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Begünstigt der Rechtsstaat den Terrorismus? | APuZ 20/1978 | bpb.de

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APuZ 20/1978 Artikel 1 Begünstigt der Rechtsstaat den Terrorismus? Das Ausland zur Extremismus-und Terrorismus-Diskussion in der Bundesrepublik Deutschland

Begünstigt der Rechtsstaat den Terrorismus?

Konrad Löw

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

„Rechtsstaat“ ist ein häufig gebrauchtes Wort, vor allem bei der Erörterung von Maßnahmen, die gegen die Terroristen zu ergreifen sind. Weit seltener wird der Versuch unternommen, den Rechtsstaatsbegriff zu erläutern, obwohl er keinesfalls als allgemein bekannt vorausgesetzt werden darf. Gibt es ihn überhaupt? Zumindest gibt es einen Rechtsstaatsbegriff des Grundgesetzes. Das Grundgesetz schützt aber nicht den Rechtsstaat schlechthin, sondern einzelne seiner Elemente, und dies mit unterchiedlichen Garantien. Zahlreich sind die Beispiele, wo von verantwortlichen Politikern der Rechtsstaat verkannt oder verfälscht wird. Auch Freiheit und Sicherheit sind Worte, die bei der Terrorismus-debatte eine große Rolle spielen. Falsch ist es, wenn Freiheit als Alternative von Sicherheit ausgegeben wird. Der Rahmen der unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zulässigen Antiterrormaßnahmen ist noch lange nicht ausgefüllt. Es ist ferner eine durch nichts bewiesene Behauptung, daß es die Terroristen darauf angelegt hätten, aus dem Rechtsstaat einen Polizeistaat zu machen. Der Rechtsstaat darf sich nicht das Gesetz des Handelns vorschreiben lassen. Eine wirksame Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung ist Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Die beste Terroristenbekämpfung ist jedoch, die Ursachen des Terrorismus zu beseitigen. Alle Terroristen nennen sich Marxisten. Tatsächlich muß der, der die Strategie der Marxisten gegen unere Gesellschaft ernst nimmt, eine rücksichtslose Veränderung der bestehenden Ordnung gewärtigen.

über Erscheinungsformen und Motive des Terrorismus und seine möglichen Auswirkungen auf Staat und Gesellschaft ist in dieser Zeitschrift in mehreren Beiträgen vor allem aus sozialwissenschaftlicher Sicht berichtet worden. In der folgenden Abhandlung werden grundsätzliche juristische Überlegungen darüber angestellt, auf welche Weise der Rechtsstaat auf die Herausforderungen des Terrorismus antworten kann. Der Verfasser kommt dabei zu einigen Schlußfolgerungen, die vermutlich auf Widerspruch stoßen werden, die jedoch geeignet sind, die ganze Spannweite dieses kontroversen Themas zu verdeutlichen.

Die Redaktion „Die radikalste Ichsucht und das Gebot der Vollkommenheit müssen den Angriffen gegen den Rechtsstaat zur Begründung dienen . . . Unsicherheit und Gespaltenheit der Anhänger, ausgebreitete, teilweise bis zu fanatischer Aktvität gesteigerte Rechtsfeindschaft auf der anderen Seite, das ist die Situation der Niederlage."

Bernd Tönnies angesichts der Katastrophe des Dritten Reiches

I. Der Rechtsstaat in der Terrorismusdiskussion

Kaum ein Beitrag zum Thema Terrorismus, in dem nicht das Wort „Rechtsstaat" fällt und die rechtsstaatliche Ordnung als Rahmen für die Terrorismusbekämpfung — mitunter widerwillig — anerkannt wird. In einem Leserbrief heißt es: „Der Fall Lorenz beweist wieder einmal mehr, daß eine rechtsstaatliche Demokratie wohl schon ihres Ursprungs wegen unfähig ist, mit schwerwiegenden Krisen-Situationen, hier vor allem gegenüber , Polit'-Kriminellen, fertig zu werden, wenn sie ausschließlich Mittel der Rechtsstaatlichkeit gegenüber ihren Feinden einsetzt."

Die Politiker äußern sich vorsichtiger, doch bestätigen sie offenbar, daß Rechtsstaatlichkeit die Überwindung des Terrorismus erschwert. In seiner Regierungserklärung vom 15. September 1977 unterstrich der Bundeskanzler seine Entschlossenheit, „bis an die Grenze dessen zu gehen, was uns der Rechtsstaat erlaubt und gebietet" Nicht die Not-

Wendigkeit entscheidet also letztlich über Wahl und Einsatz der Machtmittel, sondern die rechtliche Zulässigkeit. Aus der Feder Helmut Kohls kommt die Parole: „Der freiheitliche Rechtsstaat muß sich gerade im Umgang mit seinen erbittertsten Feinden streng an seine rechtsstaatlichen Prinzipien halten." Die FDP fordert: „Den Rechtsstaat effizient und mit einem Höchstmaß an rechtsstaatlichen Mitteln verteidigen."

In diesen Chor der Parteien stimmen die anderen Meinungsbildner ein, z. B.: „Wir alle, alle wissen: Es ist der Segen und das Kreuz des Rechtsstaates, daß er auch die rechtmäßig behandeln muß, die sich gegen das Recht vergangen, das Gesetz gebrochen haben, ob als Mörder oder Diebe, als Entführer oder Betrüger. Das Recht steht über Stimmungen, Volks-meinungen, Umfragen, Statistiken, es steht über Schlagzeilen, Demagogie und tagespoli-tischer Spekulation." Ein namhafter Journalist meint: „Dem Rechtsstaat droht, so ist zu fürchten, weniger Gefahr von seinen erklärten Feinden als vielmehr von seinen verbalen Verfechtern, die bereit sind, ihn ob der vermeintlichen Bedrohung mal eben ein Stückchen hintanzustellen."

In einer „Untersuchung zur Strategie und Struktur revolutionärer Gewalt" finden sich die stark polemischen Töne: „Offen oder verschämt kommen die Aufforderungen, mit den Terroristen . kurzen Prozeß'zu machen. In diesen Fällen hat die Angst bereits gegen die Einsicht höchster politischer Selbstgefährdung und Desavouierung des Rechtsstaates obsiegt, hat Panik dumm gemacht im Begreifen terroristischer Revolutionsstrategie. Rache statt Recht..."

Diese Beispiele zeigen zur Genüge den engen Konnex zwischen Terrorismus und Rechtsstaat. Die einen sehen ihn durch die Terroristen gefährdet, andere durch Teile der etablierten Parteien. Manche verfluchen ihn, weil er die Terroristen begünstige, manche verteidigen ihn, koste es, was es wolle — pereat mundus.

Was aber heißt Rechtsstaat? Darüber wird kaum gesprochen. Ist der Rechtsstaatsbegriff so allgemein bekannt? Haben sich alle auf ihn geeinigt? Oder ist er deshalb so beliebt, weil er so wohlklingend unverbindlich, weil er so nebulös, so vielgestaltig ist, daß eine mit ihm begründete Behauptung nur schwerlich widerlegt werden kann? Appelliert „Rechtsstaat" an den Verstand oder mehr an das Gefühl? Letzteres z. B. durch folgende Worte: „Der Rechtsstaat ... ist handwerklicher Werktag und zugleich Anteil des Menschen im Reiche des Geistes, die Heimat unserer Gedanken, das Sehnen der vergangenen Geschlechter, der Boden unserer Häuser, Äcker und Werkstätten."

II. Der Rechtsstaatsbegriff

1. Vom vielfältigen Gebrauch des Wortes „Rechtsstaat“ Die Definition des Rechtsstaates ist kein Bestandteil der allgemeinen Regeln des Völker-rechts. Erst recht gibt es keine internationalen oder nationalen Sanktionen, wenn ein Staat oder Staatsbürger einen eigenwilligen Rechtsstaatsbegriff vertritt. Das Wort „Rechtsstaat" wird seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert gebraucht und ist auch außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik Deutschland heimisch So kommt es, daß „Rechtsstaat" nicht nur mitunter Unterschiedliches bedeutet, sondern e i n Rechtsstaatsbegriff geradezu die Negation eines anderen Rechtsstaatsbegriffs sein kann: „Es gibt Dutzende und Aberdutzende von Rechtsstaaten, einen feudalen, einen ständischen, einen feudal-ständischen, einen rein bürgerlichen, einen liberal-demokratischen, einen sozialen, einen national-liberalen, einen faschistischen usw. Rechtsstaat. Auch nach Nationen ist der Begriff wiederum verschieden; es gibt einen französischen, einen amerikanischen, einen englischen usw. Rechtsstaat. Man kann also nur durch ein in sich klares, eindeutiges Beiwort dem Begriff seine Vieldeutigkeit nehmen und ihn damit der Gefahr der Mißverständnisse entziehen."

Nach der Auffassung Carl Schmitts, dessen Abhandlung über „Nationalsozialismus und Rechtsstaat" dieses Zitat entnommen ist, war der „nationalsozialistische Staat zweifellos ein musterhafter Rechtsstaat" Die DDR versteht sich als „den wahren deutschen Rechtsstaat" Und wir in der Bundesrepu-blik schwören auf unsere Rechtsstaatlich-> keit.

In all den Zeitungen und Zeitschriften, die eingangs zitiert worden sind, fehlt eine klare Aussage, was „Rechtsstaat" eigentlich will, genauer: was „Rechtsstaat" konkret gebietet und verbietet. Auch sonst wirft die tagespolitische Diskussion über Terrorismus diese Frage kaum auf. Ist es wirklich müßig, in einer pluralistischen Staats-und Gesellschaftsordnung über den Sinngehalt dieses Wortes nachzugrübeln, da das Ergebnis doch nur eine höchst subjektive und daher unverbindliche Antwort sein könne?

Wenn dem so wäre, hätte der Gebrauch des Wortes „Rechtsstaat" in der Terrorismusdiskussion wenig nüchternen Sinn, wäre ein Schlagwort, das wegen seines Ansehens Eindruck schinden, aber letztlich nicht als justi-

tiables Kriterium Verwendung finden könnte. 2. Der Rechtsstaatsbegriff des Grundgesetzes und seine Bedeutung Doch dem ist nicht so. Es gibt einen allgemeinverständlichen Rechtsstaatsbegriff, der zugleich in der Bundesrepublik allseits Beachtung verdient, aber kaum näher bekannt ist: der staats-und verfassungsrechtliche Rechtsstaatsbegriff des Grundgesetzes.

Wer als Jurist häufiger an Veranstaltungen anderer geisteswissenschaftlicher Disziplinen teilnimmt, kommt zu einer selbstgefälligen Einsicht, nämlich daß bei Fachgesprächen unter Juristen fundamentale Mißverständnisse weit seltener sind als unter den Vertretern manch anderer Wissenschaftszweige. Die Erklärung für diesen vielleicht überraschenden Befund liegt auf der Hand: Gesprächsgrundlage der Juristen ist ein „heiliges" Buch, das Gesetzbuch. Heilig soll hier nicht heißen „über jede Kritik erhaben", sondern das, was mit sanctus ausgedrückt werden kann: Verbindlich kraft besonderer Autorität, ein System von Sätzen, die von den Vertretern des souveränen Volkes für rechtsverbindlich erklärt worden sind. An diesen Sätzen wird lebhaft Kritik geübt, ihre Auslegung ist häufig strittig. Aber sie gelten, solange sie nicht geändert werden. Zwar gibt es viele Meinungsverschiedenheiten, aber daneben eine große Fülle unbestrittener Feststellungen aufgrund des klaren Gesetzestextes. Zudem enthält das Gesetz Legaldefinitionen, die manche Meinungsverschiedenheit von vornherein ausschließen.

