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Die Kommunistische Ideologie und die Würde, Freiheit und Gleichheit der Menschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 | APuZ 6/1956 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 6/1956 Die Kommunistische Ideologie und die Würde, Freiheit und Gleichheit der Menschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949

Die Kommunistische Ideologie und die Würde, Freiheit und Gleichheit der Menschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949

J. M. BOCHENSKI O. P

I. Einleitung

§ Gegenstand, Methode und Plan A. GEGENSTAND Diese Abhandlung stellt sich die Aufgabe, die Frage zu beantworten.

ob die kommunistische Ideologie mit der Anerkennung der Würde, Freiheit und Gleichheit der Menschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 verträglich ist.

Die einzelnen Teile dieser Frage sind hier in folgender Weise verstanden: 1. Unter „kommunistischer Ideologie" versteht man die Gesamtheit der theoretischen und praktischen Grundprinzipien, welche von der kommunistischen Partei für ihre Lehre und Praxis als maßgebend anerkannt sind. Dieser Begriff wird näher in §§ und umschrieben. 2. Unter „kommunistischer Partei“ (abgekürzt: „KP") versteht man die Partei, bzw. die Parteien, welche — wie sie auch sonst heißen mögen — sich zu den sozial-politischen Ideen Vladimir Iljic Ulianov’s (Pseudonym: Lenin) 1) bekennen.

3. Die Worte „Würde“, „Freiheit" und „Gleichheit“ werden im Sinne des genannten Grundgesetzes verstanden, ihre Bedeutung wird aus diesem Gesetz in §§ und 10 näher bestimmt.

4. Der Ausdrude „verträglich" meint die logische Verträglichkeit; zwei Aussagen werden genau dann „verträglich“ genannt, wenn zwischen ihnen kein Widerspruch besteht.

Unser Problem bildet vom Standpunkt der im Grundgesetz vertretenen Wertordnung (§§ 10 A 3, 16 A) ein einheitliches Ganzes; da sich aber diese Einheit nicht aus jedem möglichen Standpunkt logisch ergibt (§ 10 B), schien es zweckmäßig, die Frage der Würde gesondert von jenen der Freiheit und Gleichheit zu behandeln. Die einschlägigen Ausführungen des Grundgesetzes werden hier abgekürzt . Satz der Würde (§ 4 B) bzw. .der Freiheit“ (§ 10 A 1) und .der Gleichheit (§ 10 A 2) genannt. Es ergeben sich also die zwei folgenden Teilfragen:

I. Ist die kommunistische Ideologie mit dem Satz der Würde verträglich?

II. IstsiemitdenSätzenderFreiheitundGIeichheit verträglich?

Die Absicht geht nicht nur auf die Feststellung, daß diese Frage in diesem oder anderem Sinne zu beantworten ist, sondern auch auf die Erklärung, warum es so ist. Das heißt: es wird versucht, zu zeigen, wie die Stellungnahme der kommunistischen Ideologie zum Problem aus ihren fundamentalen Annahmen logisch ableitbar ist, warum sie so oder so ausfallen muß.

B. METHODE.

Die gewählte Methode ist die progressive 124) * bzw. synthetische: es werden für jeden Abschnitt zuerst die logischen Grundlagen dargelegt und erst dann die Aussagen behandelt, die aus diesen Grundlagen abgeleitet sind und sich direkt auf die entsprechende Frage beziehen; dieses Verfahren erschwert zwar die Übersicht, es ist aber logisch korrekter und entspricht überdies der Darstellungsmethode, die von den Vertretern der kommunistischen Ideologie ständig angewandt wird. Die Texte und Erörterungen, welche sich direkt auf die behandelten Fragen beziehen, stehen deshalb nicht am Anfang des Abschnittes, sondern sind vor allem in den §§ 7 und 13 zu suchen.

Zur Darstellung der kommunistischen Ideologie wurden verhältnismäßig viele (rund 100) Texte angeführt. Dies erschien deshalb zweckmäßig, weil die einschlägigen Stellen in den umfangreichen Werken der Vertreter kommunistischer Ideologie zerstreut sind und nur selten zusammengestellt wurden.

Auf die Behandlung der Literatur mußte wegen Platzmangel verzichtet werden. Verzeichnisse dieser Literatur sind in den Werken von Bochenski 3) und Wetter 4) zu finden. Die Auswahl der angeführten Autoren ist durch die Ausführungen des § 2 gerechtfertigt. Alle herangezogenen Texte, außer den wenigen, die vom Verfasser direkt aus dem Russischen übersetzt wurden, sind den neueren Ausgaben kommunistischer Verlage entnommen, welche öfters im Vergleich zur MEGA und anderen klassischen Gesamtausgaben einen verbesserten Text bieten; damit sind auch die Ergebnisse der §§ 2 und 3 bestätigt: denn man findet gerade diese grundlegenden Texte in massenhaft verbreiteten Ausgaben der kommunistischen Verlage.

C. PLAN UND VERWEISE Die Abhandlung zerfällt in eine Einleitung, in welcher der Begriff der kommunistischen Ideologie (§ 2) und die Bedeutung dieser Ideologie (§ 3) erörtert werden, und in zwei Hauptabschnitte, die den Fragen der menschlichen Würde (§§ 4— 9), der Freiheit und Gleichheit (§§ 10— 15) gewidmet sind. Darauf werden die Ergebnisse zusammengefaßt (§ 16).

In jedem Abschnitt wird zuerst das Problem gestellt, und zwar durch eine Sinnanalyse der entsprechenden Tex der Freiheit und Gleichheit (§§ 10— 15) gewidmet sind. Darauf werden die Ergebnisse zusammengefaßt (§ 16).

In jedem Abschnitt wird zuerst das Problem gestellt, und zwar durch eine Sinnanalyse der entsprechenden Texte des Grundgesetzes und durch eine logische Analyse ihrer Voraussetzungen. Darauf werden die einschlägigen kommunistischen Grundthesen an Hand ausgewählter Texte besprochen; es wird dann gezeigt, welche Folgerungen die kommunistische Ideologie aus diesen Grundsätzen zieht. Die aus dem dargelegten Material gewonnenen Ergebnisse werden am Ende jedes Abschnittes zusammengefaßt (§§ 9 und 15).

Ein Verzeichnis der angeführten Quellen findet sich am Schluß der Abhandlung.

Alle Hervorhebungen in den Zitaten stammen, wenn nichts anderes vermerkt, von den zitierten Verfassern selbst. § 2. Begriff der kommunistischen Ideologie Die KP besitzt eine eigene „Theorie", „Weltanschauung“, ein „theoretisches Fundament“ oder eine „theoretische Grundlage". Diese Theorie wird auch „fortgeschrittene Theorie“ und revolutionäre Theorie“ genannt. Diese wollen wir hier abgekürzt „kommunistische Ideologie“ nennen.

