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Die Gefahr des Verhandelns mit Moskau | APuZ 13/1960 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 13/1960 Das Wichtigste zuerst. Eine demokratische Betrachtung Friedliche Koexistenz. Ein westlicher Standpunkt Die Gefahr des Verhandelns mit Moskau

Die Gefahr des Verhandelns mit Moskau

DEAN G. ACHESON

Vortrag vor der Parlamentarierkonferenz der NATO in Washington am 18. November 1959. Der deutsche Text ist mit freundlicher Genehmigung der Herausgeber der Zeitschrift „Schweizer Monatshefte“ entnommen Was hätte wohl ein künftiger Historiker bei der Betrachtung unseres Zeitalters am Ende der 1950er Jahre zu sagen? Ich glaube, er würde vor allem nachweisen, daß das nunmehr abgeschlossene Jahrzehnt ein Wendepunkt in der Geschichte war. Er würde zunächst zurückschauen auf die erste Hälfte dieses Jahrhunderts und feststellen, daß diese fünfzig Jahre das Vorspiel der Revolutionen und Wandlungen waren, durch welche die Weltordnung des 19. Jahrhunderts zerstört und der Niedergang jener Weltreiche herbeigeführt wurde, die diese Ordnung geschaffen und aufrechterhalten hatten. Er würde weiter ins 19. Jahrhundert zurückschauen und eine Beobachtung von großer Bedeutung machen. Er würde nämlich sehen, daß sich der Schwerpunkt der Macht in Europa ständig weiter nach Osten verlagert hat. Er würde feststellen, daß Frankreich zu Beginn des 19. Jahrhunderts Europa beherrschte, bis sich eine Koalition bildete, die Frankreich mit gleicher Macht gegenübertreten konnte. Ein Jahrhundert später würde er das Zentrum der Macht in Deutschland erblicken und nochmals fünfzig Jahre später weiter ostwärts in Rußland.

Der künftige Historiker würde alsdann sehen, daß die USA in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts zweimal ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen mußten, um die in Europa dominierende Macht daran zu hindern, ihre Herrschaft über den ganzen Kontinent und die Meere auszudehnen. Er würde ferner bemerken, daß Amerika, kaum war der Zweite Weltkrieg zu Ende, ein drittes Mal eingreifen mußte, um mit Westeuropa zusammen ein Mächtegleichgewicht, eine neue Stabilität herzustellen, mit dem Zweck, die Hegemonie der Sowjetunion zu verhindern. Er würde erkennen, daß dies durch eine Reihe ungewöhnlicher Schritte ermöglicht wurde. Durch Hilfe an Griechenland und die Türkei wurde die Freiheit und Unabhängigkeit im östlichen Mittelmeer geschützt. Durch den Marshallplan wurde Westeuropa wieder aufgerichtet, und Deutschland erstand aus dem Zusammenbruch und Chaos des Krieges. Durch den Nordatlantikplan schließlich wurde der Anfang eines Verteidigungswerkes in Europa geschaffen. Der Historiker wird es zweifellos für erstaunlich halten, daß diese weitreichenden Handlungen in der kurzen Zeitspanne zwischen 1945 und der Mitte des folgenden Jahrzehntes vollbracht wurden.

Der künftige Historiker würde ferner feststellen, daß die Macht der Sowjetunion sich ständig vergrößerte und sich in China eine neue Macht bildete. Beim Blick auf das Ende des abgelaufenen Jahrzehntes müßte er zum Schlüsse kommen, daß die Ereignisse zu einer Entscheidung drängten. Er würde sehen, daß die Entscheidung nach zwei Richtungen gehen konnte. Die eine Möglichkeit war, in der Welt ein neues Gleichgewicht entstehen zu lassen, welches eine gewisse Stabilität gewährleistete, solange die Gefahren des Atomzeitalters noch nicht in unsere Kontrolle gebracht waren. Die andere Möglichkeit war, daß dieses Gleichgewicht nicht entstand, und das Jahrzehnt, an dessen Schwelle wir stehen, das Jahrzehnt der beginnenden Sowjetherrschäfi wurde.