Auf den ersten Blick scheinen die Aussagen des Grundgesetzes über den Rechtsstaatsbegriff ziemlich bescheiden. In Art. 28 heißt es: „Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen." Doch welche sind diese Grundsätze? Die Anwort gibt uns nicht der Text des Grundgesetzes. Wir erhalten sie, wenn wir berücksichtigen, daß die Verfasser des Grundgesetzes die liberale Tradition von Weimar wieder aufnehmen wollten. Danach ist Rechtsstaat primär Gesetzesstaat. Das Gesetz herrscht, wie das in Art. 20 Abs. 3 zum Ausdruck kommt: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden." Ferner gehört die Gewaltenteilung nach unbestrittener Ansicht zum liberalen Rechtsstaatsbegriff. Sie ist ebenfalls einer der obersten Grundsätze des Grundgesetzes, niedergelegt in Art. 20 Abs. 2, wo von „besonderen Organen der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung" die Rede ist.

Welche anderen Grundsätze zählen hierher? Sicherlich eine ganze Reihe jener Normen der Verfassung, die die Rechtsprechung betreffen, z. B. Art. 103: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Niemand darf wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden." Bekanntlich gab es in der Reichsverfassung von 1871 keine Grundrechte, obwohl nach dem Selbstverständnis die damalige Staatsordnung rechtsstaatlicher Natur gewesen ist. Gleichwohl ist die Auffassung verbreitet, auch die Grundrechtsordnung sei ein Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips. Wer Recht nicht ohne weiteres mit Gesetz identifiziert, wer sich der möglichen Spannungen zwischen Gesetz und Recht bewußt ist, wird nicht zögern, einen nur formalen Rechtsstaatsbegriff abzulehnen Doch es lohnt sich nicht, über diese Frage wortreich und mit großem Einsatz zu streiten, denn sie ist nicht von eminenter Wichtigkeit. Nicht der Rechtsstaat als solcher genießt Verfassungsrang, sondern jene Elemente, die die Verfassung gesondert aufführt, und zwar in dem Maße, wie sich das aus der Verfassung ergibt. Mit andern Worten: Der Rechtsstaatsbegriff hat viele und vielfältige Bestandteile. Es gibt einen harten, unbestreitbaren und unverzichtbaren Kern und daneben Sätze, die nicht zu den Essentialia des Rechtsstaates zählen. Nicht alle Elemente des Rechtsstaatsbegriffs sind gleichrangig, vielmehr treffen wir — solche mit Ewigkeitsanspruch, nämlich die in Art. 20 GG aufgeführten (siehe Art. 79 Abs. 3 GG), die also auch vom Verfassungsgeber nicht angetastet werden können;

— solche, die (nur) der Verfassungsgeber ändern kann, z. B. die in den Art. 93 ff. aufgeführten; — solche, die im R GG aufgeführten (siehe Art. 79 Abs. 3 GG), die also auch vom Verfassungsgeber nicht angetastet werden können;

— solche, die (nur) der Verfassungsgeber ändern kann, z. B. die in den Art. 93 ff. aufgeführten; — solche, die im Rahmen der Wesensgehaltsgarantie (siehe Art. 19 Abs. 2 GG) durch den Gesetzgeber eingeschränkt werden können, und schließlich — solche, die nur Gesetzesrang haben, also der freien Disposition des Gesetzgebers unterliegen. Diese Erkenntnis relativiert den Wert der Argumentation mit dem Wort „Rechtsstaat".

Rechtsstaatlichkeit kann folglich nicht länger als unverbrüchliche Schranke jeder Verbrechensbekämpfung ausgegeben werden, vielmehr muß jeweils geprüft werden, welcher Rang jenem Element der Rechtsstaatlichkeit zukommt, das der hier notwendigen Maßnahme im Wege zu stehen scheint.

Ergebnis: Die Verfassung schützt nicht den Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland, ganz —gleich,, was die Leute in das Wort „Rechtsstaat" hineinlesen, sondern sie schützt die rechtsstaatlichen Elemente, und zwar mit stark unterschiedlichen Garantien. Wer damit nicht zufrieden ist, hat sich an den Verfassungsgeber zu wenden und darf sich nicht durch Interpretationskünste an dessen Stelle setzen wollen. Denn sonst setzt er sich zu sich selbst in Widerspruch, indem er die obersten Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit mißachtet: die Herrschaft des Gesetzes und die Gewaltenteilung. 3. Der Konsens in Rechtsprechung und verfassungsrechtlicher Literatur Diese an Wort und Geist des Grundgesetzes orientierte Auslegung wird vom Bundesverfassungsgericht weitgehend bestätigt. Das Gericht, zu dessen meistgebrauchten Vokabeln „Rechtsstaat" und „Rechtsstaatsprinzip" gehören 16), betont in einer seiner ersten Entscheidungen: Das Verfassungsrecht besteht nicht nur aus den einzelnen Sätzen der geschriebenen Verfassung, sondern auch aus gewissen, sie verbindenden, innerlich zusammenhaltenden allgemeinen Grundsätzen und Leitideen, die der Verfassungsgesetzgeber, weil sie das vorverfassungsmäßige Gesamtbild geprägt haben, von dem er ausgegangen ist, nicht in einem besonderen Rechtssatz kontretisiert hat. Zu diesen Leitideen gehört auch das Rechtsstaatsprinzip 17).

Erfreulicherweise geht das Gericht den Weg über ungeschriebene Grundsätze nicht weiter, sondern findet zum Text der Verfassung zurück. Art. 20, dessen Grundsätze prinzipiell unantastbar sind (Art. 79 Abs. 3), gilt dem Gericht als Hauptzurechnungspunkt, als sedes materiae der Rechtsstaatlichkeit 18). Doch es fügt hinzu: „Es gibt eine Reihe von Verfassungsbestimmungen, die je für ihren Anwendungsbereich eine Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips darstellen. Dieser Anwendungsbereich umschreibt die typische Konstellation von Unrecht, die unter dem spezifischen Verfassungsrechtssatz gewürdigt werden und diskriminiert sein soll und nicht beliebig unter einen . allgemeineren" Gesichtspunkt gebracht werden darf." 19)

Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips sind nach Ansicht des Gerichts (die) Grundrechte: „Soweit sich der Rechtsstaat in dem Grundrechtsschutz verkörpert und zu diesem Zweck die Mäßigung staatlicher Gewalt verlangt, muß staatliches Handeln den Menschen in seiner Eigenständigkeit achten und schützen.“ 20) Hierher gehört auch das „Gerichtsverfahren des IX. Abschnitts des Grundgesetzes" Darüber hinaus betont das Gericht in ständiger Rechtsprechung, daß nicht alle Gebote und Verbote des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang haben z. B. die gesetzlichen Bestimmungen über Rechtskraft und Wiederaufnahme des Verfahrens. Als Grundsätze, die nicht ohne weiteres einer speziellen Norm zugeordnet werden können, nennt das Gericht die Voraussehbarkeit, die Rechtssicherheit, die materielle Richtigkeit die Verhältnismäßigkeit und das Willkürverbot

Bedenklich an den Aussagen des Bundesverfassungsgerichts über Rechtsstaatlichkeit ist jene Wendung, wonach bei Fehlen einer spezielleren Regelung Art. 20 GG als General-klausel oder Auffangtatbestand in Betracht kommt Dem Gericht ist beizupflichten, wenn es ausführt: „Der Richter ist nach dem Grundgesetz nicht darauf verwiesen, gesetzgeberische Weisungen in den Grenzen des möglichen Wortsinns auf den Einzelfall anzuwenden. Eine solche Auffassung würde die grundsätzliche Lückenlosigkeit der positiven staatlichen Rechtsordnung voraussetzen, ein Zustand, der als prinzipielles Postulat der Rechtssicherheit vertretbar, aber praktisch unerreichbar ist. Richterliche Tätigkeit besteht nicht nur im Erkennen und Aussprechen von Entscheidungen des Gesetzgebers. Die Aufgabe der Rechtsprechung kann es insbesondere erfordern, Wertvorstellungen, die der verfassungsmäßigen Rechtsordnung immanent, aber in den Texten der geschriebenen Gesetze nicht oder nur unvollkommen zum Ausdruck gelangt sind, in einem Akt des bewertenden Erkennens, dem auch willenhafte Elemente nicht fehlen, ans Licht zu bringen und in Entscheidungen zu realisieren."

Diese Ansicht ist deshalb unter rechtsstaatlichen Grundsätzen, hier speziell der Gewaltenteilung, unbedenklich, weil der Gesetzgeber, falls ihm die Lückenschließung durch die Rechtsprechung nicht zusagt, an einer andersartigen Regelung nicht gehindert ist. Im Bereich der Verfassung ist jedoch weit größere Zurückhaltung geboten, da insofern nur eine qualifizierte Mehrheit (zwei Drittel der Mitglieder des Bundestags und zwei Drittel der Stimmen des Bundesrates) die gewünschte Korrektur bewirken kann.

Bei Art. 20 muß sich das Gericht auf eine strenge und enge Interpretation des Wortlauts beschränken. Andernfalls könnten zweitrangige rechtsstaatliche Grundsätze, an die der Verfassungsgeber nicht einmal gedacht hat, des allerhöchsten Verfassungsschutzes teilhaftig werden, ohne daß dem Verfassungsgeber wegen der Ewigkeitsklausel des Art. 79

Abs. 3 die Möglichkeit verbliebe, seine Ansicht an die Stelle der Meinung der Richter des Bundesverfassungsgerichts zu setzen. Die Ewigkeitsklausel ist selbst bei judicial selfrestraint höchst bedenklich (Thomas Paine schon vor rund 200 Jahren: „Jedes Zeitalter, jedes Geschlecht muß eben solche Freiheit haben, in allen Fällen für sich selbst zu handeln, wie die Zeitalter und Geschlechter vor ihm. Die Eitelkeit und Anmaßung, noch jenseits des Grabes regieren zu wollen, ist die lächerlichste und unverschämteste aller Tyrannen." Unter demokratischen Aspekten wäre sie gänzlich unerträglich, wenn sie zum Einfallstor einer Vielzahl wohlgemeinter Überlegungen in die Verfassung würde, wenn durch sie die Richter von Karlsruhe die Verfassungsgeber von Bonn verdrängten. Bisher ist das Gericht der Versuchung nicht erlegen, aus dem eindeutig anerkannten Gewaltenteilungsprinzip auf Rechtsstaatlichkeit zu schließen und über diese Brücke alles das in den Art. 20 einzuführen, was unter den weiten, flatternden Mantel der Rechtsstaatlichkeit subsumiert werden kann.

Obwohl K. Hesse in seinem Lehrbuch „Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland" die Ansicht vertritt: „über die Gesamtgestalt heutiger rechtsstaatlicher Ordnung wie ihre Bedeutung im Verfassungsgefüge des Grundgesetzes bestehen bislang nur divergierende Auffassungen, stimmen die Äußerungen der namhaftesten Kommentatoren und Lehrbuchverfasser in den hier interessierenden Punkten weitgehend überein. Auch Hesse betont, die verfassungsrechtliche Bestimmung des Begriffs habe sich „an der konkreten Ausgestaltung zu orientieren, die das Rechtsstaatsprinzip im Grundgesetz gefunden" habe 4. Der Rechtsstaat — verkannt oder verfälscht? „Die Sprache des Rechts bildet in diesem Lande offenbar kaum mehr einen tragfähigen Boden für den demokratischen und rechtsstaatlichen Konsens." Auch wenn sich der Verfasser der tiefen Bedeutung seiner Worte offenbar nicht bewußt war, weil er sie selbst nicht beherzigte, sind sie gleichwohl ein Appell an alle, die guten Willens sind, sich des wissenschaftlichen Rechtsstaatsbegriffs zu bedienen, dem höchste verfassungsrechtliche wie demokratische Autorität zukommt.

a) Das Wort „Rechtsstaat" wird beispielsweise mißbraucht oder seine Bedeutung verkannt, wenn unter „Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit"

primär" die Grundrechte als unmittelbar geltendes, dem Staat vorgegebenes Recht" aufgeführt werden Demgegenüber gilt es festzuhalten: Nur jene Grundrechte sind vorstaatliches Recht, die Menschenrechte im Sinne des Naturrechts sind. Welche Grundrechte im einzelnen dazu zählen, ist fraglich. Sicher aber ist, daß nach Ansicht des Verfassungsgebers nicht alle Grundrechte des Grundgesetzes in diese Kategorie fallen, sonst hätte er nicht nur die in den Art. 1 und 20 niedergelegten Grundsätze für unabänderlich erklärt. Wer aus den Art. 1 und 20 im Handumdrehen die Art. 1 bis 20, aus dem Art. 20 zwanzig Artikel macht, handelt nicht rechtsstaatlich. Er verletzt das Gebot der Gewaltenteilung, indem er versucht, die Verfassung zu modifizieren. Ferner: Wären alle in den Art. 1 bis 20 aufgeführten Rechte vor-und überstaatlicher Natur, wie hätte dann eine Reihe von ihnen den Deutschen Vorbehalten bleiben dürfen (siehe z. B. Art. 8, 9, 11, 12) ?

b) Das Wort „Rechtsstaat" wird ferner mißbraucht oder seine Bedeutung verkannt, wenn behauptet wird (Koschnick), der Einsatz der Bundeswehr zum Objektschutz widerspreche auch dann „allen rechtsstaatlichen Grundsätzen" 32a), wenn eine entsprechende Grundgesetzänderung vorgenommen sein sollte. Auf die Frage der Zweckmäßigkeit ist hier nicht einzugehen. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtmäßigkeit wüßte ich jedoch nicht einen (!) Grundsatz, der hier tangiert sein könnte.

