen Juden quer durch Europa und ihre Ermordung waren, in jener verzweifelten Notlage des Krieges, von dem Standpunkt der Vernunft her sinnlos".

(S. 307).

Auch hier hat Harwood wieder selektiv zitiert und verdreht somit völlig die Absichten des Autors, auf den er sich beruft, wie die nachstehenden Passagen aus Cross’ Buch belegen: „Mit dem Angriff auf die Sowjetunion 1941 ging Hitler mit seiner Politik endgültig zum Massenmord über." (S. 365) „Auch bei sehr oberflächlicher Betrachtung der Tatsachen deutet manches darauf hin, daß Hitler nicht nur von dieser Politik wußte, sondern sie aktiv betrieb ... Außerdem sagte Himmler gemäß den Sitzungsprotokollen wiederholt und entschieden zu seinen Gefolgsleuten, daß das Vernichtungsprogramm nach den Befehlen des Führers durchgeführt werde. Schließlich existieren noch die Aussagen in Hitlers . Testament'von 1945, worin er die Zerstörung des europäischen Judentums als sein Werk hinstellt." (S. 366)

„Die schrecklichste Phase des Vernichtungsprogramms begann im Dezember 1941 mit der Einrichtung eines Vergasungszentrums in einem abgeschiedenen Haus bei Lodz/Polen .., Die Vergasung und anschließende Verbrennung erwiesen sich als erfolgreich, und als Hauptzentrum wurde Ausdiwitz ausgewählt, ein Konzentrationslager-Komplex bei einem Eisenbahn-Knotenpunkt, 32 Meilen westlich von Krakau/Polen." (S. 368)

„Es ist unmöglich, die genaue Anzahl all jener festzustellen, die im , Holocaust'von 1941 bis 1944 ermordet wurden ... aber dies war eines der Grundprinzipien der Politik Hitlers. Die Männer, Frauen und Kinder, die in Gaskammern gepfercht und ermordet wurden, nur weil sie Juden waren, zählten nach Millionen". (S. 369)

Angebliche Fälschungen der Dokumentarfilme und Fotos Harwood gibt vor, die zahlreichen Filme und Fotos von Greueltaten der Nazis seien gefälscht, und er will dies durch zwei Fotos (Abb. auf S. 24, in der deutschen Ausgabe S. 32) belegen. Er erklärt, daß die Herkunft des ersten Fotos unbekannt und das zweite eine Montage sei, bei der ein Leichenberg auf den Vordergrund des ersten Fotos montiert worden sei.

Das erste Foto war aber in Wirlichkeit bei dem Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher als Beweis vorgelegt worden, und in dem offiziellen Prozeßbericht sind weit über hundert Fotos mit der Darstellung unglaublicher Greueltaten wiedergegeben.

Bei dem Eichmann-Prozeß wurden dem Gericht Filme vorgeführt, die zum Teil die Deutschen selbst und zum Teil die Alliierten kurz nach der Befreiung gemacht hatten. In seinem Buch „Justice in Jerusalem" beschreibt der Ankläger in diesem Prozeß, Gideon Hausner, die Vorführung dieser Filme: „Anstelle weiteren Beweismaterials zeigte ich einen ungefähr einstündigen Film, mit verschiedenen Szenen, die zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen worden waren. Einige dieser Szenen waren während der Vorgänge selbst von Deutschen aufgenommen worden, die der Versuchung nicht widerstehen konnten, die Szene festzuhalten; andere wurden kurz nach der Befreiung von den Alliierten gefilmt. Dieser Film enthielt viel, was die vorangegangenen acht Wochen der Beweisaufnahme untermauerte: Menschen zogen sich vor den offenen Gruben aus, legten die Kleider mit den gelben Kennzeichen in Haufen zusammen und standen dann nackt am Rande der Grube, in den Gesichtern Ungläubigkeit und Entsetzen. Einen Augenblick später hörte man Schießen und sah sie in ihre Gräber fallen. Die Kamera schwenkte zu dem Erschießungskommando hinüber, unmittelbar hinter den Opfern, und zeigte, wie die zweite Gruppe nackter Gestalten vorwärts gestoßen wurde. Das waren die Morde der Einsatztruppen." „Dann wurden die Lager mit den elektrischen Stacheldrahtzäunen gezeigt. Die Kamera schwenkte plötzlich auf Haufen nackter Körper. Es war grauenvoll, die nackten menschlichen Körper wie Haufen gerupfter, geschlachteter Hühner zu sehen. Zwischen den Toten wanderten die . Muselmänner’ umher, morbide, ausgemergelte Gestalten, die völlig apathisch waren gegenüber dem, was um sie her geschah." „Dann kamen die Befreiungsszenen. Deutsche, denen befohlen worden war, die verwesten Leichen in Massengräber zu bringen, waren bei der Ausführung dieser Aufgabe zu sehen; und schließlich die gräßlichsten Bilder überhaupt: Bulldozer schoben Haufen toter Körper wie Müll auf eine Art Schuttabladeplatz ..."

Verwendung fragwürdiger Quellen Neben den verschiedenen anerkannten Autoritäten, auf die sich Harwood beruft, die er jedoch ständig falsch zitiert und falsch auslegt, führt er zahlreiche andere Quellen an, die durchweg verdächtig sind. So verweist er zur Unterstützung seines Angriffs auf den Nürnberger Prozeß den Leser auf „das hervorragende Buch , Advance to Barbarism’ des angesehenen englischen Juristen F. J. P. Veale“. (S. 9, Sp. 2)

Veale war weder angesehen noch Jurist. Nachforschungen der „Law Society“ in London ergaben, daß Veale früher als Anwalt (solicitor) in Brighton praktizierte. Sein Name taucht in keiner anerkannten juristischen Bibliographie auf, und es hat den Anschein, daß er hauptsächlich für die neo-nazistische „Deut-sche-National-Zeitung" geschrieben hat.

Die Hauptquelle, auf die sich Harwood beruft, ist Paul Rassinier. Rassinier war zwar ur9 sprünglich Mitglied der französischen „Resistance" und ehemaliger KZ-Insasse, veröffentlichte später jedoch verschiedene Broschüren, in denen er u. a. geltend machte, die Endlösung der Nazis habe nicht die Ausrottung des europäischen Judentums bezweckt, und zynisch andeutete, Gaskammern und systematische Vernichtung von Gefangenen seien nur das Werk von einigen übereifrigen Nazis oder allzu dienstbeflissenen KZ-Verwal-fern gewesen. 1964 veröffentlichte Bernhard Lecache, der Leiter des Organs der Internationalen Liga gegen Rassismus und Anti-Semitismus, „Le Droit de Vivre", einen Artikel, in dem er erklärte, Rassinier habe gemeinsame Sache mit den Neo-Nazis gemacht. Rassinier reichte eine Klage wegen Verleumdung ein. Das Gericht befand in seinem Urteil, daß der Beklagte bewiesen habe, daß Rassinier in der Tat „gemeinsame Sache mit seinen heutigen neonazistischen Freunden" gemacht habe, wies die Klage ab und verurteilte Rassinier zur Zahlung der Verfahrenskosten.

Hilberg bezeichnet in seiner eidesstattlichen Erklärung Rassiniers Werk treffend als „eine Mischung aus Irrtum, Einbildung und Fälschung".

Ein weiteres Werk, auf das sich Harwood in besonderem Maße stützt, ist das Buch „The Auschwitz Lie" von Thies Christopherson. Es wurde mit dem Vorwort eines gewissen Manfred Röder veröffentlicht, eines bekannten Antisemiten und erklärten Neo-Nazis, der übrigens Südafrika mehrfach bereist hat. Im Februar 1976 wurde Röder von einem Gericht in Dortmund wegen Rassen-hetze zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, und anschließend wurde ihm untersagt, in Deutschland als Anwalt zu praktizieren.

Neben zahlreichen fragwürdigen Pamphletisten, die in keiner anerkannten Bibliographie zu diesem Thema zu finden sind, zitiert Harwood als Kapazität den völlig in Mißkredit geratenen US-Senator Joseph McCarthy sowie einen gewissen Harry Elmer Barnes, den Übersetzer von Rassinier und ähnlichen Autoren.