Der künftige Historiker wird sehen, daß in Westeuropa und Nordamerika eine Produktionskapazität und ein Menschenarsenal bestand, das dreimal so groß war wie dasjenige der Sowjetunion und ein Gegengewicht gegen die Macht Sowjetrußlands zu bilden vermochte. Es wird ihm ganz klar sein, daß Europa allein ein solches Gegengewicht nicht bilden konnte und die USA allein keinen genügend großen Raum für die Aufrechterhaltung der Freiheit darstellten. Er würde sehen, daß das Bündnis zwischen Westeuropa und Nordamerika für beide eine Notwendigkeit ist und die Möglichkeit eines solchen Bündnisses vorhanden ist, aber er wird sich fragen: War an diesem Wendepunkt der Wille zum Bündnis zwischen Westeuropa und Nordamerika wirklich vorhanden?

Wenn er auf Grund der gegenwärtigen Politik unserer Staaten urteilen würde, so müßte er schließen, daß dieser Wille nicht vorhanden war. Vielleicht würde er annehmen, daß die erforderlichen Maßnahmen in unseren Staaten nicht verstanden wurden. Dies halte ich allerdings für unwahrscheinlich, denn die zutreffenden Maßnahmen sind so offensichtlich, daß sie jedermann verstehen muß. Sie bestehen in der Schaffung einer Atommacht, die in der Lage ist, einen Angriff durch einen Gegen-schlag von unerhörtem Ausmaß zu erwidern. Diese Maßnahme wird dem künftigen Historiker zweifellos als unbedingte Notwendigkeit erscheinen, solange wir nicht durch Abkommen oder internationale Institutionen diese gewaltige Waffe unter Kontrolle gebracht haben. Er wird jedoch sehen, daß das Notwendige nicht getan wurde.

Der Historiker von morgen würde ferner sehen, daß Europa — abgesehen von der Atommacht — eine konventionelle Verteidigungsmacht braucht, an der sich alle Alliierten beteiligen müssen, damit Dritte erkennen, daß sie Europa ihren Willen nur um den Preis eines Atomkrieges auferlegen können, eines Atomkrieges, den sie, wie wir voraussetzen, nicht zu entfesseln wünschen. Er wird sehen, daß ohne eine solche Verteidigungsmacht die atomare Abschreckung im Grunde gar keine Abschreckung ist. Auch in diesem Falle, glaube ich, wird der künftige Historiker feststellen, daß das Notwendige nicht getan worden ist. Ich glaube, er würde zum Schluß gelangen, daß diese beiden Versäumnisse zu einer Machtverschiebung zugunsten der Sowjetunion und zu Ungun-. sten der nordamerikanisch-europäischen Koalition geführt haben.

Dieser Verschiebung der machtpolitischen Verhältnisse kann nun auf zwei Arten begegnet werden. Entweder wird ihre Ursache behoben oder man erklärt, der sowjetische Machtzuwachs sei ohne Bedeutung — und dies kann man nur tun, wenn man glaubt, die russischen Absichten seien harmloser Natur oder zumindest nicht so gefährlich, daß Vorsichts-maßnahmen angezeigt wären. Anscheinend besteht in den meisten unserer Länder eine solche Meinung und führt zur Forderung nach einem Ausgleich auf dem Verhandlungswege.

Verhandeln ist so alt wie die Diplomatie. Es bedeutet, miteinander zu sprechen, um zu einer Vereinbarung zu gelangen. Verhandeln ist ein gutes Ding. Wesentlich ist aber nicht, daß man verhandelt, sondern worüber man verhandelt. Leider hat sich eine Art Glaubensgrundsatz gebildet, daß Verhandeln an sich eine Tugend sei. Einer der Hohepriester dieser Auffassungen schrieb kürzlich: „Wir brauchen bei Verhandlungeit nicht weich und töricht zu sein, aber ich möchte wünschen, daß wir in die Zukunft blicken und wieder so dastehen, wie es in unseren besseren Tagen der Fall war dank denen, die den Muf zur Hoffnung und zum Glauben haben.“