Nicht günstiger kann die Behauptung beurteilt werden: „Wer den Rechtsstaat ernst nimmt, muß daher für die Freiheit des Andersdenkenden eintreten, auch wenn er dessen Auffassung ablehnt oder für schädlich hält. Voraussetzung ist dabei jedoch, daß diese Personen oder Gruppen ihre Ansichten nach den Regeln der für alle geltenden Gesetze vertreten." Ist die Schädlichkeit von Äußerungen erwiesen oder wahrscheinlich, so ist eine gewissenhafte Güterabwägung zwischen dem Wert der freien Meinungsäußerung und dem geschädigten oder gefährdeten Rechtsgut veranlaßt. Äußerungen wie „Knallt ab den Walther Rathenau, die gottverdammte Judensau!" sind nicht schütz-, sondern strafwürdig.

Darüber sind sich alle billig und gerecht Denkenden einig. Wären derartige Haßparolen bisher nicht strafbar gewesen, müßte auf ihre künftige Strafbarkeit hingewirkt werden.

c) Als „mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar"

hat die Münchner SPD die systematische karteimäßige Überprüfung eines Bewerbers für den öffentlichen Dienst abgelehnt. Hier gilt es, die Behauptung näher zu begründen. Andernfalls drängt sich die Vermutung auf, daß der hier gebrauchte Rechtsstaatsbegriff nicht der des Grundgesetzes ist, sondern jener, dessen Umfang von tagespolitischen Ansichten bestimmt wird. Vom harten, in den Art. 1 und 20 niedergelegten Kern abgesehen, ist der Rechtsstaatsbegriff elastisch, kann er durch den Verfassungs-/Gesetzgeber modifziert werden.

„Mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar"

— um die Diktion der Münchner SPD aufzugreifen — ist es jedoch, Personen in das Beamtenverhältnis zu berufen, die nicht die Gewähr dafür bieten, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten.

Die Berufungsbehörden sind vollziehende Gewalt im Sinne von Art. 20 Abs. 3 GG. Er verpflichtet sie zum Gehorsam gegenüber den Gesetzen. Im Bundesbeamtengesetz (§ 7 Abs. 1 Ziff. 2) und im Beamtenrechtsrahmengesetz (§ 4 Abs. 1 Ziff. 2) heißt es völlig wortgleich: „In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer ... die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt.. ." Begründete Zweifel, die nicht ausgeräumt werden können, gehen also zu Lasten des Bewerbers. Die zitierten Vorschriften sind keine „Kann" -Bestimmungen. Die Berufungsbehörden haben insofern keinen Handlungsspielraum. Bei Bewerbern, die beispielsweise der DKP angehören, ist praktisch kein Fall denkbar, wo das Beamtenverhältnis in rechtsstaatlich einwandfreier Weise begründet werden könnte. Denn die DKP billigt Ideologie und Politik der SED. Das ist unbestritten. Die SED negiert jedoch die zentralen Verfassungswerte des Grundgesetzes, insbesondere Freiheit, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Bei jedem Zurechnungsfähigen ist davon auszugehen, daß er im großen und ganzen die Ziele seiner Partei kennt, die er mit Zeit und Geld unterstützt.

Das Parteienprivileg hebt die vorhin zitierten Bestimmungen des Bundesbeamtengesetzes und des Beamtenrechtsrahmengesetzes nicht auf. Dafür gibt es eine ganze Reihe einleuchtender Gründe 34a). Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich unmißverständlich in diesem Sinne geäußert 34b). Wer an diesen engen Berufungsvoraussetzungen Anstoß nimmt und mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht, löst das Problem nicht, indem er das Gesetz mißachtet, vielmehr tritt er dafür ein, daß die zuständigen Stellen, nämlich die gesetzgebende Gewalt, die gewünschten Änderungen vornehmen. Wenn aber verantwortliche Politiker, die das Wort „Rechtsstaat" so gerne in den Mund nehmen, sich so leicht über unbequeme, aber eindeutige Gebote der Rechtsstaatlichkeit hinwegsetzen, dann gefährden sie damit ihre eigene Glaubwürdigkeit und die des Rechtsstaates. d) „Den Rechtsstaat effizient und mit einem Höchstmaß an rechtsstaatlichen Mitteln verteidigen", verlangt die FDP in ihrer Bonner Depesche Darf der Staat notfalls auch mit anderen Mitteln geschützt werden? Die Formulierung legt diese Annahme nahe. Doch rechtsstaatswidrige Mittel sind generell und ausnahmslos abzulehnen. Sie sind auch nicht erforderlich, wenn wir nicht einen willkürlich verengten Rechtsstaatsbegriff zugrunde legen. e) Hart an der Grenze des Rechtsstaats waren die Maßnahmen gegen den Atomphysiker Dr. Traube, für die Bundesinnenminister Maihofer die Verantwortung übernommen hat. Vor dem Bundestag äußerte der FDP-Abgeordnete Wolf-gramm die Ansicht: „Welche Folgerungen sind aus der Angelegenheit Dr. Traube zu ziehen? Es ist vor übereilten Rufen nach dem Gesetzgeber zu warnen. Es darf keine Regelung durch eine Ausweitung des bestehenden Rechts für einen solchen Fall geben. Wir wollen keine Legalisierung, schon gar keine kasuistische Aufzählung über einen solchen einmaligen Fall und keine Ausdehnung der flechte des Verfassungsschutzes. Der Ausnahmefall eines übergesetzlichen Notstandes kann nicht durch Gesetz geregelt werden, weil er dann zum alltäglichen, zum gewöhnlichen wird."

Diese Ansicht ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten völlig unhaltbar. Die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist — wie schon wiederholt betont wurde — ein so bedeutsames Element, daß es zum harten Kern des Rechtsstaatsbegriffs zählt (Art. 20 Abs. 3 GG). Je stärker der Eingriff in die Intimsphäre, um so wichtiger die gesetzliche Grundlage. Auch Ausnahmesituationen bedürfen der gesetzlichen Regelung, sonst hätte man sich den Streit um die Notstandsverfassung sparen können. § 34 StGB, der den Notstand regelt und hier als Rechtsgrundlage bemüht wurde, ist keine Biankettvollmacht, keine Generalklausel für staatliche Eingriffe in den grundrechtsbewährten Freiraum. (Hat die FDP bei Verabschiedung der Notstandverfassung deshalb nein gesagt, weil in Ausnahmesituationen ohnehin alles Notwendige erlaubt sei?) Wer entscheidet, wann ein Ausnahmefall vorliegt, der unter welchen Umständen zu welchen Maßnahmen berechtigt? Nur ganz unvorhersehbare Ausnahmen können die Anwendung der Gesichtspunkte des übergesetzlichen Notstandes oder des § 34 StGB rechtfertigen. Ein zweiter Fall Dr. Traube wäre kein solches unvorhersehbares Ereignis. Videant consules!

f) Im Informationsdienst jener Partei, die z. Z. in Bonn den Außenminister stellt, ist zu lesen, Pinochet habe „ 1973 Demokratie und Rechtsstaat in Chile durch einen blutigen Putsch zerstört" Chile ist heute weder eine Demokratie noch ein Rechtsstaat. Aber war es das unter Allende? Das Informationsblatt ruft in anderem Zusammenhang Eduardo Frei, den Führer der chilenischen Christdemokraten, als Wahrheitszeugen an. Die Anklage der Abgeordnetenkammer gegen Allende wegen Mißachtung des Parlaments und des Obersten Gerichtshofs, also wegen Beseitigung der Rechtsstaatlichkeit, trägt auch Freis Unterschrift und ist — zwischen den Zeilen — eine unmißverständliche Aufforderung an das Militär, dem die Macht zu entreißen, der die Verfassung laufend und in eklatanter Weise bricht. Hier kurze Auszüge aus der umfangreichen Anklageschrift: „Es ist erwiesene Tatsache, daß die gegenwärtige Regierung von allem Anfang an auf die Eroberung der totalen Macht ausgegangen ist in der offenkundigen Absicht, die gesamte Bevölkerung der rigorosesten politischen und wirtschaftlichen Kontrolle durch den Staat zu unterwerfen und auf diesem Wege ein Regime zu errichten, welches dem System der repräsentativen Demokratie, wie die Verfassung sie vorsieht, diametral entgegengesetzt ist. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Regierung nicht nur in vereinzelten Fällen gegen Gesetz und Verfassung verstoßen, sondern aus diesen Verstößen ein Dauersystem ihres Verhaltens gemacht .. . Auf diese Weise hat die Regierung wesentliche Elemente der Rechtsstaatlichkeit und Verfassungsmäßigkeit vernichtet."

Auch der Oberste Gerichtshof hat sich in diesem Sinn an Allende gewandt: „Der Oberste Gerichtshof sieht sich zum x-ten Male veranlaßt, Sie auf das illegale Verhalten der Exekutive bei der unstatthaften Einmischung in Rechtsangelegenheiten ... aufmerksam zu machen. .. Dieses Vorgehen bedeutet eine hartnäckige Auflehnung gegen gerichtliche Entscheide ..., es stellt darüber hinaus schon nicht mehr nur den Ausdruck der Krise des Rechtsstaates dar ..., sondern den des unmittelbar bevorstehenden Zusammenbruchs der Rechtsstaatlichkeit in diesem Lande." Voll Bitterkeit fragt der Oberste Gerichtshof an, ob Allende erwarte, „daß die Gerichtshöfe das Gesetz vergessen, all ihre Grundsätze aufgeben und im Namen einer gesetzlosen, willkürlichen, anpasserischen und sogar kriminellen Gesellschaftsjustiz" urteilen

Will die FDP trotzdem weiterhin behaupten, die Herrschaft Allendes sei rechtsstaatlicher Natur gewesen?

III. Freiheit oder Sicherheit?

„Es läßt sich leicht zeigen, daß sich aus dieser prinzipiellen Option: Im Zweifel für die Freiheit, und nicht wie von einer konservativen Position: Im Zweifel für die Sicherheit, fast alle politischen Konflikte zwischen liberalen (und auch sozialen) Demokraten auf der einen und christlichen (und auch christlich-sozialen) Demokraten auf der anderen Seite in der vergangenen Legislaturperiode erklären ... Man kann deshalb nur über die geistige Verwegenheit staunen, mit der eben diese konservativen Parteien, statt sich ehrlich zu diesem ihren Konservativismus zu bekennen, ... überraschend mit dem Anspruch auftreten, der einzige . Anwalt der Freiheit'in unserem Lande sein." Das ist W. Maihofers Ansicht, die er auch sonst mit Nachdruck als die typisch liberale Auffassung vertritt. In einer anderen Schrift, ebenfalls aus seiner Feder, steht zu lesen: „So viel Freiheit wie nötig! So viel Sicherheit wie möglich!" Ohne Zweifel wurden hier die Wörter „nötig" und „möglich" verwechselt. An sich wäre der Hinweis darauf unschicklich. Aber die Verwechslung hat in meinen Augen symbolische Bedeutung. Denn der antithetische Gebrauch von Freiheit und Sicherheit ist nicht minder die Folge einer Gedankenlosigkeit und kann einer kritischen Nachprüfung ebensowenig standhalten.