Die Tatsachen

Würde nicht eine bestimmte Sorte von Geschichtsbüchern die Judenverfolgung und -Vernichtung entweder ignorieren oder relativieren und auch schlecht informierte Lehrer die Publikation Harwoods und ähnliche Werke nicht als ernsthafte historische Untersuchungen darstellen, so könnte man diese fragwürdigen Arbeiten schlicht auf sich beruhen lassen. Auch aufgrund der Verbreitung, die die Publikation Harwoods und andere Arbeiten in der Öffentlichkeit gefunden haben, wie auch wegen des Nachdrucks dieser Arbeiten in einer Reihe von Zeitungen dürfen die falschen Behauptungen in diesen Werken nicht unwidersprochen bleiben.

Die gemeinsame Erklärung der Alliierten Am 17. Dezember 1942 wurden im Unter-und Oberhaus des britischen Parlaments Erklärungen darüber abgeben, daß die britische Regierung vor kurzem zuverlässige und glaubwürdige Berichte über die grausame und unmenschliche Behandlung der Juden in den von Deutschland besetzten Ländern Europas erhalten habe.

Der Text der folgenden gemeinsamen Erklärung der Alliierten wurde im Unterhaus von Anthony Eden (dem damaligen Außenminister) und im Oberhaus von Viscount Simon, dem Lord Chancellor, bekanntgegeben: „Die Regierungen Belgiens, der Tschechoslowakei, Griechenlands, Luxemburgs, der Niederlande, Norwegens, Polens, der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und Jugoslawiens sowie das Französische Nationalkomitee haben Kenntnis erhalten von zahlreichen Berichten aus ganz Europa, nach denen die deutschen Behörden — nicht genug damit, daß die in allen Gebieten, über die sie ihre barbarische Herrschaft ausgedehnt haben, Personen der jüdischen Rasse die ele-mentarsten Menschenrechte verweigern — jetzt Hitlers oft geäußerte Absicht verwirklichen, das jüdische Volk in Europa zu vernichten. Aus allen besetzten Ländern werden Juden unter entsetzlichen und grausamen Bedingungen nach Osteuropa transportiert." „In Polen, das die Nazis zu ihrem Vernichtungszentrum gemacht haben, werden alle Juden systematisch aus den von deutschen Besatzern eingerichteten Gettos vertrieben — mit Ausnahme weniger hochqualifizierter Arbeiter, die für die Kriegsindustrie benötigt werden. Von denen, die fortgeschafft werden, hört man nie wieder. Wer körperlich leistungsfähig ist, wird in Arbeitslagern langsam zu Tode geschunden. Die Kranken und Gebrechlichen läßt man erfrieren und verhungern oder sie werden vorsätzlich bei Massen-hinrichtungen ermordet. Die Opfer dieser blutigen Gewalttaten sind viele Hunderttausende vollkommen unschuldiger Männer, Frauen und Kinder."

„Die oben erwähnten Regierungen und das Französische Nationalkomitee verurteilen diese bestialische und kaltblütige Vernichtungspolitik auf das schärfste. Sie erklären, daß derartige Ereignisse alle freiheitsliebenden Völker nur in ihrem Entschluß bestärken können, die barbarische Hitler-Tyrannei zu stürzen. Sie beteuern ihren feierlichen Entschluß, dafür Sorge zu tragen, daß die für diese Verbrechen Verantwortlichen der Vergeltung nicht entgehen werden, und die erforderlichen, praktischen Maßnahmen zu diesem Zweck voranzutreiben."

Diese gemeinsame Erklärung wurde gleichzeitig in London, Moskau und Washington veröffentlicht und in der ganzen Welt über den Rundfunk ausgestrahlt.

Die unbeschreiblichen Greuel, die sich den alliierten Streitkräften bei der Befreiung der Konzentrationslager bei Kriegsende offenbarten, bestätigten die in der angeführten Erklärung erwähnten Berichte. Die Zustände in den Lagern und die Beweise für die organisierten Massenvernichtungen werden durch die Aussagen Tausender von Augenzeugen, aufgefundene deutsche Dokumente und durch beeidigte Erklärungen in zahlreichen Kriegsverbrecher-prozessen bestätigt.

Die Nürnberger Prozesse Zu den Nürnberger Prozessen gehörten:

a) Das Verlahren des Internationalen Militär-Tribunals gegen deutsche Hauptkriegsverbrecher (20. November 1945 — 1. Oktober 1946). Von den 22 Angeklagten wurden 12 zum Tode durch den Strang verurteilt (Göring, v. Ribbentrop, Keitel, Kaltenbrunner, Rosen-berg, Hans Frank, Frick, Streicher, Sauckel, Jodl, Seyss-Inquart und Bormann [in Abwesenheit]). Göring entzog sich der Vollstrekkung des Urteils durch Selbstmord; Himmler und Ley nahmen sich vor der Verhandlung das Leben.

Drei Angeklagte — Funk, Hess und Raeder — wurden zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Von Schirach und Speer wurden zu 20 Jahren und Dönitz zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. Schacht, von Papen und Fritsche wurden freigesprochen. b) Die späteren US-Militärgerichtsverfahren in Nürnberg; diese umfaßten 12 Prozesse, die zwischen 1946 und 1949 abgehalten wurden; von den insgesamt 177 Angeklagten wurden 12 zum Tode verurteilt, 25 zu lebenslanger Haft und andere zu langjährigen Freiheitsstrafen.

Harwoods Kommentare zu den Nürnberger Prozessen Mit Bezug auf die Nürnberger Prozesse schreibt Harwood: „Der Geschichte von den sechs Millionen Toten wurde zwischen 1945 und 1949 durch die Nürnberger Prozesse gegen führende deutsche Nazis gerichtliche Autorität verliehen, obwohl diese Verfahren sich als die unwürdigste juristische Farce der Geschichte erwiesen." „Wenn sich jemand dazu verleiten lassen sollte zu glauben, die Vernichtung der Juden sei in Nürnberg . bewiesen’ worden, so sollte er in Betracht ziehen, in welcher Art und Weise diese Prozesse geführt worden sind, nämlich auf der Grundlage der völligen Mißachtung aller gültigen Rechtsgrundsätze. Die Ankläger fungierten als Staatsanwälte, Richter und Henker; die Schuld der Angeklagten wurde von vornherein als gegeben betrachtet.“ (S. 9, Sp. 2) „Am unglaublichsten von allem war vielleicht die Tatsache, daß den Verteidigern in Nürnberg nicht gestattet wurde, die Zeugen der Anklage ins Kreuzverhör zu nehmen." (S. 10, Sp. 1)

Ferner unterstellt Harwood, daß die falschen Aussagen zur Stützung des Mythos der sechs Millionen Toten ausnahmslos von ehemaligen deutschen Offizieren durch Folterung oder die Zusicherung von Milderungsgründen erpreßt worden seien (S. 13, Sp. 1).

Diese absurden Behauptungen wurden von zwei hochangesehenen, an dem Prozeß in Nürnberg unmittelbar beteiligten Anwälten zurückgewiesen, nämlich Lord Shawcross, dem damaligen Generalstaatsanwalt für Großbritannien und Hauptanklagevertreter für das Vereinigte Königreich, und Lord Elwyn-Jones, dem gegenwärtigen „Lord High Chancellor“ von Großbritannien und einer der Anklagevertreter des Vereinigten Königreiches.

Stellungnahme von Lord Shawcross In einer Mitteilung vom 3. Mai 1977 betont Lord Shawcross, daß der Prozeß vor der Geschichte bestanden habe und weiter bestehen werde und daß das Verfahren den Angeklagten jede Möglichkeit zu ihrer Verteidigung gegeben habe. Er erklärt darüber hinaus, daß die Entscheidungen des Gerichtshofes auf „einer Fülle unanfechtbaren Beweismaterials basierten, darunter sehr umfangreichen NS-Do-kumenten, deren Echtheit nicht bestritten wurde.“

In bezug auf die Anzahl der Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik schreibt Lord Shawcross: „Es würde zweifellos schwer fallen, die Anzahl der Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik auf hunderttausend genau zu berechnen; daß dies nicht möglich ist, ist allein ein Beweis für die Ungeheuerlichkeit dieser Politik."