A. QUELLEN UND EINLEITUNG Da die kommunistische Ideologie mit der Lehre von Marx, Engels, Lenin und Stalin identisch sein soll, wird sie öfters „Marxismus-Leninismus“ oder kurz „Marxismus" genannt.

Der Marxismus hat nach Lenin „drei Quellen und drei Bestandteile":

Die Lehre von Marx ... ist die rechtsmäßige Erbin des Besten, was die Menschheit im 19. Jahrhundert in Gestalt der deutschen Philosophie, der englischen politischen Ökonomie und des französischen Sozialismus geschaffen hat 6).

Wir fassen hier als „kommunistische Ideologie" den ersten dieser Bestandteile, nämlich den „philosophischen". Es wird durch Lenin wie folgt beschrieben:

Die Philosophie des Marxismus ist der Materialismus . . . Marx und Engels verfochten mit aller Entschiedenheit den philosophischen Materialismus . . . Aber Marx blieb nicht beim Materialismus des 18. Jahrhunderts stehen, er entwickelte die Philosophie weiter. Er bereicherte sie durch die Errungenschaften der deutschen klassischen Philosophie und besonders des Hegeischen Systems, das seinerseits zum Materialismus Feuerbachs geführt hatte. Die wichtigste dieser Errungenschaften ist die Dialektik... Marx, der den philosophischen Materialismus vertiefte und entwickelte, führte ihn zu Ende und dehnte dessen Erkenntnis der Natur auf die Erkenntnis der menschlichen Gesellschaft aus. Der historische Materialismus von Marx war eine gewaltige Errungenschaft des wissenschaftlichen Denkens 7).

Die kommunistische Ideologie besteht also nach Lenin in ihrer „philosophischen" Grundlage aus drei Elementen: (1) aus dem Materialismus, (2) aus der Hegeischen Dialektik, (3) aus dem Marx'schen historischen Materialismus.

Die zwei ersten Elemente werden (schon seit Engels) unter dem Namen „dialektischer Materialismus“ („Diamat“) zusammengefaßt. Stalin schrieb für den „Kurzen Lehrgang“ der „Geschichte der KP der Sowjetunion“ das Kapitel (IV, 2) „über dialektischen und historischen Materialismus“ 8). Er stellt dort die Struktur des Marxismus folgendermaßen dar:

Der dialektische Materialismus ist die Weltanschauung der marxistisch-leninistischen Partei. Diese Weltanschauung heißt darum dialektischer Materialismus, weil ihr Herangehen an die Natur-erscheinungen, ihre Methode . . . die dialektische ist, und weil ihre Deutung der Naturerscheinungen . . . ihre Theorie materialistisch ist. Der historische Materialismus ist die Ausdehnung der Leitsätze des dialektischen Materialismus auf die Erforschung des gesellschaftlichen Lebens 9).

Diese Auffassung und Einteilung der kommunistischen Ideologie besitzt bis heute in der KP allgemeine Geltung.

B. DIE „KLASSIKER“

Zur genauen Bestimmung des Begriffes der kommunistischen Ideologie ist die Klärung des Begriffes „Klassiker" notwendig, da im Grunde nur deren Werke den eigentlichen Inhalt der kommunistischen Ideologie ausmachen. 1. Begriff der „ K a s s i k e r“

„Klassiker des Marxismus" werden in der Literatur der KP ausschließlich Marx, Engels, Lenin und Stalin genannt. Ihre Schriften werden in der KP auf besondere Weise behandelt. Kein Schriftsteller der KP leugnet einen ihrer Sätze; was die „Klassiker" behauptet haben, gilt als Axiom und wird allen „philosophischen“ (unterdessen auch manchen andern) Ausführungen zugrundegelegt. Fast die gesamte ideologische Literatur der KP besteht aus Kommentaren zu diesen „Klassikern“. 2. Gegenseitiges Verhältnis der „Klassiker"

Es gilt der allgemeine Grundsatz in der KP, daß Marx durch Engels, Engels durch Lenin, dieser durch Stalin richtig gedeutet wurde. In der Praxis besitzt aber Lenin die größte Autorität. 3. Stellung Stalins Nach dem Tode Stalins (1953) hat man viel von einer Abwertung seiner ideologischen Bedeutung gesprochen. Dies mag zutreffen auf seine letzten Schriften, in welchen er mehr persönliche Ansichten entwickelt; seine Autorität ist aber in Hinsicht auf seine früheren und wichtigsten Veröffentlichungen schon deshalb nicht erschüttert, weil Stalin darin lediglich die Lenischen Lehren darlegt und systematisiert, also in „Die Probleme des Leninismus" und im Aufsatz „über den dialektischen und historischen Materialismus“ Der letztgenannte Aufsatz bildet die Grundlage des gesamten Unterrichtes des Marxismus-Leninismus in der KP und in den durch sie beherrschten Ländern. Er wird mit dem „Kurzen Lehrgang“ der „Geschichte der KP der Sowjetunion" auch nach dem Tode Stalins massenhaft verbreitet. 4. Methodologische Folgerungen Aus dieser Sachlage ergibt sich, daß die kommunistische Ideologie vor allem aus den Schriften der „Klassiker" zu schöpfen ist, unter ihnen aber vorzüglich aus den Werken Lenins. Marx und Engels sind insoweit von Belang, als sie die Voraussetzungen der Leninschen Gedanken bieten, Stalin, als er diese systematisch darlegt. Die übrige kommunistische Literatur kann nur sekundär, als Zeugnis der Beibehaltung der Leninschen Lehre in der KP benützt werden.

Jeder Versuch, die Ideologie des Kommunismus aus anderen Quellen herzuleiten, muß als unwissenschaftlich abgelehnt werden. Insbesondere ist es ganz verfehlt, das Verständnis dieser Ideologie aus eigener Deutung der Schriften Marx'oder auf Grund einer der zahlreichen nicht-kommunistischen Interpretationen desselben Verfassers gewinnen zu wollen. § 3. Bedeutung der kommunistischen Theorie für die KP Um den Begriff und die Bedeutung der kommunistischen Ideologie voll zu verstehen, ist es notwendig, über die Rolle Klarheit zu gewinnen, die sie in der KF spielt. Diese Rolle ist überaus groß. D i e K P ist, nach einem trefflichen Ausdruck von C. E. J. Joad, eine „Philosophie in Aktion“ Sie verfolgt nicht nur politische, ökonomische und kulturelle Ziele, sondern besteht und handelt vor allem, um die Konsequenzen aus dem dialektischen und historischen Materialismus in der Praxis zu ziehen, seine Grundsätze und Weisungen zu verwirklichen. Deshalb ist die Kenntnis dieser Lehren für die Mitglieder der KP von so überragender Wichtigkeit.