Könnte den Kriminellen, von denen Gefahr droht, das Handwerk gelegt werden (für sie: Verlust an Freiheit, einer Freiheit, die sie nicht verdient, die sie vielmehr mißbraucht haben), so würden Freiheit und Sicherheit von Millionen anderer gefördert. Zunächst sei die Freiheit von Furcht erwähnt, die es vielen erlauben würde, Dinge zu tun, die sie so nicht mehr wagen: ein Flugzeug benutzen, weil sie Angst haben, gekidnappt oder durch Terroranschläge getötet zu werden, allein einen Spaziergang durch Wald und Feld oder am späten Abend durch die einsamen Straßen einer Großstadt zu machen, weil sie einen Überfall befürchten usw. An den Grenzen würden sich nicht stundenlang die Autos stauen, weil Sicherheitskontrollen zu Verzögerungen führen. Politiker bräuchten nicht länger gleichsam unter „Hausarrest" gestellt zu werden. Hätten wir wirklich ein Mehr an Freiheit, wenn unsere Sicherheit auf der Straße durch Aufhebung der Straßenverkehrsordnung verringert würde? Das Chaos mag die vordergründige Freiheit des Starken mehren, der Freiheit der Vielen tut es Abbruch. Dienen die Strafandrohungen des StGB, z. B. die §§ 234 ff., der Sicherheit oder der Freiheit?

Das alles sind doch gleichzeitig Aspekte der Sicherheit und der Freiheit, nicht der Sicherheit gegen die Freiheit! Wenn hier etwas gegeneinander steht, ist es die Freiheit der rechtstreuen Bürger gegen die Freiheit jener, von denen Gefahr ausgeht. Und bei dieser Konstellation braucht im Zweifel die Entscheidung nicht zugunsten letzterer zu fallen. Die Sicherheit ist nicht der Antipode der Freiheit, sondern ihr Garant. Die Sicherheit gegen auswärtige Feinde, die die freiheitliche demokratische Grundordnung zu zerstören trachten, bedeutet Fortbestand der Freiheit. Sicherheit ist eine Form der Freiheit. Sicherheit ist geradezu die Voraussetzung der Freiheit. „Die Glaubwürdigkeit des freiheitlichen Rechtsstaates hängt entscheidend davon ab, ob er in der Lage ist, sich mit Erfolg gegen den Mißbrauch individueller Freiheitsrechte zur Wehr zu setzten. Wer die freiheitliche Grundordnung als Ganzes bedroht, gefährdet die Freiheitsrechte des einzelnen. Der Staat hat die Pflicht, diese Bedrohung abzuwenden.“

IV. Der Rechtsstaat und die Terrorismusbekämpfung

1. Die Regierung an der Schwelle zum Unrechtsstaat?

Helmut Schmidt am 15. September 1977 vor dem Bundestag: „Uns erreichen vielerlei Ratschläge . . . bis hin zu dem Vorschlag von Repressionen und Repressalien, die sich gegen das Leben einsitzender Terroristen richten. Ich will dem Bundestag dazu meine Überzeugung nicht verhehlen: Androhen kann man nur, was man tatsächlich auch ausführen will und was man tatsächlich auch ausführen darf. Drohungen mit Schritten, die unsere Verfassung brechen würden, sind deshalb untauglich. Die Mitglieder der Bundesregierung und auch ich selbst haben vor dem Bundestag geschworen, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes zu wahren und zu verteidigen.“

In der Bundestagsdebatte über die innere Sicherheit am 13. März 1975 plädierte Bundesjustizminister Vogel für Nüchternheit und Selbstdisziplin. Bei aller Sorge und Beunruhigung dürfe das Gefühl für Proportionen nicht verlorengehen

Am 8. Dezember 1977 berichtete die Süddeutsche Zeitung: „Regierung von SPD-Fraktion enttäuscht — . wenig erfreut'über den Widerstand gegen verschiedene Anti-Terror-Vorlagen ... Bundesjustizminister Vogel hatte das Kabinett über den Stand der Beratungen über die von der Bundesregierung geplanten Rechtsänderungen unterrichtet. In einer , tabellarischen Aufstellung'zeigte Vogel, bei welchen gesetzlichen Vorhaben mit ausreichender Zustimmung gerechnet werden könne."

Jene, mit deren Zustimmung nicht gerechnet werden darf, äußern rechtsstaatliche Bedenken und werfen damit die Frage auf, ob das rechtsstaatliche Gewissen des Bundeskanzlers und seines Justizministers nicht hinlänglich sensibel ist. Diese Frage verstärkt sich, wenn man liest, was beispielsweise der Präsident des OLG Braunschweig, Wassermann, schreibt: „Andere (und auch ich selbst) haben von einer unfreiwilligen Allianz und einem objektiven Zusammenspiel zwischen den Terroristen und jenen Altkonservativen und Reaktionären gesprochen, die sich nach dem Polizei-und Obrigkeitsstaat der Vergangenheit zurücksehnen. Setzen die Terroristen nicht eine Spirale in Bewegung, die den Bestand an Rechtsstaatlichkeit in unserer politischen Ordnung immer kleiner werden läßt? In der Tat ist die Situation, in der sich die rechtsstaatliche Ordnung angesichts der Bedrängnis durch den politischen Terrorismus befindet, in mannigfacher Hinsicht prekär."

Die Antwort darauf kann nur dann rechtsstaatlich fundiert ausfallen, wenn jedes Reformvorhaben einzeln anhand des oben gefundenen Rechtsstaatsbegriffs untersucht wird. Vorab aber sollen drei allgemeine verfassungsrechtliche Probleme der Terrorismusbekämpfung angesprochen werden: 2. Allgemeine rechtsstaatliche Bedenken gegen Antiterrorgesetze a) Dienen die Antiterrorgesetze dem Zweck, den Freiheitsraum der Bürger einzuschränken? Wassermann behauptet das: „Nicht wenige halten offenbar die Zeit zu einem back lash jener liberalen Rechtsreformen für gekommen, mit denen in den 60er und zu Anfang der 70er Jahre versucht wurde, dem Staat einen größeren Freiheitsraum zugunsten des Bürgers abzutrotzen. Die von hoher rechtsstaatlicher Sensibilität motivierten Reformen waren niemals so recht populär.“

Die Reformen waren nicht sonderlich populär, das stimmt, vor allen in Kreisen, die der CDU und CSU nahestehen. Wollen diese Kreise wirklich, daß ihre Freiheit eingeschränkt wird zugunsten der Staatsgewalt, die auf Bundesebene in den Händen von SPD und FDP liegt? Speziell mit Blick auf die Terroristen muß hier auf das hingewiesen werden, was oben zum Thema Freiheit oder Sicherheit auszuführen war. Die dem Staat „abgetrotzten" Freiheiten waren deshalb nicht populär, weil der populus befürchtet hat, daß sie ihm nicht zugute kämen.

Mit den Liberalisierungsmaßnahmen kann das Anwachsen des Terrorismus sicherlich nicht, zumindest nicht allein, erklärt werden. Aber es sollte doch zu denken geben, daß der Terrorismus in dieser Zeit, in der Zeit der Reform-euphorie, aufgeblüht ist, daß offenbar die „hohe rechtsstaatliche Sensibilität" im Sinne Wassermanns die Terroristen nicht umstimmen konnte. Wirklich hohe rechtsstaatliche Sensibilität verkennt vor allem nicht, daß die Antithese Bürger: Staat antiquiert ist. Die Bundesrepublik Deutschland der Gegenwart ist kein Staat, dem Freiheitsrechte von außen-stehenden Bürgern „abgetrotzt" werden müssen. Der Mensch ist der Zweck des Staates. Alles staatliche Bemühen ist letztlich darauf ausgerichtet, die Selbstverwirklichung des Menschen, Achtung und Schutz seiner Würde zu gewährleisten. Eine harte Verbrechensbekämpfung dient doch nicht der Verherrlichung des Staates, sondern dem Schutz und der Freiheit der Menschen, die den Staat konstituieren Wenn das von den Wortführern einer pseudo-progressiven, pseudo-liberalen Richtung verkannt wird, so ist das erschrek-kend. b) Ist die Verschärfung des Strafrechts ein Etappenziel der Terroristen? Viele haben tatsächlich keine bessere Erklärung und behaupten — wie der oben schon zitierte Wassermann — eine objektive Komplizenschaft: „Verzicht auf Freiheit bedeutet Verzicht auf Lebensqualität, bedeutet Verzicht auf eben jenen Teil demokratisch verfaßter Staatlichkeit, die zu zerstören die Terroristen angetreten sind. Insofern kommt jeder Schritt in diese Richtung einem Sieg des Terrorismus gleich." „Folgerichtig sieht diese Strategie des Terrorismus ihr Erstziel darin, das reformerische Potential in unserer Gesellschaft zwischen den eskalierenden Fronten zu zerreiben und so die angebliche . Reformfähigkeit der Gesellschaft', die den Vorwand für die eigene revolutionäre Strategie liefern soll, notfalls . herbeizubomben'." Offengestanden, ich weiß nicht sicher, warum diese Linksradikalen ihr Heil in abscheulichen Gewaltakten suchen, wahrscheinlich um unseren Staat wegen seiner Ohnmacht lächerlich zu machen, eine Absicht, die auch die Terroristen der „Narodnaja Wolja" hatten. Die eben wiedergegebenen Erklärungen könnte ich mir nur zu eigen machen, wenn ich nach der Losung lebte: credo quia absurdum. Nun, Absurdes bestimmt tatsächlich nicht selten das Handeln der Menschen, insbesondere der Psychopathen zu denen ich die Terroristen in ihrer großen Mehrzahl zähle. Man denke nur an die moskau-

orientierte Variante des Linksradikalismus zwischen den Weltkriegen, ihren Kampf gegen die Weimarer Republik und alle sie tragenden Parteien in der Erwartung, Hitler würde wider Willen zum Steigbügelhalter der Kommunisten

Der Gedankengang der Terroristen ist angeblich folgender: „Weil in den Massen, deren Sache die revolutionäre Aktion eines Tages sein soll, Gewaltbereitschaft nur dann wächst, wenn sie die Gewalt des Staates offen spüren, weil nur unter dieser Voraussetzung dem vorgestellten Aktionspotential in größerem Umfang . Gegengewalt'vermittelt werden kann, soll der Staat dazu gebracht werden, seine . rechtsstaatliche Maske'fallen zu lassen." Leider sagt uns der Verfasser dieser Zeilen, der sich doch so gut in die Terroristenmentalität hineinversetzen kann, nicht konkret, an welche Maßnahmen er denkt. Sonst hätte er vielleicht selbst bemerkt, daß die diskutierten Maßnahmen nicht gegen alle Bürger gerichtet sind, sondern nur gegen jene, die Leben, Freiheit, Eigentum der Vielen bedrohen und gefährden. Doch an einer Stelle wird er deutlich: „Vor der Todesstrafe sind wir durch das Grundgesetz geschützt." Wer an Art. 102 GG („die Todesstrafe ist abgeschafft") rüttelt, arbeitet demnach darauf hin, daß uns die Todesstrafe droht. Das ist so absurd, daß es keinen Kommentar verdient.