Stellungnahme von Lord Elwyn-Jones In einem Schreiben vom 19. Mai 1977 bezeichnet Lord Elwyn-Jones Harwoods Behauptungen über die Nürnberger Prozesse als groteske Verzerrung und betont, die Unterstellung, daß die Verteidiger die Zeugen der Anklage nicht ins Kreuzverhör nehmen durften, sei absolut unwahr. Im Gegenteil sei den Angeklagten, die von erfahrenen und angesehenen deutschen Strafverteidigern vertreten worden waren, jede Möglichkeit gegeben worden — von der sie auch Gebrauch gemacht hätten —, die Zeugen der Anklage ins Kreuzverhör zu nehmen und das Gericht habe ihnen zu keinem Zeitpunkt Hindernisse in den Weg gelegt.

In der Mitteilung heißt es weiter, daß die Angeklagten sich durch ihre eigenen detaillierten Aufzeichnungen praktisch selbst verurteilt hätten, da die Von der Anklage vorgelegten Dokumente in ihrer überwältigenden Mehrheit zum Zeitpunkt der Verbrechen von den Angeklagten selbst oder von ihren Kollegen während des nationalsozialistischen Regimes angefertigt und im allgemeinen auch unterzeichnet worden waren.

Ferner bemerkt Lord Elwyn-Jones, er könne sich nicht erinnern, daß die Verteidigung auch nur einmal unterstellt habe, irgendeines der Dokumente sei gefälscht oder unwahr; er könne kategorisch erklären, daß seines Wissens keine der mündlichen oder schriftlichen Beweisunterlagen, welche die Anklage beigebracht-habe, falsch gewesen oder der Fälschung verdächtigt worden sei.

Das bei den Nürnberger Prozessen vorgelegte Beweismaterial für die planmäßige Vernichtung des europäischen Judentums war so überwältigend, daß es hier nicht angemessen dargestellt werden kann. Es sollen jedoch relevante Auszüge aus der Eröffnungsansprache von Richter Jackson und aus dem Urteil des Tribunals angeführt werden. Es soll hier festgestellt werden, daß die Zeugen von der Verteidigung unbehindert ins Kreuzverhör genommen wurden. In der Tat waren einige der Zeugen, die über die Greueltaten aussagten, von der Verteidigung benannt worden, und keiner der Betreffenden deutete auch nur an, daß er — wie von Harwood unterstellt — durch Folterung, Nötigung oder Versprechungen irgendwelcher Art zu seiner Aussage veranlaßt worden sei.

Die Eröffnungsansprache von Richter Jackson In der historischen Ansprache, mit der Richter Jackson die Verhandlung des ersten Kriegsverbrecherprozesses der Geschichte eröffnete, bemerkte er bei der Anklageerhebung zu dem an den Juden begangenen Verbrechen folgendes:

„Die meisten und brutalsten Verbrechen, die von den Nazis begangen wurden, richteten sich gegen die Juden." „Es ist meine Aufgabe zu zeigen, daß das Ziel, dem sich alle Nazis fanatisch ergaben, nämlich alle Juden zu vernichten, Plan und festes Vorhaben war... Die Verfolgung der Juden war eine ununterbrochene und vorsätzliche Politik". „Die Verschwörung oder der gemeinsame Plan, die Juden auszurotten, wurde so überlegt und gründlich betrieben, daß dieses Ziel der Nazis trotz der deutschen Niederlage und trotz ihrem Sturze weitgehend erreicht worB den ist. Nur Reste der europäischen jüdischen Bevölkerung sind in Deutschland, in den von Deutschland besetzten Gebieten und in den Ländern seiner Vasallen oder Mithelfer übrig-geblieben. Von 9, 6 Millionen Juden, die in dem von den Nazis beherrschten Europa lebten, sind nach amtlichen Schätzungen sechzig von hundert umgekommen ... Die Geschichte berichtet von keinem Verbrechep, das sich jemals gegen so viele Opfer gerichtet hat oder mit solch einer berechnenden Grausamkeit begangen worden ist."

Nachdem Richter Jackson auf die Entwicklung des nationalsozialistischen Antisemitismus eingegangen war, nahm er Bezug auf den Bericht L-180 des SS-Brigadeführers Dr. Stahlecker an Himmler, in dem es hieß, es stünde zu erwarten, daß die Judenfrage im Osten nicht durch Progrome allein gelöst werden könne und daß in Übereinstimmung mit den grundsätzlichen Befehlen die Säuberungsaktionen der Sicherheitspolizei „die umfassende Beseitigung der Juden zum Ziel hatten ..

In seiner Ansprache heißt es weiter:

„Mit der Ausdehnung der deutschen Grenzen durch den Krieg erweiterte sich auch der Feldzug gegen die Juden. Der Plan der Nazis war nie auf ihre Ausrottung in Deutschland beschränkt, er sah stets vor, die Juden in Europa — zuweilen auch weltweit — zu vernichten. Im Westen wurden die Juden ermordet und ihr Eigentum wurde übernommen. Den Gipfel der Brutalität erreichte der Feldzug gegen sie aber im Osten."

Weiter nahm er Bezug auf verschiedene deutsche Berichte, in denen die genaue Anzahl der bei verschiedenen Aktionen im Osten ermordeten Juden tabellarisch angegeben wurde: z. B. waren in Kiew am 29. /30. September 1941 33 771 Juden umgebracht worden.

In der Ansprache wurden dann einige Beispiele dafür zitiert, wie weit die Peinigung der Opfer ging: z. B. mußte ein jüdischer Zahnarzt den Juden, bevor sie hingerichtet wurden, alle Goldzähne und -plomben entfernen; Männer, Frauen und Kinder wurden in Scheunen gesperrt und lebendig verbrannt.

Richter Jackson zitierte ferner aus dem „Originalbericht des mit der Zerstörung des War-schauer Gettos beauftragten SS-Generalmajors Stroop", Der Bericht enthält unter dem Titel „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr" tägliche Eintragungen über die Tötungen, die den Leser erschauern lassen.

In der Ansprache wurden dann einige Bel-spiele für die gräßlichen Methoden und Torturen in den Konzentrationslagern und für die von General Milch, Himmler und anderen gebilligten grausamen medizinischen Experimente angeführt.

Richter Jackson schloß diesen Teil seiner Ansprache mit folgenden Worten:

„Deutschland wurde eine riesige Folterkammer. Die Schreie der Opfer wurden in der ganzen Welt gehört und ließen die Gesitteten ringsum erschauern. Ich gehöre zu denen, die während des Krieges die meisten Greuelge-schichten mißtrauisch und mit Zweifel aufgenommen haben. Aber die Beweisstücke, die wir vorlegen, werden überwältigend sein, und ich wage vorauszusagen, daß nicht eines meiner Worte widerlegt werden wird. Die Angeklagten werden nur ihre persönliche Verantwortung abstreiten oder behaupten, daß sie von diesen Dingen keine Kenntnis gehabt hätten."

In der Tat versuchte keiner der Angeklagten bei der Beweisaufnahme die schrecklichen Tatsachen der Vernichtung in Frage zu stellen, sondern suchte lediglich die eigene Beteiligung oder Verantwortung zu leugnen.

Das Urteil des Gerichtshofes In dem Urteil wird bestätigt, daß 33 Zeugen der Anklage sowie 61 Zeugen der Verteidigung — zusätzlich zu den 19 Angeklagten — mündlich aussagten. Weitere 143 Zeugen der Verteidigung machten ihre Aussagen in Form schriftlicher Antworten auf Fragebogen.