Daß dem so ist, erhellt ebensosehr aus der Therorie, die durch viele Aussagen der „Klassiker" und anderer kommunistischer Ideologen belegt ist, wie auch aus der Praxis der KP.

A. THEORIE Lenin:

Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben

Die Rolle des Vorkämpfers (kann) nur eine Partei erfüllen . . . die von einer fortgeschrittenen Theorie geleitet wird

Stalin:

(Da) der dialektische und historische Materialismus das theoretische Fundament des Kommunismus, die theroretischen Grundlagen der marxistischen Partei bilden, (ist) die Kenntnis dieser Grundlagen . . . und folglich ihre Aneignung Pflicht jedes aktiven Kämpfers unserer Partei

Die Geschichte der Partei lehrt ... daß die Partei der Arbeiterklasse ... die Rolle des Organisators und Führers der proletarischen Revolution nicht erfüllen kann, wenn sie nicht . . . die marxistischleninistische Theorie gemeistert hat

Manche glauben, der Leninismus sei das Primat der Praxis über die Theorie ... Ich muß erklären, daß diese mehr als sonderbare Meinung über Lenin und den Leninismus ganz falsch ist . . . Lenin verstand besser als jeder andere die große Bedeutung der Theorie, besonders für eine Partei wie die unsrige . . .

Kalinin:

Damit man ein standhafter Kommunist ist, muß man vor allem eine feste kommunistische Weltanschauung besitzen. Die kommunistische Weltanschauung gibt uns die Möglichkeit, jede Frage geschickt anzupacken, an jede Erscheinung richtig heranzugehen. Die kommunistische Weltanschauung ist für die Kämpfer der proletarischen Revolution dasselbe wie, sagen wir, für den Astronomen das stärkste Teleskop oder für den Forscher im Laboratorium das Mikroskop

Die Stärke der bolschewistischen Partei liegt darin, daß sie mit der Lehre von Marx, Engels, Lenin und Stalin ausgerüstet ist und diese Waffe meisterhaft zu führen weiß

Wenn das Volk in den schlimmsten Zeiten der Sowjetunion so fest die Treue hielt, sich so stark mit der Sowjetunion verbunden fühlte (und ideologisch beruht die sowjetische Gesellschaftsordnung doch auf der Lehre von Marx, Engels, Lenin und Stalin), dann versteht sich eigentlich von selbst, daß der gegebene Zeitpunkt historisch gesehen der günstigste ist, um den Marxismus-Leninismus zu propagieren

So wollen auch wir alle Kräfte einsetzen, um die Werktätigen unseres Landes noch mehr mit den Ideen des Marxismus-Leninismus zu bereichern und zu erleuchten

L e o n o v :

Alle Probleme ihres Programmes, ihrer Strategie und Taktik .. . löst die Partei Lenins und Stalins in voller Übereinstimmung mit der Lehre des dialektischen und historischen Materialismus. Die Politik unserer Partei stützt sich auf die granitharte Grundlage der dialektisch-materialistischen Weltanschauung

Gottwald :

Neben einer gründlichen fachlichen Ausbildung muß unsere neue Intelligenz in Kursen und Schulen im Geiste der fortschrittlichen Weltanschauung, im Geiste des dialektischen und historischen Materialismus, im Geiste des Marxismus-Leninismus, erzogen werden

In einem ausführlichen Projekt, das ein Komitee beim Ministerium für höheres Unterrichtswesen der UdSSR ausgearbeitet hat, sind für den Lehrgang in dialektischem und historischem Materialismus an den Hochschulen u. a. folgende Punkte vorgesehen:

3. Thema. Dialektischer und historischer Materialismus — die theoretische Grundlage des Kommunismus. , Dialektischer und historischer Materialismus als revolutionäre Methode der Erkenntnis und der Veränderung der Wirklichkeit. Der dialektische und historische Materialismus — das philosophische System, aus welchem allein der wissenschaftliche Kommunismus von Marx — Engels — Lenin — Stalin (logisch) folgt.

Die Marxistisch-Leninistische Philosophie — die theoretische Grundlage der marxistischen Partei .. . Bedeutung der Philosophie des Marxismus-Leninsmus für die Tätigkeit der kommunistischen Partei ...

Die Beherrschung des dialektischen und historischen Materialismus — eine der Haupaufgaben der ideologischen Vorbereitung unserer Kader

B. PRAXIS Daß diese Aussagen nicht bloße Theorie bleiben, das beweisen: 1. die Praxis des sowjetischen Unterrichts, 2. die Auflage-Ziffern der „Klassiker" in den durch die KP beherrschten Ländern, 3. endlich die ständigen Eingriffe der höchsten Parteiorgane in „philosophische" Fragen. 1. Unterricht:

Dem Satze Stalins getreu schult die KP alle ihre „Kämpfer" im dialektischen und historischen Materialismus. Lim nur einige Beispiele anzuführen: Die Hörer eines Ausbildungskurses in Moskau haben auf 340 Stunden nicht weniger als 126 „Philosophie" genossen Der Lehrplan des Studienkurses am Landwirtschaftlichen Institut schrieb auf 240 Stunden Chemie und 150 Stunden Physik 100 Stunden dialektischen Materialismus vor Die Studenten des Medizinisch-Pharmazeutischen Institutes in Bukarest müssen im ersten Jahr 6, im zweiten Jahr 11 Wochenstunden Marxismus-Leninismus hören Im Lehrprogramm der SED sind nach einer neuen Entschließung zwei volle Jahre dem Studium der Klassiker gewidmet Die Ausbildung im dialektischen und historischen Materialismus wird in allen volksdemokratischen Ländern von sämtlichen Gebildeten, bis hinunter zu den Volksschullehrern, verlangt. J. V. Stalin betonte auf dem XVIII. Parteitag der KP der Sowjetunion, daß es einen Zweig der Wissenschaft gebe, dessen Beherrschung für die Vertreter aller akademischen Zweige obligatorisch sei: der Marxismus-Leninismus Kalinin formuliert noch schärfer: Wie wäre es, wenn wir diesen Unterrichtsgegenstand nicht als Pflichtfach, sondern als Wahlfach betrachten würden? Im Grunde genommen ist der Marxismus-Leninismus für einen gebildeten Menschen das Allerinteressanteste und Allernotwendigste 2. Auflagen:

Nadi Mitin sollen innerhalb der ersten 22 Jahre nach der Oktoberrevolution 327 000 000 Exemplare der Werke von Marx, Engels, Lenin und Stalin vertrieben worden sein Die „Sovietskaja Kniga" vom Oktober 1952 gibt die Auflagenhöhe der „klassischen" Werke des Marxismus-Leninismus seit Errichtung der Sowjetmacht bis 1. September 1952 mit 931 536 000 an (davon 32 775 000 in ausländischen Sprachen). Aus derselben Quelle ist zu entnehmen, daß bis zu diesem Datum 41 391 000 Exemplare des „Kurzen Lehrganges der Geschichte" (der den Aufsatz Stalins über den dialektischen und historischen Materialismus enthält) verkauft wurden Allein im Jahre 1951 kamen 52 000 000 „Klassiker" auf den Markt, im Jahre 1952 waren es gar 86 Millionen Die Satellitenstaaten werden mit sowjetischer Literatur überschwemmt. In Polen erschienen seit 1945 bis 30. September 1953 66 000 000 sowjetische Bücher in Übersetzung. Die Werke Lenins figurieren in dieser Zahl mit 8 282 370 Exemplaren, die Werke Stalins mit 7 140 500 Exemplaren. Der „Kurze Lehrgang“ erreichte 1 263 000 Exemplare Die KP verlegt aber auch in den Ländern, in denen sie nicht die Alleinherrschaft besitzt, große Auflagen ihrer „Klassiker". So besteht die Mehrheit der Veröffentlichungen des französischen (kommunistischen) Verlages „Editions sociales" aus „philosophischen" Schriften 3. Kontrolle der KP:

Überall, wo die KP zur Macht kommt, verschwindet nach kurzer Zeit jedes zeitgenössische philosophische Schrifttum außer jenem, das auf dem dialektischen und historischen Materialismus gründet. Die Deutung der „Klassiker" selbst wird streng kontrolliert; immer wieder greifen die höchsten Organe der Partei ein: So hat das Zentralkomitee der KP am 25. 1. 1931 Deborin wegen seiner Deutung des dialektischen und historischen Materialismus verurteilt so wurde eine Empfehlung des „Kurzen Lehrganges" am 11. 11. 1938 erlassen Am 25. 6. 1947 griff das führende Mitglied des Zentralkomitees der KP, Zdanov gegen ein Handbuch der Geschichte der Philosophie ein, es der ungenügenden Treue zu Marx und Lenin anklagend Im Namen desselben dialektischen und historischen Materialismus wurden eine Reihe von Maßnahmen gegen Vertreter verschiedener Wissenschafts-Disziplinen getroffen: so gegen die Ethnographen (1932) die Literaten 1934) die „Pädologen" (1936) die Intellektuellen im allgemeinen (1946) die Biologen (1938) gegen einige Historiker (1950) die Linguisten (1950) die Physiologen (1950/51) Wenn es auch unsicher ist, wie weit bei der seitherigen Entwicklung die Direktiven noch Geltung besitzen, die Stalin (gegen die Schule Marxs) für die Sprachwissenschaft erlassen hat, so zeigt dieser Fall doch auf krasse Weise, daß die Parteiinstanz auch letzte Instanz in der Ausrichtung der Einzelwissenschaften auf die marxistischen Grundlagen ist. Mit den Linguisten waren nach der entsprechenden höchsten Verlautbarung auch die Pädagogen in einem peinlichen Wettbewerb des „Umlernens" begriffen

II. Die Würde des Menschen

§ 4. Problemstellung A. SINNANALYSE Am Anfang des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5. 1949 steht der Satz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar" Dieser Satz wird vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 23. 10. 1952 folgendermaßen kommentiert: „(der) freiheitlichen demokratischen Grundordnung . . . liegt letztlich ... die Vorstellung zugrunde, daß der Mensch in der Schöpfungsordnung einen eigenen selbständigen Wert besitzt... Daher ist die Grundordnung eine wertgebundene Ordnung. Sie ist das Gegenteil des totalen Staates, der als ausschließliche Herrschaftsmacht Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ablehnt.“

Der zitierte Satz des Grundgesetzes handelt von der menschlichen Person, also vom einzelnen, konkreten Menschen: diesem und nicht dem abstrakten Menschen, auch nicht der Menschheit als Gemeinschaft, kommt die genannte Würde zu. Dies ist daraus ersichtlich, daß die „unveräußerlichen Menschenrechte“, die im Art. 1(2) des Grundgesetzes angeführt sind, offenbar aus der Anerkennung der Würde des Menschen abgeleitet sind; diese aber kommen eindeutig der Person zu: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit" (Art. 2 [1]). „Die Freiheit der Person ist unverletzlich" (Art. 2 [2]). „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich" (Art. 3 [1]). *) Hervorhebungen von mir.

Das Subjekt ist also hier die Person des Einzelmenschen. Dieser Person soll die Würde, und zwar die unantastbare Würde zukommen. Der Ausdrude „Würde" ist nicht leicht zu definieren: es scheint, daß wir es mit der Bezeichnung eines ganz einzigartigen Phänomens (im Husserlschen Sinne) zu tun haben. Jedenfalls gehört die Würde der Wertordnung an: sie ist ein hoher Wert, und zwar ein unbedingter — weil unantastbarer — Wert. Dies bedeutet weiter, daß dieser Wert autonom ist und keinem andern untergebrdnet werden kann, — man darf die Würde des Menschen nicht antasten, um irgend ein Ziel zu erreichen.

Den so verstandenen Art. 1 (1) des Grundgesetzes wollen wir kurz „Satz der Würde" pennen.

B. LOGISCHE ANALYSE Es folgt aus den obigen Ausführungen, daß der Satz der Würde drei logisch notwendige Voraussetzungen hat, nämlich (1) die Seinsautonomie der Person, (2) ihre Wertautonomie, (3) die Existenz von unbedingten Werten. Diese Voraussetzungen können in folgender Weise formuliert werden:

1. Die menschliche Person ist s e i n s a u t o n o m ; das heißt, der Mensch ist nicht nur Teil eines größeren Ganzen, sondern selbständiges Subjekt in der Seinsordnung. Diese Voraussetzung ist deshalb notwendig, weil ein Wesen, welches keine Seinsautonomie besitzt, auch keine Wertautonomie inne haben kann: was nicht ist, kann auch nicht wertvoll sein, und was uns nicht autonom ist, kann auch keinen autonomen Wert besitzen.“

2. Die menschliche Person ist wertautonom; Dies bedeutet, daß die Person des Einzelmenschen nicht nur als Mittel, sondern auch als Selbstzweck aufgefaßt werden muß, und (wenigstens) in einigen Beziehungen keinen andern irdischen Zweck unterordnet werden darf. Daß eine solche Wertautonomie hier notwendig vorausgesetzt wird, folgt daraus, daß der Satz der Würde dem Menschen eine unantastbare, also keinem andern Ziel zu unterordnende Würde (d. h. Wert) zuschreibt.