In dieser Sicht ist Verhandeln etwas Geheiligtes. Die Verhandiung: bereiten sind die Tugendhaften, die in die Zukunft blicken, hoffen und glauben. Sie werden in Gegensatz gestellt werden zu denen, die an die Vergangenheit glauben, keine Hoffnung haben und sich im Zustand ständiger Furcht befinden. Sicherlich ist dies keine vernüftige Auffassung. Richtig ist, daß wir stets verhandlungsbereit sein sollen, sofern der Ausgang der Verhandlungen für beide Seiten nützliche Ergebnisse zeitigen kann. Wenn aber Verhandeln bedeutet, daß man eine Niederlage mit der Fassade des Einverständnisses verdeckt, dann eignet sie sich nicht für uns. Wenn schon eine Niederlage unvermeidlich ist — und ich glaube nicht, daß sie dies ist, sofern wir die entsprechenden Maßnahmen ergreifen —, dann soll es eine ehrliche und klare Niederlage sein, die wir alle verstehen und aus der wir lernen können.

Soll Chruschtschow die Verhandlungsgegenstände bestimmen?

Betrachten wir kurz die Probleme, über die wir verhandeln sollen. In erster Linie müssen wir feststellen, daß Chruschtschow, nicht wir, die Verhandlungsgegenstände bestimmt. Darin liegt an sich schon ein beträchtlicher diplomatischer Erfolg. Überdies ist der Mann, der die Verhandlungsgegenstände bestimmt, seinem wahren Ziel bereits sehr nahe-gekommen. Sein Angriff richtet sich gegen das Herz der NATO und gegen die Schaffung eines Gegengewichtes gegen die russische Macht. Nach Chruschtschows Meinung ist das Abkommen von Potsdam null und nichtig; alliierte Truppen in Berlin sind rechtswidrig und schädlich und sollten deshalb sofort zurückgezogen werden. Die Stadt sollte unter internationalen Garantien eine freie Stadt werden. All dies soll auf dem Hintergrund eines — wie Chruschtschow es nennt — entmilitarisierten Deutschland geschehen, aus dem alle fremden Truppen abgezogen werden. Der westliche Teil Deutschlands hätte aus der NATO auszutreten, der östliche aus dem Warschauer Pakt.

Dies sind die Gegenstände, über die wir verhandeln sollen. Berlin soll dabei das Symbol und Vorspiel des Zusammenbruchs sein, den Chruschtschow herbeizuführen sich bemüht.

Nun bitte ich, sich zu überlegen, was es bedeutet, über diese Fragen zu verhandeln mit dem Ziel, zu einer Einigung zu kommen. Was kann dabei herauskommen?

Wollen wir Berlin von den Vereinten Nationen garantieren lassen? Im vorliegenden Fall würden nur wir selbst und einige weitere Staaten die Vereinten Nationen bilden. Die Vereinten Nationen als Garantie für Berlin sind bereits heute vorhanden. Ich glaube nicht, daß dies eine befriedigende Lösung wäre. Es ist auch empfohlen worden, die britischen, französischen und amerikanischen Truppen in Berlin durch Truppen der UNO zu ersetzen. Dies würde bedeuten, die Truppen der stärksten Staaten der westlichen Welt durch solche der schwächsten Neutralen zu ersetzen.

Vor nicht allzu langer Zeit erklärte in Washington einer der geachtetsten und klügsten Amerikaner im Hinblick auf Berlin: „Für eine Großstadt ist es höchst abnormal, auf diese Weise zu leben — in sich gespalten, zu drei Vierteln von der Umwelt abgeschnitten, zu einem Teil wenigstens von der Anwesenheit fremder Garnisonen abhängig. Diese Situation liegt weder im Interesse der Bevölkerung noch im Interesse des Weltfriedens. ... Die Westmächte selbst haben kein Interesse daran, eine derartige Situation dauernd bestehen zu lassen.“ Er schloß mit folgenden Worten: „Nidtts wäre absurder als die Behauptung, daß dies eine befriedigende Situation ist, weldte Aussidit auf Dauerhaftigkeit hat und deren Andauern wir wünschen könnten.“