Als der Krieg zu Ende ging und die NS-Führer sich darüber klar wurden, daß eine Niederlage unvermeidlich war, wurden Anweisungen ausgegeben, alle belastenden Unterlagen zu vernichten. Diese Versuche waren jedoch nur teilweise erfolgreich. Im Urteil heißt es: „Ein großer Teil der dem Gerichtshof seitens der Anklagebehörden vorgelegten Beweisstücke bestand in Dokumenten, die von den alliierten Armeen in deutschen militärischen Dienststellen, Regierungsgebäuden und an anderen Stellen aufgefunden worden waren. Einige dieser Dokumente wurden in Salzbergwerken gefunden, in der Erde vergraben, hinter blinden Mauern versteckt oder an anderen Orten, die, wie man glaubte, vor Entdeckung geschützt waren. So ruht also die Anklage gegen die Beschuldigten in weitem Maße auf von ihnen selbst stammenden Dokumenten, deren Echtheit außer in einem oder zwei Fällen nicht angefochten worden ist."

Die ungefähr 150 Druckseiten umfassende Urteilsbegründung beschäftigt sich auf 4 Seiten speziell mit der Judenverfolgung und beginnt mit den folgenden Worten:

„Die Verfolgung der Juden durch die Nazi-Regierung ist mit größter Ausführlichkeit vor dem Gerichtshof bewiesen worden. Sie ist ein einziger Bericht von konsequenter und systematischer Unmenschlichkeit größten Stils."

In der Urteilsbegründung wird auf die Entwicklung der antijüdischen Politik des Nationalsozialismus vor dem Krieg eingegangen und dann heißt es weiter:

„Die Verfolgung der Juden im Vorkriegsdeutschland durch die Nazis, so hart und unterdrückend sie auch war, läßt sich jedoch nicht mit der während des Krieges in den besetzten Gebieten verfolgten Politik vergleichen. Ursprünglich glich diese Politik der bis dahin innerhalb Deutschlands betriebenen. Die Juden mußten sich registrieren lassen und wurden gezwungen, in Gettos zu leben, den gelben Stern zu tragen und sich als Sklavenarbeiter verwenden zu lassen. Im Sommer 1941 wurden jedoch Pläne entworfen für eine . Endlösung'der Judenfrage in ganz Europa. Diese . Endlösung'bedeutete die Ausrottung der Juden, die, wie Hitler bereits Anfang 1939 angedroht hatte, eine der Folgen eines Kriegsausbruchs sein würde. Eine Spezialabteilung der Gestapo unter Adolf Eichmann, Chef der Abteilung B IV der Gestapo, wurde gebildet, um diese Politik durchzuführen."

„Der Plan für die Ausrottung der Juden wurde kurz nach dem Angriff auf die Sowjetunion ausgearbeitet. Den Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD, die zur Brechung des Widerstandes der Bevölkerung der im Rücken der deutschen Armeen im Osten liegenden Gebiete aufgestellt worden waren, wurde die Aufgabe der Ausrottung der Juden in diesen Gebieten übertragen. Die Wirksamkeit der Tätigkeit der Einsatzgruppen wird durch die Tatsache erwiesen, daß im Februar 1942 Heydrich bereits berichten konnte, daß Estland judenfrei und daß in Riga die Zahl der Juden von 29 500 auf 2 500 herabgedrückt worden sei. Insgesamt haben die in den besetzten baltischen Gebieten operierenden Einsatzgruppen in drei Monaten über 135 000 Juden getötet."

„Der planmäßige und systematische Charakter der Judenverfolgungen wird am besten durch den Original-Bericht des SS-Brigade-Generals Stroop gekennzeichnet, der mit der Zerstörung des Warschauer Gettos, die im Jahre 1943, stattfand, beauftragt war ..."

In seinem Bericht „Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr“ hatte Stroop dargelegt, daß seine Aktion „eine bewiesene Gesamtzahl von 56 065 Menschen beseitigt habe. Dazu muß die Anzahl der durch Explosion, Brände usw. Umgekommenen gerechnet werden, die nicht festgestellt werden kann."

Im Urteil hießt es ferner: „Die dem Tribunal vorgeführten Filme zeigten Schläge, Aushungern, Folterungen und Tötungen."

Es wird festgestellt, daß die Methoden der Vernichtung nie einem einheitlichen Schema folgten; die Massenmorde von Rowno und Dubno waren Beispiel für eine Methode, die systematische Ausrottung der Juden in Konzentrationslagern Beispiel für eine andere. Im Urteil heißt es weiter:

„Zur . Endlösung'gehörte die Zusammenfassung von Juden aus allen deutsch-besetzten Teilen Europas in Konzentrationslagern. Ihr Gesundheitszustand war der Prüfstein für Leben oder Tod. Alle Arbeitsfähigen wurden als Zwangsarbeiter in den Konzentrationslagern verwendet; alle arbeitsunfähigen Personen wurden in Gaskammern vernichtet und ihre Leichen verbrannt. Bestimmte Konzentrationslager, wie Treblinka und Auschwitz, wurden für diesen Hauptzweck bestimmt..."

Die Urteilsbegründung beschäftigt sich dann kurz mit der Aussage des Kommandanten von Auschwitz, Höss; aus dieser Aussage wird folgende Stelle zitiert: „Zwei SS-Ärzte waren in Auschwitz tätig, um die einlaufenden Gefangenentransporte zu untersuchen. Die Gefangenen mußten bei einem der Ärzte vorbeigehen, der bei ihrem Vorbei-marsch durch Zeichen die Entscheidung fällte. Diejenigen, die zur Arbeit taugten, wurden ins Lager geschickt. Andere wurden sofort in die Vernichtungslager geschickt, Kinder im zarten Alter wurden unterschiedslos vernichtet, da sie auf Grund ihrer Jugend unfähig waren, zu arbeiten. Noch eine andere Verbesserung, die wir gegenüber Treblinka machten, war diejenige, daß in Treblinka die Opfer fast immer wußten, daß sie vernichtet werden sollten, während wir uns in Auschwitz bemühten, die Opfer zum Narren zu halten, indem sie glaubten, daß sie ein Entlassungsmanöver durchzumachen hätten. Natürlich er-B kannten sie auch häufig unsere wahren Absichten, und wir hatten deswegen manchmal Aufruhr und Schwierigkeiten. Sehr häufig wollten Frauen ihre Kinder unter den Kleidern verbergen, aber wenn wir sie fanden, wurden die Kinder natürlich zur Vernichtung hineingesandt."

„Es dauerte drei bis fünfzehn Minuten, je nach den klimatischen Verhältnissen, um die Menschen in der Todeskammer zu töten. Wir wußten, wann die Menschen tot waren, weil ihr Kreischen aufhörte. Wir warteten gewöhnlich eine halbe Stunde, bevor wir die Türen öffneten und die Leichen entfernten. Nachdem die Leichen fortgebracht waren, nahmen unsere Sonderkommandos die Ringe ab und zogen das Gold aus den Zähnen der Leichen."

Dann wird auf die unmenschlichen Experimente Bezug genommen, die an Lagerinsassen verschiedener Konzentrationslager durchgeführt wurden. Danach beschäftigt sich das Urteil mit dem Beweismaterial über die Verwendung der Haare der weiblichen Opfer, die Verwendung der Asche der Verbrannten als Düngemittel und die Versuche, das Fett der Leichen in der Seifenherstellung zu benutzen.

Dieser spezifische Teil des Urteils schließt mit dem Hinweis, daß nach Schätzungen Eichmanns aufgrund der Vernichtungspolitik „sechs Millionen Juden getötet wurden, von denen vier Millionen in den Vernichtungslagern ums Leben gekommen sind".

Der Eichmann-Prozeß Adolf Eichmann, einer der Hauptbeteiligten an der Durchführung der Endlösung, floh nach dem Krieg nach Argentinien, wo er im Mai 1960 festgenommen und 1961 vor ein Gericht in Jerusalem gebracht wurde. Nach einer Verhandlungsdauer von mehr als 14 Wochen und 114 Sitzungen wurde Eichmann am 11. Dezember 1961 in allen Anklagepunkten für schuldig befunden und zum Tode durch den Strang verurteilt.

