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Das Dritte Reich Grundlagen und politische Entwicklung | APuZ 43/1959 | bpb.de

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APuZ 43/1959 Das Dritte Reich Grundlagen und politische Entwicklung

Das Dritte Reich Grundlagen und politische Entwicklung

HANS BUCHHEIM

Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Kösel-Verlages, München, der diese Betrachtung in Buchform herausgebracht hat.

Am 30. Januar 193 3 ernannte Reichspräsident von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Damit vertraute er die Führung der deutschen Politik einem Manne an, der in 14jähriger Agitation aus seiner Feindschaft gegen die Weimarer Republik nie ein Hehl gemacht, vielmehr durch konsequent destruktive Taktik erheblich zur Entstehung ihrer Krise beigetragen hatte, deren Überwindung man nun von ihm erhoffte.

Deshalb empfand die deutsche Öffentlichkeit das Ereignis, obgleich es sich in legalen Formen vollzog, mit Recht als einen „Umbruch“ und stand in Erwartung tiefgreifender Veränderungen, sei es zum Guten oder Bösen. Dabei wuchs bis weit in die Kreise des demokratischen Bürgertums hinein die Bereitschaft, Hitler eine Chance zu geben. Denn die Wirtschaftskrise und die chronische Arbeitsunfähigkeit des Reichstags hatten viele Deutsche republikmüde gemacht, beziehungsweise in ihrer Gegnerschaft gegen die Republik bestärkt, während nur die wenigsten genügend politische Vorstellungskraft besaßen, um ermessen zu können, welche Konsequenzen eine Ausschaltung rechtsstaatlicher Sicherungen und eine Auflösung der demokratischen Ordnung haben würden. Dazu kamen die Wirkungen einer geschickt geförderten nationalen Grundstimmung.

Hitlers Regierungsantritt wurde als „nationale Erhebung" stilisiert und erhielt sein entsprechendes Symbol in dem Staatsakt von Potsdam am 21. März 1933: am Grabe Friedrich des Großen reichte Hindenburg — mehr Generalfeldmarschall des alten Preußen als Präsident der Republik — dem ehrfürchtig sich verneigenden Hitler die Hand. Die alten Vorurteile, demokratisches und nationales Denken seien nicht miteinander vereinbar, gewannen Nahrung, und Verstöße gegen die demokratische Verfassung brauchten kein Anlaß zur Sorge zu sein, solange sie um nationaler Zwecke willen erfolgten. Weite Kreise nahmen Aktionen, die, von Kommunisten unternommen, als alarmierende Verletzung von Recht und Ordnung empfunden worden wären, von nationalen Männern (beziehungsweise von solchen, die man dafür hielt) ohne weiteres hin. Als in der Woche nach den Reichstagswahlen vom 5. März an den Rathäusern der deutschen Städte die schwarz-weiß-rote Fahne gehißt wurde, machten sich die wenigsten unter dem Eindruck dieser nationalen Demonstration den damit verbundenen Verfassungs-bruch bewußt, und das revolutionäre Rot der daneben erscheinenden Hakenkreuzflagge wurde von den meisten übersehen. Erst bittere Erfahrungen mußten darüber belehren, daß man einen Weg eingeschlagen hatte, auf dem nicht nur die demokratische Verfassung, sondern jede verbindliche staatliche Ordnung überhaupt zerstört werden sollte, und daß die scheinbar nationale Bewegung in Wahrheit der Substanz der Nation schweren Schaden zufügen werde.

In dem neuen sogenannten „Kabinett der nationalen Konzentration" standen acht bürgerlich-nationalen nur drei nationalsozialistische Minister, einschließlich Hitler selbst, gegenüber. Bei diesem Stimmen-verhältnis schien es Papen, als er Hitlers Berufung zum Kanzler arrangierte, offenbar nicht zweifelhaft, daß er unter Ausnutzung der politischen Energien der nationalsozialistischen Bewegung doch die Entscheidung über den einzuschlagenden Kurs behalten und Herr der Lage bleiben werde. Für Hitler dagegen war die „nationale Erhebung“ in Wahrheit seine „Machtergreifung", die er mit dem festen Willen unternahm, den Staat ausschließlich nach seinen Vorstellungen auszurichten und seinen politischen Zielen zu unterwerfen. Dabei war ihm das Stimmverhältnis im Kabinett ziemlich gleichgültig. Für ihn war das Entscheidende, den Apparat der staatlichen Exekutive in die Hand bekommen zu haben; denn er hatte erfaßt, daß der Bestand des modernen Staates von seiner Verwaltung, das heißt: von seiner technischen Organisation so abhängig geworden ist, daß von daher seine rechtlich-politische Ordnung, seine Verfassung und Regierung gelähmt werden können. So gehörten denn auch indirekte Verfassungsänderungen auf dem Verwaltungswege zu den typischen Erscheinungen des Dritten Reiches; der unscheinbarste Erlaß und die harmloseste Zuständigkeitsregelung konnten den Keim umwälzender Veränderungen der Verfassung enthalten. Da Hitler überdies nicht vor Gewalt und Wortbruch zurückschrak, hatte er sein Kabinett binnen kurzer Zeit an die Wand gespielt; bereits im Oktober 1934 mußten die Reichsminister ihm einen Treue-und Gehorsamseid leisten.

Der entscheidende Akt der Machtbefestigung war weder der knappe Reichstagswahlsieg der Regierungskoalition vom 5. März noch der Beschluß des Ermächtigungsgesetzes vom 23. März 193 3, durch den das Parlament auf seine Mitwirkung bei der Gesetzgebung verzichtete, sondern die sogenannte „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat". Sie wurde am 28. Februar erlassen, einen Tag nach dem Reichstagsbrand, der als Auftakt eines angeblich geplanten kommunistischen Aufstandes hingestellt wurde. Diese Verordnung diente dem Namen nach der Abwehr kommunistischer, staatsgefährdender Gewaltakte, war aber in Wahrheit Hitlers Instrument, um binnen kurzem alle seine politischen Gegner mattzusetzen und die Gleichschaltung der deutschen Länder einzuleiten. Denn sie hob erstens die in der Weimarer Verfassung garantierten Grundrechte auf und bestimmte zweitens, daß die Reichsregierung die polizeilichen Befugnisse derjenigen Länder übernehmen könne, in denen die nach ihrer Ansicht notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht getroffen wurden. Die Verordnung wurde nie wieder aufgehoben, sondern bildete die Grundlage der uneingeschränkten Polizeigewalt, mit der Hitler seine Herrschaft sicherte. Da sie die in Artikel 48 der Reichsverfassung gegebenen Möglichkeiten ausschöpfte, ohne die an gleicher Stelle vorgesehenen Sicherheitsbestimmungen zu berücksichtigen, versetzte sie Deutschland in einen permanenten Ausnahmezustand, unter dem jede Rechtssicherheit suspendiert war, soweit es die Zwecke der Führung erforderten.

Noch im Kriege berief sich die Gestapo bei Verhaftungen auf die Verordnung vom 28. Februar 193 3, und es ist vorgekommen, daß in der Zeit, in der Hitler mit Sowjetrußland paktierte, evangelische und katholische Geistliche festgenommen wurden mit der Begründung, sie erzeugten mit politischen Predigten im Volk eine Unruhe, die kommunistischen Elementen als Ansatzpunkt diene, die Sicherheit von Volk und Staat zu gefährden.

Seit dem Tage der Machtergreifung gingen neben dem Mißbrauch der Notstandsklauseln der Verfassung Terror und offene Gewalt einher:

politische Gegner und Juden wurden angeprangert, verprügelt, eingesperrt, ja in manchen Fällen sogar grausam getötet; mißliebige Gelehrte, Publizisten und Künstler wurden aus ihren Stellungen gedrängt und mußten ins Ausland fliehen. In allen Teilen des Reiches richtete die SA Konzentrationslager ein, in denen sie von der Polizei ungestört an ihren Gegnern Rache übte. 1934 wurden die Lager von der SS übernommen und als Dauereinrichtungen zur Ausschaltung und Demoralisierung der wirklichen und angeblichen Gegner des Dritten Reiches bürokratisch organisiert. Dieser politische Zweck trat seit 1942 gegenüber einem wirtschaftlichen zurück: das ganze Gebiet Großdeutschlands wurde mit einem Netz von Zwangsarbeitslagern überzogen, in denen Häftlinge aus allen Ländern des besetzten Europa für eine SS-eigene Industrie beziehungsweise für das finanzielle Interesse der SS arbeiteten.

Der Sinn der Gleichschaltungspolitik des Jahres 193 3 war die Übertragung der politischen Prinzipien, nach denen sich die Partei organisiert hatte, auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens, die auf diese Weise zentral steuerbar gemacht wurden. Eine der wichtigsten dieser Maßnahmen war, nach der gewaltsamen Beseitigung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933, die Organisation der deutschen Arbeit in der „Deutschen Arbeitsfront". Sie war verbunden mit dem Versuch, die Sozialpartnerschaft und die gesellschaftliche Stellung des Arbeiters grundlegend, und auf den ersten Blick vielversprechend, neu zu ordnen. An Stelle der Fronten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer trat der Betrieb als Interessen-und Leistungsgemeinschaft. Der Arbeiter erhielt Lohn-und Versorgungsgarantien und erfuhr durch propagandistische Betonung des sittlichen Wertes der Arbeit („Arbeit adelt") eine Hebung seines gesellschaftlichen Ansehens und eine Stärkung seines Selbstbewußtseins.

Jedoch erwiesen sich diese Vorteile in dem sich entwickelnden totalitären System sehr bald als belastende Hypothek, zwar nicht gegenüber dem privaten Unternehmer, der seinen Arbeitern jetzt grundsätzlich gleichgestellt war, sondern gegenüber dem Staat. Denn an die Stelle der Sorge um den Lebensunterhalt trat für den Arbeiter der moralische Zwang, sich der gebotenen Vergünstigungen durch Leistung würdig zu erweisen. Schlechte Leistungen waren keine Privatsache mehr, die lediglich eine Verringerung des eigenen Lebensstandards bedeutete, sondern wurden darüber hinaus schon im Frieden — als „Sabotage am Aufbauwerk des Führers“ — zum politischen Vergehen. So schlugen auch an sich begrüßenswerte soziale Reformen der „Arbeitsfront“ zum Nachteil der Menschen aus, weil sie letztlich nicht aus Fürsorge für das Wohl des einzelnen geschaffen worden waren, sondern um das Kräftepotential des Staates aufs höchste zu steigern.

Einer wirkungsvollen Gleichschaltung entzogen waren vorerst diejenigen Institutionen, die wegen ihrer Aufgaben eigenes politisches Gewicht besaßen und über eine durch Tradition gefestigte innere Ordnung verfügten, die schon von der Demokratisierung des deutschen Staates wenig berührt gewesen war: Wehrmacht, Ministerialbürokratie, Kirchen und Wirtschaft, Domänen des nationalen Bürgertums beziehungsweise des Adels. Außer im Falle der Kirchen, bei denen sich ein 193 3 unternommenes Gleichschaltungsmanöver als Versuch am untaug-lichen Objekt erwiesen hatte und die seitdem für Hitler bis zuletzt ein ungelöstes Problem blieben, ließ er es klugerweise nicht auf einen Kampf mit diesen Mächten ankommen, sondern verstand es, sich durch taktische Kompromisse ihre Loyalität zu sichern, solange sie noch glaubten, er diene ihren Interessen. Er zog es vor, sie abzunutzen und mit ihrer eigenen Hilfe allmählich eine Lage zu schaffen, in der sie ihre Macht nicht mehr gegen ihn gebrauchen konnten, sondern ihm gehorchen oder sich von ihm ausschalten lassen mußten.

Sozia’revolutionäre Ambitionen der SA

Als ernste Störung dieser Taktik erwies sich jedoch bereits im Herbst 193 3 die SA, die aus der Tatsache, daß Hitler die Macht erkämpft hatte, begreiflicherweise den Anspruch ableitete, bei der nun fälligen Neuordnung Deutschlands ein Wort mitzureden. Sie gab sich unter der Führung Röhms nicht damit zufrieden, daß sie sich einige Monate lang gegen ihre Feinde hatte austoben dürfen, sondern zeigte sozialrevolutionäre Ambitionen und wollte in den neuen Staat ihrer Macht entsprechend sinnvoll eingegliedert werden. Als nationalsozialistisches Volksheer wünschte sie, zunächst neben und später an die Stelle der Reichswehr zu treten. Dem konnte Hitler unter keinen Umständen entsprechen. Weder war seine Stellung schon genügend gefestigt, daß er sich mit der Reichswehr hätte verfeinden können, am allerwenigsten, solange Hindenburg noch lebte, noch gestatteten es seine außenpolitischen Pläne, auf die militärisch erstklassig geschulte Armee, besonders auf deren Offizierskorps, zu verzichten, das erst in Jahrzehnten vollwertig zu ersetzen gewesen wäre.

So mußte er darauf sinnen, die SA als Machtfaktor auszuschalten. In dieser Absicht tat er zunächst nichts, um die sich häufenden Reibereien zwischen Reichswehr und SA zu unterbinden und die zunehmende Animosität zwischen den beiden zu beseitigen. Er ließ die Dinge vielmehr so lange treiben, bis er sicher sein konnte, daß die Reichswehr einen Gewaltstreich gegen die SA nicht nur dulden, sondern sogar erleichtert begrüßen würde. Diese Aktion erfolgte am 30. Juni 1934. Über Nacht endeten bewährte und mächtige SA-Führer als „Perverse“ und „Verräter“, und die SA selbst sank mit einem Schlag zur einflußlosen Massenorganisation ohne politisches Profil herab. Dieser hundertfache Mord von Staats wegen öffnete vielen Deutschen die Augen, die bis dahin mit einem gewissen Wohlwollen die politische und wirtschaftliche Entwicklung verfolgt hatten; auch unter den Anhängern der NSDAP gab es manche Enttäuschung und Ernüchterung. Da aber der höchst illegale Akt gerade die bisherigen Exponenten der Illegalität getroffen hatte, machten sich viele andere wiederum die Illusion, es sei nur ausgetilgt worden, was bisher nicht recht in das Bild einer gesitteten nationalen Erhebung gepaßt hatte — eine völlige Verkennung der Situation!

Denn in Wahrheit hatte Hitler die Gelegenheit benutzt, zugleich mit den Elementen sozialrevolutionärer Unruhe auch diejenigen bürgerlich-nationalen Politiker zu beseitigen, die ihm gefährlich werden konnten. Der 30. Juni war der Anfang vom Ende der konservativen Stilisierung der nationalsozialistischen Herrschaft, und es dauerte nicht mehr lange, ua richtete die Gestapo neben dem Referat „Kommunismus und Marxismus“ ein Referat „Reaktion und Rechtsopposition" ein. Vor 1933 hatten viele Deutsche mit Hitler sympathisiert, weil sie sich nicht vorzustellen vermochten wie er seine Herrschaft mißbrauchen werde. Später, als er auf dem Höhepunkt seiner Macht stand, fehlte den meisten die Möglichkeit, seiner verbrecherischen Politik wirksam entgegenzutreten. Zwischen dem 30. Januar 1933 und Hindenburgs Tod am 2. August 1934 aber hatte er bereits deutlich genug offenbart, wes Geistes Kind er war, während er doch noch nicht so fest im Sattel saß, daß man ihn nicht hätte stürzen können. Hätte in diesem Zeitraum sich nur ein Teil der führenden Beamten, Gelehrten, Offiziere und Künstler zum demonstrativen Rücktritt entschlossen, hätte sich Hitler keinesfalls halten können. Einen solchen Schritt damals unterlassen zu haben, stellt die greifbarste politische Mitschuld des deutschen Bürgertums und Adels am nationalsozialistischen Regime dar.