Welches wären aber die Bedingungen, die der Bevölkerung von Berlin nützlicher und den Interessen des Westens förderlicher wären als die heutigen? Der erwähnte Amerikaner würde wohl erwidern: Diese Bedingungen sind die Einigung Deutschlands durch Rüdezug der amerikanischen Truppen. Er würde hinzufügen: Durch Rückzug aus Deutschland. Der Rückzug aus Deutschland wäre jedoch gleichbedeutend mit einem Rückzug aus Europa, denn westlich des Rheins bestände kein strategischer Raum mehr für diese Truppen. Frankreich wäre nicht bereit, diese Truppen in sein Gebiet aufzunehmen. Es ist zudem völlig klar, daß die heute in Deutschland befindlichen militärischen Einrichtungen nicht nach Frankreich verlegt und dort neu erstellt werden könnten, denn die Kosten dafür würden die Möglichkeiten sowohl der USA als auch Frankreichs übersteigen. So würde der Rückzug aus Deutschland bedeuten, daß diese Truppen in die USA zurückgezogen würden. Diese Tatsache stört nun viele Verfechter dieser Idee keineswegs. Sie erklären: Es liegt eben im Sinne des Disengagements, daß wir uns zurückziehen. In Wahrheit würde ein solcher Rückzug bedeuten, daß der Versuch, ein Gegengewicht zur Sowjetmacht zu schaffen, gescheitert wäre. Die einzige Möglichkeit der Verteidigung Europas würde alsdann in den Kernwaffen liegen. Wäre dies eine vernünftige Lösung?

Nehmen wir einmal an, unsere europäischen Alliierten erklärten uns einstimmig: Wir glauben, daß die Anwesenheit eurer Truppen nicht mehr notwendig ist, sondern im Gegenteil einer Verständigung mit den Russen im Wege steht. Unsere Regierung würde natürlich sagen: Wenn ihr diese Truppen nicht braucht, kommen sie eben nach Hause.

Nehmen wir aber an, daß unsere Alliierten später einsehen würden, daß sie sich irrten und Rußland ihnen unannehmbare Forderungen stellt, so wäre es denkbar, daß sie zu uns kämen und sagten: Könnt ihr uns nicht helfen? Was könnten wir dann tun? Ich glaube, wir müßten antworten: Die einzige Möglichkeit, euch zu helfen, ist, daß wir der Sowjetunion mit einem Atomkrieg drohen. Sollen wir das tun? Und sie würden uns antworten: Nein, das möchten wir lieber nicht.

Wir würden beistimmen und sagen: Die Drohung mit einem derartigen Angriff auf die Sowjetunion könnte zur Folge haben, daß die Gegenseite zum ersten Schlag ausholt, und das scheint uns, strategisch gesehen, kaum vernünftig.

Müssen wir deshalb nicht zum Schluß kommen, daß wir durch eine solche Handlungsweise jenen Worten in Artikel 5 des Nordatlantikpaktes jede Bedeutung nähmen, die besagen, daß jeder Angriff auf ein Mitglied des Paktes als Angriff auf alle anderen betrachtet wird? Weshalb wurden die amerikanischen Truppen in Europa stationiert? Sie wurden nach Europa verlegt, weil unsere europäischen Alliierten der Meinung waren, die erwähnte Bestimmung des Paktes wäre wirkungslos, wenn in Europa keine amerikanischen Truppen und keine Verteidigungsmacht stehen würden. In diesem Punkt hatten sie in der Tat recht. Hätten die Nationen auf beiden Seiten des Atlantiks eine derartige Verpflichtung wirklich übernehmen wollen, wenn sie keine Möglichkeit gesehen hätten, sie anders als durch einen universellen nuklearen Krieg zu erfüllen?

Uber unsere eigene Existenz verhandeln?

Ich möchte mit diesen Ausführungen versuchen, zu zeigen, welcher Natur die Konferenz ist, zu der Chruschtschow uns eingeladen hat. Er lädt uns ein, um über unsere eigene Existenz zu verhandeln. Er schlägt uns in freundlichen Worten vor, die Voraussetzungen unserer unabhängigen Existenz aufzugeben. Er sagt: Sicher können wir doch darüber sprechen. Es handelt sich um eine Angelegenheit, in der ein Kompromiß möglich ist. Ich brauche euch die Gurgel nicht ganz durchzuschneiden. Es genügt, wenn ich sie halb durchschneide.

Dies ist die Lage, in die wir durch die unglaubliche Ansicht versetzt werden, daß jede Art von Verhandlung an sich gut sei.