3. Es gibt unbedingte Werte; daß es solche geben muß, folgt daraus, daß die unantastbare Würde gerade ein solcher Wert ist; wer den Satz der Würde anerkennt, muß auch die Existenz unbedingter Werte annehmen.

Der logische Zusammenhang ist also dieser: wenn der Satz der der Würde gilt, dann gelten auch alle genannten drei Sätze; und wenn irgendeiner dieser drei Sätze verneint wird, dann muß der Satz der Würde folgerichtig verneint werden. Es handelt sich also um notwendige Bedingungen.

C. TEILFRAGEN LIND PLAN Es ergeben sich demnach für uns drei Teilfragen:

1. Ist die kommunistische Ideologie mit der Annahme der Seins-autonomie der Person des Einzelmenschen verträglich?

2. Ist sie mit der Anerkennung der Wertautonomie dieser Person verträglich?

3. Ist sie überhaupt mit der Annahme von unbedingten Werten verträglich? Diese drei Fragen greifen, wie man leicht sehen kann, ineinander, und keine kann erörtert werden, ohne daß damit gleichzeitig die beiden andern berührt sind. Die kommunistische Ideologie kennt aber drei Prinzipiengruppen, deren jede sich in besonderer Weise auf eine der obigen drei Fragen bezieht. Es sind dies: die dialektische Theorie des Individuums (§ 5), der Materialismus (§ 6) und der Wertrelativismus (§ 7). Wir werden deshalb jeder dieser Lehren einen Paragraphen widmen, — dann ergänzend eine bekannte Rede Stalins behandeln, die sich direkt auf den Satz der Würde bezieht und als Grundlage des sog. „kommunistischen Humanismus“ gilt (§ 8). Auf Grund dieser Darlegungen werden wir im Stande sein, unsere drei Teilfragen zu beantworten und dadurch das Hauptproblem dieses Abschnittes zu lösen. § 5. Die dialektische Theorie des Individuums Für das Verständnis der kommunistischen Ideologie überhaupt und ihrer Stellung zur Menschenwürde im besonderen ist die Kenntnis der Dialektik von größter Bedeutung. Diese Dialektik ist aber gleichzeitig nicht nur an sich schwer faßlich, sondern es ist auch nicht leicht, ihre zentrale Lehre mit einzelnen klaren Texten der „Klassiker“ zu belegen. Diese Schwierigkeit liegt u. a. in dem Umstand, daß die „Klassiker“ die Dialektik in ihren — meistens für breite Kreise verfaßten — Schriften nicht leicht darlegen konnten. Und doch folgt aus dem Ganzen der kommunistischen Ideologie, daß sie durchgehend auf der Dialektik fußt — besonders in der uns hier interessierenden Frage.

Wir wollen im folgenden zuerst eine kurze Zusammenfassung der einschlägigen Hegelschen Thesen geben, dann an Hand einiger Texte der „Klassiker“ zeigen, daß sie diese Thesen übernommen haben, endlich daraus und durch den Vergleich mit andern Lehren der kommunistischen Ideologie Folgerungen für den dialektischen Begriff des Individuums ziehen.

A. DER GRUNDGEDANKE DER HEGELSCHEN DIALEKTIK Dieser Grundgedanke kann am besten durch ein Zitat aus dem Werk von Iwan Iljin gekennzeichnet werden. Und zwar wählen wir Iljin unter den vielen Hegel-Kommentatoren (die übrigens in diesem Punkte mit ihm im wesentlichen übereinstimmen), weil Lenin ihn als Hegel-Ausleger besonders schätzte. Man sagte, er habe ihn nach der Lektüre dieses Werkes aus dem Gefängnis befreien lassen.

Gott ist für Hegel der lebendige schöpferische Begriff;

er ist die einzige Realität; außer ihm gibt es nichts. Er entwickelt sich zu einem lebendigen System von konkreten Bestimmungen ...

Hegel betonte mehrmals und ausdrücklich, er sei Pantheist, und zwar in dem Sinne, daß er ein selbständiges Sein der Welt ablehne: Pantheismus ist Akosmismus. Es gibt nur Gott;

die Welt ohne Gott und außerhalb Gottes ist bloßer Schein

Das Zentrale ist hier nicht, daß gerade Gott genannt wird, und zwar ein mit dem Begriff identifizierter Gott, auch nicht der Pantheismus und Akosmismus, sondern der Gedanke, daß alles Individuelle, Einzelne nur ein „Moment“ des „Ganzen“ ist, „Das Wahre ist das Ganze“ sagt Hegel und das heißt, daß der Teil, das Individuum seine Wirklichkeit nur i m Ganzen und durch das Ganze hat — und auch, daß es in der Wertordnung auf dieses Ganze vollständig bezogen ist. Dieses Ganze heißt bei Hegel öfters „das Allgemeine“, wobei es sich um das sogenannte „konkret Allgemeine“ handelt. Dies ist so zu verstehen: während das klassische Allgemeine nur logisch allgemein und dazu abstrakt ist — d. h. eine Wesenheit ist, die mehreren Individuen zukommt und nur in ihnen, als eine ihrer Bestimmungen, besteht — ist das Hegeische „konkret Allgemeine" reell allgemein — es ist in Bezug auf seine Individuen das „Ganze“ — ein Organismus aus ihnen als Teilen —, welches dazu noch in dem Sinne das Ganze ist, daß es den ganzen Inhalt dieser Individuen ausmacht. So ist der Staat z. B. ein solches konkret Allgemeines in Hinblick auf seine Bürger.

Einige charakteristische Texte der „Vernunft in der Geschichte“ mögen diese Grundthese Hegels deutlich machen:

Der Volksgeist ist zugleich wesentlich ein besonderer, zugleich nichts als der absolute allgemeine Geist, — denn der ist Einer. Der W c 11 g e i s t ist der Geist der Welt, wie er sich im menschlichen Bewußtsein expliziert; die Menschen verhalten sich zu diesem als Einzelne zu dem Ganzen, das ihre Substanz ist. Lind dieser Weltgeist ist gemäß dem göttlichen Geiste, welcher der absolute Geist ist

Der Wert der Individuen also beruht darauf, daß sie gemäß seien dem Geiste des Volks, das sie Repräsentanten desselben seien und sich einem Stande der Geschäfte des Ganzen zugeteilt haben

Wenn wir uns nun gefallen lassen, die Individualitäten, ihre Zwecke und deren Befriedigung aufgeopfert, ihr Glück überhaupt dem Reiche der Naturgewalt und damit der Zufälligkeit, dem es angehört, preisgegeben zu sehen und die Individuen überhaupt unter der Kategorie der Mittel zu betrachten . . .