Auch die Reichswehr, die sich aus dem Morden herausgehalten hatte, begriff offensichtlich nicht die Zeichen der Zeit, sondern wähnte sich als Siegerin und in ihrer Stellung als „einzige Waffenträgerin der Nation" endgültig gesichert. Sie brachte nicht genügend politische Vorstellungskraft auf, um die Bedeutung der Tatsache zu erfassen, daß noch am gleichen Tage, an dem die Konkurrenz der SA beseitigt wurde, Sepp Dietrich von Hitler die Zusage erhielt, daß die „Leibstandarte“ als modern bewaffnetes Regiment organisiert werde. Denn das war der Geburtstag der SS-Verfügungstruppe beziehungsweise der späteren Waffen-SS, die allerdings nicht durch plumpen revolutionären Frontalangriff, sondern schrittweise und mit behutsamer Taktik der Armee ihre Stellung streitig zu machen begann. Von keinerlei politischer und geistiger Tradition belastet, lebte die neue Truppe aus der nationalsozialistischen Weltanschauung und kannte keine andere Möglichkeit als die „Treue zum Führer“; in einen Konflikt zwischen Gehorsams-pflicht gegenüber Hitler und Verantwortung für Staat und Nation konnte sie nicht geraten.

Daß Hitler die SA nicht entmannt hatte, um den alten Mächten des Staates ungestörtes Gedeihen zu sichern, sondern um diese nicht argwöhnisch werden zu lassen, solange er noch ihrer bedurfte, das hat die Reichswehrführung nicht durchschaut. Im Gegenteil: sie bot ihm in naiver Dankbarkeit kurze Zeit später die Hand zu einem Coup von eminenter Bedeutung und unabsehbaren Folgen. Sie setzte sich nämlich nach Hindenburgs Tod nicht für eine verfassungsmäßige Regelung seiner Nachfolge ein, sondern stimmte der Vereidigung der gesamten bewaffneten Macht auf Hitler als neues Staatsoberhaupt zu. Die Reichs-wehr schwur bei Gott Hitler persönlich unbedingten Gehorsam und begab sich auf diese Weise nicht nur ihrer bis dahin gewahrten politischen Selbständigkeit und Handlungsfreiheit, sondern bürdete jedem einzelnen deutschen Soldaten den möglichen Gewissenskonflikt zwischen Gehorsamspflicht gegenüber einem Einzelnen und Verantwortung für das Wohl des ganzen Volkes auf.

Revision des Versailler Vertrages

Nachdem sich Hitler am 2. August 1934 selbst zum deutschen Staatsoberhaupt gemacht hatte, gab es rechtlich und politisch keine Autorität mehr neben der seinen, sondern er hatte den Weg frei, aus der Macht im Staate die Macht über den Staat zu machen und diesen als Instrument seiner außenpolitischen Pläne zu benutzen. Hier war sein Ziel zunächst das gleiche wie das der Regierungen der Weimarer Republik: die Revision des Versailler Vertrages. Seine Grundeinstellung aber war eine ganz andere.

Hitlers Vorgänger im Kanzleramt hatten, mindestens bis zu Brüning, die Wiederherstellung der Rechte Deutschlands im selbstverständlichen Bewußtsein europäischer Solidarität betrieben und aus dem Verantwortungsgefühl, nichts zu tun, was auch in absehbarer Zukunft Anlaß zu einem neuen Krieg zwischen den Völkern Europas geben könnte. Hitler dagegen machte sich gerade den Mangel an europäischer Solidarität und Europas Sorge vor einem neuen Krieg zunutze. Ohne Rücksicht auf die lebenswichtigen gemeinsamen Interessen der europäischen Völkerfamilie spekulierte er auf die Schwächen und Sonderinteressen der einzelnen Nationen und trug kein Bedenken, die internationalen Beziehungen durch krasse Unaufrichtigkeit zu vergiften sowie dauernd die Gefahr eines europäischen Krieges zu riskieren. Auf diese Weise hatte er zwar binnen kurzem glänzende Erfolge aufzuweisen, wie sie die demokratischen Politiker so rasch nicht erreicht hätten, machte dafür aber die sich anbahnende Stabilisierung Europas zunichte und scheute sich schließlich nicht einmal, durch seinen Pakt mit Ruß-land diesem den Weg auf den Kontinent zu öffnen. Das zur Verteidigung einer solchen Politik oft vorgebrachte Argument, andere Nationen hätten vor hundert Jahren nicht anders gehandelt, bot nur eine scheinbare Rechtfertigung, denn die geschichtliche Entwicklung hatte eben im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts bereits eine Stufe erreicht, auf der das deutsche Schicksal mit dem Europas zu eng verbunden war, als daß sich auf Kosten Europas für Deutschland echte, bleibende Erfolge hätten erringen lassen.

Als Hitler die Regierung übernahm, hatte die Revision des Versailler Vertrages schon gute Fortschritte gemacht. Die Konferenz von Lausanne im Sommer 1932 hatte praktisch das Ende der Reparationszahlungen gebracht, und mit dem Beschluß der Abrüstungskonferenz vom 11. Dezember des gleichen Jahres war Deutschland grundsätzlich die Gleichberechtigung in Rüstungsfragen zugestanden worden. Gewiß hätte es gerade auf diesem Feld noch vieler Zeit und Geduld bedurft, um zu konkreten Folgerungen zu gelangen; doch waren die Aussichten gut, zumal sich Frankreich wegen seiner unzugänglichen Haltung und der Einstellung seiner Schuldentilgung bei Amerika viel Sympathie verscherzt hatte.

Nachdem Hitler am 17. Mai 1933 zunächst eine sehr maßvolle außenpolitische Rede gehalten hatte, die auf eine entsprechende Beteiligung an den internationalen Konferenzen hoffen ließ, verkündete er am 14. Oktober brüsk Deutschlands Ausscheiden aus der Abrüstungskonferenz und aus dem Völkerbund. Doch hatte er gleichzeitig beachtliche Verhandlungserfolge mit zwei Mächten aufzuweisen, mit denen sich zu verständigen man gerade dem Dritten Reich am wenigsten die Bereitschaft zugetraut hätte. Am 20. Juli wurde das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl geschlossen, und am 15. November erfolgten die ersten Verlautbarungen über eine deutsch-polnische Annäherung, die dann im Nichtangriffspakt vom 26. Januar 1934 gipfelte. Besonders die überraschende Verständigung mit Polen, dem einzigen Land, mit dem sich die Weimarer Republik in ernsten Spannungen befunden hatte, schien einen Zweifel an Hitlers Friedenswillen nicht ohne weiteres zu gestatten, wenn er auch offenbar eigene Wege gehen wollte. Übrigens demonstrierte dieser Vertrag, welchen Kredit das deutsche Volk „nationalen Männern“ unbesehen einzuräumen bereit war. Eine demokratische Regierung, die eine Verständigung mit Polen hätte wagen wollen, was einen Verzicht auf den Korridor einschloß, wäre zerrissen worden, und allen voran hätte sich Hitler nicht genug tun können, einen solchen „Verrat" und „Ausverkauf" der deutschen Interessen anzuprangern.

Ein Grundzug von Hitlers außenpolitischer Taktik zeichnete sich in diesen Monaten bereits ganz deutlich ab: er scheute alle mehrseitigen internationalen Bindungen, Pakte und Institutionen, bei denen er es mit einer Reihe von Partnern zugleich zu tun hatte, und alle getroffenen Abmachungen von mehreren Mächten garantiert wurden. Statt dessen bevorzugte er, mit jeweils nur einem Partner zu verhandeln und zweiseitige Verträge zu schließen, über deren Einhaltung er sich nur immer mit einem Kontrahenten auseinanderzusetzen brauchte. Ein solches Verfahren diente einer Politik, die sich nicht im Rahmen einer europäischen Gemeinschaft halten, sondern jede Nation einzeln und eine nach der anderen aus dieser Gemeinschaft herausbrechen wollte. Hitler hatte damit großen Erfolg; Polen blieb nicht das einzige Land, das er von einer Politik kollektiver europäischer Sicherheit abbrachte, um die sich die westliche Diplomatie vom Sommer 1934 an erneut sehr bemühte. Besonders Frankreich versuchte, unter Einschluß von Deutschland und Rußland im Osten ein ähnliches System von Nichtangriffsgarantien zu schaffen, wie es im Westen mit dem Locarno-Pakt bereits vorhanden war. Hitler entzog sich jedoch diesem Plan, der seine Handlungsfreiheit in Osteuropa eingeschränkt hätte, er wartete vielmehr auf günstige Gelegenheiten, die vertraglichen Bindungen in Westeuropa wieder abzuschütteln.

Die Wiedereinführung der zweijährigen Militärdienstzeit in Frankreich nahm er zum Anlaß, am 16. März 193 5 die Rüstungsbeschränkungen Deutschlands durch den Versailler Vertrag für nichtig zu erklären und die allgemeine Wehrpflicht einzuführen. Auf diesen Schritt reagierten England, Frankreich und Italien im April 193 5 mit dem Beschluß, sich mit allen geeigneten Mitteln jeder einseitigen Aufkündigung von Verträgen zu widersetzen. Es bedurfte aber nur weniger Monate, um diese sogenannte „Stresa-Front" als ein sehr schwaches Bollwerk zu erweisen und Hitlers Spekulationen auf den Mangel an europäischer Solidarität recht zu geben. Am 18. Juni 193 5 schloß England mit Deutschland ein Flottenabkommen und erkannte auf diese Weise die deutsche Revisionspolitik und den Vertragsbruch an, gegen die es sich eben noch stark gemacht hatte. Es war das der erste Schritt einer Politik des Entgegenkommens, die England bis zur polnischen Krise im Jahre 1939 fortsetzte, und in der ebenso das schlechte europäische Gewissen wegen des Versailler Vertrages wie der Unerfahrenheit im Umgang mit modernen Diktatoren ihren Ausdruck fanden. Jetzt war man bereit, alle Versailler Bestimmungen, die offensichtlich gegen den Grundsatz des Selbstbestimmungsrechtes der Völker verstießen, revidieren zu lassen. Nachdem man aber den deutschen Staatsmännern, die vor 193 3 ehrlich um eine europäische Friedensordnung bemüht gewesen waren, das Leben unnötig schwer gemacht hatte, ebnete man nun einem Mann den Weg, der sich mit der Revision nur die Basis zu viel weiter reichenden Plänen schuf.

Am 3. Oktober 193 5 begann Italien seinen Krieg gegen Abessinien. Die Sanktionen, die England und Frankreich mit halbem Herzen verhängten, reichten nicht aus, Italiens Feldzug ernstlich zu gefährden, wohl aber, die guten Beziehungen zwischen den Stresa-Staaten zu trüben und das Ansehen des Völkerbunds schwer zu erschüttern. Dagegen konnte Hitler durch großzügige politische und materielle Unterstützung eine entscheidende Wendung in den Beziehungen zwischen Deutschland und Italien herbeiführen. Während sich Mussolini bisher allen Ambitionen Hitlers in Südosteuropa entschieden widersetzt und dessen Versuch vereitelt hatte, Österreich 1934 durch einen Putsch zu annektieren, zeigte er seit 1936 für Deutschlands Interesse an Österreich Verständnis. So schuf der Abessinienkrieg die Voraussetzungen für die spätere Bildung der „Achse Berlin — Rom" und den Anschluß Österreichs.

Zunächst aber bot er Hitler die Möglichkeit, gewissermaßen in seinem Schatten den gewagtesten Schritt seiner ganzen politischen Laufbahn zu machen: Am 7. März 1936 kündigte Hitler das westliche Garantie-system von Locarno und ließ deutsche Truppen in die entmilitarisierte Zone des Rheinlandes einmarschieren. Der Stand der deutschen Rüstung war damals noch so, daß es keiner gemeinsamen Aktion der Westmächte, sondern lediglich des energischen Eingreifens Frankreichs bedurft hätte, um Hitler zum schimpflichen Rückzug zu zwingen. Das hat dieser später selbst eingestanden und die 48 Stunden nach dem Einmarsch als die aufregendsten seines Lebens bezeichnet. Aber Frankreich konnte sich nicht zur Mobilmachung entschließen, und England tat nichts, es zu ermutigen. Beide Mächte zeigten, daß sie nicht bereit waren, mit Taten für die von ihnen selbst errichtete Ordnung einzutreten, und ließen die letzte Gelegenheit vorübergehen, Hitler mit verhältnismäßig geringem militärischem Einsatz zum Stehen zu bringen. Wer wollte auch den Frieden opfern, nur um Deutschland die freie Verfügung über seine westlichen Grenzgebiete vorzuenthalten? Wer vermochte andererseits die kommende Entwicklung schlüssig genug vorauszusagen, um daraufhin einen Krieg zu beginnen? Alle Aktionen Hitlers waren damals gleichzeitig Wiederherstellung deutscher Rechte und Vorbereitung einer maßlosen Expansionspolitik; das machte es so schwer, ihnen angemessen zu begegnen. Die Konsequenz der Rheinland-besetzung war für Frankreich eine schwere Erschütterung seines Bündnissystems, insbesondere der Kleinen Entente. Deren Partner zogen düstere Schlüsse auf Frankreichs Bereitschaft, ihnen in der Not beizustehen, da dieses sich nicht einmal zur Verteidigung seiner eigenen Interessen aufraffte. Hitler dagegen hatte sich die Voraussetzung dafür geschaffen, durch den Bau des Westwalls das Reichsgebiet nach Westen militärisch abzuschirmen und zu sichern.

Hitler nannte das Jahr 1936 selbst einmal „das Jahr der schwersten Entschlüsse“. Das gilt ebenso wie für die Besetzung der entmilitarisierten Zone auch für den im Sommer des Jahres gefaßten Entschluß, die Lösung des „Problems des deutschen Lebensraumes“, wie er es verstand, in Angriff zu nehmen, das heißt: von einer Politik der Spekulation auf die Kriegsfurcht Europas zur aktuellen Vorbereitung eines Krieges überzugehen. Hitler war überzeugt, daß der Bestand des deutschen Volkes nur durch eine beträchtliche Vergrößerung seines „Lebensraumes“ so gesichert werden könne, daß es in keiner Weise von der Zusammenarbeit mit anderen Nationen, insbesondere vom Weltmarkt und dessen Schwankungen abhängig sei. Dieser „Lebensraum“ dürfe nicht in Übersee liegen, wohin feindliche Nationen jederzeit den Zugang abschneiden könnten, sondern müsse unmittelbar an Deutschland anschließen und sei folglich im Osten zu suchen. Hitler war weiter überzeugt, daß Deutschland nicht beliebig Zeit habe, sich auf die Eroberung des „Lebensraumes" vorzubereiten, sondern die Jahre nützen müsse, in denen die Welt noch nicht ausreichend gerüstet sei, um wirksame Gegenmaßnahmen zu treffen. Daher seien die Jahre 1943 bis 1945 der letztmögliche Termin, den unvermeidlichen Krieg zu führen.

Der Sinn des Vierjahresplanes

Der entscheidende Entschluß, der unter diesen Umständen zu fassen war, betraf nicht das Gebiet der militärischen Rüstung, die sowieso mit aller Energie vorangetrieben wurde, sondern das der deutschen Wirtschaft. Die Verwirklichung des Planes setzte nämlich voraus, für die Jahre vom Beginn des Krieges bis zur möglichen Nutzung der neugewonnenen Gebiete ein Maximum an wirtschaftlicher Autarkie zu schaffen, und sei es um den Preis größter vorübergehender Anspannung und Einschränkung. Dabei ging es nicht so sehr um die Sicherung der Ernährung als um die volle Ausnutzung der deutschen Bodenschätze und die künstliche Erzeugung von Benzin, Gummi und Faserstoffen. Die deutsche Wirtschaft hatte jedoch 1936 den Punkt erreicht, von dem aus unter Beibehaltung eines normalen Außenhandels und bei vernünftiger Berechnung der volkswirtschaftlichen Rentabilität nur noch ein langsamer Fortschritt möglich war und die Gewinnung der notwendigen Autarkie mehr Zeit erfordert hätte, als Hitler angesichts des nach sei-ner Vorstellung letztmöglichen Termins zur Verfügung hatte.