Ich möchte schließen, indem ich drei Vorschläge äußere. Wir dürfen davon ausgehen, daß die ersten zehn Jahre der NATO eine Periode beträchtlichen Fortschrittes bildeten, obwohl die Schaffung einer gemeinsamen Verteidigungsmacht der Alliierten immer wieder in Frage gestellt wurde, zuerst in den USA anläßlich der „troops for Europe" -Debatte in den Jahren 1951/52, dann in der Debatte über die deutsche Wiederaufrüstung. Kaum sind diese beiden Fragen gelöst, beginnen wir darüber zu debattieren, ob wir ein „Disengagement" durchführen wollen, nachdem es zehn Jahre dauerte, bis wir das „Engagement“ zustande-brachten. Ich bin deshalb der Meinung, daß die NATO an der Schwelle ihrer zweiten Dekade für die Dauer eines Jahrzehntes beschließen sollte, in Europa eine solide Verteidigungsmacht aufbauen zu wollen, so wie SHAPE sie empfiehlt, alle dazu erforderlichen Anstrengungen und Opfer auf sich zu nehmen und alles zu unterlassen, was damit nicht vereinbar ist.

Zweitens sollte die NATO ihren Blick nach Osteuropa wenden und ihre Politik auf den Zeitpunkt ausrichten, da alle Regierungen in Europa wieder vom Willen ihrer Völker getragen sein werden. Ich spreche nicht von Befreiung und nicht davon, die Regimes in Osteuropa durch Gewalt zu stürzen. Aber ich sage, daß wir öffentlich eindeutig klar machen müssen, daß wir nicht bereit sind, das zu tun, was Chruschtschow von uns will, nämlich die Teilung Europas heute und für die Zukunft zu akzeptieren.

Drittens muß die NATO zum Schluß kommen, daß verhandelt werden muß, und zwar über die Kontrolle der Rüstungen. Dies muß in einer praktischen und vernünftigen Weise geschehen, nicht nach jener phantastischen Idee einer allgemeinen Abrüstung innerhalb von vier Jahren.

Die beiden großen Mächte samt ihren Freunden sollten sich auf ein System einigen, durch das ihr Aktionsradius verringert wird. Dies heißt, daß alle strategischen Atomwaffen unter strikte internationale Kontrolle und Beschränkung gebracht werden. Die konventionellen Streitkräfte, ob sie mit Atomwaffen versehen sind oder nicht, müssen in der Sowjetunion so herabgesetzt werden, daß sie nicht Ursache eines gefährlichen Abenteuers werden können. Ein solches System würde es zulassen, militärische Anlagen zu errichten und zu unterhalten, die bei einem Angriff fast unverletzlich wären, ohne aber ihrerseits einen Angriff zu ermöglichen.

Die Russen wollen heute natürlich nicht hierüber sprechen, weil sie hoffen, daß ihnen ohne Gegenleistung alles in die Hände fallen wird. Aber es scheint mir, daß Chruschtschow, wenn er sich die Lage wirklich überlegte, sehen würde, daß heute noch Zeit vorhanden ist, nicht viel zwar, aber noch genug, um ein Abkommen zwischen der Sowjetunion und ihren Freunden einerseits und den USA und ihren Freunden andererseits über einen solchen Plan abzuschließen, der den Lauf der Welt ändern könnte. Es bleibt uns die Zeitspanne, bis die Atomwaffe Allgemeingut wird. Wenn dies einmal der Fall sein wird, dann, glaube ich, ist uns die Möglichkeit entglitten, ein solches Abkommen zu treffen. Wenn einmal jeder Staat Atomwaffen herstellen kann, scheint mir die Zukunft der Welt düster auszusehen.

Wenn aber einmal irgend etwas Schwerwiegendes geschehen ist, besteht noch die Hoffnung, daß alle Mächte zusammen beschließen, eine wirksame Kontrolle einzuführen, wodurch die Drohung mit jener schrecklichen Vernichtungswaffe, die in 15 Minuten weite Gebiete auf anderen Kontinenten zerstören kann, aufhört und verhindern wird, daß große Armeen durch Europa und Asien rollen und alles Leben auslöschen können. Hier liegt die Hoffnung von Verhandlungen, nicht in dem Versuch, Westeuropa und Nordamerika voneinander zu trennen.

Fussnoten

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