Diese Lehre kann nur zu leicht mißverstanden werden, und sie ist auch in der Geschichte öfters mißverstanden worden. Hegel leugnet das Individuum nicht im gewöhnlichen Sinne, sondern „dialektisch“: es wird freilich als Individuum aufgehoben zugunsten des „Ganzen“, etwa des Staates, aber dann wird dieses Ganze wieder „aufgehoben“ durch ein höheres Ganzes, in welchem das Individuum auch ein „Moment“ ist und so weiter ins Unendliche. Am Ende bleibt nichts bestehen als der unendliche „dialektische" Prozeß der Idee — welcher „Gott“ genannt wird.

Gerade der „dialektische“ Charakter dieser Lehre macht es so schwer, eindeutige klare Aussagen über das Individuum bei Hegel und seinen Nachfolgern zu finden. Freilich kann man Hunderte von Texten anführen, in welchen dieses geleugnet wird, aber man könnte ebenso viele zitieren, in welchen Hegel pathetisch erklärt, das Individuum sei vom betreffenden Ganzen unabhängig, im Hinblick auf es autonomer „Selbstzweck usw. Beides ist „dialektisch“ richtig, — nämlich in dem Sinne, daß das Individuum als Teil und Mittel eines höheren Ganzen bestehen bleibt. Aber es besteht und hat nur einen Sinn, insofern es auf den dialektischen Prozeß als Ganzes bezogen ist — oder, anders gesagt, es besteht als autonomes Individuum gar nicht, weder in der Seins — noch in der Wertordnung.

Man darf sich nicht wundern, daß Hegel aus diesen Voraussetzungen seine wohlbekannten totalitären Lehren abgeleitet hat.

B. DIE DIALEKTIK IM DIAMAT Wir haben schon oben Texte angeführt, die zeigen, welch großen Wert die „Klassiker" der Hegelschen Dialektik zuschreiben (vergl. Fußnoten 7 und 9). Unter andern hat vielleicht Lenin am schärfsten diese Bedeutung betont. Er nannte die Dialektik „Seele“ des Diamat 5Ö). Den schwierigsten und am meisten spekulativen Werken Hegels hat er ungefähr 300 Seiten Exzerpte und Notizen gewidmet Im Jahre 1922 gab er den Mitgliedern der Redaktion des „Pod znamenem Marxizma“ den Ratschlag, „eine Art . Gesellschaft materialistischer Freunde der Hegelschen Dialektik zu sein

Aber auch die andern „Klassiker“ sind begeisterte Anhänger der Hegelschen Dialektik; Stalin sogar so sehr, daß er diese (im Gegensatz zu Lenin) an die Spitze des Systems, vor den Materialismus stellte

Freilich haben die Kommunisten nicht den ganzen Inhalt des Hegelianismus übernommen. Sie lehnen sowohl den Gottesgedanken wie die Identifizierung des Reellen mit der Idee ab; für sie gibt es nur Materie. Der Hegeische dialektische Prozeß ist ein Prozeß des Werdens dieser Materie. Aber die dialektische Seite Hegels wurde voll und ganz übernommen, und damit auch seine Lehre vom Individuum.

Einige Texte mögen das belegen:

Marx:

Feuerbach löst das religiöse Wesen in das menschliche Wesen auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum innewohnendes Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse.

Feuerbach, der auf die Kritik dieses wirklichen Wesens nicht eingeht, ist daher gezwungen:

1. von dem geschichtlichen Verlauf zu abstrahieren und das religiöse Gemüt für sich zu fixieren, und ein abstrakt — isoliert — menschliches Wesen vorauszusetzen . . .

Dieser Text ist besonders lehrreich: als Menschheit soll man nicht ein „Abstraktum“, das in einzelnen Menschen vorkommt, verstehen, sondern „das Ensemble der gesellschaftlichen Verhältnisse" — also das Hegelsche „konkret Allgemeine“, das „Ganze“.

Engels:

Die wahre Natur der „Wesens“ bestimmungen von Hegel selbst ausgesprochen („Enzyklopädie", I, § 111, Zusatz): „Im Wesen ist alles relativ“...

Teil und Ganzes z. B. sind schon Kategorien, die in der organischen Natur unzureichend werden. — Abstoßen des Samens — der Embryo und das geborene Tier sind nicht als „Teil“ aufzufassen, der vom „Ganzen“ getrennt wird, das gäbe schiefe Behandlung. Erst Teil im Kadaver ...

Auch diese Texte sind wichtig: „relativ" bedeutet im ersten offenbar nicht soviel wie „veränderlich", sondern soviel wie „auf andere bezogen": das Wesen besteht also in dieser Bezogenheit — auf das „Ganze". Der zweite zeigt an einem Beispiel, wie man „dialektisch" die Selbständigkeit des Tieres leugnen soll.

Eine weitere bezeichnende Stelle von Engels lautet:

(die dialektische Philosophie) weist von Allein und an Allem die Vergänglichkeit auf, und nichts besteht vor ihr als der ununterbrochene Prozeß der Werdens und Vergehens, des Aufsteigens ohne Ende vom Niedern zum Hohem, dessen bloße Widerspiegelung im denkenden Hirn sie selbst ist

Lenin:

Beginnen wir mit dem Einfachsten, . . . mit beliebigem Satz: die Blätter des Baumes sind grün, Johann ist ein Mensch, der Spitz ist ein Hund u. dgl. Schon hier (wie Hegel genial bemerkt hat) haben wir Dialektik: Einzelnes ist Allgemeines... das Einzelne existiert nicht anders als in dem Zusammenhang, der zum Allgemeinen führt. Das Allgemeine existiert nur im Einzelnen, durch das Einzelne. Jedes Einzelne ist (auf die eine oder andere Art) Allgemeines. Alles Allgemeine ist (ein Teilchen oder eine Seite oder das Wesen) des Einzelnen . . . Alles Einzelne hängt durch Tausende von Übergängen mit einer andern Art Einzelner (Dingen, Erscheinungen, Vorgängen) zusammen usw. Schon hier haben wir Elemente, Keime, Begriffe der Notwendigkeit, des objektiven Zusammenhangs in der Natur etc.