Folglich lautete der Entschluß, den Hitler 1936 fassen mußte: den Sprung in eine Wirtschaftspolitik zu wagen, die unter freiwilliger Aufgabe annähernd normaler Verhältnisse zwar eine baldige Kriegführung ermöglichte, jedoch auch eine Vergrößerung der „Lebensraumes" binnen weniger Jahre unbedingt voraussetzte, sollte sie nicht mit einem Zusammenbruch enden. Das war der Sinn des 1936 verkündeten „Vierjahresplans“, der in den offiziellen Proklamationen zwar nur zwischen den Zeilen zu lesen stand, um so deutlicher aber in Hitlers „Denkschrift zum Vierjahresplan“ ausgesprochen wurde, die mit den Worten schließt: „Ich stelle damit folgende Aufgabe: 1. Die deutsche Armee muß in 4 Jahren einsatzfähig sein. 2. Die deutsche Wirtschaft muß in 4 Jahren kriegsfähig sein.“

Mit der Verwirklichung des Vierjahresplans begann die deutsche Wirtschaft ihre relative Unabhängigkeit von Hitler zu verlieren, dessen Politik sie bis dahin zwar gedient hatte, jedoch unter Wahrung ihrer eigenen Gesetze und Interessen. Unter dieser Voraussetzung hatte Schacht seit 193 3 als Reichsbankpräsident beziehungsweise Wirtschaftsminister mit seinem volkswirtschaftlichen Können möglich gemacht, was nur irgend im Bereich des Möglichen lag. Ihm waren zu einem be-trächtlichen Teil die erstaunlichen wirtschaftspolitischen Erfolge der ersten Jahre des Dritten Reiches zu verdanken, wobei er zwar nicht immer schulgerecht und gegen das Ausland fair, stets jedoch sachgerecht verfahren war. Ähnlich wie Papen geglaubt hatte, er behalte Hitler durch das Stimmenverhältnis im Kabinett in der Hand, hatte Schacht gemeint, Hitler biete einerseits den Vorteil einer der deutschen Wirtschaft dringend erwünschten stabilen Regierung, während man ihn andererseits ohne Mühe durch die Schranken bändigen könne, die die objektiven Gesetze der Wirtschaft setzen. Daß Hitler fähig sei, auch gegen jede wirtschaftliche Vernunft und Verantwortung zu handeln und sehenden Auges eine Politik zu treiben, die in der Inflation enden mußte oder nur mit einem Krieg als Ziel vereinbar war, das hat er offensichtlich nicht erkannt oder nicht für möglich gehalten. Als Göring 1936 mit dem Mut des Ignoranten die Verantwortung für den Vierjahresplan übernahm und die entsprechende Wirtschaftspolitik einleitete, mußte es bald zu Reibungen zwischen ihm und Schacht kommen, der eine Weile noch sich bemühte, den alten Kurs beizubehalten, bereits nach einem Jahr aber, im November 1937, das Feld als Wirtschaftsminister räumte.

Innenpolitisch waren Hitlers Bemühungen in den Jahren 1936 und 1937 darauf gerichtet, Deutschlands Potential zu vergrößern, außen-politisch,Freunde zu finden. Der bedeutende Prestigeerfolg der Olympischen Spiele in Berlin gewann Deutschland im Ausland erstaunlich viel von der Sympathie zurück, die durch Hitlers gewalttätige Politik nach innen und außen seit 1933 verloren gegangen war. Offensichtlich war man auch in weiten Kreisen des Auslandes gern bereit, Hitlers Erfolge zu bewundern, ohne viel nach dem Preis und seinen zukünftigen Plänen zu fragen. Der spanische Bürgerkrieg bot Hitler Gelegenheit, die politische Zusammenarbeit mit Italien zu intensivieren, und die Chance, in Franco einen weiteren Bundesgenossen zu gewinnen, der an Frankreichs Westgrenze beziehungsweise im Hinterland von Englands Gibraltar-Festung unter Umständen nützlich werden konnte.

Im Laufe des Oktober 1936 nahmen die deutsch-italienischen Beziehungen greifbare Formen an, für die Mussolini am 1. November den Begriff „Achse Berlin — Rom“ prägte. Nachdem bereits der Nürnberger Parteitag im September eine betont antibolschewistische Tendenz gehabt hatte, bemühte sich die deutsche Diplomatie in diesem Sinne weiter um die Sympathie der europäischen Nationen. Das Bild Deutschlands als Europas Bollwerk und Vorkämpfer gegen die Weltgefahr des Bolschewismus wurde entwickelt und verfehlte nicht seine Wirkung. Im November 1936 wurde zwischen Deutschland und Japan der Antikominternpakt geschlossen, der offiziell nur die gegenseitige Information über die Tätigkeit der kommunistischen Internationale vorsah, in einem geheimen Zusatzabkommen jedoch Bündnisbestimmungen gegen Sowjetrußland enthielt.

Ereignisse von größter Tragweite

Die ersten Monate des Jahres 193 8 brachten, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, wieder Ereignisse von größter Tragweite: Der Reichskriegsminister und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, Generalfeldmarschall von Blomberg, hatte am 12. Januar in zweiter Ehe eine Frau geheiratet, von der schon wenige Tage später bekannt wurde, daß sie früher sittenpolizeilich überwacht worden sei. Er mußte daraufhin sein Amt niederlegen; unter dem frischen Eindruck dieses Skandals war jedoch eine Verleumdung des Oberbefehlshabers des Heeres, des Generalobersten von Fritsch, er pflege homosexuelle Beziehungen, nicht von vornherein als unglaubwürdig abzutun. Hitler konnte es sich vielmehr leisten, den Verdacht auch gegen das Angebot des Ehrenwortes des zu Unrecht Beschuldigten aufrechtzuerhalten. Dieser ließ sich eine unwürdige Gegenüberstellung mit einem mehreremal einschlägig vorbestraften Zuchthäusler bieten und willigte in Verhöre durch die Gestapo ein, die bis dahin keinerlei Befugnisse im Bereich der Wehrmacht gehabt hatte. Er wurde schließlich von Hitler entlassen, ehe noch eine ehrengerichtliche Entscheidung gefallen war.

Das Ergebnis der Krise, zu der Blomberg den äußeren, von Hitler geschieh genutzten Anstoß gegeben hatte, war, daß die politisch bereits gleichgeschaltete Wehrmacht nun auch ihre fachlich-militärische Selbständigkeit verlor. Hitler machte sich selbst zum Oberbefehlshaber und designierte sich für das Amt des Feldherrn in einem kommenden Krieg. Die Ministerialinstanz des Reichskriegsministeriums wurde abgeschafft; das neu errichtete „Oberkommando der Wehrmacht“ war Hitlers militärischer Stab, eine bloße Fachinstanz ohne eigene Verantwortung. Zugleich mit diesen Entscheidungen wurde am 4. Februar 1938 die Ernennung Ribbentrops, des bisherigen „Sonderbeauftragten des Führers“ für außenpolitische Angelegenheiten, zum Reichsaußenminister bekanntgegeben, eines Hitler ergebenen Gefolgsmannes ohne Fähigkeit und Willen zu eigenem Entwurf. Damit kam auch der deutsche Diplomatische Dienst unter Hitlers unmittelbaren Einfluß.

Schließlich fand am 7. Februar 193 8 Schacht nach seinem Rücktritt in Funk einen Nachfolger als Wirtschaftsminister. Welches geringe Maß an Einfluß diesem Manne zugedacht war, ist daraus zu ersehen, daß er in sein Amt nicht eher eingeführt wurde, als bis der Beauftragte für den Vierjahresplan, Göring, das Ministerium neu organisiert hatte. Auch auf dem Gebiet der Wirtschaft wurde also die verantwortlich handelnde Regierungsinstanz zur ausführenden Verwaltungsinstanz de-gradiert, während die eigentlichen politischen Entscheidungen auf den Sonderbeauftragten Hitlers übergingen. Hier zeigt sich bereits deutlich die Tendenz, Macht und Einfluß der traditionellen Verwaltung zu beschneiden, eine Tendenz, die sich von nun an immer stärker durchsetzte. Alle Ministerien machten ähnliche Schwundprozesse durch, ganz besonders das Innenministerium zugunsten der SS, aber zum Beispiel auch das Kultusministerium zugunsten der HJ und das Arbeitsministerium zugunsten des Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz, des Gauleiters Sauckel.

Nach den Entschlüssen von 1936 und den Ereignissen vom Januar und Februar 1938 stand der am 12. März des gleichen Jahres vollzogene Anschluß Österreichs an das Reich, obgleich er auch von vielen nicht-nationalsozialistischen Deutschen als Erfüllung einer alten Sehnsucht begrüßt und vom Ausland als Vollzug eines lange vorenthaltenen Rechts hingenommen wurde, doch schon unter den Auspizien einer Aggressionspolitik, die den wahren Interessen der Nation nicht entsprach. Am 12. Februar hatte eine Begegnung zwischen Hitler und Schuschnigg auf dem Obersalzberg stattgefunden, in deren Verlauf sich der österreichische Bundeskanzler gezwungen sah, dem sogenannten Berchtesgadener Abkommen zuzustimmen, das eine enge außen-politische und militärische Bindung an Deutschland und eine Beteiligung der österreichischen Nationalsozialisten an der Regierung vorsah. Als Schuschnigg am 8. März versuchte, durch eine kurzfristig anberaumte Volksabstimmung die Unabhängigkeit seines Landes zu retten, wurde er am 11. März von Hitler zum Rücktritt gezwungen, und noch in der darauffolgenden Nacht begannen deutsche Truppen, Österreich zu besetzen. Über dem Jubel der österreichischen und der Befriedigung der deutschen Bevölkerung wogen die Bedenken gegen die von Hitler angewandten Methoden und die Sorge vor seinen weiteren Schritten gering.

Durch seinen Erfolg ermutigt, begann Hitler sofort eine Auseinandersetzung mit der Tschechoslowakei vorzubereiten. Bereits Ende März 193 8 wies er Konrad Henlein, den Führer der „Sudetendeutschen Partei“, an, bei seinen Verhandlungen mit der Prager Regierung immer so viel zu fordern, daß er nicht zufriedengestellt werden könne. Die internationale Konstellation war für Hitler günstig: Da England zu verstehen gab, daß es gegenüber Prag keine Verpflichtungen eingehen wolle, mußte Frankreich die Erfüllung seiner bestehenden Verpflichtung weitgehend davon abhängig machen, ob es auf Rußlands Hilfe rechnen durfte. Rußland aber hätte, um eingreifen zu können, durch polnisches und rumänisches Gebiet marschieren müssen, was diese beiden Länder nicht gestatten wollten. So sah sich die Prager Regierung ziemlich auf sich selbst gestellt. Als jedoch die Lage bereits aufs äußerste zuge-spitzt war, bemühte sich der englische Premierminister Chamberlain durch persönliches Eingreifen um einen Ausgleich. Er versuchte, einerseits von Hitler die Bedingungen zu erfahren, unter denen dieser auf eine militärische Aktion verzichtete, die das Ende des tschechischen Staates und womöglich einen europäischen Krieg bedeutet hätte, und andererseits die Eschechen zur Annahme solcher Bedingungen zu veranlassen. Hitler ließ sich jedoch in seinen Forderungen nicht definitiv festlegen und erschwerte jede sachliche Diskussion durch gesteigerte Lingeduld und Empfindlichkeit: „ 300 Sudeteiideutsd^e sind getötet worden, und das kann nicht so weitergehen, daß muß sofort geregelt werden. Ich bin entschlossen, das zu regeln; es ist mir gleichgültig, ob es einen Weltkrieg gibt oder nicht", rief er während seiner ersten Konferenz mit Chamberlain auf dem Obersalzberg am 15. September aus.

Chamberlain erklärte sich bereit, der Prager Regierung die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete zu empfehlen. Als er aber zu Beginn seines zweiten Zusammentreffens mit Hitler am 22. September in Bad Godesberg mitteilte, die Tschechen hätten sich entschlossen, Hitlers Forderungen anzunehmen, stellte dieser neue Bedingungen bezüglich der Modalitäten und des Tempos der Übergabe der zugestandenen Gebiete. Er wollte die Tschechoslowakei ganz beseitigen; und je mehr Zugeständnisse man ihm machte, um das zu verhindern, desto gereizter wurde er. Seine neuen Bedingungen faßte er schließlich in einem ultimativen Memorandum zusammen. Das wurde von Prag abgelehnt, und damit schien der Weg zu einer gewaltsamen Lösung des Konfliktes frei.

Da gelang es den Engländern in letzter Minute, Mussolini einzuschalten, dessen erneute Vermittlungsbemühungen Hitler nicht zu torpedieren wagte. So kam die Münchener Konferenz vom 29. und 30. September zustande, auf der auch Hitlers neue Forderungen im wesentlichen angenommen wurden. Europa atmete auf. Der Krieg war noch einmal vermieden worden, und man machte sich Hoffnungen, daß Hitler nun saturiert und der Friede auf Jahre hinaus gesichert sei.

Hitlers Ruf der Unfehlbarkeit und Urteilsfähigkeit

In Deutschland waren die Warner vor einer verantwortungslosen Hasardpolitik wieder einmal ins Unrecht gesetzt worden. Hitler hatte offenbar besser gewußt, wieviel man Europa zumuten konnte: und wer ihm seinen Mangel an europäischem Solidaritätsgefühl hätte vorwerfen wollen, dem wäre etwa das Verhalten Polens entgegengehalten worden, das sich verleiten ließ, die günstige Gelegenheit zu benutzen, und am 10. Oktober das Teschener Gebiet von der Tschechoslowakei zu vereinnahmen. Hitler hatte erneut gezeigt, welche Erfolge das bedenkenlose Wagnis bringen kann, und das Glück war ihm selbst in scheinbar ausweglosen Situationen günstig. Er gewann dadurch auch bei vielen nüchtern denkenden Deutschen einen Ruf der LInfehlbarkeit und einer ans Wunderbare grenzenden Urteilsfähigkeit, die jeder Kritik der gemeinen Vernunft überlegen zu sein schien. Das wirkte noch in der Zeit der schwersten Mißerfolge und offensichtlichen Fehlentscheidungen nach; es lähmte die Initiative und den Mut zum Widerstand und verhinderte auch in ganz hoffnungslosen Situationen die Bildung einer allgemeinen Überzeugung, daß Deutschland ins Unglück gesteuert werde. Das Geheimnis der Erfolge Hitlers war, daß er den besonderen Zweck, dem er sich jeweils zuwandte, und die damit verknüpften Gesichtspunkte seines Rechtes derart verabsolutierte, daß er schlechthin alles dafür aufs Spiel zu setzen bereit war. Das gab ihm die Kraft unerhörter Entschlossenheit.

Für jeden Teilzweck wagte er das Ganze, und solange seine Gegner den gleichen Einsatz scheuten, . um ihn an der Durchsetzung seiner Zwecke zu hindern, blieben sielihm unterlegen. Hitler sah die Welt durch das Medium seines jeweiligen Zwecks; worauf er seinen Willen gerade richtete, das verstand er gleichsam zum Angelpunkt der Welt zu erheben, demgegenüber die wirklichen Verhältnisse bedeutungslos zu werden schienen. Je mehr sich aber diese Wirklichkeit schließlich doch geltend machte, um so sicherer besiegelte die gleiche Kraft, die als unbeirrbarer Wille den Aufstieg des Deutschen Reiches bewirkt hatte, als Monomanie und gegenstandslose Illusion seinen Untergang.

Bereits am 17. Dezember 193 8 erteilte Hitler der Wehrmacht die Weisung, die Besetzung der „Rest-Tschechei" vorzubereiten, an der uninteressiert zu sein er noch in seiner Rede vom 26. September behauptet hatte („Wir wollen gar keine Tschechen!“) und deren Fortbestand die Voraussetzung aller Münchener Vereinbarungen gewesen war.

Die zum Handeln notwendige kritische Situation war verhältnismäßig leicht durch Forcierung der slowakischen Selbständigkeitsbestrebungen herbeizuführen. Am 14. März 1939 erklärte die Slowakei unter deutschem Druck ihre staatliche Unabhängigkeit; daraufhin reiste noch am gleichen Tage der tschechoslowakische Staatspräsident Hacha nach Berlin, um durch ein persönliches Gespräch mit Hitler zu retten, was zu retten war. Als Vertreter eines zerbrochenen Staates, ohne Rückendeckung bei den europäischen Mächten blieb ihm jedoch keine andere Möglichkeit, als der diktierten Erklärung zuzustimmen, er legte das Schicksal des tschechischen Volkes vertrauensvoll in die Hände des Führers des Deutschen Reiches. Noch ehe das geschehen war, hatten die deutschen Truppen bereits den Marsch auf Prag begonnen. Einige Tage später nötigte Hitler Litauen zur Rückgabe des Memelgebietes, die schon vor einigen Monaten vorbereitet worden war.