Tatsache ist, daß es eine ganze Reihe von Gesichtspunkten gibt, die dagegen sprechen, daß die Terroristen Verbrechen zu dem Zweck begehen würden, die Strafrechtspflege zu verschärfen. Einige davon sollen hier kurz angesprochen werden: aa) Schon früher wurde unserem Staat von den Terroristen die Rechtsstaatlichkeit abgesprochen. So behauptete Ulrike Meinhof: „Vor Gericht endet in Deutschland die Würde des Individuums, jenseits des Kreidekreises . . .setzt mit dem ersten Verhandlungstag der Rechtsstaat aus, das Volksempfinden ein...“ Die Terroristen waren also auch schon bisher um Argumente gegen die staatliche Ordnung nicht verlegen.

bb) Wohl alle antiterroristischen Maßnahmen haben die Terroristen zu Fall zu bringen versucht, z. B. die Beschränkung der Zahl der Verteidiger und die Kontaktsperre durch Anrufung des Bundesverfassungsgerichts.

cc) Sie haben unter den ihre Freiheiten beschneidenden Maßnahmen offenbar stark gelitten und darüber mit bewegenden Worten Klage geführt

dd) „Terroristen und Journalisten teilen die Ansicht, daß diejenigen, deren Namen in die Schlagzeilen kommen, Macht haben, daß ein Name auf der ersten Seite eine wichtige politische Leistung ist." Der Terrorismus in der Bundesrepublik flackerte auf, als Baader, Ensslin u. a. 1968 in Frankfurt mehrere Kaufhäuser in Brand steckten. Sie nannten freimütig die damit verfolgte Absicht, nämlich „verhindern, daß die Stimme der Außerparlamentarischen Opposition sich kein Gehör verschaffen könne"

ee) Monate vorher hatten Fritz Teufel und Rainer Langhans Flugblätter verteilt, in denen zur Brandstiftung in Warenhäusern, vergleichbar dem Brand in einem Warenhaus am 22. Mai 1967 in Brüssel, aufgefordert wurde. Bei diesem Brand waren 253 Menschen ums Leben gekommen. Trotzdem wurden Teufel und Langhans freigesprochen, weil ihnen die Ernsthaftigkeit ihrer Aufforderung nicht hundertprozentig nachgewiesen werden konnte. Dieses Urteil beweist eine extreme Rechtsstaatlichkeit gegenüber in höchstem Maße gemeingefährlichen Terroristen. Wenn dennoch die Terroristen hier und nicht in jenen Ländern, in denen es nach der gemeinsamen Überzeugung aller im Bundestag vertretenen Parteien keine Rechtsstaatlichkeit gibt, ihre terroristische Aktivität fortgesetzt haben, so beweist das mit kaum zu überbietender Deutlichkeit, daß nicht zuwenig, sondern zuviel Freiheit ihr Handeln bestimmte

ff) Die Abneigung breitester Schichten der Bevölkerung gegen Terroristen und ihr Umfeld, sowie das dringende Verlangen nach härterem Durchgreifen des Staates wächst in dem Maße, in dem die Terroristen durch schwere Gewaltkriminalität von sich reden machen. So dumm waren und sind die Terroristen nicht, daß sie diese Wirkung im Laufe der Jahre nicht wahrgenommen hätten.

Kann in Anbetracht dieser mit Fakten untermauerten Überlegungen weiter ernsthaft behauptet werden, die Terroristen hätten einen starken Staat „herbeibomben" wollen? Nicht harte Gesetze waren und sind das Ziel, sonst müßten sie und ihre Sympathisanten der CDU bzw. CSU die Stimme geben. Und das unterstellt doch niemand. Ihr Ziel war und ist ein zweites Vietnam, wie sie selbst gesagt haben. Dazu sind viele Anhänger notwendig, die mit Flammenzeichen und anderen unübersehbaren Signalen gerufen werden sollen. Tod denen, die hart durchgreifen (Drenkmann, Buback), und denen, die den Staatsmonopolkapitalismus befehligen (Ponto, Schleyer). c) Sind gezielte Antiterrorgesetze rechtsstaatswidrig? Diesen Anschein wecken Äußerungen Sont-heimers: „Ein Staat jedoch, der seine juristischen Verfahren und Prozeßregeln ändern würde, nur weil sie in einer Gruppe von Fällen unter größeren Schwierigkeiten anwendbar scheinen als gewöhnlich, wäre kein freiheitlicher Rechtsstaat mehr. Es ist gerade die Idee des Rechtsstaates, daß er keine — auch keine gesetzliche — Willkür kennt, daß er jedem die gleiche Chance der Verteidigung und der Wahrnehmung seiner Interessen gibt, unabhängig davon, ob es sich dabei um Personen handelt, denen ganz offensichtlich — wie im Fall der Baader-Meinhof-Gruppe — eine ungewöhnlich kriminelle Energie und fanatische Verachtung des bürgerlichen Rechtsstaates innewohnt."

Offenbar anderer Ansicht ist der ehemalige nordrhein-westfälische Justizminister Posser, der namens seiner Regierung die Straffreiheit für Kronzeugen gefordert hat, und zwar beschränkt allein auf die „Verfolgung einer kri-

minellen Vereinigung .... die Straftaten des Mordes, des Totschlages, des Völkermordes, des erpresserischen Menschenraubs oder der Geiselnahme begangen hat oder plant"

Anderer Ansicht sind offenbar auch Innenminister Maihofer und andere Mitglieder der Bundesregierung: „Will man eine solche Ausuferung unseres Rechts vermeiden, so verbleibt nur die dritte Möglichkeit: die für die Bekämpfung terroristischer Organisationen notwendigen Regelungen ausschließlich auf diesen Anwendungsbereich zu beschränken und durch möglichst engbegrenzte und streng umschriebene spezielle Normen für terroristische Organisationen sicherzustellen."

Beide Standpunkte argumentieren mit der Rechtstaatlichkeit. Sicherlich kann sich aber nur einer zu Recht auf den Rechtsstaatsbegriff des Grundgesetzes berufen, und zwar ist es der zuletzt erwähnte. Sontheimer ist beizupflichten, wenn er behauptet, daß sich Willkür mit der Idee des Rechtsstaats schlechterdings nicht in Einklang bringen läßt. Doch was ist Willkür? Willkürlich handelt, wer ohne sachlich einleuchtende Gründe handelt. Aber ist es wirklich unvernünftig, wenn die Gespräche der Angeklagten mit ihren selbst-gewählten Anwälten nur bei Bandenkriminalität unterbunden werden können, weil in diesen Fällen erfahrungsgemäß die Gefahr groß ist, daß die Verteidiger zugleich Komplizen sind? Vom rechtsstaatlichen Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit aus betrachtet wäre eine generelle Verdächtigung des Anwalts-standes geradezu unerträglich.

Auch das Bundesverfassungsgericht teilt die hier vertretene Ansicht. In dem Verfahren vor dem OLG Stuttgart gegen Baader, Ensslin, Meinhof u. a. hatte bei Anklageerhebung jeder der Beschuldigten zwischen 10 und 14 Wahlverteidiger; neun davon traten gleichzeitig für alle Beschuldigten auf. Daneben standen jedem Angeschuldigten sieben Pflichtverteidiger zur Seite. Daraufhin wurde § 137 StPO dahin gehend geändert, daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens höchstens dreier gewählter Verteidiger bedienen darf.

In einer Verfassungsbeschwerde wurde gerügt, die Regelung sei ein auf die Angehörigen der „Roten Armee Fraktion" zugeschnittenes, mit Art. 19 Abs. 1 GG unvereinbares Einzelfall-und Maßnahmengesetz. Das Bundesverfassungsgericht stellte hingegen fest, die Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger sei ein geeignetes Mittel, der Prozeßverschleppung zu begegnen: „Die Regelung beruht damit auf sachlichen Gründen. Da sie der Sicherung eines ordnungsgemäßen Prozeßablaufs dient, entspricht sie zugleich einem Gebot des Rechtsstaatsprinzips, das die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege verlangt." Die Behauptung, es handle sich um ein unzulässiges Einzelfall-und Maßnahmengesetz wurde als so offensichtlich verfehlt bezeichnet, „daß sich eine Erörterung dieser Rüge erübrigt" 3. Einzelne Antiterrormaßnahmen Im folgenden sollen einige der besonders umstrittenen harten Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt ihrer Rechtsstaatlichkeit geprüft werden. Es geht hier also nicht in erster Linie um die kriminalpolitische Frage, ob sie geeignet sind, den Terrorismus erfolgreich zu bekämpfen, sondern ob sie, wenn die Verantwortlichen die Tauglichkeit bejahen, rechtsstaatlichen Bedenken begegnen. a) Im Vorfeld des Terrorismus ist der Land-friedensbruch angesiedelt. Danach macht sich strafbar, „wer sich an Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder Bedrohung von Menschen mit einer Gewälttätigkeit, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden" (§ 125 StGB), beteiligt. Vor 1970 war auch der strafbar, der in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Menschenmenge, aus der heraus erkennbar Gewalttätigkeiten begangen wurden, verblieb. Nach den Vorstellungen der Bonner Opposition soll der frühere Zustand wiederhergestellt werden. Dazu die Kritiker: „Tatsächlich aber gilt der Angriff der Demonstrationsfreiheit, einem Kernstück demokratischen Lebens"

Wenn dem so wäre, wären auch die Schützer des Rechtsstaates auf den Plan gerufen. Aber unsere Verfassungsordnung protegiert bekanntlich nicht jede Art von Demonstration, sondern nur jene, die „friedlich und ohne Waffen“ (Art. 8 GG) vonstatten geht. Daß Demonstrationen, denen Gewalttätigkeiten das Gepräge geben, weder rechtsstaatlich noch demokratisch sind, sollte unstreitig sein. Die Straflosigkeit derer, die kriminelle Elemente wie ein Schutzwall umgeben, erschwert die Arbeit der Polizei bei der Verbrechensverhinderung und Verbrechensaufklärung ganz erheblich. b) Fritz Teufel und Rainer Langhans riefen mit Flugblättern dazu auf, Kaufhäuser in Brand zu stecken (s. o.), und Teufel erklärte auf einer Delegiertenkonferenz des SDS, es sei besser, ein Warenhaus anzuzünden, als es zu betreiben. Kein Jahr war vergangen, und schon brannten mehrere Kaufhäuser. Auch für die sonstigen terroristischen Gewaltverbrechen, die in der Bundesrepublik verübt wurden, gab es jeweils genügend Anleitungen und Anweisungen in der deutschen Publizistik. Ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit also — so sollte man meinen —, daß den haupt-verantwortlichen Schreibtischtätern das Handwerk gelegt wird. Keine Partei wagte es, diese Notwendigkeit zu bestreiten. Aber das Ergebnis ist erbärmlich. Der Tatbestand (§ 88 a StGB) wurde so sehr verklausuliert, daß die Gegner frohlocken können: „Deutlich ist immerhin, daß man bei diesem komplizierten Tatbestand wohl kaum zu befürchten braucht, jemals Verurteilungen zu erleben; nicht zuletzt wird dafür schon die Notwendigkeit sorgen, den Beschuldigten vorsätzliche Tatbestandserfüllung nachzuweisen. Es handelt sich also im Grunde um ein Beschwichtigungsgesetz."

Rechtsstaatlichkeit verbietet es sicherlich nicht, die Befürwortung von Straftaten auch dann unter Strafe zu stellen, wenn sie in künstlerischer Gestalt auftritt oder sich als Wissenschaft verkauft. Ist Kunst wirklich höherwertig als Leben und Freiheit? Das Bundesverfassungsgericht mißt der Würde des Menschen ein größeres Gewicht bei als dem Kunstschaffen c) Drei Jahre Zuchthaus war die Strafe für mehrfache menschengefährdende Brandstiftung 1968 in Frankfurt am Main. In der Regel werden bei guter Führung nur zwei Drittel der Strafe verbüßt. Die Rechtsstaatlichkeit verbietet es, daß die Strafe höher als der Schuld angemessen ist. Aber ist die Schuld nicht wesentlich größer, als in dem eben erwähnten Fall die Strafe zum Ausdruck bringt?

Wer das bejaht, bejaht auch die rechtsstaatliche Zulässigkeit einer Anhebung des unteren Strafrahmens.