Eichmann versuchte in seiner eigenen Aussage die entsetzlichen Greuel der Judenvernichtung nicht zu leugnen; er beharrte lediglich darauf, daß andere dafür verantwortlich gewesen wären. Vor der Verkündung des Urteils sagte Eichmann in seinem Schlußwort, vor dem Gericht: „Heute würde ich aus freien Stücken das jüdische Volk um Verzeihung bitten und gestehen, daß ich von Scham erfüllt bin im Gedanken an die an den Juden begangenen Frevel-taten und Ungerechtigkeiten, aber im Lichte der in der Urteilsbegründung angeführten Gründe würde dies höchstwahrscheinlich als Heuchelei aufgefaßt werden."

In seiner eidesstattlichen Erklärung sagte der damalige Generalstaatsanwalt von Israel und Hauptanklagevertreter im Eichmann-Prozeß, Gideon Hausner, aus, daß Eichmann bei seiner Verhandlung zugab, am 20. Januar 1942 seien 15 hohe NS-Führer (darunter auch Eichmann selbst) in dem Berliner Vorort Wannsee zusammengekommen, um über die Art und Weise der Durchführung der sogenannten Endlösung zu entscheiden, nachdem verschiedene Vernichtungsmethoden debattiert worden waren. Diese verhängnisvolle Wann-see-Konferenz war das zentrale Ereignis in der Geschichte der Endlösung.

Das Protokoll über die Sitzung vom 20. Januar 1942 wurde bei der Durchsicht der Geheimakten des Auswärtigen Amtes durch die Mitarbeit des „Office of Chief of Counsel“ in Berlin entdeckt und sofort nach Nürnberg anläßlich der Vorbereitung des Wilhelmstraße-Prozesses (Fall XI) übersandt. Es war zusammen mit anderen Dokumenten in einem Ordner mit der Aufschrift „Betrifft Endlösung der Judenfrage" enthalten.

Im Nürnberger Wilhelmstraßeprozeß — Hauptankläger Dr. Robert M. W. Kempner — wurde die beglaubigte Abschrift des Protokolls mit beglaubigter Übersetzung als Dokument 2586 eingeführt. Es befindet sich bei den Gerichtsakten. Es wurde vom Gericht als wichtiges Beweismittel angenommen. Seine Echtheit und Richtigkeit wurde von Seiten der Angeklagten oder Verteidiger niemals bestritten. Mehrere damals noch lebende Teilnehmer an dieser Sitzung wurden im Vorverfahren über deren Verlauf vernommen. Auch im Eichmann-Prozeß in Jerusalem lag das Dokument vor. Eichmann hob hervor, daß Reinhard Heydrich und er am Ende der Sitzung sehr zufrieden über deren Verlauf gewesen seien und darauf noch mit einem Glas Cognac angestoßen hätten *).

Eichmann gab offen zu, daß er die Todeslager wiederholt besucht habe; unter Bezugnahme auf seinen Besuch in Treblinka beschrieb er die fingierte Bahnstation und wie die nackten Juden über Pfade, die von Stacheldraht eingesäumt waren, zu den Gaskammern geführt worden waren.

In der Verhandlung sagten zahlreiche überlebende Augenzeugen über die unbeschreiblichen Grausamkeiten und Greueltaten aus, die an unzähligen unschuldigen und wehrlosen Männern, Frauen und Kindern begangen worden waren. Ihre Aussagen bezogen sich auf jedes Stadium der Verfolgung, die in der Endlösung gipfelte: das erbarmungslose Zusammentreiben der Juden in Deutschland und dem von den Nazis besetzten Europa; ihr Transport unter entsetzlichen Bedingungen in die Todeslager; die unmenschlichen Folterungen; die unbeschreiblichen medizinischen Experimente; das vorsätzliche Hungernlassen; die Massenerschießungen durch die Einsatzgruppen und schließlich die systematischen Massentötungen in Gaswagen und Gaskammern. Zur Widerlegung der Behauptung Harwoods, es sei kein zuverlässiger lebendiger Augenzeuge der Vergasungen beigebracht worden, verweist Hausner insbesondere auf die Aussage eines Nachum Hoch, der bezeugte, er sei — nachdem er mit ungefähr 900 anderen Kindern zusammen in die Gaskammer getrieben worden war, zusammen mit 50 anderen wenige Momente, bevor das Vergasen begann, wieder herausgelassen worden, um bei Ausladearbeiten zu helfen.

Harwood unterstellt (S. 9, Sp. 2), das Jerusalemer Gericht habe geflissentlich vermieden, die Zahl 6 Millionen zu erwähnen. Es ist einfach unwahr, daß im Laufe der Verhandlungen die sechs Millionen nicht erwähnt worden sind, wie aus den ersten Worten der Eröffnungsansprache Hausners hervorgeht: „An dieser Stelle, an der ich vor Sie trete, Richter in Israel, um die Anklage gegen Adolf Eichmann zu führen, stehe ich nicht allein. Mit mir treten zu dieser Stunde sechs Millionen Kläger auf. Aber sie vermögen nicht, sich zu erheben. Sie können keinen drohenden Finger gegen diese Glaszelle ausstrecken und gegen den, der da sitzt, ausrufen: , Ich klage an. ’ Denn ihre Asche liegt verstreut auf den Hügeln von Auschwitz, auf den Feldern Treblinkas, ausgeschüttet in Polens Flüsse. Ihre Gräber sind verteilt über alle Länder Europas. Ihr Blut schreit, aber ihre Stimme verstummte. Darum werde ich ihr Mund sein und in ihrem Namen die furchtbare Anklage erheben."

Hausner schloß seine Ansprache mit den bemerkenswerten Worten: „Adolf Eichmann wird ein Recht haben, das er keinem seiner Opfer zugestand: er wird sich vor Gericht verteidigen können. Sein Schicksal wird nur auf gesetzlicher Basis entschieden werden, und auf Grund von Tatsachen, die die Anklagebehörde beweisen muß. Die Richter, in Israel werden ihr Urteil nach Wahrheit und Gerechtigkeit fällen."

Im Urteil des Distriktgerichts heißt es:

„... gemäß den demographischen Berechnungen von Prof. Baron, die auf den in seiner Aussage erwähnten Quellen beruhen und die uns als Beweismittel vorliegen, besteht keine Zweifel darüber, daß die Gesamtzahl der Opfer der Endlösung ungefähr 6 Millionen be-trug."

Hausner fügte seiner eidesstattlichen Erklärung ein Dokument in Eichmanns Handschrift hinzu, worin Eichmann selbst die Zahl der während des Krieges umgekommenen Juden auf 5 000 000 schätzte. Auf Befragen durch das Gericht bestätigte Eichmann die Richtigkeit dieser Angaben.

Die deutsche Wiedergutmachung Zu den unverfrorensten Fälschungen in Harwoods Publikation gehört die Behauptung, das Massaker an 6 Millionen Menschen sei „zweifellos eine der einträglichsten Unterstellungen aller Zeiten“; „ein Betrug, der jeder Beschreibung spottet"; „ein imaginäres Blutbad ... mit dem in betrügerischer Weise finanzielle Entschädigungen von einer großen europäischen Nation erzwungen werden sollten". (S. 2, Sp. 1; S. 28, Sp. 1 + 2) In der Publikation wird darüber hinaus geltend gemacht, daß Deutschland Reparationen „auf der Berechnungsgrundlage von 6 Millionen Toten" zahle, von denen „mindestens vier Fünftel bei Kriegsende entschieden noch am Leben waren“. (S. 28, Sp. 1)

Um zu beweisen, wie ungeheuerlich diese Fälschung ist, ist es erforderlich darzulegen, unter welchen Umständen es zur sogenannten Wiedergutmachung kam und auf welcher Basis die Zahlungen geleistet wurden.

Am 27. September 1951 gab Bundeskanzler Adenauer vor dem Bundestag eine Erklärung zu der Veröffentlichung der Gesetze über die Wiedergutmachung der unter dem nationalsozialistischen Regime an den Juden begangenen Verbrechen ab. Nachstehend einige Auszüge aus der Erklärung des Bundeskanzlers: „Die Bundesregierung und mit ihr die große Mehrheit des deutschen Volkes sind sich des unermeßlichen Leides bewußt, das in der Zeit des Nationalsozialismus über die Juden in Deutschland und in den besetzten Gebieten gebracht wurde."