Die Einverleibung der Tschechoslowakei war verhältnismäßig leicht und risikolos möglich geworden, da keine der an der Münchener Konferenz beteiligten Mächte die zugesagte Garantie für den bereits tödlich amputierten und Deutschland ohnehin politisch ausgelieferten Staat gegeben hatte. Und doch führte gerade die Besetzung Prags zu einer politischen und geschichtlichen Wende. Denn jetzt hatte Hitler den Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der Völker, den er bisher als kardinalen Rechtstitel seiner eigenen Politik benutzt hatte, selbst eklatant verletzt. Die Weltöffentlichkeit fand sich endgültig darüber belehrt, daß es Hitler nicht nur um eine vernünftige Revisionspolitik ging, sondern daß er nicht zu seinem Wort stand, sich an Verträge nicht gebunden fühlte und Verhandlungen nur als Mittel der Nötigung oder der Beschaffung von Alibis vor der Geschichte betrachtete. Er hatte zu einem außenpolitischen Amoklauf ohne Beispiel angesetzt, unter dauernder Verletzung der Grundlagen europäischer Politik, die eine Gewaltanwendung wohl als ultima ratio, nicht jedoch als Ausgangspunkt der Politik anerkannte.

Die gleiche englische Regierung, die bisher Hitlers Argumente für schwerwiegend genug gehalten hatte, um eine europäische Politik des Entgegenkommens zu befürworten, ergriff jetzt die Initiative zur Politik der Festigkeit. Sie scheute nicht mehr die Risiken und Gefahren eines Krieges, um den nicht abzusehenden Ambitionen eines unberechenbaren Partners eindeutige Grenzen zu setzen. Übrigens wurde die Besetzung Prags selbst von vielen Nationalsozialisten als ein Bruch und eine Enttäuschung, ähnlich wie die Ereignisse des 30. Juni 1934, empfunden. Denn Hitler hatte damals das Prinzip des völkischen Staates verlassen, das von vielen seiner Anhänger als Leitbild ernst genommen wurde und ihnen bisher auch angesichts zweifelhafter politischer Methoden ein gutes Gewissen enthalten hatte.

In den Erfahrungen der Engländer mit Hitlers Außenpolitik in den Jahren 1935 bis 1939 liegt einer der Gründe für die Kompromißlosigkeit, mit der sie den Krieg bis zur bedingungslosen Kapitulation geführt haben. Die bedingungslose Kapitulation war angesichts der Unfähigkeit Hitlers zu wirklicher Verständigung und ehrlicher Zusammenarbeit eine begreifliche Forderung, wenn es auch nach 1945 manchen Anlaß gegeben hat, sie zu bereuen.

Ein anderer Grund waren Vorgänge innerhalb Deutschlands, die die Fundamente menschlicher Gesittung in einem Ausmaß verletzten, daß sie nicht mehr als interne Angelegenheit des Reiches den anderen Nationen gleichgültig sein konnten und durften. Denn der nationalsozialistische Antisemitismus und die Verfolgung der Juden im Dritten Reich gingen auf Triebkräfte zurück, die jenseits aller guten und bösen Kate-gorien der Politik und außerhalb des Horizonts mitmenschlicher Beziehungen liegen.

Das Einmalige der nationalsozialistischen Judenverfolgung war, daß sie zu einer planmäßigen, industrieförmigen Vernichtungsaktion führte, die aus dem gewissermaßen traditionellen Antisemitismus allein überhaupt nicht erklärbar ist, sondern ihre eigentliche Ursache in einem zeitgeschichtlichen typischen Vorgang findet: im Einbruch biologisch-materialistischer Kategorien in das politische Denken. In den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat es eine Reihe von Theoretikern gegeben, die die menschliche Geschichte und unsere sozialen und staatlichen Verhältnisse auf der Grundlage der naturwissenschaftlichen Hypothese Darwins darstellten und entsprechende Reformvorschläge machten. Diese sogenannten Sozialdarwinisten, Gelehrte wie Wilhelm Schallmeyer, Alfred Ploetz, Otto Ammon und Alexander Tille, hatten richtig erkannt, daß das menschliche Schicksal und das politische Leben zu einem gewissen Teil auch biologisch bedingt sind. Sie verallgemeinerten jedoch diese Erkenntnis in unzulässiger Weise und zogen daraus den Schluß, die biologischen Bedingungen seien die letztlich maßgebenden und — sie seien dem Menschen auch verfügbar. Sie glaubten, daß der Mensch gewissermaßen Züchter seiner selbst und von seinesgleichen werden könne. Diese sozialdarwinistische Theorie der Menschenzüchtung hat auf einige der führenden Nationalsozialisten nachhaltigen Einfluß ausgeübt und in deren Ideologie und Praxis eine große Rolle gespielt. Der entscheidende Fehler dieser Theorie ist, daß sie ein Verfügungsrecht des Menschen über seinesgleichen voraussetzt, was mit Freiheit und Würde menschlicher Existenz a priori unvereinbar ist. Denn zwischen dem Züchter und den zu Züchtenden kann es keine menschliche Kommunikation wie zwischen grundsätzlichen gleichgestellten Individuen geben, sondern die zu Züchtenden werden zum verfügbaren Objekt biologischer Eingriffe und Manipulationen degradiert. Das Verhältnis zwischen Subjekt und Objekt der Züchtung ist jedes personalen Bezuges entkleidet und ist deshalb nicht nur dann inhuman, wenn es zu Unmenschlichkeiten im landläufigen Sinne führt, wie etwa bei der Ausmerzung als minderwertig angesehener Menschen, sondern auch, wenn eine sachgerechte Züchtung als hochwertig geltender Menschen beabsichtigt ist.

Die „biologisch sinnvoll" geordnete europäische Gesellschaft

Das eigene Volk und, im zweiten Weltkrieg, die Völker Europas, wurden von den Nationalsozialisten wie unrationell angelegte und von Unkraut durchwucherte Pflanzungen angesehen, in denen einmal Ordnung geschaffen werden mußte, indem man die „Asozialen" isolierte, die „Fermente der Dekomposition” unschädlich machte, wertvolle Elemente vermehrte und minderwertige verkümmern ließ, Kranke unfruchtbar machte und Unruhe stiftende Volksstämme entweder verpflanzte oder „ausmerzte“; am Ende sollte dann eine neue, biologisch sinnvoll geordnete europäische Gesellschaft stehen. Gerade die schrecklichsten Untaten der Nationalsozialisten galten diesem wahnsinnigen Versuch, durch Züchtung und Selektion das politische Leben zu formieren und so Europa säuberlich neuzuordnen. Euthanasie, Sterilisierung, Umsiedlung und Germanisierung und nicht zuletzt die Ausrottung ganzer Kategorien als wertlos oder gar gefährlich betrachteter Menschen dienten diesem Programm.

Den Juden wurde das Menschsein aberkannt. Der Jude war nicht bloß der Feind, den man bekämpft, nicht bloß der verhaßte Mitmensch, mit dem man das Menschsein noch teilt, selbst wenn man ihm zum Mörder wird, sondern er galt als Krankheitserreger im Volkskörper, als Schädling, der vernichtet werden mußte. So glich die Judenverfolgung der Schädlingsbekämpfung, einer Art Desinfektion, die konsequent aller menschlichen Bezüge zu den Opfern entkleidet war.

Diejenigen, die sie veranlaßten und ausführten, waren davon in keiner Weise mitmenschlich berührt oder wollten es wenigstens nicht sein.

Doch liegt es in der Logik der Sache, daß sie sich dadurch selbst der Möglichkeit mitmenschlichen Bezugs beraubten. Denn mit Menschen, die fähig waren, anderen die Basis mitmenschlicher Beziehungen abzuerkennen, konnte man keinen Waffenstillstand und Vertrag schließen, sondern mußte sie zur bedingungslosen Kapitulation zwingen. Daß diese auf das ganze deutsche Volk ausgedehnt wurde, ist nur die andere Seite der tragischen Verstrickung, daß der Initiator der Unmenschlichkeit nicht nur diesem Volke angehörte, sondern auch mit Erfolg die Anerkennung der Identität seines Willens mit dem Willen des Volkes usurpiert hatte.

Die biologische Vernichtung der Juden wurde durch fortschreitende Verschlechterung ihrer sozialen Stellung sowie eine allmähliche Veränderung des politischen Klimas und die daraus resultierende Abstumpfung des Volkes gegen das jüdische Schicksal vorbereitet. Die Judenpolitik der ersten Jahre des Dritten Reiches hatte einen vorsichtigen Kurs zwischen radikalen Tendenzen und erzwungenen Rücksichten zu steuern.

Während bereits einer haßerfüllten Propaganda freier Lauf gelassen wurde, erfolgte die „amtliche“ Ausschaltung der Juden aus dem öffentlichen Leben noch in verhältnismäßig korrekten Formen. 1935 schufen die „Nürnberger Gesetze“ die Voraussetzungen für die gesellschaftliche Isolierung der Juden, womit die Möglichkeit einer Verfolgung, die sich auf notdürftig legalisierbaren Wegen hielt, bereits erschöpft waren.

Der nächste sehr wichtige Schritt wurde erst im Zusammenhang mit der 1938 einsetzenden Anomalisierung des öffentlichen Lebens möglich: Wenige Wochen nachdem die Münchener Konferenz noch einmal den Frieden gerettet hatte, wurde die Ermordung des Gesandtschaftsrates vom Rath durch einen Juden zum Anlaß für den Pogrom vom 8. und 9. November 193 8 genommen, dem ein Hagel von Gesetzen und Verordnungen folgte, die die Juden von einer ihnen todfeindlichen Herrschaft abhängig machten. Insbesondere wurden sie jetzt aus ihren Stellungen in der Wirtschaft verdrängt, in der man sie während der Periode eines von der Politik relativ unabhängigen, normalen Wirtschaftslebens ziemlich schwer hatte angreifen können. Nun aber waren die Juden so tief gestellt und der Öffentlichkeit so weit entrückt, daß ihr endgültiges Verschwinden kein großes Aufsehen mehr erregen konnte. Die planmäßigen Tötungen begannen während des Feldzuges gegen Rußland, um schließlich in den berüchtigten Vernichtungslagern des Ostens industrieförmig systematisiert zu werden. So wurde ein Gedanke verwirklicht, den Hitler bereits 1924 geäußert hatte, als er in „Mein Kampf” (S. 772) schrieb: „Hätte man zu Kriegsbeginn und während des Krieges einmal zwölf-oder fünfzehntausend dieser hebräischen Volksverderber so unter Giftgas gehalten, wie Hunder^tausende unserer allerbesten deutschen Arbeiter aus allen Sdtichten und Berufen es im Felde erdulden mußten, dann wäre das Millionenopfer der Front nicht vergeblidi gewesen.

Im Gegenteil: Zwölftausend Schurken zur rechten Zeit beseitigt, hätte vielleicht einer Million ordentlicher, für die Zukunft wertvoller Deutschen das Leben gerettet.“

Ohne nach der Annektion der Tschechoslowakei auch nur eine kurze Pause einzulegen, in der Europa vielleicht die Illusion hätte nähren können, daß Hitlers Ansprüche nunmehr befriedigt seien, wandte dieser sein Interesse Polen zu und ließ dem polnischen Botschafter in Berlin am 21. März 1939 Vorschläge zur Lösung der Danzig und den Korridor betreffenden Fragen übermitteln. Auf seine ursprüngliche Absicht, Polen zum Satelliten einer gegen Rußland gerichteten Lebensraumpolitik zu machen, ließ sich die polnische Regierung nicht ein. Außerdem war diesmal Englands Reaktion eindeutig: Am 31. März gab Chamberlain zugleich im Namen Frankreichs eine Garantieerklärung für Polen ab. Dies geschah nicht ohne die ausdrückliche Anerkennung, daß Deutschland gegenüber Polen noch berechtigte Revisionsforderungen habe: es gebe jedoch keine Frage, die es rechtfertigen könnte, Drohung mit Gewalt an die Stelle der Methode der Verhandlung zu setzen. Hitlers Antwort war die Kündigung des deutsch-englischen Flottenabkommens von 193 5 sowie des Paktes mit Polen von 1934 und der Abschluß eines Militärbündnisses mit Italien. Im Laufe der sich nunmehr vollziehenden Frontbildung bemühten sich beide Seiten um die Sowjetunion. England und Frankreich hatten bereits nach Überwindung großer diplomatischer Schwierigkeiten eine vorläufige Einigung mit Moskau erzielt, als die Russen das Durchmarschrecht durch Polen und Rumänien forderten, das zuzugestehen der Westen sich nicht entschließen konnte. Auf deutscher Seite hatte man ähnliche Skrupel nicht, und so unterzeichnete Ribbentrop am 23. August im Kreml den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt, in dessen geheimem Zusatzprotokoll Finnland, Lettland, Estland, Bessarabien und der östliche Teil Polens als russische Interessensphäre anerkannt wurden. Nur um seinen Willen gegen Polen durchzusetzen, scheute sich Hitler, der „Vorkämpfer Europas gegen den Bolschewismus“, nicht, einen wesentlichen Bestandteil seiner Ideologie zu desavouieren und gemein-europäische Interessen ebenso wie die einer deutschen Politik auf weite Sicht zu opfern. Er lieferte nicht nur einige kleine europäische Staaten und Volksgruppen der politischen Willkür Moskaus aus, sondern zerstörte damit auch den Schutzgürtel, den sie gebildet hatten, und öffnete so dem Sowjetstaat den Weg nach Europa.

Hitler wollte, von Westeuropa ungestört, im Osten freie Hand haben und als Gegenstück zu seiner Politik der zweiseitigen Verträge auch gewissermaßen „zweiseitige" Kriege führen. Sein Problem war nicht, ob er einen Krieg gegen Polen vermeiden, sondern ob er England und damit auch Frankreich aus dem Krieg heraushalten könne. Wenn er aber gehofft hatte, das durch seinen Abschluß mit Moskau zu erreichen, sah er sich getäuscht: England bekräftigte am 25. August seinen bisherigen Kurs durch einen formellen Beistandspakt mit Polen. Am gleichen Tage ließ Mussolini mitteilen, daß Italien nicht kriegsbereit sei. Unter dem Eindruck solcher Nachrichten widerrief Hitler den bereits für den 26. August gegebenen Angriffsbefehl und knüpfte neue Verhandlungen mit England an, das sich bereit zeigte, auch die allerletzte Chance zu nutzen, den Frieden zu retten — im Gegensatz zu Polen, das in Über-schätzung seiner Kräfte nicht alles versuchte, eine gewaltsame Auseinandersetzung zu verhindern. Doch auf die von Hitler vorgeschlagene „Verständigung" auf Kosten Polens, und damit letzten Endes Europas, ließ England sich nicht ein, und so eröffnete Hitler am 1. September den Angriff, immer noch des Glaubens, die Westmächte würden, wenn er erst einmal vollendete Tatsachen geschaffen habe, sich auch diesmal damit abfinden.

Hitlers anarchische Vorstellung von Politik

Nach der Serie der siegreichen „Blitzkriege“ gegen Polen, Dänemark und Norwegen, Belgien, Holland und Frankreich war Hitler auf der Höhe zwar noch nicht seiner Macht, wohl aber seines Triumphes und ungetrübten Erfolges angelangt. Die Folgen von Versailles waren beseitigt, und die Schande der Kapitulation von 1918 durch einen glänzenden Feldzug getilgt. Die Nation schien einen Gipfelpunkt ihrer Geschichte erreicht zu haben. Es ist von großer Bedeutung, daß sich bereits in dieser Zeit, in der von einem äußeren Niedergang Deutschlands noch nicht entfernt die Rede sein konnte, deutliche Symptome einer beginnenden Auflösung des Staatsgefüges und der Einheit der Nation von innen her abzeichneten, und das nationalstaatliche Denken, bisher unbestrittenes principium generale aller Politik, erschüttert wurde. Dies geschah teils unter der Einwirkung von Hitlers anarchischen Vorstellungen von Politik — denn aller preußischen Phraseologie zum Trotz mangelte ihm jeglicher Sinn für das Wesen des Staates —, teils in der Konsequenz der nationalsozialistischen Ideologie selbst, schließlich aber auch gleichsam in der Trift ganz allgemeiner Strömungen unserer Zeit, denen sich kein bewußter Wille zu entziehen vermag.