Wenn der nordrhein-westfälische Justizminister Posser behauptet: „Nicht mit schärferen Strafgesetzen, sondern nur mit verbesserter Ermittlung und Beweistaktik ist den Terroristen beizukommen" muß er sich die Frage gefallen lassen, warum jahrelange intensivste Fahndung, wenn die vielleicht endlich gefaßten, vielleicht endlich überführten Täter trotz schwerster Kriminalität, wie menschengefährdender vorsätzlicher Brandstiftung, mit Bagatellstrafen rechnen können. (Während z. B. in der DDR für Taten, die in Rechtsstaaten überhaupt nicht strafbar sind, Freiheitsstrafen von 15 Jahren verhängt werden — etwa für die Beihilfe zur Flucht aus der DDR.)

d) „Zum Repertoire regressiver Rechtspolitik gehört seit langem die Revision des in den 60er Jahren liberalisierten Haftrechts. Die Aufnahme dieses Punktes in Programme zur Terroristenbekämpfung läßt daher besonders leicht die Besorgnis entstehen, daß weniger sachliche Notwendigkeit als vielmehr Ressentiments den Revisionisten die Feder führen." Nun, zwischenzeitlich ist das Haft-recht trotz dieser Verächtlichmachung der Befürworter verschärft worden, und zwar auch mit den Stimmen derer, die es in den 60er Jahren entschärft haben. Lächerlich, ihnen Ressentiments unterstellen zu wollen. Was sie bewogen hat, war die Überzeugung, daß es nicht Sache des Richters, sondern des Gesetzgebers ist, den Tatbestand des § 112 StGB zu erweitern, wenn sich die praktische Notwendigkeit herausstellt. Bisher hat das Gesetz bei Mord und Totschlag Fluchtgefahr unterstellt, nun auch bei Bildung oder Teilnahme an einer terroristischen Vereinigung. Eine solche generelle Unterstellung durch den Richter wäre unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten höchst fragwürdig gewesen und wurde deshalb auch vom Bundesgerichtshof abgelehnt. Waren keine konkreten Anhaltspunkte der Fluchtgefahr gegeben, mußte der Angehörige einer terroristischen Vereinigung wieder auf freien Fuß gesetzt werden (z. B. Rechtsanwalt Haag).

e) „Weshalb aber darüber hinaus noch eine Überwachung der inhaftierten Angeklagten bei Gesprächen mit ihren Anwälten notwendig ist, leuchtet nicht ein." — Würde der Kritiker auch heute noch so sprechen, nachdem allein in Stammheim drei Pistolen und eine „größere Menge" Munition gefunden worden sind, die die spektakulären Selbstmorde von Baader und Raspe ermöglichten?

Das ist die Chronologie der Diskussion zum Thema Gesprächsüberwachung:

Am 14. 11. 1974 (nach dem Mord an Dr.

v. Drenkmann) von den Justizministern aller Bundesländer gefordert.

Am 27. 11. 1974 von der Bundesregierung offiziell vorgeschlagen; sofort danach von der SPD und FDP angegriffen.

Am 12. 3. 1975 vom Bundeskanzler Schmidt befürwortet (Lorenz-Entführung 1).

Am 23. 3. 1975 von Generalbundesanwalt Buback gefordert.

Am 29. 4. 1975 von Schmidt und Genscher befürwortet. Am 7. 5. 1975 von den Länder-Justizministern erneut gefordert (Mordanschlag Stockholm). Am 4. 6. 1975 von der Bundesregierung erneut eingebracht.

Am 24. 6. 1976 von der SPD/FDP im Bundestag abgelehnt.

Am 8. 4. 1977 von der CSU erneut gefordert. April 1977 von Schmidt und Vogel befürwortet (Mord an Buback und Begleitern).

April 1977 von SPD und FDP abgelehnt.

Da also zu Beginn der Entführung von Hanns Martin Schleyer immer noch kein Kontakt-sperre-Gesetz ergangen, die Unterbrechung der Kontakte aber nach Auffassung aller verantwortlichen Bundes-und Landesminister dringend geboten war, wurden die Kontakte zunächst ohne spezielle Rechtsgrundlage, nur gestützt auf die §§ 34 StGB, 28 und 904 BGB, unterbrochen — rechtsstaatlich ein höchst bedenklicher Schritt, den jene zu ver-antworten haben, die alles taten, um ein derartiges Gesetz zu hintertreiben. So kamen die Gerichte bei ihren Überprüfungen zu unterschiedlichen Ergebnissen Im Eilverfahren beschlossen daher Bundestag und Bundesrat ein Gesetz zur zeitweiligen Unterbrechung sämtlicher Kontakte zwischen den Terroristen und ihren Anwälten. f) eines ist man offenbar in Uber sich allen Parteien und Fraktionen einig: Die Todesstrafe ist kein Thema, das wieder in die Diskussion eingeführt werden soll. Nur ganz wenige, wie z. B.der bayerische Innenminister Seidl, wagen anzudeuten, daß sie die Tabuisierung nicht ohne weiteres mitmachen wollen. Die Antwort, Hohn und Gelächter, kommt prompt, auch aus den eigenen Reihen: „Alle Jahre wieder nutzen groß-und kleinformatige Provinzpolitiker unterschiedlichster Couleur, insbesondere Morde politischer Täter zu höchst populärem Geschrei nach der Todesstrafe. Das macht sich immer gut, denn man kommt volkstümlich daher, man hat das Ohr am emotionalisierten Volke, man ist also ein volksnaher Politiker, hält sich gar für bürger-nah, man schwimmt wohlgefällig auf ejner Welle ... I Daß man sich jenseits aller Rationalität bewegt, mag noch angehen. Man ist es fast gewohnt. Daß man sich aber ungeniert außerhalb des Grundgesetzes stellt, das freilich ist dann schon bedenklich und macht den Ruf nach der Todesstrafe zur reinen Effekthascherei bzw. zum dummen politischen Popularitätstest."

Die Presse hat offenbar ein stillschweigendes Abkommen getroffen, wonach keine oder nur alberne Leserbriefe zugunsten der Todesstrafe abgedruckt werden. Diese geradezu einmalige Allianz der Politiker und Journalisten muß wohl ganz gute sachliche Gründe haben. Sie wird doch nicht, zumindest nicht in erster Linie, auf die Angst der Politiker zurückzuführen sein, sich eine schlechte Presse aufzuhalsen?

„Die Zeit" läßt Thomas Dehler, den großen Anwalt gegen die Todesstrafe, ausführlich zu Worte kommen. Dessen Ergebnis lautet: „Die Abschreckungswirkung der Todesstrafe ist zweifelhaft. Der Sicherheitsgedanke vermag sie nicht zu rechtfertigen. Die Gefahr von Justizirrtümern läßt sich nicht ausschalten."

Meine Meinung zum Thema Todesstrafe habe ich schon vor den Morden an Ponto, Buback, Schleyer u. a., also frei von Emotionen, veröffentlicht, und von ihr lasse ich mich nec laudibus nec terrore, sondern nur durch Argumente abbringen: „Da der Vollzug der Todesstrafe die menschliche Existenz in ihrem Wesen vernichtet, könnte sie im Hinblick auf den unantastbaren Art. 1 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt werden, wenn sie mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit durch ihren Abschreckungseffekt das Leben Unschuldiger schützen würde. Ein solcher Nachweis wurde bisher offenbar nicht erbracht. Bei Bandenkriminalität könnte sich die Todesstrafe eines Tages als einzig wirkliche und wirksame Strafe herausstellen, dann nämlich, wenn das Netz der kriminellen Vereinigung so weit gespannt ist, daß die Polizei immer nur Teile davon zu fassen bekommt und die restlichen Mitglieder durch Geiselnahme und Todesdrohungen den Strafvollzug zu verhindern wissen. Auch bei Landesverrat und Sabotage wird jede andere Strafe den kaum schrecken, der an den baldigen Sieg jener auswärtigen Mächte glaubt, in deren Dienst er steht."

Die Bibel sieht die Todesstrafe für eine Vielzahl von Delikten vor und ebenso der Koran. Die Todesstrafe gab es zu allen Zeiten, und es gibt sie nach wie vor in allen Erdteilen. Nur einige Kleinstaaten haben sie gänzlich abgeschafft. Wer unter diesen Umständen so tut, als sei sie gänzlich indiskutabel, vertritt eine reichlich überhebliche Position. (Waren und sind alle anderen dümmer oder moralisch dickhäutiger?)

Unserer Zeit und unserem Volk fehlt die Legitimation, alle anderen Völker und alle anderen Zeiten zu zensurieren. Die Argumentation: Weil im Dritten Reich so viele zum Tode verurteilt wurden, verurteilen wir niemanden mehr zum Tode läuft darauf hin-aus, daß uns Hitler auch heute noch das Gesetz des Handelns vorschreibt. Müssen wir in Deutschland auf rechtspolitischem Gebiet immer nach dem Pendelgesetz leben? Vor 200 Jahren gab es z. B. nur Anhänger des Natur-rechts, vor 100 Jahren nur Gegner, heute — wenn ich die Auslegung der Grundrechte als Maßstab nehme — sind wir fast wieder dort angelangt, wo wir vor 200 Jahren standen Soll sich dieses Trauerspiel auch bei der Todesstrafe wiederholen? Haben wir doch den Mut zur aurea mediocritas!

Wer die Todesstrafe prinzipiell ablehnt, handelt inkonsequent, wenn er nicht jedes Töten ablehnt: Töten als Notwehr, Töten als Nothilfe, Töten im Verteidigungsfall; denn ganz die gleichen Motive und Gesichtspunkte können auch bei der Todesstrafe gegeben sein. Wer kann es verantworten, im Ernstfall das Leben von Hunderttausenden von Soldaten aufs Spiel zu setzen und das Leben Tausender zu opfern, wenn er gleichzeitig das Leben der Fahnenflüchtigen, der Saboteure, der Meuterer schont? 78a) Die gewaltige Verantwortung für das Leben und die Freiheit des Volkes verlangt, daß die Bundeswehr mit adäquaten, mit tauglichen Waffen ausgerüstet wird. Diese gewaltige Verantwortung verlangt ebenso zwingend, daß für den Ernstfall eine Rechtsordnung geschaffen wird, in der das Chaos nicht schon vorprogrammiert ist. Oder sollen dann Standgerichte unter Berufung auf § 34 StGB ihre Arbeit verrichten? Am Ende der Weimarer Zeit wurde mit Art. 48 der Reichsverfassung regiert; soll er in Krisenzeiten durch § 34 StGB abgelöst werden? Schon zweimal fand er — wie oben ausgeführt — in rechtsstaatlich fragwürdiger Weise Verwendung, nur weil den Verantwortlichen Mut und Kraft fehlten, unpopuläre Gesetze zu erlassen. Wir alle wünschen uns den Fortbestand der Schönwetter-Demokratie, aber es ist unverantwortlich, felsenfest darauf zu vertrauen. Vielleicht fehlt unserem Parlament die Berufung zur Gesetzgebung für solche wirklich todernsten Situationen. Besser keine Gesetze als Gesetze, die das gleiche Urteil verdienen, das über den § 88 a StGB gefällt worden ist (s. o.).

In diesem Zusammenhang müßte noch die Frage geprüft werden, welche Wirkung die Androhung der Vollstreckung rechtskräftiger Todesurteile auf Terroristen hätte. Gesetzt den Fall, das Parlament könnte sich zur Wiedereinführung der Todesstrafe für Mord, begangen durch terroristische Vereinigungen, durchringen, so könnte die Vollstreckung für Taten, die nach dem Inkrafttreten dieser Grundgesetz-und StGB-Änderung begangen wurden, ausgesetzt werden. Würde sich dann ein Fall Schleyer, eine deutsche Parallele zum Fall Aldo Moro oder eine Flugzeugentführung wiederholen, könnte den Tätern die Vollstrekkung einer entsprechend großen Zahl von Todesurteilen angedroht werden. Sie wüßten dann, daß Sie nicht nur mit dem Leben Unschuldiger, sondern auch mit dem ihrer Kumpanen spielen. Nach meiner festen Überzeugung würde das ihre Verhaltensweise tiefgreifend, wenn nicht sogar entscheidend beeinflussen.

V. Der Rechtsstaat des Grundgesetzes hat eine Chance

Vor mir liegt eine Karikatur. Sie zeigt einen Bogenschützen. Er trägt die Aufschrift „Rechtsstaat". Uber ihm kreist ein Flugzeug, das Terroristen befördert. Er will es mit seiner primitiven Waffe herunterholen. Daß es sich beim Rechtsstaat um ein unbeholfenes, antiquiertes Gebilde handelt — dieser Eindruck entsteht zwangsläufig, vergegenwärtigt man sich die vielen Fesseln, die dem Rechtsstaat angedichtet werden. Richtig ist so viel, daß er nicht alles darf, z. B. nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen. Richtig ist auch, daß er sich bei Bekämpfung innerer und äußerer Feinde schwerer tut als ein Staat, in dem der jeweilige Wille der Führung das geltende „Recht" ist.