Eine prächtige Formel: „Nicht nur abstrakt Allgemeines, sondern ein solches Allgemeines, das den Reichtum des Besonderen, des Individuellen, Einzelnen (allen Reichtum des Besonderen und des Einzelnen?) in sich faßt“ !!! Tres bien!

Die Stelle ist mit drei Strichen bezeichnet. Dreimal unterstreicht Lenin auch den Hegelschen Satz: „Das Interesse liegt in der ganzen Bewegung“, und schreibt daneben: vortrefflich!“

C. FOLGERUNGEN FÜR DEN BEGRIFF DES MENSCHEN Setzt man nun diesen dialektischen Begriff des Individuums voraus, so ergibt sich zwangsläufig, daß der Mensch — der ja ein Individuum in Hinblick auf die Gesellschaft ist — auch dialektisch aufgefaßt werden muß. Das bedeutet •aber:

1. Daß, wenn die kommunistische Ideologie vom „Menschen" spricht, sie meistens das konkret Allgemeine meint, anders gesagt: sie meint nicht den Einzelmenschen als solchen, sondern die Menschheit in ihm, welche — daran ist zu erinnern — als ein „Ganzes“, also als Gesellschaft gedacht wird. 2. Daß der Einzelmensch nur als „Moment" dieses „Ganzen" und darüber hinaus des dialektischen Prozesses der Natur aufgefaßt werden muß und nicht als selbständiges Subjekt. 3. Daß dasselbe auf Grund der Klassentheorie (vgl. § 12) für die Beziehung des Menschen zur Klasse gilt. 4. Daraus ergibt sich aber weiter, daß dem Menschen keine Autonomie, weder in der Seins — noch in der Wertordnung zukommt. Nicht in der Seinsordnung, weil er nur ein dialektischer Moment des Seins des „Ganzen“ ist; nicht in der Wertordnung, weil der Einzelmensch als ein solches Moment „unter der Kategorie des Mittels“ gedacht werden muß.

Daß diese Folgerungen tatsächlich gezogen wurden, das zeigt die ganze kommunistische Ideologie: ja diese besteht wesentlich aus Folgerungen aus der dialektischen Theorie des Individuums. Es wird in ihr ständig vom Menschen gesprochen; sieht man sich aber den Kontext näher an, dann stellt man fest, daß dieser Mensch immer i n und durch das „Ganze" (die Klasse, die Menschheit usw.) gedacht wird und folgerichtig darauf auch in der Soll-und Wertordnung bezogen wird.

Im besonderen sind die ethische Theorie, die Lehre von der Freiheit des Menschen, von der Diktatur des Proletariates, von der Demokratie usw. Konsequenzen aus dieser dialektischen Auffassung des Individuums. § 6. Der Materialismus Neben der Dialektik ist für die Frage der Menschenwürde auch der zweite Grundbestandteil der kommunistischen Ideologie, der Materialismus, von Bedeutung. Denn es ist offensichtlich, daß dem Menschen nur insoweit eine unantastbare Würde zukommen kann, als er die Materie transzendiert; das Reich der Materie kennt keine unantastbaren Werte. Diese Transzendenz kann eine zweifache sein: entweder ist der Mensch auf einen transmateriellen Faktor bezogen (Gott, Absoluter Geist usw.) oder aber er ist selbst Träger einer trans-materiellen Elementes (Geist, Existenz u. ä.).

Wir wollen in diesem Paragraphen zuerst (A) die Grundthese des kommunistischen Materialismus darstellen, dann (B) die Frage erörtern, ob der Mensch nach dieser Lehre auf einen trans-materiellen Faktor bezogen ist, drittens (C) ob er in sich ein trans-materielles Element trägt. Mit der kommunistischen Antwort auf diese Frage steht (D) der historische Materialismus in engem Zusammenhang; dessen Grundlagen werden deshalb kurz dargelegt. Daraus wird sich (E) die Antwort auf unsere Frage ergeben.

A. GRUNDTHESE DES MATERIALISMUS Der Grundgedanke des kommunistischen Materialismus ist am besten durch Engels in seinem'Werk „Ludwig Feuerbach“ formuliert:

Die stoffliche, sinnlich wahrnehmbare Welt, zu welcher wir selbst gehören (ist) das einzige Wirkliche . . . Die Materie ist nicht ein Erzeugnis des Geistes, sondern der Geist ist selbst nur das höchste Produkt der Materie

Dieser Satz wird durch Lenin und Stalin angeführt. Lenin lehrt:

Das Weltbild ist ein Bild dessen, wie sich die Materie bewegt und wie die Materie denkt

Und Stalin faßt diese Lehre zusammen:

Der philosophische Materialismus von Marx (geht) davon aus, daß die Welt ihrer Natur nach materiell ist, daß die mannigfaltigen Erscheinungen in der Welt verschiedene Formen der sich bewegenden Materie darstellen

e Dies sind nur einige aus Hunderten von ähnlichen Texten. Am wichtigsten aber ist jener, den wir hier an erster Stelle angeführt haben: „die stoffliche, sinnlich wahrnehmbare Welt, zu welcher wir selbst gehören, ist das einzige Wirkliche“.

Wir legen auf diese Formulierung deshalb den Nachdruck, weil der Begriff der Materie in der kommunistischen Ideologie nicht immer klar definiert wird. Lenin unterschied zwischen dem naturwissenschaftlichen und dem philosophischen Begriff der Materie und definierte den letzteren in folgender Weise:

Die Materie ist eine philosophische Kategorie zur Bezeichnung der objektiven Realität. . .

Die einzige „Eigenschaft“ der Materie, an deren Anerkennung der philosophische Materialismus gebunden ist, ist die Eigenschaft, objektive Realität zu sein, außerhalb unseres Bewußtseins zu existieren

Der Begriff der Materie bedeutet... erkenntnis-theoretisch nichts anderes als: die objektive, unabhängig vom menschlichen Bewußtsein existierende und von ihm abgebildete Realität

Diese Stellen könnten die Deutung nahelegen, Lenin verstehe unter „Materie“ einfach das an sich Seiende, die Realität. Daß eine solche Interpretation unrichtig ist, wird sofort an den folgenden Aussagen Lenins klar: (die Materie ist) dem Menschen in seinen Empfindungen gegeben . .. (sie ist) von unsern Empfindungen kopiert, photographiert, abgebildet...