Die Partei hatte von vornherein den Anspruch erhoben, allein und ausschließlich den politischen Willen des deutschen Volkes zu repräsentieren und ihr Recht in keiner Weise vom Recht des Staates abzuleiten, sondern aus sich selbst heraus zu entwickeln. Damit war im Prinzip bereits die Souveränität des Staates relativiert und sein Verhältnis zum Staatsvolk problematisch geworden. Das Verhältnis von NSDAP und Staat wurde ursprünglich so gedacht, daß die Partei die politische Führung und Initiative hätte, dem Staat dagegen die Verwirklichung der Weisungen überlassen sei, die die Partei in großen Zügen gab. Dieser Modus scheiterte jedoch an der Eigenständigkeit der staatlichen Bürokratie, deren Gefüge nicht nur, wie die Nationalsozialisten gemeint hatten, ein Apparat zur Ausführung beliebiger Befehle war, sondern sich als eine bis in die Einzelheiten auf rechtsstaatliche Verwaltung zugeschnittene Rechtsordnung erwies. Je deutlicher das wurde, desto weniger beschränkte sich die nationalsozialistische Bewegung darauf, sich die politisch wichtigen Entscheidungen vorzubehalten, sondern zog mit der Zeit staatliche Hoheitsfunktionen an sich. Sie bildete außerstaatliche Exekutivorgane, die von vornherein auf Hitlers politische Pläne und Methoden abgestellt waren.

Das weitaus wichtigste Beispiel dafür bietet die SS. Sie entwickelte aus ihrem Führungsstab eine neue Bürokratie, der mehr und mehr staatliche Kompetenzen und an sich dem Staat vorbehaltene Rechte übertragen wurden. Der Sinn dieser neuen Verwaltung findet sich in einem Brief des Chefs des SS-Rasse-und Siedlungshauptamtes vom Frühjahr 1939 ausgedrückt, wo es heißt: „Da nach meiner Ansicht das Siedlungs problem, besonders außerhalb der alten Reichsgrenzen, in erster Linie ein politisches ist, kommt für die Bearbeitung desselben m. E. auch nur eine politisd-ie Organisation — also die SS — in Frage und nicht die Ministerialbüros, die sich bisher zur Durchführung politischer Aufgaben weitgehend als ungeeignet erwiesen haben.“

Der erste und zugleich wichtigste Fall der Übernahme „politischer Aufgaben“ durch die SS lag auf dem Gebiet der Polizei, insbesondere der politischen Polizei. Im Sommer 1936 wurde die Stelle eines Chefs der deutschen Polizei geschaffen und mit der des Reichsführers SS institutionell verbunden. Auf diese Weise verlor der Reichsminister des Innern nicht nur de facto, sondern auch de jure die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Polizei, die gewissermaßen entstaatlicht wurde. Es begann ein Prozeß des Abbaues der Kompetenzen des Innenministers zugunsten der SS, dessen weitere Stationen die Gründung des Reichssicherheitshauptamtes und die Ernennung des Reichsführers SS zum „Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums“ und dessen Ende die Übernahme des Reichsinnenministeriums selbst durch den Reichsführer SS im Sommer 1943 war.

Doch auch die staatliche Verwaltung als solche erfuhr im Laufe der Jahre eine tiefgreifende Umgestaltung durch die Verabsolutierung der Stellung und Macht Hitlers als Führer. Dieser wurde schon in den letzten Jahren vor dem Krieg als alleiniger Repräsentant des Gemeinwillens und mithin als eigentlicher Inhaber der Souveränität angesehen, von dessen umfassender Führergewalt sich alle hoheitliche Gewalt in Staat und Partei ableitete. Seine Aufgabe war nicht mehr, im Rahmen der Gesetze zu regieren, sondern seinen politischen Willen auf jede ihm geeignet erscheinende Weise zu verwirklichen. Eines seiner Instrumente war die staatliche Verwaltung, deren Rechtmäßigkeit nicht mehr darin gesehen werden sollte, daß sie im Rahmen der Gesetze handelte, sondern darin, daß sie den politischen Willen der Führung verwirklichte.

Ein bezeichnender Zug der absolutistischen Führerverfassung war, daß der Führer bestimmte einzelne Aufgaben der Kompetenz des an sich zuständigen Verwaltungszweiges entzog und Sonderbeauftragten übertrug, die ihm unmittelbar unterstellt und allein verantwortlich waren. Auf diese Weise wurde in einer Unzahl von Fällen ein verwaltungsrechtlicher Ausnahmezustand geschaffen, was mit der Zeit zu einem Wirrwarr einander überschneidender und aufhebender Zuständigkeiten führte. Besonders in den letzten Kriegsjahren hat es sich sehr gerächt, daß man der raschen, von der bürokratischen Prozedur nicht behinderten Förderung gewisser Einzelzwecke zuliebe einen Organismus durch-löchert hatte, der dem Ganzen auf lange Sicht zu dienen bestimmt gewesen war. Wo er es gerade brauchte, löste Hitler die Rechtsordnung des Staates ohne Bedenken auf und erließ neue Gesetze, wie es seine Zwecke jeweils erforderten. So gab er ständig den Anstoß zu neuer Gestaltung, ohne jedoch Zeit zur Ausformung des Neuen zu lassen. Jeder Ansatz zur Durchbildung eben geschaffener Institutionen wurden binnen kurzem unter dem Diktat wieder anderer Zwecke erstickt; wo sich neues Verfassungsrecht bilden wollte, wurde es bald um kurzfristiger Interessen des Tages willen überholt, und der Widersprüche und Un-klarheiten wurden auf diese Weise immer mehr. Die innere Entwicklung des nationalsozialistischen Staates bewegte sich nicht auf das Ziel eines ausgeklügelt rationalisierten Apparates, sondern auf ein organisiertes Chaos zu; und das mit unerbitterlicher Konsequenz, weil Hitler seine Zwecke ebenso „total“ setzte wie rücksichtslos verfolgte, Staat und Volk dabei aufs Spiel setzend.

Wandlung der Idee des Nationalismus

Das Ende des ersten Weltkrieges hatte in Deutschland tiefgreifende Wandlungen der Idee des Nationalismus mit sich gebracht. An die Stelle der Monarchie, mit der das Nationalbewußtsein verbunden gewesen war, war die demokratische Verfassung getreten, der man in weiten Kreisen von vornherein die Möglichkeit aberkannte, die deutschen Interessen würdig und erfolgreich zu vertreten. Der nationale Stolz, der die Niederlage nicht anerkennen und seinen ungebrochenen Kampfwillen beweisen wollte, gegen die Kriegsgegner jedoch vorerst nichts auszurichten vermochte, wendete sich deshalb gegen den eigenen Staat, als sei dessen Beseitigung die Vorbedingung und der erste Schritt zum Wiederaufstieg. Der Nationalismus, der die in der Demokratie gebotenen Möglichkeiten praktisch-politischer Ausformung unter keinen Umständen meinte ergreifen zu dürfen, machte einen fragwürdigen Prozeß der Vergeistigung durch, der alles andere als eine Läuterung war. Aus einer Idee der politschen Gemeinschaft wurde er zu einer „Haltung“, auf die man sich als auf die Substanz der Nation, die von keiner Niederlage berührt werden konnte, zurückzog; er gewann die Allgemeinheit und Absolutheit eines sittlichen Imperativs und konnte sogar zum Religionsersatz werden. Endlich mischten sich unter dem Eindruck der technischen und gesellschaftlichen Umwälzungen des gegenwärtigen Zeitalters dem nationalistischen Ethos ganz anders geartete Ideen bei, wie etwa der Mythos des totalen Arbeitsstaates und neue Theorien gesellschaftlicher Auslese. Aus diesen Komponenten entstand, in Verbindung auch mit der völkischen Ideologie, die nationalrevolutionäre Bewegung der zwanziger Jahre in ihren mannigfachen Schattierungen, die sich von der politischen und gesellschaftlichen Ordnung der Vorkriegszeit ebenso distanzierte, wie sie die der Weimarer Republik bekämpfte. In den Jahren der Herrschaft des Nationalsozialismus, in den die nationalrevolutionären Kräfte schließlich zusammengeströmt waren, sprengten die revolutionären Komponenten den nationalen Rahmen, so daß die Geschichte des Dritten Reiches das merkwürdige Schauspiel einer Zerstörung der nationalen Idee in einem extremen nationalistischen Staat bietet.

Die Störung der nationalen Einheit der deutschen Volkes war zunächst in der Existenz einer Partei begründet, die ihren Willen als den Willen der Nation schlechthin ausgab und für ihre Ideologie amtliche Gültigkeit und Allgemeinverbindlichkeit beanspruchte. Indem die Zustimmung zu den Anschauungen und Taten der Partei oder deren Ablehnung mit dem Bekenntnis zur Nation beziehungsweise dem Verrat an ihr gleichgesetzt wurden, schuf man gerade für viele national denkende Menschen eine schwere Gewissensbelastung und bewirkte eine Aufspaltung des Volkes. Die Nationalsozialisten stempelten ganze Gruppen von Deutschen zu weltanschaulichen Gegnern, mit denen sie nicht mehr Gemeinschaft empfanden als mit den Nationen, gegen die sie Krieg führten. „Dieser Krieg ist ein weltanschaulicher Krieg“, lautete eine viel zitierte Parole, in deren Konsequenz der äußeren Front die sogenannte innere Front gegen alle, die den Nationalsozialismus ablehnten, gleichgesetzt wurde. Diese Front lief quer durch die Nation. Mit den Nationalsozialisten anderer Länder dagegen fühlte man sich enger verbunden als mit den Nicht-Nationalsozialisten des eigenen Volkes.

Symptomatisch für die Überschreitung des Rahmens nationalen Denkens war der nach dem Frankreichfeldzug beginnende Aufbau der „Germanischen SS“, in der Angehörige anderer europäischer Nationen die gleichen Rechte wie die deutschen Soldaten erhielten, wenn sie sich als Nationalsozialisten oder wenigstens als Feinde des Bolschewismus bekannten und gewissen, von der SS gestellten rassischen Anforderungen genügten. In diesen von einer kleinen, ideal gesinnten Führergruppe aufgebauten Verbänden fanden sich ohne Zweifel Ansätze europäischen Denkens, die allerdings bald wieder erstickt und den Erfordernissen des Tages geopfert wurden. Denn die oberste nationalsozialistische Führung war weit davon entfernt, ein positives Konzept europäischer Politik zu besitzen, und betrachtete die Völker ihres Machtbereiches nur als Unterworfene, die auf mehr oder minder offene Weise auszunutzen waren — und sei es als Kanonenfutter an der russischen Front.

Das rassebiologische Denken, das anfangs eine Übersteigerung nationalen Denkens zu sein schien, erwies sich bald als dessen Antithese. Mehr noch als die Ideologie zog die Rasse unübersteigbare Grenzen quer durch die Nation. Das wird an der Judenverfolgung am deutlichsten, der zahllose Menschen zum Opfer fielen, die Deutschland über alles liebten. Der Rasse nach Jude zu sein, wog schwerer, als der Nationalität, der Kultur und dem Bekenntnis nach Deutscher zu sein. Wie das materialistisch-biologische Prinzip das politisch-nationale allmählich verdrängte, ist an der Behandlung der jüdischen Frontkämpfer des ersten Weltkrieges zu beobachten, die anfangs wegen ihrer nationalen Verdienste in mancherlei Beziehung von den Verfolgungsmaßnahmen verschont blieben, später aber ebenso behandelt wurden wie die anderen Juden. Wagte im zweiten Weltkrieg einer von ihnen, seine alten Orden anzulegen, dann galt das nur als „freche jüdische Provokation".

Eine in ihren Ausmaßen wie in ihren Motiven ungeheuerliche Verletzung nationalen Interesses von historischer Tragweite war die seit 1939 erfolgende Umsiedlung der Deutschen aus Südtirol, Estland, Lettland, Wolhynien, Bessarabien, der Bukowina und Dobrudscha. Bedenkenlos wurden hier jahrhundertealte Positionen des Deutschtums den Bedürfnissen tagespolitischer Taktik geopfert, sei es in Südtirol, um sich der Freundschaft Mussolinis zu versichern, sei es in den Ostgebieten, um von Rußland durch die Zubilligung einer Einflußsphäre die Duldung des Krieges gegen Polen zu erkaufen. Um kurzfristiger Vorteile willen leitete man die Liquidation des Deutschtums in Osteuropa ein, die dann von den Russen vollendet wurde. Sofern man es dabei offiziell als Idealziel deutscher Volkstumspolitik hinstellte, den Volkskörper so zu arrondieren, daß keine Restbestände mehr außerhalb der Grenzen blieben, war das eine dilettantische Vorstellung, die selbst schon im Rahmen einer nationalsozialistischen Politik der Gewinnung von „Lebensraum“ im Osten unbegreiflich war. Am erschreckendsten jedoch ist, daß ursprünglich ein Motiv ganz anderer Art noch vor dem Krieg und vor dem Pakt mit Rußland zu dem Entschluß führte, eine Umsiedlungsaktion größeren Stiles einzuleiten.

Der Organisator der Umsiedlung, SS-Obergruppenführer Greifelt, legte dieses Motiv in einer Rede dar, die er Anfang 1939 in seiner Eigenschaft als Beauftragter des Reichsführers SS für Angelegenheiten des Vierjahresplanes hielt. Greifelt, dessen Aufgabe es damals war, das für die 1936 eingeleitete Autarkiepolitik notwendige „Menschenmaterial“ zu beschaffen, stellte in seiner Rede den außerordentlichen Mangel an Arbeitskräften dar, der im Falle einer Mobilisierung noch erheblich zunehmen werde, wegen der Knappheit an Devisen jedoch nicht durch Anwerbung ausländischer Arbeiter gedeckt werden könne. In dieser Zwangslage, so führte er aus, seien die 30 Millionen Reichs-und Volksdeutschen im Ausland, die jetzt ihre Kraft fremden Staaten zur Verfügung stellten, die naturgegebenen Reserven, die nunmehr zur Befriedigung des Kräftebedarfes des Reiches erschlossen würden. Der Führer habe bereits den Reichsführer SS beauftragt, die Umsiedlungsaktion einzuleiten. — Die Notwendigkeit, für eine auf Krieg abgestellte Autarkiewirtschaft die erforderlichen Arbeitskräfte zu beschaf-fen, war also für die nationalsozialistische Führung Grund genug, einen tfür das Leben der Nation so einschneidenden Entschluß wie den der Liquidation des Deutschtums im Ausland zu fassen.

Selbstverständlich behielt der Nationalsozialismus bis zuletzt extrem nationalistische Züge: er barg jedoch, wie sich gezeigt hat, auch Kräfte in sich, die in ganz anderem Sinne wirkten, die nicht nur den Horizont staatlichen und nationalen Denkens sprengten, sondern darüber hinaus Staat und Nation zu zerstören begannen und Deutschland in schwere Schuld verstrickten. Deshalb wäre nichts abwegiger, als wenn man sich heute ausgerechnet aus nationalen Gründen verpflichtet fühlte, das Dritte Reich zu verteidigen. Ebenso falsch wäre es allerdings auch, aus den Erfahrungen jener Jahre eine Rechtfertigung des nationalen Denkens alter Prägung abzuleiten. Denn die geschichtliche Entwicklung des Dritten Reiches lehrt, daß der Nationalismus den typischen Gefahren unseres Zeitalters nicht mehr gewachsen ist, die sich damals in den spe-

zifischen Formen des Nationalsozialismus entfalteten, aber auch heute noch in mancherlei anderer Gestalt allenthalben an Bedeutung gewinnen: ideologischer Dogmatismus, mangelnder Rechtssinn, Materialismus und die Diktatur der Zwecke. Es gibt keinen schlagenderen Beweis dafür, daß das nationalstaatliche Denken überholt ist, als die Tatsache, daß es gerade unter der Herrschaft seiner Bewegung zersetzt werden konnte, die unter dem Zeichen der nationalen Erneuerung angetreten war. Deshalb kommt für uns sehr viel darauf an, aus der umfassenden Widerlegung, die der Nationalismus durch die Geschichte der nationalsozialistischen Zeit erfahren hat, die Konsequenzen zu ziehen:

Wir müssen lernen, in der Nation nicht mehr einen absoluten Wert zu sehen und nationalistische Argumente für aller politischen Weisheit letzten Schluß zu halten. Nicht daß wir unser Volk nicht mehr lieben sollten, oder die Nation überhaupt keinen Wert mehr darstellte; doch haben wir erfahren, daß die Nation an ihrer Verabsolutierung zugrunde gehen muß und der Weg zu ihrer Vernichtung mit Vorliebe mit nationalistischen Argumenten gepflastert wird. Wir brauchen neue politische Vorstellungen, wenn wir den Gefahren unseres Zeitalters erfolgreich begegnen wollen, die im Nationalsozialismus schon einmal zur schrecklichen Alleinherrschaft gekommen sind.