Gefährdet wird der Rechtsstaat aber weit weniger durch seine Rechtstreue als durch die Verkennung seines Wesens. Der Sinn dieser Ausführungen war es, zu zeigen, daß er flexibel genug ist, eine adäquate Antwort auf jede Form und jedes Maß von Herausforderung zu geben. Der Rechtsstaat ist, wie der Name sagt, Staat, muß also dessen Wesensmerkmale aufweisen. Dazu gehört die Staatsgewalt, das Machtmonopol, zumindest die oberste Macht auf dem Staatsgebiet. Das Recht, das er setzt, muß sich durchsetzen, die Strafen, die er verhängt, müssen vollstreckt werden. Er darf sich nicht das Gesetz des Handelns vorschreiben, er darf sich insbesondere nicht erpressen lassen. Könnte er sich in einer Vielzahl von Fällen nicht mehr wehren, verlöre er nicht nur ein wesentliches Merkmal der Rechtsstaatlichkeit, sondern der Staatlichkeit schlechthin. „Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung und Verbrechensbekämpfung anerkannt, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafprozeß betont und die Aufklärung schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet."

Die sogenannte Liberalisierung des Strafrechts war teilweise ein Schritt in die falsche Richtung. Nicht wenige, die ihn gegangen sind, haben dies eingesehen. Das ist keine Schande. Trial and error markieren auch den Weg des Politikers. Eine Schande aber ist es, jede Umkehr als reaktionär zu verspotten. Den Spöttern gilt das alte Wort: In errore perseverare stultum. Sie verkennen die Richtigkeit der Feststellung: „Der optimale Rechtsstaat ist eine Maßfrage. Demokratien mit längerer Tradition wissen das. Stammheim wäre dort undenkbar. In der Bundesrepublik vernachlässigt man bei der Ordnung des Rechtsstaates den Blick fürs Ganze." Knut Folkerts wurde in Holland nach zwei Tagen Prozeßdauer verurteilt.

VI. Der Marxismus, die Hauptwurzel des Terrors?

Die Stärkung des Staates durch Stärkung der Polizei, durch Verschärfung der Strafandrohungen und des Strafvollzugs ist eine Möglichkeit, den Terrorismus zu bekämpfen, aber weder ist sie die humanste noch die erfolgreichste. Weit besser ist es, den Ursachen nachzugehen und sie tunlichst zu beseitigen. Viel wurde darüber schon geschrieben. Eine Zusammenschau all dessen ist eine notwendige Aufgabe und wird sich kaum in einem Buch unterbringen lassen. Ich will hier nur versuchen, gleichsam als Annex an die vorwiegend defensiven Überlegungen, jene Erklärung des Terrorismus zu untermauern, die für mich die plausibelste ist.

Darüber sind sich wohl alle einig, daß mehrere Faktoren zusammenkommen müssen, damit ein Mensch zum Terroristen wird. Das gilt auch für jene Terroristen, die zur Zeit in der Bundesrepublik ihr Unwesen treiben. Unbestritten ist wohl ferner, daß die einzelnen Mitglieder terroristischer Vereinigungen auf verschiedenen Wegen dorthin gelangen. Bei nicht wenigen dürfte das Bedürfnis nach Selbstbestätigung eine erhebliche Rolle spielen, bei einigen Abenteuerlust, bei einigen zu geringe Auslastung der Kräfte und Ekel am Übermaß des Wohlstandes. Allen gemeinsam ist Verwegenheit und Tatendrang; allen gemeinsam ist aber auch das Bekenntnis zum Marxismus-Leninismus. Wer den Terrorismus unserer Tage überwinden will, darf sich an dieser Tatsache nicht vorbeimogeln, sondern er muß fragen, ob sich die Terroristen zu Recht auf Marx, Lenin und die Neomarxisten berufen.

Ich meine ja. Denn nach Ansicht der Marxisten befindet sich die Bundesrepublik Deutschland im Stadium des Spätkapitalismus. Dieser sei gekennzeichnet durch totale Entfremdung des Menschen, stets wachsendes Elend, Zerstörung der Familien, Kinderfeindlichkeit, Frauenfeindlichkeit, Menschenfeindlichkeit schlechthin, die in faschistischen Massenmorden kumuliert, steigende Ausbeutungsraten durch Ausbeutung auf allen Ebenen, Verdummung und Manipulation der unterdrückten Klassen. Alles ist ausgerichtet auf die Interessen des Kapitalismus, angefangen von der Reinlichkeitserziehung bei Säuglingen über Städtebau und Motorisierung bis hinein ins Sprechzimmer der Ärzte. Für alle diese ungeheuerlichen Anschuldigungen kurz je ein Beleg. Marx sagt: „Also selbst in dem Zustand der Gesellschaft, welcher dem Arbeiter am günstigsten ist, ist die notwendige Folge für den Arbeiter Überarbeitung und früher Tod, Her-absinken zur Maschine, Knecht des Kapitals, das sich ihm gefährlich gegenüber aufhäuft, neue Konkurrenz, Hunger, Tod oder Bettelei eines Teils der Arbeiter... Endlich, wie die Häufung des Kapitals die Quantität der Industrie, also die Arbeit vermehrt, bringt durch diese Akkumulation dieselbe Quantität der Industrie eine größere Quantität Machwerk herbei, die zur Überproduktion wird und entweder damit endet, einen großen Teil Arbeiter außer Arbeit zu setzen oder ihren Lohn auf das kümmerlichste Minimum zu reduzieren. Das sind die Folgen eines Gesellschaftszustandes, der dem Arbeiter am günstigsten ist, nämlich des Zustandes des wachsenden, fortschreitenden Reichtums ..."

Und im Kommunistischen Manifest heißt es:

„Der Proletarier ist eigentumslos; sein Verhältnis zu Weib und Kindern hat nichts mehr gemein mit dem bürgerlichen Familienverhältnis; die moderne industrielle Arbeit, die moderne Unterjochung unter das Kapital, dieselbe in England wie in Frankreich, in Amerika wie in Deutschland, hat ihm allen nationalen Charakter abgestreift... Der moderne Arbeiter dagegen, statt sich mit dem Fortschritt der Industrie zu heben, sinkt immer tiefer unter die Bedingungen seiner eigenen Klasse herab. Der Arbeiter wird zum Pauper und der Pauperismus entwickelt sich noch schneller als Bevölkerung und Reichtum." Schon vorher, in den Pariser Manuskripten, diagnostiziert Marx die totale Entfremdung des arbeitenden Menschen im Kapitalismus: Er ist entfremdet vom Produkt seiner Arbeit, von der Arbeit selbst, von sich und seinen Mitmenschen

Lenin ist es, der der kapitalistischen Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung den Ausbruch des Ersten Weltkriegs anlastet. Im Sommer 1915 schreibt er von den Kapitalisten, die „Milliardensummen im imperialistischen Krieg zusammenraffen, das heißt in einem Krieg, der um die Verteilung des Raubes und der Profite der Kapitalisten geführt wird"

Vor Stalins Pakt mit Hitler und nach dem Überfall Hitlers auf die Sowjetunion haben die Marxisten behauptet: „Nicht die . Kollektivschuld'der Deutschen hat Hitler an die Macht gebracht, das Finanzkapital und die Schwerindustrie haben Hitler finanziert und an die Macht geschoben. Er war ihr williges Werkzeug zur Zerschlagung der Demokratie und für die Vorbereitung des Krieges .. ."

Sie tragen also auch die Schuld am Zweiten Weltkrieg und an den durch ihn heraufbeschworenen unsäglichen Opfern, Martern, Qualen, Verlusten an Menschen und Gütern.

Nach dem Inferno der Hitlerherrschaft haben sie uns eine neue Hölle bereitet. Ihnen haben wir es zu verdanken, daß wir — wie Herbert Marcuse sich ausdrückt — „in der Hölle der Gesellschaft im Überfluß leben müssen". Wir werden „mit einer Brutalität bei der Stange gehalten, die mittelalterliche Praktiken und solche der frühen Neuzeit wiederbelebt" Dafür ein Beispiel: „Das Auto dient der herrschenden Klasse als Exploitationsinstrument mit mehreren Funktionen ... Es hält ihn (den Arbeiter) ideologisch, funktional und materiell an der Kandare."

Die Anhänger der sogenannten Stamokapideo-logie sehen in den Regierenden nur Werkzeuge der Monopolkapitalisten. Sie hätten den maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung der Bundesrepublik — und das, obwohl die Partei, der die Stamokapideologen in ihrer Mehrheit angehören, seit über acht Jahren die führende Regierungspartei in der Bundesrepublik Deutschland ist

Auch in den Städten hätten die Kapitalisten das Sagen: „Die Stadtplanung richtet sich nach den Forderungen der herrschenden Klasse: Die Klassen und innerhalb der Klassen die verschiedenen Funktionsgruppen waren voneinander zu trennen und je für sich zu zernie-ren ... Mit der Entwicklung des Automobils zum gleichsam klassenlosen . Volkswagen ... war es möglich, die beiden arbeitenden Klassen mittels der Transportmedien potenziert zu exploitieren."

Die geringe politische Aktivität großer Teile des Volkes ist angeblich ebenfalls eine notwendige Konsequenz des Kapitalismus: „Der Widerspruch zwischen der rechtlich garantierten Demokratie im politischen und der Privilegierung quantitativ kleiner Gruppen im ökonomischen Bereich ist eine Ursache für die geringe, einseitige und isolierte Mitgliederpartizipation in den Parteien." Keine Anschuldigung ist zu lächerlich, um nicht gegen den Kapitalismus hervorgebracht zu werden: „Es ist offensichtlich, daß die Erfordernisse der Reinlichkeitserziehung, die durch die Eltern vermittelt werden, gesellschaftlichen Charakter haben. Sauberkeit, Ordnung, Disziplin sind Resultate der Reinlichkeitserziehung, um den Preis der Unterwerfung erkauft, die für einen ganz anderen Zusammenhang, nämlich den arbeitsteiligen, kapitalistischen Produktionsprozeß verwendbar werden."

Die kapitalistische Ordnung ist — wie gesagt — an allem schuld, auch daran, daß die Kinder zur Sauberkeit erzogen werden. Die pünktliche Ernährung wird als Ausbeutung gebrand-markt: „Die Ungleichheit zwischen Mutter und Kind gewinnt dann einen Herrschaftscharakter, wenn die Mutter ihre somatische und auch psychische Überlegenheit dazu benutzt, das Kind für ihre Bedürfnisse zu dressieren, wobei mit Dressur auf der oralen Entwicklungsstufe der Libido nicht nur die festgelegten Zeiten der Nahrungsaufnahme gemeint sind ... Negative Herrschaft zeigt sich auch hier als Ausbeutung des Schwächeren durch den Stärkeren."

Die kurzweilige Betrachtung mündet aus in die pathetischen Worte: „Die Unterdrückung der Frau setzt sich fort in der Unterdrückung ihrer Kinder. Kinderfeindlichkeit wird so zum Ergebnis der Frauenfeindlichkeit... Die Unterdrückung ist durch die Produktionsverhältnisse innerhalb der gegebenen Machtverhältnisse gegeben. Kinderfeindlichkeit konnte ausgemacht werden als Triebfeindlichkeit, als Frauenfeindlichkeit und letztlich als Menschenfeindlichkeit." Uber den ärztlichen Dienst heißt es: Den repressiven Kräften dient die Medizin zur „Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit in den systemnotwendigen Alltagsrollen im Arbeitsund Familienbereich"

Diese „rücksichtslose Kritik alles Bestehenden" — Parole von Karl Marx — ist ganz oder doch weitgehend zu widerlegen Wer jedoch mit dieser Kritik alles Bestehenden infiziert wird, bevor er es gelernt hat, auch der Kritik nüchtern und kritisch zu begegnen, kann bei einer entsprechenden seelischen Disposition so sehr Gefangener seiner Haßgefühle werden, daß eine fruchtbare geistige Auseinandersetzung nicht mehr möglich ist, daß ihm selbst die Befreiung aus seinem Zustand nur noch durch eine rücksichtslose Befreiungstat möglich erscheint, nämlich durch die Beseitigung derer, die für das Fortleben des Kapitalismus hundert Jahre über Marxens Tod hinaus verantwortlich sind und den Staatsmonopolkapitalismus repräsentieren: Politiker (Lorenz), Staatsanwälte (Buback), Richter (Drenk-mann), Bankiers (Ponto) und Unternehmer (Schleyer).