„Im Namen des deutschen Volkes sind aber unsagbare Verbrechen begangen worden, die zur moralischen und materiellen Wiedergutmachung verpflichten, sowohl hinsichtlich der individuellen Schäden, die Juden erlitten haben, als auch des jüdischen Eigentums, für das heute individuell Berechtigte nicht mehr vorhanden sind."

„Die Bundesregierung ist bereit, gemeinsam mit den Vertretern des Judentums und des Staates Israel, der so viele heimatlose jüdische Flüchtlinge aufgenommen hat, eine Lösung des materiellen Wiedergutmachungsproblems herbeizuführen, um damit den Weg zur seelischen Bereinigung unendlichen Leides zu erleichtern. Sie ist tief davon durchdrungen, daß der Geist wahrer Menschlichkeit wieder lebendig und fruchtbar werden muß. Diesem Geist mit aller Kraft zu dienen, betrachtet die Bundesregierung als die vornehmste Pflicht des deutschen Volkes."

Bundeskanzler Adenauers historische Erklärung wurde von dem ganzen Haus — mit Ausnahme der Kommunisten und extremen Rechten — mit Beifall aufgenommen.

Daraufhin erhob sich in der jüdischen Welt ein heftiger Meinungsstreit darüber, ob die Annahme einer . Wiedergutmachung’ von Deutschland moralisch vertretbar sei. Viele waren der Meinung, daß das den Juden von den Nazis angetane Unrecht irreparabel sei und daß es moralisch und historisch unvereinbar wäre, finanzielle Entschädigung für dieses Unrecht anzunehmen. Diejenigen, die für Verhandlungen eintraten, bestritten nicht, daß das Unrecht im Grunde genommen materiell nicht gutzumachen sei, hoben jedoch hervor, daß ein Unterschied zwischen materiellen und moralisch-historischen Ansprüchen bestehe, wobei letztere von ersteren nicht beeinflußt würden. 1951 wurde die „Conference on Jewish Material Claims Against Germany" („Claims Conference") gegründet. Sie umfaßte 23 jüdische Organisationen (darunter auch der „South African Jewish Board of Deputies") und vertrat zwei wichtige Zielsetzungen:

a) Fonds für die Unterstützung, Rehabilitierung und Umsiedlung der jüdischen Opfer der Nazi-Verfolgung zu erhalten und den Wiederaufbau der jüdischen Gemeinden und Institutionen zu unterstützen, die durch die Verfolgung durch die Nazis zerstört worden waren. b) Entschädigungsleistungen 'für die den einzelnen Opfern der Nazi-Verfolgung entstandenen Schäden sowie die Rückgabe der von den Nazis konfiszierten Güter zü erwirken.

Erst nach einer heftigen, drei Tage dauernden Debatte beschloß die Knesset, das jüdische Parlament, im Januar 1952, mit der deutschen Bundesregierung in direkte Verhandlungen zu treten. Im März 1952 wurden in Den Haag die offiziellen Verhandlungen zwischen der israelischen Regierung und der Claims Conference einerseits und der Bundesregierung andererseits eröffnet. Am 19. September 1952 wurden schließlich in Luxemburg zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Israels bzw.der Claims Conference zwei Abkommen unterzeichnet.

Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Claims Conference umfaßte zwei Protokolle:

Im Protokoll Nr. 1 wurde gefordert, Gesetze zu erlassen, die eine direkte Entschädigung der Nazi-Opfer aufgrund ihrer durch die NS-Verfolgung entstandenen Ersatz-und Rückerstattungsansprüche vorsehen sollten.

Im Protokoll Nr. 2 verpflichtete sich die Bundesregierung, Geldmittel für die Unterstützung, Rehabilitierung und Umsiedlung der jüdischen Opfer zur Verfügung zu stellen. Diese der Claims Conference bewilligten Mittel wurden für die folgenden drei Hauptprogramme verwandt:

a) Unterstützung und Rehabilitierung der Nazi-Opfer b) Wiederaufbau jüdischer Kultur-und Bildungseinrichtungen c) Wiederaufbau der von den Nazis zerstörten jüdischen Gemeinden und Institutionen.

Besonders begünstigt wurden jene Länder Europas, die unter der Nazi-Besetzung gelitten hatten.

Es sei hier noch einmal an die Behauptung Harwoods erinnert, daß die Ziffer 6 Millionen stark übertrieben sei. Unter Berufung auf Ras-sinier unterstellt er, daß sich diese Zahl nur auf Hunderttausende beziffern ließe und fährt fort:

„Rassinier weist darauf hin, daß der Staat Israel nichtsdestoweniger Entschädigungen für 6 Millionen Tote fordert, pro Person eine Entschädigungssumme von 5 000 Mark." (S. 27, Sp. 2)

Anhand der erwähnten offiziellen Dokumente läßt sich nachweisen, daß diese Behauptung absolut unwahr ist. Für die Toten wurde keinerlei Entschädigung gefordert. Die Unterstellung, daß die Zahl der durch die NS-Ver-folgung umgekommenen Juden vorsätzlich übertrieben worden sei, um die Wiedergutmachungsansprüche in die Höhe zu treiben, ist nicht nur falsch, sondern auch eine Beleidigung für die Lebenden und für das Andenken an die Toten.

Die Erklärung des Bundeskanzlers und die Präambel der beiden Abkommen stellen eine eindeutige Anerkennung der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik und der an dem jüdischen Volk begangenen Verbrechen seitens der Bundesrepublik dar. Darüber hinaus wird in diesen Dokumenten die moralische Verantwortung der Bundesregierung bezeugt, finanzielle Wiedergutmachung für diese Verbrechen zu leisten. Diesen Verpflichtungen ist die Bundesregierung gewissenhaft nachgekommen.

Die Judenverfolgung in der zeitgeschichtlichen Forschung Kein namhafter Zeitgeschichtler hat die erklärte Nazi-Politik der Vernichtung der Juden oder ihre Durchführung in Frage gestellt. Der bekannte Historiker Hugh Trevor-Roper, seit 25 Jahren „Regius Professor of Modern Histo-ry" in Oxford und Autor zahlreicher wichtiger Bücher über dieses Thema, nimmt zu der Harwood-Publikation wie folgt Stellung:

„Nach meinem Urteil ist diese sich hinter vorgetäuschter Objektivität verbergende Publikation in der Tat eine unverantwortliche und tendenziöse Arbeit, die maßgebliche Beweismittel unterdrückt und ausgewählte Halbwahrheiten und Verdrehungen vorbringt, zu dem einzigen Zwecke, antisemitischer Propaganda zu dienen."

Prof. Trevor-Roper fügt hinzu, daß er selber die verfügbaren Urkundenbeweise studiert habe und der Meinung sei, die Endlösung habe —so wie sie Ende 1941 geplant worden sei — in der Tat die physische Vernichtung des europäischen Judentums beabsichtigt, und diese Politik sei auch weitgehend verwirklicht worden.

Der amerikanische Historiker John Toland, Autor von „The Last Hundred Days" (1966) und von „Adolf Hitler" (1976), erklärte, die Existenz eines Pamphlets wie „Did Six Million Really Die"? wäre ihm zunächst unvorstellbar erschienen. Nach der Lektüre sei er erschüttert gewesen über die Infamie, den furchtbaren Massenmord der Nazis an den Juden abzustreiten — dies sei eine Beleidigung des Andenkens von Millionen, die in den Todeslagern starben. Er bezeichnet die Publikation als einen „Mischmasch aus manipulierten Statistiken, Erfindungen und glatten Lügen". Toland betont, daß er seit 20 Jahren über das Dritte Reich und die Endlösung forsche und es erschreckend finde, daß es heute notwendig sei, über die Tatsache der Endlösung beeidete Aussagen zu machen. Es gäbe keine Zweifel an der Tatsache, daß fünf bis sechs Millionen Juden durch die Nazis ihr Leben verloren hätten und nur wenige den Lagern entkommen konnten. Er selbst habe Hunderte von Menschen — jüdische Opfer und Deutsche — zu der Endlösung interviewt. Er stellt ferner fest, daß Dr. Konrad Morgen, ein SS-Hilfsrichter und einer der wenigen, klugen und zuverlässigen lebenden deutschen Zeugen der Tragödie, der die meisten der Todes-lager auf dem Höhepunkt der Vernichtungen eingehend untersuchte, die Zahl der hingerichteten Juden auf sechs Millionen schätzt.