Den Feldzug gegen Frankreich im Sommer 1940 hatte Hitler in der bestimmten Erwartung geführt, sich dadurch im Westen den Frieden und für den Osten freie Hand zu schaffen; denn er hatte nicht daran gezweifelt, daß sich England nach Frankreichs Niederlage endlich zu einem Kompromiß bereitfinden werde. Die verhältnismäßig milden Waffenstillstandsbedingungen, die er Frankreich stellte — einer der seltenen Fälle, in denen Hitler Mäßigung zeigte —, dürfen als Beweis dafür gelten, daß er im Westen keine andere Absicht hatte, als aus seinem Engagement herauszukommen, um sich seinen eigentlichen Zielen zuwenden zu können. Noch während des Westfeldzuges hatte er Jodl gegenüber geäußert, er sei zu einer Abrechnung mit Rußland entschlossen, sobald die militärische Lage es erlaube. So war es für ihn eine große Enttäuschung, mit der er lange Zeit nicht fertig wurde, als England nicht einlenkte, sondern durch seinen Angriff auf die französische Flotte vor Oran am 3. Juli deutlich machte, daß es nicht gesonnen sei, Hitler den Frieden zu schenken, nachdem dieser den Krieg riskiert hatte. England aber zum Frieden zu zwingen, erwies sich als sehr schwere Aufgabe und ein militärisches Risiko, das Hitler scheute. Er befahl zwar, den Angriff auf die Insel vorzubereiten, war jedoch nur mit halbem Herzen dabei und strich — was sonst gewiß nicht seine Art war — die erheblichen technischen und militärischen Schwierigkeiten des Projektes heraus.

Ohne Gewalt versagte Hitlers Diplomatie

Als sich im September 1940 zeigte, daß die Invasion nicht mehr im gleichen Jahre möglich sei, machte Hitler diplomatische Anstrengungen, seine wirklichen und potentiellen Verbündeten in eine Front gegen England einzuspannen. Am 23. Oktober traf er sich mit Franco in Hendaye und versuchte ihn zum Eintritt in den Krieg und zum Angriff auf Gibraltar zu bewegen; doch Franco wich aus. Am nächsten Tag bemühte Hitler sich in Montoire, Petain für eine tätige Beteiligung Frankreichs am Kampf gegen England zu gewinnen. Es kam jedoch nur zu einer allgemeinen Übereinkunft, ein Programm für die Zusammenarbeit aufzustellen, von dem Petain später sagte, es werde sechs Monate dauern, es auszuarbeiten, und weiter sechs Monate, es wieder zu vergessen. In den ersten Monaten des Jahres 1941 endlich versuchte Hitler, Japan für den Krieg gegen England und einen Angriff auf Singapur zu interessieren — jedoch auch ohne Erfolg. Seine Diplomatie versagte, wo er keine Handhabe besaß, mit Gewalt zu drohen, und so gediehen weder die militärischen Vorbereitungen einer Besetzung der Insel noch die diplomatischen eines Angriffs auf Schlüsselstellungen des Weltreiches.

Andererseits bereitete die Entwicklung in Osteuropa Hitler ernste Sorgen. Während er den Frankreichfeldzug führte, hatten die Russen am 16. Juni Estland, Lettland sowie (entgegen dem geheimen Zusatz-protokoll vom 23. 8. 1939) Litauen besetzt, und am 26. Juni zwangen sie Rumänien, nicht nur das im Zusatzprotokoll ihnen von Deutschland zugestandene Bessarabien, sondern auch die Nordbukowina abzutreten. Die dadurch entstehende Beunruhigung auf dem Balkan (auch Ungarn und Bulgarien stellten Ansprüche an Rumänien) versuchte Hitler durch den sogenannten Zweiten Wiener Schiedsspruch vom 30. August bei-zulegen. Diesen aber deutete Rußland als eine Einmischung Deutschlands in die Balkanpolitik, die mit dem Geist des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes ebensowenig zu vereinbaren sei, wie der am 27. September zwischen Deutschland, Italien und Japan (den Antikominternmächten!) geschlossene „Dreierpakt", der diesmal allerdings einer Frontbildung gegen England dienen sollte.

Die kritische Lage auf dem Balkan wurde weiter verschärft, als Mussolini am 28. Oktober von Albanien aus nach Griechenland einmarschierte und auf diese Weise sowohl ein militärisches Eingreifen Englands, was Hitler besonders fürchtete, als auch eine Intervention Rußlands riskierte. Hitler sah sich deshalb im Frühjahr 1941 gezwungen, den Balkan durch den Feldzug gegen Jugoslawien und Griechenland zu sichern. Die Einladung des russischen Außenministers Molotow nach Berlin, der dieser vom 12. bis 14. November 1940 Folge leistete, galt dem Versuch, Rußlands beunruhigendes Interesse für Osteuropa auf den Süden des asiatischen Kontinents abzulenken. In einer im Luftschutzbunker stattfindenden Konferenz wollte Ribbentrop Molotow davon überzeugen, daß England praktisch bereits besiegt sei und das nur noch einsehen müsse; dieser aber antwortete: „Wenn das so ist, warum sind wir dann in diesem Bunker, und wem gehören die Bomben, die da draußen fallen?“ Er ließ sich nicht auf eine Diskussion ein, welche Teile des angeblich zerfallenden Empires Deutschland der Sowjetunion zugedacht habe, sondern beharrte darauf, die zwischen den beiden Ländern schwebenden konkreten Differenzen zu besprechen.

Die glänzenden militärischen Erfolge, die Hitler bisher errungen hatte, hatten nicht das geringste zur Lösung der beiden großen Probleme beitragen können, die er sich aufgeladen hatte, um seinen Willen gegen Polen durchzusetzen: den Krieg im Westen und den unsicheren Bundesgenossen im Osten. Die Gefahr des Zweifrontenkrieges war durch den Pakt mit Rußland nicht gebannt, sondern nur hinausgeschoben. Um Rußland im Sommer 1939 für den Augenblick zu gewinnen, hatte Hitler ihm Positionen eingeräumt, die ihn schon im nächsten Jahr in seiner Entschlußfreiheit fühlbar beschnitten. Die Russen waren ihm so unmittelbar auf den Leib gerückt, daß sie ihm, ohne militärische Unternehmen riskieren zu müssen, jeden Augenblick mit diplomatischen Mitteln die ernstesten Schwierigkeiten bereiten konnten. England andererseits erwies sich als außerhalb des Bereichs liegend, in dem der Erfolg eines Angriffs von nichts anderem als den Leistungen der deutschen Wehrmacht abhing.

In diesem Dilemma neigte sich bei Hitler das Gewicht des Entschlusses auf die Seite eines Feldzuges gegen Rußland. Mit einem Angriff gegen England hätte er in jedem Falle den Verlust seines militärischen Prestiges riskiert, denn ob er sich nun gegen die Insel selbst oder, wofür sich an sich gute Chancen boten, gegen Englands Stellungen im östlichen Mittelmeer gewandt hätte, er hätte sich auf das ihm nicht vertraute Gebiet des Seekrieges begeben müssen. Der Angriff im Osten dagegen konnte in dem nunmehr schon bewährten Stil geführt werden, und Hitler zweifelte nicht, daß er Rußland besiegen könne, ehe England in der Lage sei, etwa eine Invasion auf dem Kontinent zu wagen. Nach einem Sieg über Rußland schien nicht nur die Gefahr eines Bündnisses zwischen diesem und England ausgeschaltet, sondern Deutschland die Bodenschätzedes Ostens zur Verfügung zu haben, mit denen es keinen noch so schwierigen Krieg gegen England zu fürchten brauchte. Endlich lag im Osten der von Hitler erstrebte „Lebensraum", auf dessen Eroberung er Deutschlands Politik seit 1936 abgestellt hatte -warum also den schwierigen Umweg über England gehen, wenn das eigentliche Ziel viel leichter zu erreichen war!

Unter solchen Überlegungen kam der verhängnisvolle Entschluß zustande, ein in Wahrheit uferloses Unternehmen zu beginnen, weil die Möglichkeiten fehlten, eine schon vorhandene, nicht weniger schwierige Aufgabe zu lösen: die Stärke Rußlands wurde leicht unterschätzt, und England wurde ebenso leichtfertig ein zweites Mal ignoriert. Man hat das Gefühl, daß Hitler wohl keine klaren Vorstellungen von der Weite des englischen wie des russischen Reiches gehabt hat, sondern von beiden nur die Teile realisierte, die nach Europa hineinragten.

AIs der Angriff auf Rußland schon eine beschlossene Sache war, flog am 10. Mai 1941 Rudolf Heß, der Stellvertreter und treu ergebene Gefolgsmann des „Führers", unter abenteuerlichen Umständen nach England und versuchte durch seinen persönlichen Entschluß und Einsatz, Hitler in letzter Stunde den erwünschten Frieden im Westen zu verschaffen. Das Unternehmen blieb außenpolitisch ganz ohne Bedeutung, hatte dagegen für die innere Entwicklung Deutschlands die schwerwiegendsten Folgen, denn es gab Martin Borman den Weg frei, unter dessen Einfluß alle im Führerabsolutismus angelegten Schäden ebenso wie die materialistischen Züge der nationalsozialistischen Ideologie zur vollen Auswirkung und Entfaltung gediehen. Hitler schaffte das Amt des „Stellvertreters des Führers“ ab und ernannte Bormann zum Leiter der Parteikanzlei, später zum „Sekretär des Führers“.

Unter diesem Titel gewann Bormann bald die Alleinherrschaft im „Vorraum der Macht", den alle Angelegenheiten des Staates und der Partei passieren mußten, die an Hitler zur Entscheidung herangetragen werden sollten. Da dieser aber sein Interesse fast ausschließlich der militärischen Führung zuwandte und von allen anderen Dingen möglichst verschont bleiben wollte, geriet die Leitung der inneren Angelegenheiten Deutschlands praktisch in Bormanns Hände, der einerseits bestimmte, wer Hitler sprechen durfte und was mit welchem Kommentar ihm zur Entscheidung vorgelegt wurde, andererseits im Namen, des Führers in jede beliebige Angelegenheit des Staates und der Partei eingreifen konnte. Da Hitler mit wachsendem Mißtrauen gegen die staatliche Bürokratie und die Führung der Wehrmacht erfüllt wurde, begann er die Organisation der Kriegsanstrengungen mehr und mehr der Partei zu übertragen, auf deren Treue und Bereitschaft, das Unmögliche möglich zu machen, er sich allein noch meinte verlassen zu können. Eine der wichtigsten Anordnungen in diesem Sinne war die Ernennung der Gauleiter der NSDAP zu Reichsverteidigungskommissaren im Herbst 1942.

Spannungen zwischen NSDAP und SS

Die damit verbundene politische Aktivierung der NSDAP führte zu wachsenden Spannungen zwischen dieser und der SS, die bisher ziemlich unbestritten die Führung der außerstaatlichen Exekutive inne gehabt hatte — besonders auf der Ebene der Reichsverwaltung, während die regionalen Institutionen vom Gau abwärts schon immer die Domäne der Partei gewesen waren. Je mehr sich nun die Partei unter Bormanns Führung auch in die Reichsverwaltung einschaltete, desto mehr begann sich die SS für regionale Belange zu interessieren, besonders nachdem Himmler 1943 Innenminister geworden war. So kam es zu der Auseinandersetzung über das Verhältnis zwischen Landrat und Kreisleiter, in der Bormann diesem und Himmler jenem die stärkere Position zuerkannt wissen wollte. Dabei ging es allerdings nicht mehr um die Integrität der staatlichen Behörde als solcher, sondern diese war zum Vehikel des Machtkampfes zwischen den beiden mächtigsten nationalsozialistischen Organisationen herabgesunken. Während die SS in den Jahren 193 5 bis 1940 ein großes Übergewicht an tatsächlicher Macht gewonnen hatte, konnte die Partei im weiteren Verlauf des Krieges viel aufholen, weil Bormann bei Hitler weit größeren Einfluß hatte als Himmler. Dennoch blieb die SS die stärkere und politisch profiliertere Organisation, die unter einem politisch eigenständigeren Führer als Himmler die Partei jederzeit hätte ausschalten können.

Bormann war noch keinen Monat Leiter der Parteikanzlei, als er Anfang Juni 1941 ein Rundschreiben an alle Gauleiter richtete, das sich in grundsätzlichen Ausführungen, mit der Unvereinbarkeit nationalsozialistischer und christlicher Anschauungen beschäftigte. Diese Feststellung hatten die Kirchen schon 193 3 machen müssen, als die Partei noch behauptete, auf der Basis eines „positiven Christentums" zu stehen, und hatten sich deshalb allen Gleichschaltungsversuchen widersetzt. Seit diesem Mißerfolg war Hitler bemüht, sie mit schleichendem Terror allmählich zu ersticken. In der ersten Etappe wurde nach der Rückgliederung der Saar in das Reich 193 5 die sogenannte „Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens" propagiert, die sich angeblich nur gegen eine ungerechtfertigte Einmischung der Kirchen in die Politik richtete, in Wahrheit aber darauf abzielte, ihnen den Einfluß auf menschlich-irdische Angelegenheiten überhaupt zu nehmen — wie es in Rosenbergs „Mitteilungen zur weltanschaulichen Lage" einmal ausgedrückt war: „Die Erde, auf der wir lebeu, gebt die Kirdte sdnleduerdirtgs nidits uteftr au."

War aber unter der Parole der „Entkonfessionalisierung" immer noch die Fiktion aufrechterhalten worden, als werde die Welt des Glaubens als eine Welt für sich anerkannt, die ihr eigenes Recht neben der Politik habe, so wurde bereits Anfang 1938 vom Kirchenminister Kerri das Motto des nächsten Schrittes verkündet: „Religion und Weltan-sdtauung sind identisdt.“ Nachdem die außenpolitischen Ereignisse der Jahre 1938 und 1939, sowie der Krieg der Intensität des Kampfes gegen die Kirchen vorübergehend verringert hatten, schälte nun 1941 Bormann aus dem Kerrlschen Satz die praktischen Folgerungen heraus, wenn er schrieb: „Alle Einflüsse, die die durch den Führer mit Hilfe der NSDAP ausgeübte Volksführung beeinträchtigen oder gar schädigen könnten, müssen ausgeschaltet werden. Immer mehr muff das Volk den Kirchen und ihren Organen, den Pfarrern, entwunden werden.

In ähnlichem Sinne hatte auch Hitler selbst schon bei verschiedenen Anlässen betont, daß man die Volksführung nicht mit den Kirchen teilen könne, da diese ebenso wie die nationalsozialistische Bewegung einen totalen Anspruch erhöben. Der entscheidende Gegensatz war also im Dritten Reich nicht der zwischen Kirche und Staat (ein klassisches Problem, nationalstaatlicher Politik!), sondern der zwischen Kirche und Weltanschauungspartei, bei dem es sich um die Konkurrenz zweier Institutionen mit gleichen Ansprüchen handelte.