Fussnoten

Fußnoten

  1. B. Tönnies, Wir Deutschen und der Rechtsstaat, Hamburg 1946, S. 10 f.

  2. Münchner Merkur, 15. /16. März 1975.

  3. Süddeutsche Zeitung, 16. September 1977.

  4. H. Kohl, Der freiheitliche Rechtsstaat ist es wert, entschieden verteidigt zu werden, in: Tribüne 1976, S. 6680.

  5. Bonner Depesche, Nr. 15, 1975.

  6. Die Zeit, 16. Sept. 1977.

  7. H. Schueler, Falsche Advokaten — Wer gefährdet den Rechtsstaat?, in: Die Zeit, 22. Nov. 1974.

  8. M. Funke, Terrorismus — Ermittlungsversuch zu einer Herausforderung, in: M. Funke (Hrsg.), Terrorismus — Untersuchungen zur Strategie und Struktur revolutionärer Gewaltpolitik, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1977, S. 11.

  9. B. Tönnies, a. a. O., S. 7.

  10. J. W. Placidus, Literatur der Staatslehre 1798.

  11. Siehe z. B. F. A. von Hayek, The Constitution of Liberty, dt.: Die Verfassung der Freiheit, Tübingen 1971, S. 246 ff.

  12. C. Schmitt, Nationalsozialismus und Rechtsstaat, in: Juristische Wochenschrift 1934, S. 715.

  13. Ebenda, S. 716. (Ob er das auch nach dem „Röhm-Putsch" geschrieben hätte? — Seine Abhandlung stammt vom März 1934!)

  14. So in der Präambel des StGB der DDR. Zum Thema Rechtsstaat DDR siehe K. Löw, Unser Staat heute — Rechtsstaat, Demokratie, Sozialstaat, München 1977, S. 38 ff.; H. Sieveking, Die Entwicklung des sozialistischen Rechtsstaatsbegriffs in der DDR, Berlin 1975.

  15. Siehe K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und beiden Wirklichkeit in Deutschlands, Teilen München 1977, S. 77 ff.; ders., Unser Staat heute — Rechtsstaat, Demokratie, Sozialstaat, München 1977 S. 16 ff.

  16. BVerfGE 38, 114.

  17. BVerfGE 22, 78.

  18. BVerfGE 28, 277; 35, 47; 37, 416.

  19. BVerfGE 7, 92.

  20. BVerfGE 10, 117.

  21. BVerfGE 26, 244.

  22. BVerfGE 42, 82.

  23. BVerfGE 34, 287.

  24. Th. Paine, Die Rechte des Menschen, Frankfurt 1973, S. 49.

  25. K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Karlsruhe 1972, S. 76. Aus jüngster Zeit ist bemerkenswert: W. Leisner, Rechtsstaat — ein Widerspruch in sich?, JZ 77, S. 537 ff. Darin sind die wichtigsten staatsrechtlichen Veröffentlichungen aufgeführt. Der Aufsatz ist zugleich ein wohlfundiertes Plädoyer gegen eine weitere Aufblähung des Rechtsstaatsbegriffs.

  26. H. Schueler, Falsche Advokaten — Wer gefährdet den Rechtsstaat, in: Die Zeit, 22. Nov. 1974.

  27. Informationen zur politischen Bildung Nr. 165, Demokratie — Rechtsstaat — Sozialstaat, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1975.

  28. Zu dieser Problematik siehe K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, München 1977, S. 27 ff.

  29. R. Wassermann, Sicherung oder Aushöhlung des Rechtsstaats?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 13/76.

  30. Münchner Merkur, 16. Nov. 1977.

  31. Bonner Depesche, Nr. 14/1975.

  32. Bonner Depesche, Nr. 3/1977.

  33. Bonner Depesche, Nr. 12/1977.

  34. M. Puelma, Chile 1970— 1973, Bern 1974, S. 147.

  35. M. Puelma, a. a. O., S. 141.

  36. M. Puelma, a. a. O„ S. 144.

  37. W. Maihofer, Grundwerte heute in Staat und Gesellschaft, in: G. Gorschenek (Hrsg.), Grundwerte in Staat und Gesellschaft, München 1977, S. 96 f.

  38. W. Maihofer, Freiheitlicher Rechtsstaat gegen Terrorismus, in: Tribüne 1976, S. 6678.

  39. H. Kohl, Der freiheitliche Rechtsstaat ist es wert, entschieden verteidigt zu werden, in: Tribüne 1976, S. 6680.

  40. Dokumentation zu den Ereignissen und Entscheidungen im Zusammenhang mit der Entführung von Hanns Martin Schleyer und der Lufthansa-Maschine „Landshut", Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, 2. Aufl., November 1977, S. 38.

  41. Nadi R. Wassermann, Sicherung oder Aushöhlung des Rechtsstaats?, S. 7.

  42. .

  43. R. Wassermann, a. a. O., S. 7,

  44. R. Wassermann, a. a. O., S. 6.

  45. Siehe K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, München 1977, passim, insb. S. 69 ff., S. 84 ff.

  46. K. H. Stahl, Terror und Terrorismus, in: Tribüne 1976, S. 6671.

  47. W. Maihofer, Freiheitlicher Rechtsstaat gegen Terrorismus, in: Tribüne 1976, S. 6678. 51a) Siehe W. Schmiedig, Revolutionärinnen sollten keine Kinder haben, FAZ, 21. Jan. 1978.

  48. Meint Wassermann, was er schreibt, oder verwechselt er den Psychopathen mit dem Pathologen: „Man schätzt die Situation falsch ein, wenn man von den Terroristen als Pathologen oder Nihilisten spricht." (Siehe Wassermann, Sicherung oder Aushöhlung des Rechtsstaats?, S. 6).

  49. Siehe z. B. A. Bullock, Hitler, Düsseldorf 1972, S. 236: „Die Kommunisten verkündeten ganz offen, sie sähen lieber die Nazis an der Macht, als daß sie auch nur einen Finger zur Rettung der Republik rührten. Trotz der heftigen Straßenschlachten befolgte die Führung der Kommunisten eine von Moskau gutgeheißene politische Linie, die hauptsächlich darauf hinzielte, die Sozialdemokraten als rivalisierende Arbeiterpartei auszuschalten. Nachdem dann die Nazis an die Macht gekommen und die Organisation der sozialdemokratischen Partei und der Gewerkschaft zerstört worden waren, glaubten die Kommunisten, die Errichtung einer Diktatur des Proletariats sei nun in greifbare Nähe gerückt."

  50. Siehe Wassermann, a. a. O., S. 18.

  51. Ebenda, S. 6.

  52. Zitiert nach „Zwiebel Almanach", Berlin 1977/78, S. 16.

  53. BVerfGE 39, 159.

  54. Gespräche mit Baader und Raspe, Ensslin und Möller (siehe Anm. 44) passim.

  55. W. Laqueur, Terrorismus, Kronberg 1977, S. 214.

  56. Siehe K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, München 1977, S. 306 f.

  57. Siehe W. Laqueur, Terrorismus, a. a. O., S. 217.

  58. K. Sontheimer, Der Rechtsstaat ist kein Wech-selbalg, in: Deutsche Zeitung, 22. Nov. 1974.

  59. D. Posser, Der Rechtsstaat und die Terroristen, in: Die Zeit, 14. März 1975. *

  60. Siehe W. Maihofer, Freiheitlicher Rechtsstaat gegen Terrorismus, a. a. O., S. 6676.

  61. BVerfGE 39, 463.

  62. BVerfGE 39, 169.

  63. Siehe Wassermann, a. a. O., S. 13.

  64. Siehe Wassermann, a. a. O., S. 15.

  65. BVerfGE 30, 178; siehe auch K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, München 1977, S. 252 f.

  66. D. Posser, Der Rechtsstaat und die Terroristen, in: Die Zeit, 14. März 1975.

  67. Siehe Wassermann (Anmerk. 33), S. 11.

  68. Siehe Wassermann (Anmerk. 33), S. 10.

  69. Siehe Dokumentation ... (Anmerk. 44), Anlage 6.

  70. Die Entscheidung, 10/77.

  71. Die Zeit, 14. Sept. 1977.

  72. K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, a. a. O., S. 145. In der durchaus freundlichen Besprechung des Buches durch „Das Parlament" (3. 12. 1977) heißt es: „Das Problem der Todesstrafe stellt sich im Lichte neuerer Rechtsprechung ... viel komplizierter dar ... (Löws) Auffassung ist falsch. Mit seinem § 218-Urteil von 1975 entzog das BVerfG dem Gesetzgeber jede Disposition über Leben." Dazu: Das Urteil war mir bestens bekannt, ich habe es 8mal zitiert! Doch was der Rezensent hineininterpretiert, vermag ich auch heute noch nicht zu finden.

  73. So z. B. die Katholische Landjugendbewegung, Münchner Merkur, 16. NoV. 1977.

  74. K. Löw, Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, a. a. O., S. 28 f.

  75. BVerfGE 38, 116.

  76. H. Tröndl, Komplizen in der Anwaltsrobe, Münchner Merkur, 9. Sept. 1975.

  77. Marx-Engels-Werke, Berlin-Ost 1967— 74, Bd 1, S. 447 f.

  78. Marx-Engels-Werke, Bd. 4, S. 472 ff.

  79. Marx-Engels-Werke, 1. Erg. -Bd., S. 512 ff.

  80. Lenin Werke, Berlin-Ost 1960, Bd. 25, S. 45.

  81. Katalog zur Ausstellung „Widerstand und Verfolgung in Bayern 1923— 1945", S. 2.

  82. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Neuwied 1967, S. 44.

  83. H. -G. Helms, Kapitalistischer Städtebau, Neuwied 1970, S. 11.

  84. Siehe K. Löw, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, Köln 1977, S. 179 ff. u. S. 254 ff.

  85. H. -G. Helms, a. a. O., S. 9 f.

  86. Dittberner u. a., Parteiensystem in der Legitimationskrise, Opladen 1973, S. 478.

  87. Mitscherlich u. a., in: Vorgänge 1, 1974, S. 79.

  88. Ebenda, S. 76 f.

  89. Ebenda, S. 80.

  90. Naschold nach: Der niedergelassene Arzt, 21, 1977, S. 32 °

  91. Marx-Engels-Werke, a. a. O., Bd. 1, S. 344.

  92. Siehe z. B. K. Löw, Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, a. a. O., und die dort angegebene Literatur.

Weitere Inhalte

Konrad Löw, Dr. jur., geb. 1931 in München; Studium der Rechtswissenschaft; philosophische, historische und volkswirtschaftliche Studien. Neben Verwaltungstätigkeit im Dienste des Freistaates Bayern und der Bundesrepublik Deutschland zunächst Lehraufträge für Zivilrecht und Staatsrecht, später für politische Wissenschaften. 1972 Professor für politische Wissenschaften an der Zweiten Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg, seit 1975 an der Universität Bayreuth. Dozent an der Hochschule für Politik in München. Neuere Buchveröffentlichungen: 25 Jahre Grundgesetz — Ein Zwischenzeugnis, Köln 1974 (Herausgeber und Mitautor); Freiheit und Gleichheit oder die Quadratur des Kreises, Köln 1974 (Herausgeber und Mitautor); Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, Köln 19772; Die Grundrechte — Verständnis und Wirklichkeit in beiden Teilen Deutschlands, Pullach 1977; Unser Staat heute — Rechtsstaat, Demokratie, Sozialstaat, Köln 19772; Grundwerte der Demokratie, Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, München 19785.