Prof. Karl Dietrich Bracher — wohl der führende deutsche Zeitgeschichtler — beschäftigte sich in einem Teil seines Standardwerkes „Die deutsche Diktatur — Entstehung, Struktur und Folgen des Nationalsozialismus" unter der Überschrift „Die Ermordung der Ju-B den" (S. 456— 68) und unter Berufung auf umfassende Beweisurkunden ausführlich mit diesem Thema. Die nachstehenden Auszüge aus diesem Teil des Werkes sind für seine Schlußfolgerungen repräsentativ:

„In der Theorie und Methode des Massenmordes ist die rassistische Ideologie des Nationalsozialismus als ein Selbstzweck hervorgetreten. Nützlichkeitserwägungen haben nur noch im Blick auf den Arbeitseinsatz eine begrenzte Rolle gespielt. Aber sie standen auch dann im Zeichen des Endzweckes, der Vernichtung ..." (S. 464)

„Der Völkermord am Judentum — nach den Erfolgsziffern Eichmanns wurden bis zum Sommer 1944 über 6 Millionen (davon 4 Millionen in Vernichtungslagern) ermordet — war weder eine Kriegs-noch eine Terrormaßnahme. Weder individuelle Schuld noch innere Auseinandersetzung, weder öffentliche Abschreckung noch kriegspolitische Maßnahmen spielten eine bestimmende Rolle. Die Vernichtungsaktion gründete im biologistischen Wahnsinn der NS-Ideologie, sie hebt sich daher auch klar aus dem Terror der Revolutionen und Kriege in der bisherigen Geschichte heraus. Es war die gänzlich unpersönliche, bürokratische Ausmerzung eines Volkes ..

(S. 466)

In einer Fußnote zu dieser Stelle merkt er an: „Nachträgliche statistische Schätzungen der Gesamtverluste bewegen sich zwischen 5 und 7 Millionen; jedenfalls ging die Gesamtzahl der Juden in Europa von 9, 2 auf 3, 1 Millionen zurück."

William Carr, seit 1970 Lektor für neuere Geschichte an der University of Sheffield, schreibt in seinem Buch „A History of Germany 1815— 1945" (London, 1969):

„Das schrecklichste Kapitel der Geschichte Deutschlands während des Krieges bleibt die Vernichtung der Juden. Worte reichen nicht aus, um die Ungeheuerlichkeit dieses Verbrechens zu schildern, das in der gesamten Geschichte der Neuzeit ohnegleichen ist. In der kurzen Zeit von drei Jahren wurden mehrere Millionen Juden — Männer, Frauen und Kinder — in kalter Berechnung ermordet, um die barbarischen rassistischen Wahnvorstellungen einer Handvoll ignoranter Fanatiker zu befriedigen." (S. 385)

Der amerikanische Historiker Marshall Dill Jr. schreibt in seinem Buch „Germany — A Modern History" (University of Michigan Press, 1961): „In den letzten Kriegsjähren erreichte die deutsche Barbarei ihren Höhepunkt, der eng mit dem Namen Heinrich Himmlers verknüpft ist.

„Der tragischste und schlimmste Teil von Himmlers Werk war der fast unglaubliche Drang zur Vernichtung des gesamten jüdischen Volkes — ein Programm, das leichthin als die . Endlösung der Judenfrage'bezeichnet wurde. Die deutschen Juden waren vor dem Krieg fast alle ausgelöscht oder gefangen-genommen worden. Nun wurde davon die wesentlich zahlreichere jüdische Bevölkerung Polens, Westrußlands und des Balkans betroffen. Es war die schlimmste Zeit der Folterungen, Erhängungen, Massenerschießungen, Vergasungen und die Vernichtungslager. Diese als Kriegsgreuel abgetan werden. Sie müssen in der Tat noch als Untertreibungen angesehen werden, denn in Worten und Statistiken läßt sich dieses menschliche Elend ohnegleichen nicht ausdrücken. Vermutlich ist seit Ta-merlans Zeiten kein Eroberer mehr so brutal 'und unmenschlich vorgegangen wie die Nazis." (S. 412)

A. J. P. Taylor von der Cambridge University, eine der führenden Autoritäten auf dem Gebiet der modernen Geschichte Europas, schreibt in seinem Buch „From Sarajevo to Potsdam" (London, 1965):

„Es war vor dem Krieg vorstellbar. gewesen, daß die deutschen Juden, eine relativ kleine Zahl, durch Aussiedlung oder auch freiwillige Emigration . eliminiert werden könnten. Jetzt hatten aber die Deutschen einige Millionen Juden in ihrer Gewalt, die nicht einfach vertrieben werden konnten. Sie konnten nur vernichtet werden, und dies wurde nun mit allen technischen Raffinessen durchgeführt. In nahezu jedem Land Europas wurden die Juden . erfaßt; wer körperlich leistungsfähig war, wurde zur Zwangsarbeit gezwungen und zu Tode geschunden. Frauen, Kinder und Alte wurden zuerst ermordet. Nachdem sich diese Methode aber als zu langsam erwies, wurden sie in höchst wissenschaftlich konstruierte Gaskammern getrieben. Jede Zivilisation hat ihre charakteristischen Monumente ... Das Monument der deutschen Zivilisation war das Vernichtungslager Auschwitz". (S. 169)

Die Zeugenaussage Albert Speers Albert Speer, einer der engsten Vertrauten Hitlers und Rüstungsminister im Dritten Reich, der bei dem Nürnberger Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, machte in einer schriftlichen, beeideten Erklärung mit Datum des 15. Juni 1977 folgende Aussage:

„Ich, Albert Speer, kenne die Bedeutung einer Eidesstattlichen Versicherung und erkläre hiermit wie folgt an Eides Statt:

Hegte in Heidelberg, Schloß-Wolfsbrunnenweg 50, wohnhaft, habe ich das Studium eines Architekten an der Technischen Universität in Berlin-Charlottenburg mit dem akademischen Grad eines Diplom-Ingenieurs abgeschlossen. Ich wurde nach 1933 Hitlers Architekt, ab 1942 der für die Rüstung in der Regierung Hitlers verantwortliche Minister. Im Prozeß des Internationalen Militärtribunals in Nürnberg zu zwanzig Jahren Haft verurteilt, wurde ich am 1. Oktober 1966 entlassen. Danach schrieb ich zwei Bücher Erinnerungen’ und . Spandauer Tagebücher’.

Der Judenhaß war der Motor und Zentralpunkt Hitlers, vielleicht sogar das eigentliche ihn bewegende Element. Das deutsche Volk, die deutsche Größe, das Reich, das alles bedeutete ihm letzten Endes nichts. Daher wollte auch der Schluß-Satz seines Testaments uns Deutsche nach dem apokalyptischen Untergang auf einen erbärmlichen Judenhaß festlegen.