Die NSDAP wollte mehr sein als nur eine politische Institution mit politischen Zielen; sie wollte Deutschland „aus einem neuen Glauben" aus einem „politischen Glauben" heraus erneuern und meinte das keineswegs nur metaphorisch. Hitler, der die religiöse Ratlosigkeit und die unartikulierten Sehnsüchte seiner Generation erspürt hatte, verstand es, ein Surrogat religiösen Glaubens zu bereiten und auf diese Weis Glaubenskräfte zu erwecken, die er seinen politischen Zielen dienstba machen konnte. Dementsprechend forderte er für seine Bewegung kon sequent das Monopol nicht nur der politischen sondern auch der sitt liehen Führung des Volkes, und es ging im Kirchenkampf letzten Ende nicht um die Zurückweisung irgendwelcher klerikalen Machtansprüch oder um Ablehnung christlicher Glaubenssätze, sondern um die reli giöse und sittliche Bindung des Menschen als solche. Die Weltanschau-ungspartei, die einen umfassenden Führungsanspruch erhebt, kann grundsätzlich nicht dulden, daß die Menschen aus anderen Motiven und nach anderen Maßstäben handeln, als sie vorschreibt. Deshalb ist ihre Herrschaft nicht nur eine politische Tyrannis, sondern trägt totalitären Charakter; das heißt: sie erschöpft sich nicht in einer lückenlosen Organisation des Staatsapparates und in unerbittlichem äußerem Zwang, sondern ist im Anspruch auf die Herrschaft über die Gewissen begründet. Der totalitäre Staat duldet keinerlei anderweitige Gewissensbildung, die den Menschen veranlassen könnte, sich unter irgendwelchen Umständen den Zwecken des organisierten Ganzen zu verweigern, er stellt vielmehr den Menschen vor die Alternative, entweder bedingungslos mitzumachen und dabei sich selbst aufzugeben, oder sich treu zu bleiben und dabei vernichtet zu werden. Mit derartigen totalitären Zügen ließ das Dritte Reich die Maßstäbe nationalstaatlichen Denkens, ja den Horizont politischer Problematik überhaupt hinter sich und berührte, ja bedrohte den Bereich der religiösen Existenz des Menschen.

In diesem Zusammenhang wird übrigens der fundamentale Unterschied zwischen dem Nationalsozialismus und den faschistischen Regimen in Italien und Spanien deutlich, die keinen so umfassenden sittlichen Führungsanspruch stellten und die Aufgaben der Kirchen nicht usurpierten, sondern sich im traditionellen Rahmen politischer Führungsansprüche hielten. Deshalb konnte der Faschismus das Gefüge des Staates und die Substanz der Nation niemals so nachhaltig gefährden oder die Existenzbedingungen der Menschen so grundlegend und unerträglich verändern, wie das in Deutschland geschehen ist. Andererseits liegt jedoch die enge Verwandtschaft zwischen dem Nationalismus und dem Bolschewismus auf der Hand. Man erkennt die Fragwürdigkeit des Anspruches der Nationalsozialisten, Europa gegen die bolschewistische Gefahr zu verteidigen, und lernt auch in dieser Beziehung die Kompromißlosigkeit verstehen, mit der England und Amerika gegen das Deutschland Hitlers kämpften. Denn die gleiche Gefahr, die Europa bisher als Bolschewismus nur von außen her zu fürchten hatte, war plötzlich inmitten des Kontinents selbst aufgebrochen und bedrohte ihn von innen her. Was dem Nationalsozialismus dabei an sozusagen ursprünglicher Barbarei fehlte, wurde durch die erschreckende Konsequenz in der Pervertierung europäischen Geistes wettgemacht. Innerhalb Deutschlands entstand eine Opposition, die den Nationalsozialismus aus sittlichen und religiösen Gründen ablehnte, ganz gleich, welche politischen Erfolge oder Mißerfolge er hatte. Dietrich Bonhoeffer, ein Repräsentant dieses Widerstandes, sagte einmal: „Hitler ist der Antichrist. Wir müssen daher weitergehen mit unserer Arbeit und ihn ausmerzen, einerlei ob er erfolgreich ist oder nicht.“ Dieser Satz ist nur zu verstehen, wenn man erkannt hat, daß sich im Dritten Reich unter Berufung auf die Nation Kräfte entfalteten, die die Wurzeln menschlicher Existenz angriffen und damit die Nation ebenso wie alles andere, was aus menschlicher Substanz lebt, mit der Vernichtung bedrohten.

Nachdem Hitler im April 1941 in einem raschen Feldzug Jugoslawien und Griechenland besiegt hatte, begann er am 22. Juni den Krieg gegen Rußland, der ihm anfangs die allergrößten Erfolge brachte.

Hitlers sichere Erwartung, bis zum Einbruch des Winters gesiegt zu haben, erfüllte sich jedoch nicht; vielmehr blieb der deutsche Angriff am 5. Dezember unmittelbar vor Moskau liegen, während die Russen auf der ganzen Front zum Gegenangriff übergingen und das deutsche Heer, das nicht zureichend für den Winter ausgerüstet war, in eine ernste Krise brachten. In dieser Situation war es Hitlers Befehl, keinen Meter Boden preiszugeben, und der unerbittlichen Energie, mit der er über die Befolgung dieses Befehls wachte, war es zuzuschreiben, daß die Front trotz schwerer Rückschläge nicht zusammenbrach.

Der Sommer 1942 brachte neue große Erfolge: die deutschen Divisionen drangen bis Stalingrad und zum Kaukasus vor, während Rommel in Afrika die El-Alamein-Stellung, die letzte englische Verteidigungslinie vor Ägypten erreichte. Doch wie im Herbst 1941 weder Leningrad noch Moskau hatten erobert werden können, so blieben auch die neuen Vorstöße kurz vor ihren Zielen stehen: von Stalingrad wurden zwei Drittel besetzt, und weder Ägypten noch die Ölfelder von Baku wurden genommen. Deutschlands Kräfte aber waren bereits auf das äußerste angespannt, um diese geographisch weiteste Ausdehnung der Front zu gewinnen und zu erhalten. Die Grenzen der Verfügbarkeit von Menschen und Material waren erreicht, als die Gegner gerade erst begannen, ihre Kräfte zu mobilisieren.

Seit 1939 hatte Amerika die Kriegführung Englands und später auch Rußlands gegen Deutschland in zunehmendem Maße wirtschaftlich unterstützt, erst in den Grenzen der Neutralitätsgesetze von 1935/36, später auf der Basis des „Pacht und Leihgesetzes“ vom 11. März 1941. Den längst fälligen Kriegseintritt der Vereinigten Staaten erleichterten Japans Überfall auf Pearl Harbour und die daran sich anschließende Kriegserklärung Deutschlands und Italiens. Nun wurden die Rohstoffquellen der Welt gegen Deutschland mobilisiert und ein Überfluß von Kriegsmaterial aller Art in Industriegebieten hergestellt, die jedem deutschen Zugriff, ja jeder nennenswerten Störung durch Deutschland weit entrückt waren, während es in Hitlers Machtbereich bald keinen Fleck mehr geben sollte, in dem die Produktion vor Luft-angriffen sicher war, und jeder Gebietsverlust eine unersetzliche Einbuße an Rohstoffen mit sich brachte. Politisch bedeutete Amerikas Kriegseintritt das Zusammenwachsen zweier Fronten. Hatte es für Hitler 1940/41 noch eine echte Alternative gegeben, ob er Krieg gegen England oder Rußland führen sollte, und waren diese seine beiden Gegner von Natur aus zu verschieden und jeder zu sehr mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt, als daß sie zu einer engeren Zusammenarbeit hätten kommen können, so stellte Amerika nicht nur eine Nachschubbasis für beide dar, sondern wurde das politisch verbindende Glied zur Bildung einer geschlossenen alliierten Front, die nunmehr auf allen Kriegsschauplätzen zur Offensive bereit war. Am 23. Oktober 1942 griffen die Engländer bei El Alamein an, am 7. November landeten britische Truppen in Nordwestafrika, und am 19. November traten die Russen zur Einschließung der deutschen 6. Armee in Stalingrad an. Die militärische Initiative ging auf die Alliierten über, und Hitler sah sich in die Abwehr gedrängt.

Kein positives politisches Konzept

Gegen die Machtentfaltung dreier Weltmächte stand Deutschlands Schicksal dank des zur Vollendung gebrachten Führerabsolutismus ausschließlich auf den Fähigkeiten und Entschlüssen Adolf Hitlers. Dieser Führer aber hatte Politik stets als nichts anderes denn als Machtkampf verstanden, in dem es allein auf Willenskraft und taktisches Geschick ankäme, sie dagegen nie als Kunst des Möglichen begriffen und geübt. Erst recht betrachtete er die Kriegführung nur als Kampf und militärische Aufgabe und erkannte sie nicht als politisches Problem. Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit und Energie fast ausschließlich auf die militärische Führung, insbesondere die Führung des Heeres, dessen Oberbefehl er Ende 1941 selbst übernommen hatte. Und während er sich mehr und mehr in die einschlägigen technischen beziehungsweise taktischen Details verlor, ließ er die inneren Verhältnisse des Reiches in zunehmende Unordnung geraten und blieb gegenüber außenpolitischen Möglichkeiten, die Lage Deutschlands und den Kampf der deutschen Soldaten mit diplomatischen Mitteln zu erleichtern, blind. Es mangelte ihm an staatsmännischer Phantasie, dem weltweiten Konflikt mit einem positiven politischen Konzept zu begegnen oder wenigstens die Ansätze, die sich von selbst dazu boten, zu nützen; ja er zerstörte sogar die Fäden, die andere geknüpft hatten, blindwütig, weil er — von sich'auf andere schließend — überzeugt war, daß alles, was nicht List und Gewalt war, nur als Zeichen von Schwäche ausgelegt werden könne. Wie er sich nach dem Frankreichfeldzug außerstande gezeigt hatte, mit diplomatischen Mitteln eine Koalition gegen England zu bilden, so begriff er auch jetzt nicht die Chancen, die sich für Deutschland etwa durch geschickte diplomatische Aktivität im Nahen Osten oder eine kluge Behandlung der besiegten westeuropäischen Nationen boten. Goebbels hat diesen Fehler Hitlers erkannt und formuliert, als er 1943 in sein Tagebuch schrieb: „Wir treiben zu viel Kriegführung und zu wenig Politik. In der gegenwärtigen Situation, in der unsere Waffen-erfolge nidit gerade übermäßig groß sind, wäre es gut, daß wir wieder mehr das politische Instrument zu handhaben verständen."

Nirgends verspielte Hitler einmalige politische Möglichkeiten in krasserer Weise als in der Verwaltung der besetzten Ostgebiete. Statt das Kapital guten Willens der vom Bolschewismus befreiten Völker zu nützen, ihnen ein Beispiel menschenwürdiger Politik und guter Verwaltung zu geben und sie auf diese Weise in Freundschaft an das Reich zu binden, stempelte er sie zu „Untermenschen" und unterwarf sie den Ausbeutungsmethoden eines primitiven, in aller Welt überlebten Kolonialismus. Hitler gestattete zwar, wenn es sich taktisch als günstig erweise, etwa die Autonomie der Ukraine zu propagieren, er verbot jedoch im gleichen Atem strikt, daraus die gringsten praktischen Konsequenzen zu ziehen. Denn der deutsche Soldat habe die Gebiete nicht erobert, um den Ukrainern einen nationalen Staat zu schenken, sondern um für sich selbst den unentbehrlichen „Lebensraum" zu schaffen. Die Vorstellung, man könne mit Nutzen für Deutschland den Aufbau einer russischen Armee der antibolschewistischen Wlassow-Anhän-ger fördern, tat Hitler als „ein Phantom ersten Ranges" ab. Über die Politik in der Ukraine hatten Alfred Rosenberg und der Reichskommisar Erich Koch 1943 in Hitlers Gegenwart eine Auseinandersetzung, in der Rosenberg dafür eintrat, nationale Komitees und Hochschulen zu gründen und die Grundlagen für einen selbständigen Staat zu schaffen. Dem hielt Koch entgegen, Rosenberg habe keine Ahnung von der Praxis. Wenn die Wehrmacht von ihm (Koch) fordere, 5, 7 Millionen Tonnen Getreide abzuliefern, dann könne er nicht sagen, es tue ihm leid, er müsse einen ordentlichen, sauberen ukrainischen Staat aufbauen, deshalb könne er nur 1 oder 2 Millionen t Getreide geben; oder: nachdem er 500 000 Juden „verloren" habe, die in seinem Gebiet die Handwerker gewesen seien, könne er die Ukrainer nicht auf die Hochschulen schicken, damit sie dann einen ukrainischen Staat aufbauten, sondern müsse sie abrichten, Stiefel zu flicken. Rosenberg lebe in der schönen Welt der Organisation, er aber in der harten Welt der Befriedigung von tausend Wünschen, und dafür allein sei er an seine Stelle gesetzt worden. Koch hatte von seinem Standpunkt aus recht, und das Gewicht der Tatsachen war auf seiner Seite.

Denn die ungeheuren militärischen Kraftanstrengungen hatten (sieht man von den von Koch auch erwähnten Folgen der Judenvernichtung einmal ab) an Deutschlands Reserven derartig gezehrt, daß alles Errungene sofort und ausschließlich der Deckung des unmittelbaren Bedarfs dienen mußte, dagegen keine praktischen Möglichkeiten blieben, es politisch sinnvoll zu verwalten, wie es zur Stabilisierung der deutschen Hegemonie auf lange Sicht erforderlich gewesen wäre. Insofern bildete die jeder politischen Vernunft zuwiderlaufende Ausbeutungspolitik aber die logische Folge von Hitlers 1936 gefaßtem Entschluß, in seine Kriegsplanungen das Potential des erst zu erobernden „Lebensraumes“ schon miteinzusetzen und gewissermaßen im Vorgriff darauf Deutschlands Reserven zu überziehen. Kochs Verwaltungspraxis lag genau auf der Linie dieser Politik, die nach einer Serie unglaublicher Erfolge nunmehr an dem Punkt angelangt war, wo sie sich selbst aufhob. Rosenberg dagegen und eine ganze Reihe anderer nationalsozialistischer Führer, die gegen die so offensichtlich verfehlte Ostpolitik mehr oder weniger energisch opponierten, stellten Forderungen, die zwar grundsätzlich richtig, angesichts der konkreten Situation jedoch bereits utopisch waren. Die nackte Machtpolitik war in der Konsequenz ihrer eigenen Maßlosigkeit bereits in den nackten Existenzkampf umgeschlagen, ehe noch die deutschen Fronten den feindlichen Angriffen weichen mußten.

Mit der fortschreitenden Verschlechterung der Lage wurden Hitlers militärische und politische Führungsfehler so offensichtlich, daß sich auch in den Reihen führender Nationalsozialisten die Fälle scharfer Kritik häuften. Obgleich diese Opposition ihre Impulse ohne Zweifel oft aus richtigen Einsichten und echtem Verantwortungsgefühl empfing, hatte sie doch nur geringen Wert und wenig praktischen Nutzen; denn ihre Träger blieben bei der Kritik der Symptome stehen und sahen nicht die tieferen Ursachen der Mißerfolge, weil diese weitgehend mit Denkvoraussetzungen identisch waren, die sie nach wie vor mit Hitler teilten. Auch galt es allen nationalsozialistischen Kritikern als selbstverständlich, daß erst der Krieg gewonnen werden müsse, ehe man zu Reformen schreiten könne, während in Wahrheit eine grundlegende Reform das einzige Mittel gewesen wäre, die sonst sichere Katastrophe zu verhindern. Denn es ging bereits 1943 nicht mehr darum, ob Deutschland siegen oder unterliegen, sondern ob die unvermeidliche Niederlage zugleich eine völlige Vernichtung sein werde.

Durchhalten um jeden Preis

Spätestens im Laufe des Jahres 1944 wurde deutlich, daß sich Hitler nicht scheute, Volk und Staat der Vernichtung preiszugeben, wenn er den Sieg nicht erzwingen könnte. Seitdem er in der Winterkrise 1941/42 einmal mit der starren Verteidigung jeden Meter Bodens recht behalten hatte, blieb das „Durchhalten" um jeden Preis seiner militärischen Weisheit verhängnisvoller letzter Schluß. Er opferte lieber wertvolle Divisionen, ehe er eine nicht mehr zu haltende Stellung freiwillig geräumt hätte. Dies um so mehr, als bei der sich rasch verschlechternden Gesamtlage allein die Weisung, keinen Schritt zurückzuweichen, heroisch verdecken konnte, was jede andere operative Überlegung sogleich an den Tag gebracht hätte: daß nichts militärisch Sinnvolles mehr zu tun war in einer Situation, in der die Kräfte weder reichten, Deutschland auf lange Sicht zu verteidigen, noch so weit vorzustoßen, daß sie wesentlich hätten ergänzt werden können — mit anderenWorten: daß der Krieg verloren war. Hitler begann sich mehr und mehr von der Wirklichkeit abzuschließen und unangenehme Tatsachen nicht zur Kenntnis zu nehmen; wer noch den Mut aufbrachte, ihm die Lage so darzustellen, wie sie war, den nannte er einen böswilligen Defaitisten. Während sich draußen Deutschlands Schicksal erfüllte, zog sich Hitler auf seinen Willen und «eine Wunschvorstellungen zurück.

Unter diesen Umständen haben die Führer des deutschen Widerstandes, um Hitler zu beseitigen, mit Recht auch diejenigen Mittel nicht gescheut, die nur in einer so extremen Ausnahmesituation gerechtfertigt werden können, in der das Geschick eines ganzen Volkes von der Willkür eines Mannes abhängig geworden war, der am Rande des Wahnsinns stand und seinerseits schon längst das Vertrauen derjenigen verraten hatte, die ihm treue Gefolgschaft gelobten. So lag die Schwäche des deutschen Widerstandes nicht in den außerordentlichen Mitteln, deren er sich bediente, sondern darin, daß der Entschluß zur Tat erst gefunden wurde, als diese nur noch den Versuch bedeutete, die sichere Katastrophe abzuwenden, und nicht mehr die spontane Befreiung von einer Deutschlands nicht würdigen Herrschaft war.

Durch das Mißlingen des Attentats vom 20. Juli 1944 fühlte Hitler sich in seinem Sendungsbewußtsein bestärkt und in seiner Skepsis gegen Wehrmacht und Bürokratie endgültig bestätigt. In seinen Wahnvorstellungen erneuerte sich die Situation der „Kampfzeit“ vor 193 3: Feiglinge und Verräter waren am Werk, Deutschland seinen Feinden auszuliefern, während er, allein auf die Getreuen seiner Bewegung ge stützt, einen verzweifelten Kampf um die Zukunft des deutschen Volkes kämpfte. Die nationalsozialistische Bewegung allein betrachtete er auch jetzt als Repräsentantin des deutschen Widerstandswillens und Trägerin des Schicksalskampfes, und er vertraute nunmehr die Organisation des Kriegseinsatzes ausschließlich seinen nächsten Gefolgsleuten an. Himmler übernahm nicht nur den Befehl über das Ersatzheer und damit die Bereitstellung der Reserven, sondern zeitweise auch die Führung einer Heeresgruppe, was allerdings bald mit einem Fiasko endete.

Nachdem der „totale Krieg“ bereits im Februar 1943 als Reaktior auf die Beschlüsse von Casablanca verkündet worden war, wurde Goebbels im August 1944 Generalbevollmächtigter für den verschärften totalen Kriegseinsatz. Bormann und Himmler wurden mit der Auf-Stellung des „Deutschen Volkssturms" beauftragt und konkurrierten beide mit Goebbels in der Organisation des „Werwolf", der mehr noch als die übrigen Maßnahmen eine Illusion und, soweit er Wirklichkeit wurde, sinnlos und verbrecherisch war. Hitlers Forderungen wurden immer weniger erfüllbar, seine Befehle immer willkürlicher; wer ihnen aber nicht nachkommen konnte oder aus Verantwortungsgefühl für die ihm anvertrauten Menschen nicht nachkommen wollte, galt als Verräter. Bis zur Sinnlosigkeit wurden die militärischen Strafbestimmungen verschärft, sodaß sie nicht mehr der Disziplinierung und Stärkung der Front dienten, sondern eine derartige Rechtunsicherheit erzeugten, daß überlegtes, verantwortliches Handeln fast unmöglich und die Gewissen endgültig verwirrt wurden.

Am 20 März 1945 erließ Hitler den Befehl, alle militärischen Verkehrs-, Nachrichten-, Industrie-und Versorgungsanlagen sowie Sachwerte innerhalb des Reichsgebietes, die sich der Feind für die Fortsetzung seines Kampfes irgendwie nutzbar machen könnte, zu zerstören. Kein anderer als Albert Speer, dem es trotz der immer schwereren Luftangriffe gelungen war, bis zum Ende des Jahres 1944 ein Absinken der deutschen Rüstungsleistungen zu vermeiden, erklärte Hitler, daß der „Verbrannte-Erde-Befehl“ dem Feind keinen ernsten Nachteil bringen, dem deutschen Volke aber die primitivsten Grundlagen des Weiterlebens entziehen werde. Er werde deshalb alles tun, Hitlers Befehl zu durchkreuzen. Darauf antwortete Hitler, wenn der Krieg verlorengehe, werde auch das Volk verloren sein; es sei nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das Volk zum Weiterleben brauche, Rücksicht zu nehmen; das deutsche Volk habe sich eben als das schwächere erwiesen, und dem stärkeren Ostvolk gehöre ausschließlich die Zukunft. Was nach dem Kampfe übrigbleibe, seien ohnedies nur die Minderwertigen.

Vergebliches Hoffen auf ein Wunder

Das deutsche Volk kämpfte auch im Angesicht des Zusammenbruches weiter; im Osten in dem verzweifelten Bemühen, einen möglichst großen Teil Deutschlands vor russischer Besetzung zu bewahren, im Westen, weil niemand wagte, dem sinnlosen Widerstand aus eigener Initiative ein Ende zu setzen. Es gab noch den Schein zweier Möglichkeiten, dem Krieg eine glückliche Wendung zu geben: den Einsatz von Wunder-waffen und ein Zerwürfnis der Alliierten; diese Schatten von Chancen genügten, um den Bann des Gehorsams und die Dämonie der totalen Herrschaft bis zum letzten Tage zu erhalten. Nur wenige vermochten ihr Vertrauen in, beziehungsweise ihre Angst vor Hitlers Glück zu überwinden, das sich so oft so erstaunlich bewährt hatte. Wer war sich ganz sicher, daß keine unvorhergesehene Wendung eintrat! Wer wollte dann auf der falschen Seite stehen! In Wirklichkeit allerdings hatte Deutschland am Ende des Krieges keine Waffe, die mit der Atombombe vergleicibar gewesen wäre, über die die Amerikaner bereits einsatzbereit verfügten. Und was ein Bruch zwischen den Alliierten betrifft, so ist gewissen Aussprüchen Hitlers über die zukünftige Entwicklung ihrer Beziehungen von heute her gesehen eine politische Voraussicht nicht abzustreiten Er berücksichtigte jedoch nicht die Lehre der Geschichte, daß das Bündnis ungleicher Partner doch so lange zu halten pflegt, als sie einen gemeinsamen Feind noch nicht bezwungen haben. Hitler mußte erfahren, daß sich für ihn mit Roosevelts überraschendem Tod am 12. April 1945 das Mirakel des Hauses Brandenburg nicht wiederholte.

In der Agonie des Dritten Reiches zerbrach schließlich die nationalsozialistische Bewegung selbst an Hitlers egozentrischer Entschlossenheit, Deutschland mit sich in den Untergang zu reißen, am Widerspruch zwischen seinem Wahn und der Wirklichkeit beziehungsweise einem Rest Realismus, der einigen der höchsten nationalsozialistischen Führer geblieben war. Als sich Sepp Dietrich, der bereits 1923 Hitlers Stabs-wache angehört hatte, im April 1945 gezwungen sah, mit seiner 6. SS-Panzerarmee auf Wien zurückzugehen, schickte ihm Hitler einen Funkspruch: die Truppe habe nicht so gekämpft, wie es die Lage erfordere und es hätten Joshalb die SS-Division „Adolf Hitler", „Das Reich“, „Totenkopf“ und „Hohenstaufen" ihreÄrmelstreifen abzulegen. WenigeZeitspäterstieß Hitler Göring und Himmler aus der Partei aus, weil sie durch geheime Verhandlungen mit dem Feind sowie durch den Versuch, entgegen dem Gesetz die Macht im Staate an sich zu reißen, dem Lande und dem gesamten Volk unabsehbaren Schaden zugefügt hätten. Dieses Urteil wurde gesprochen, weil die beiden, im Gegensatz zu Goebbels und Bormann, die das Schicksal des Volkes aus ihren Überlegungen ganz ausgeschaltet hatten, versuchten, noch etwas zu retten. Hier wurde ein letztes Mal die abgründige Unwahrhaftigkeit und konstitutive Verkehrtheit eines Systems Ereignis, in dem als Verräter an Deutschland galt, wer sich im Konfliktsfalle für Deutschland gegen einen Führer entschied, der sich mit Deutschland identifizierte und sich gleichzeitig anschickte, es seinem Eigensinn zu opfern. Was durch die ganze Geschichte des Dritten Reiches das tragische Schicksal zahlloser Männer und Frauen reinen Wollens und vorbildlicher Vaterlandsliebe besiegelt hatte, bestätigte sich schließlich — bereits in grotesker Zuspitzung — noch einmal an zwei Männern, denen Hitler viel zu verdanken hatte, und die Deutschlands Unglück zu einem unermeßlichen Anteil verschuldeten. So endete die nationalsozialistische Epoche der deutschen Geschichte in der Katastrophe. Sie war von all denen vorausgesehen worden, die nüchtern geblieben waren und sich die Fähigkeit zur Unterscheidung der Geister bewahrt hatten.

Zeittafel

1933 30. Jan. Ernennung Hitlers zum Reichskanzler 27. Febr. Reichstagsbrand 28. Febr. Verordnung des Reichspräsidenten „zum Schutze von Volk und Staat“ 5. März Knapper Sieg der Regierungskoalition bei den Reichstagswahlen 21. März Reichstagssitzung in der Potsdamer Garnisonkirche („Tag von Potsdam“) 23. März Selbstliquidation des Reichstags durch das Ermächtigungsgesetz 2. Mai Auflösung der Gewerkschaften 20. Juli Konkordat zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl 14. Okt. Deutschland verläßt Völkerbund und Abrüstungskonferenz 1934 26. Jan. Deutsch-polnischer Nichtangriffspakt 30. Juni Gewaltstreich gegen die SA (Röhm-Affäre) 2. Aug. Hitler Staatsoberhaupt und Reichskanzler in einer Person (Titel des Reichspräsidenten abgeschafft) 1935 16. März Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht 18. Juni Flottenabkommen mit England 15. Sept. Nürnberger Rasse-Gesetze 1936 7. März Kündigung des Locarno-Paktes und Einmarsch deutscher Truppen in das Rheinland 29. Aug. Deutsche Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg 9. Sept. Verkündung des „Vierjahresplans"

1937 5. Nov. Hitler gibt der Generalität seine Kriegspläne bekannt 16. Nov. Rücktritt Hjalmar Schachts als Reichswirtschaftsminister 1938 4. Febr. Entlassung des Oberbefehlshabers des Heeres Frh. v, Fritsch, Hitler übernimmt den Oberbefehl über die Wehrmacht Ernennung Ribbentrops zum Außenminister 12. März „Anschluß" Österreichs an das Reich 29. Sept. Münchener Konferenz; die Tschechoslowakei tritt das Sudeten-land an das Reich ab 8. Nov. Progrom gegen die deutschen Juden („Kristallnacht") 1939 14. März Besetzung der Tscheche! durch deutsche Trumpen 28. April Kündigung des deutsch-englischen Flottenabkommens von 1935 und des deutsch-polnischen Abkommens von 1934 23. Aug. Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes 1. Sept. Deutscher Angriff auf Polen 3. Sept. Kriegserklärung Großbritanniens und Frankreichs an Deutschland 1940 9. April Deutsche Truppen besetzen Dänemark und Norwegen 10. Mai Beginn des Feldzuges gegen Frankreich, Holland, Belgien, Luxemburg 27. Sept. Dreierpakt Deutschland-Italien-Japan 23. Z 24. Okt. Hitler trifft sich mit Franco bzw. Petain 28. Okt. Italien eröffnet den Krieg gegen Griechenland 1941 11. Febr. Einsatz deutscher Truppen in Nordafrika 11. März Abschluß des „Pachtund Leih-Vertrages zwischen USA und Großbritannien 27. März Beginn des deutschen Feldzugs gegen Jugoslawien und Griechenland 12. Mai Bormann wird Leiter der Parteikanzlei 22. Juni Hitler beginnt den Krieg gegen die Sowjetunion 11. Dez. Deutsche Kriegserklärung an die USA 1942 20. Jan. Wannsee-Konferenz: Beginn der „Endlösung der Judenfrage’ 3. Nov. Deutsche Niederlage bei El Alamein 8. Nov. Landung britischer und amerikanischer Truppen in Marokko und Algerien 1943 30. Jan. Kapitulation der deutschen Truppen in Stalingrad 25. Juli Sturz Mussolinis 13. Okt. Neue italienische Regierung erklärt Deutschland den Krieg 1944 6. Juni Alliierte Invasion in Nordfrankreich 20. Juli Attentat Graf Stauffenbergs auf Hitler 11. Sept. Amerikanische Truppen überschreiten die deutsche Grenze 1945 30. April Hitler verübt Selbstmord 8. Mai Unterzeichnung der deutschen Kapitulation

Literaturhinweis

Golo Mann, Deutsche Geschichte des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1958. Alan Bullock, Hitler. Eine Studie über Tyrannei. Dt. Übertragung von W. u. M. Pferdekamp. Düsseldorf 1953. Konrad Heiden, Adolf Hitler. Eine Biographie. Bd. 1: Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit. Zürich 1936; Bd. 2: Ein Mann gegen Europa. Zürich 1937. Hermann Mau und Helmut Krausnick, Deutsche Geschichte der jüngsten Vergangenheit, 1933— 1945. Tübingen-Stuttgart 1956. Eva G. Reichmann, Flucht in den Haß. Die Ursachen der deutschen Juden-katastrophe. Frankfurt am Main o. J. Michael Müller-Claudius, Deutsche und jüdische Tragik. Frankfurt/M. 1955. Hermann Graml, Der 9. November 1938. „Reichskristallnacht". Herausg. v. d. Bundeszentrale f. Heimatdienst. Bonn 1953. H. G. Adler, Theresienstadt 1941— 1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft. Tübingen 1955. Hans Rothiels, Die deutsche Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung. 2. Ausl. Frankfurt/M. 1958 (Fischerbücherei). Helmut Krausnick: Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstandes gegen Hitler. — In: Die Vollmacht des Gewissens. München 1956. Hans Buchheim, Glaubenskrise im Dritten Reich. Drei Kapitel nationalsozialistischer Religionspolitik. Stuttgart 1953.

Hermann Foertsch, Schuld und Verhängnis. Die Fritsch-Krise im Frühjahr 1938 als Wendepunkt in der Geschichte der nationalsozialistischen Zeit, Stuttgart 1951. Fritz von Hippel, Die nationalsozialistische Herrschaftsordnung als Warnung und Lehre. Eine juristische Betrachtung. 2. Ausl. Tübingen 1947. (Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart, Nr. 129.) Karlheinz Schmeer, Die Regie des öffentlichen Lebens im Dritten Reich. München 1956. Hans-Gerd Schumann, Nationalsozialismus und Gewerkschaftsbewegung. Die Vernichtung der deutschen Gewerkschaften und der Aufbau der „Deutschen Arbeitsfront". Hannover und Frankfurt a. Main 1958. Hugh Redwald Trevor-Roper, Hitlers letzte Tage. Dt. Übertragung von Joseph Kalmer. Zürich 1948. Erich Kuby (Herausgeber), Das Ende des Schreckens. Dokumente des Untergangs Januar bis Mai 1945. München 1955. Vierteljahresheite für Zeitgeschichte. Herausg. von Hans Rothfels und Theodor Eschenburg. Stuttgart. Mit laufender Bibliographie. Bisher erschienen: Jahrgang 1 (1953) — 6 (1958). Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte. München 1958. Anmerkung: Hans Buchheim, geb. 11. 1. 1922 in Freiberg/Sachsen, Studium der Philologie und Philosophie an den Universitäten Leipzig und Heidelberg. Tätig am „Institut für Zeitgeschichte" in München seit Januar 1951.

Politik und Zeitgeschichte

AUS DEM INHALT DER NÄCHSTEN BEILAGEN:

Joseph M. Bochenski: „Die sowjetische Philosophie der Gegenwart 14

Leonhard Froese: „Der „alte" russische Mensch in der neueren sowjetischen Literatur 14

Gerhard v. Mende: „Die Situation der Turkvölker in der UdSSR"

Heinrich Uhlig: „Hitlers Einwirkung auf Planung und Führung des Ostfeldzuges * * * 2 „Pekings Wirtschaftsbeziehungen zum Ausland 44 ***z „Geschichte der sowjetischen Sicherheitsorgane 44

Fussnoten

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