Ich war in der Reichstagssitzung vom 30. Januar 1939 anwesend, als Hitler versicherte, daß bei einem Krieg nicht die Deutschen, sondern die Juden vernichtet würden. Dieser Satz war mit derartiger Bestimmtheit gesagt, daß ich an der Absicht, sie durchzuführen, nicht hätte zweifeln dürfen. Er hat diese Ankündigung seiner Absichten am 30. Januar 1942 in einer Rede, die mir ebenfalls bekannt war, wiederholt: Der Krieg würde nicht enden, wie die Juden es sich vorstellen, durch die Auslöschung der europäisch-arischen Völker, sondern das Ergebnis des Krieges würde die Vernichtung der Juden sein. Diese Wiederholung seiner Worte vom 30. Januar 1939 war nicht einmalig. Oft pflegte er seine Umgebung an die Bedeutung dieses Satzes zu erinnern. Wenn er auf die Opfer der Bombenangriffe zu sprechen kam, besonders nach den schweren Angriffen auf Hamburg im Sommer 1943, wiederholte er ein ums andere Mal, daß er diese Opfer an den Juden räche; ganz als käme ihm der Luftterror gegen die Zivilbevölkerung gerade recht und liefere ihm ein spätes Ersatz-motiv für ein lang beschlossenes und aus ganz anderen Persönlichkeitsschichten stammendes Verbrechen. Ganz, als wollte er mit diesen Bemerkungen das eigene Massenmorden rechtfertigen.

Bei temperamentvollen Haßausbrüchen konnte bei Hitler eher auf eine Änderung in gemäßigtere Bahnen gehofft werden. Es war daher die Bestimmtheit und die Kälte, die seine Haßausbrüche gegen die Juden so glaubhaft machten. Wenn er auf anderen Gebieten mit kalter und leiser Stimme grauenhafte Entschlüsse bekanntgab, so wußte seine Umgebung und ich, daß es nun ernst geworden war. Und gerade eben mit dieser kalten Überlegenheit stellte er, auch bei der gemeinsamen Mittagstafel, fest, daß er die Juden in Europa vernichten will.

Der Gauleiter von Niederschlesien, Karl Hanke, besuchte mich im Sommer 1944. Hanke hatte sich im polnischen und französischen Feldzug durch seine Tapferkeit ausgezeichnet. Er war sicher kein Mann, der ohne weiteres in Schrecken versetzt wurde. Daher hatte es besonderes Gewicht, als er mir damals erschüttert sagte, daß sich in einem Konzentrationslager seines Nachbargaues Oberschlesien ungeheuerliche Dinge ereignen. Er sei dort gewesen und nie könne er vergessen, was er an Furchtbarem dort gesehen habe. Er erwähnte zwar keine Namen, aber es muß sich um das in Oberschlesien gelegene Auschwitz gehandelt haben. Aus der Erregung dieses kampferprobten Soldaten konnte ich entnehmen, daß etwas Unerhörtes geschah, wenn es selbst diesen alten Parteiführer Hitlers fassungslos machte.

Es gehörte zur Arbeitsweise Hitlers, daß er auch wichtige Befehle an seine Vertrauten mündlich weitergab. Auch in den Führerprotokollen meiner Besprechungen mit Hitler, die im deutschen Bundesarchiv lückenlos erhalten sind, gibt es zahlreiche Befehle auch auf wichtigen Gebieten, die Hitler mir offensichtlich nur mündlich gab. Es ist daher der Arbeitsweise Hitlers entsprechend und darf nicht als eine Lücke angesehen werden, daß kein schriftlicher Befehl zur Vernichtung der Juden vorliegt.

Die Ermordung der Juden in den Vernichtungslagern wurde vor Gericht (I. M. T.) von Zeugen und durch Dokumente vorgebracht und von keinem der Angeklagten ernstlich bestritten. Die Rede Himmlers am 4. Oktober 1943 vor den SS-Führern, in der er deutlich machte, was in den Vernichtungslagern geschah, wurde durch die Verteidigung nicht als Fälschung in Mißkredit gebracht, wie es beispielsweise mit dem Hossbach-Protokoll geschah.

Frank hat die Echtheit seines Tagebuchs, das er nach eigener Angabe bei seiner Verhaftung den Amerikanern übergab, nie bestritten. In ihm sind Bemerkungen enthalten, die beweisen, daß die Juden in Polen, bis auf einen Rest von 100 000, ausgelöscht seien. Auch diese Äußerungen Franks wurden von den Angeklagten ernst genommen, Kritik beschränkte sich auf die Dummheit, dieses diskriminierende Tagebuch den . Gegnern'überlassen zu haben.

Schirach bestätigte im vertraulichen Gespräch, schon während des Prozesses, daß er bei einer Rede Himmlers an die Gauleiter in Posen anwesend gewesen sei (am 6. Oktober 1943), in der Himmler klar und unmißverständlich die Tötung der Juden als ein zum größten Teil durchgeführtes Programm verkündete. Er kam auf dieses Ereignis, das ihn seelisch belastete, auch während der Span-dauer Gefängniszeit zurück.

Göring hat in seinem Schlußwort von den schweren Verbrechen gesprochen, die im Prozeß bekanntgeworden seien, er verurteilte darin die furchtbaren Massenmorde, für die ihm jedes Verständnis fehle. Streicher verdammte in seinem Schlußwort Hitlers Massentötungen der Juden. Für Fritsche war, ebenfalls in seinem Schlußwort, der Mord von 5 Millionen eine grausige Warnung für die Zukunft. Die Worte dieser Angeklagten unterstützen meine Feststellung, daß die Angeklagten und die Verteidiger während des Nürnberger Prozesses die Massenmorde an den Juden als geschehen anerkannten.

Der Nürnberger Prozeß bedeutet für mich noch heute einen Versuch, zu einer besseren Welt vorzustoßen. Die Begründung meines Urteils durch das Internationale Militärgericht erkenne ich auch heute noch als im allgemeinen korrekt an. Ich halte es aber darüberhinaus heute noch für richtig, die Verantwortung und damit die Schuld für alles auf mich zu nehmen, was nach meinem Eintritt in die Hitler-Regierung am 8. Februar 1942 an Verbrechen, in generellem Sinne, begangen wurde. Nicht die einzelnen Fehler belasten mich, so groß sie auch sein mögen, sondern mein Handeln in der Führung. Daher habe ich mich für meine Person im Nürnberger Prozeß zur Gesamtverantwortlichkeit bekannt und tue dies auch heute noch. Meine Hauptschuld sehe ich immer noch in der Billigung der Judenverfolgungen und der Morde an Millionen von ihnen.“

gez. Albert Speer Schuld oder Verhängnis?

Dr. Hannah Vogt beendet in ihrem Buch „Schuld oder Verhängnis? Zwölf Fragen an Deutschlands Vergangenheit" (Frankfurt 1968 7) ihre Erörterung der . Endlösung', die — wie sie ohne Einschränkung feststellt — die physische Vernichtung der Juden bedeutete, mit den folgenden Worten (S. 192): „Wir dürfen zu alle dem Unrecht, das in unserem Namen verübt wurde, nun nicht noch das Unrecht des Vergessens hinzufügen. Noch trauern Angehörige um diese Toten, und schon sollen sie vergesesn werden, weil sie uns als Schatten der Vergangenheit peinlich sind? Wir können hier nicht wiedergutmachen. Aber wir können das Gedächtnis der Opfer bewahren. Das ist die heilige Pflicht, die uns die Schuld an unseren jüdischen Mitbürger auferlegt."

Fussnoten

Weitere Inhalte

Arthur Suzman und Denis Diamond sind führende Mitglieder des South African Jewish Board of Deputies, Johannesburg. Die Untersuchung der Verfasser wurde u. a. unterstützt von: The Lord Chancellor, Lord Elwyn-Jones, Lord Shawcross, Prof. Hugh Trevor-Roper, Colin Cross, Paul Foster Vowles, Dr. J. Gewirtz, Dr. C. C. Arons-feld, Prof. Raul Hilberg, Benjamin B. Ferencz, John Toland, Attorney Samuel G. Freedman, Arnold Foster, Dr. Nahum Goldmann, dem Komittee des Internationalen Roten Kreuzes, Dr. G. Riegner, Otto Frank, Dr. A. Kohane, Gideon Hausner, Y. Arad, D. P. A. Alsberg, G. Bach, Felix Landau, Erich Kulka, Dr. Joseph Walk, Dr. Robert M. W. Kempner, Dr. A. Rückeri, Leonhard Schwarz, Albert Speer, B. M. Casper, Prof. Ph. Lewsen, Dr. Bruce Murray, Anne Pappenheim, Dr. K. Mann, Attorney Michael Katz, Dr. Alice Munter, J. C. Kriegler.