In der Welt existiert nichts als die sich bewegende Materie, und die sich bewegende Materie kann sich nicht anders bewegen als im Raume und in der Zeit

Zustimmend zitiert Lenin Feuerbach im Satze:

„Raum und Zeit sind . .. Wesensbedingungen .. .des Seins.“

Weiter wirft Lenin den „Büchner und Konsorten“ (d. h.den nicht-dialektischen, naturwissenschaftlichen Materialisten) vor, daß sie 1.den Materialismus mechanistisch auffassen, 2. antidialektisch philosophieren, daß sie 3. in den Gesellschaftswissenschaften Idealisten seien. Er fährt fort:

Ausschließlich dieser drei Dinge wegen, ausschließlich in diesen Grenzen lehnt Engels sowohl den Materialismus des 18. Jahrhunderts als auch die Lehre der Büchner und Konsorten ab! In allen übrigen . . . Fragen, die eher zum ABC des Materialismus gehören, gibt es zwischen Marx und Engels einerseits und all diesen alten Materialisten anderseits keinen Unterschied und kann es auch keinen geben

Das aber, was uns in den Empfindungen gegeben ist, was sich im Raum bewegt, ist Materie im strengen und gewöhnlichen Sinne, jene Materie, die dem Geist gegenübergestellt wird; die Berufung auf die „alten Materialisten", die ja dieses Wort ständig so verstanden haben, bestätigt die Richtigkeit dieser Deutung.

Zusammengefaßt: Alles, was ist, ist nach der kommunistischen Ideologie im gewöhnlichen und strengen Sinne des Wortes materiell.

B. BEZOGENHEIT DES MENSCHEN AUF EINEN NICHT-MATERIELLEN FAKTOR Es folgt aus dem Gesagten, daß nicht nur die Welt materiell ist, sondern auch, daß es überhaupt nichts gibt, was die Materie transzendieren würde. Wir wollen jedoch der Vollständigkeit wegen noch untersuchen, ob die kommunistische Ideologie sich direkt zu diesem Problem äußert. Ein trans-materieller Faktor, der hier in Frage kommen könnte, ist entweder Gott — in diesem Fall könnte der Mensch als „Kind Gottes" (wie im Christentum) aufgefaßt werden und daraus sein Würde erhalten; oder aber es kann sich um einen unpersönlichen Faktor, etwa einen Absoluten Geist, eine Absolute Vernunft im Sinne des Idealismus handeln; dann könnte der Mensch als eine Teil-Verkörperung dieses Geistes, bzw. dieser Vernunft gelten und dadurch eine besondere unantastbare Würde haben.

Wir stellen uns also die Frage, ob die kommunistische Ideologie solche Möglichkeiten zuläßt. 1. Existenz Gottes Die Ideologie des Kommunismus ist entschieden atheistisch; der Kampf gegen jede Religion gehört zu ihren ständigen Regeln. Am besten finden wir diese wohlbekannte Lehre im Aufsatz Lenins von 1909 zusammengefaßt:

Die philosophische Grundlage des Marxismus bildet. . .der dialektische Materialismus, der die historischen Traditionen des Materialismus des 18. Jahrhunderts in Frankreich und Feuerbachs . . .

in Deutschland völlig übernommen hat — eines Materialismus, der unbedingt atheistisch und jeder Religion feind ist. . . Die Religion ist das Opium des Volkes — dieser Ausspruch von Marx ist der Eckpfeiler der ganzen Weltanschauung des Marxismus in der Religionsfrage

Diese Lehre ist durch Stalin weitergeführt worden. Sie kommt z. B. zum Ausdruck in seiner Antwort auf die Fragen der Delegation der amerikanischen Arbeiter am 9. September 1927 Der Atheismus wird in der KP ständig eingeprägt. Der Glaube an Gott ist als „Aberglaube" gebrandmarkt und bekämpft. Es erübrigt sich, die zahlreichen Texte anzuführen, da sie wohl bekannt sein dürften.

Da es aber keinen Gott nach der Ideologie der KP gibt, kann der Mensch nicht als „Kind Gottes" betrachtet werden. 2. Absoluter Geist und absolute Vernunft Der Mensch ist aber auch keine Verkörperung eines absoluten Geistes bzw. einer absoluten Vernunft, denn auch solche gibt es nach der kommunistischen Ideologie nicht. Maßgebend ist unter andern eine Bemerkung Lenins zur Hegelschen „Wissenschaft der Logik“:

Blödsinn über das Absolute 68— 69. Ich bin überhaubt bestrebt, Hegel materialistisch zu lesen. Hegel ist der auf den Kopf gestellte Materialismus (nach Engels) — das heißt, ich lasse den lieben Gott, das Absolute, die reine Idee etc. zum größten Teil weg

Bei Stalin handelt es sich nicht mehr um ein „zum größten Teil". Er schreibt:

Im Gegensatz zum Idealismus, der die Welt als Verkörperung der „absoluten Idee“, des „Weltgeistes“, des „Bewußtseins" auffaßt, geht der philosophische Materialismus von Marx davon aus, daß die Welt ihrer Natur nach materiell ist, daß (sie) . . . keines „Weltgeistes“ bedarf

Darauf zitiert er die folgende Stelle aus Engels“ „Ludwig Feuer-bach“

Die Materie ist nicht ein Erzeugnis des Geistes, sondern der Geist ist selbst nur das höchste Produkt der Materie

Da es aber keinen absoluten Geist usw. gibt, kann der Mensch auch keine Verkörperung eines solchen sein.

C. TRANS-MATERIELLES ELEMENT IM MENSCHEN SELBST Der Mensch ist nach dem, was wir über den Materialismus gesagt haben, ein materielles Wesen; er hat wohl ein „Denken", einen „Geist“, aber es ist die Materie, die denkt (vergl. Fußnote, der Geist muß als eine Erscheinung der Materie aufgefaßt werden (vergl. Fußnoten 4°) und 83)). Wir führen in diesem Zusammenhang noch einen charakteristischen Text von Lenin an. Dieser exzerpierte aus Feuerbach die folgenden Sätze und versah sie mit Bemerkungen:

Woher ist der Geist gekommen? fragen die Theisten den Atheisten (196). Sie machen sich von der Natur eine zu despektierliche (196), vom Geiste eine „zu hohe, zu vornehme (!!) Vorstellung.“

(Bemerkung Lenins: NB [vergl. Dietzgen].)

Unmittelbar aus der Natur ist auch ein Regierungsrat nicht erklärbar (197). (Bemerkung Lenins: scharfsinnig) . . . „auch die geistige Tätigkeit ist eine körperliche“ (197—8)

Jedoch schreibt die kommunistische Ideologie dem Menschen eine gewisse Transzendenz in Bezug auf andere materielle Dinge zu. Dies folgt aus der Theorie der dialektischen Sprünge, die in der Natur zu ganz neuen — wesentlich von den andern verschiedenen und höheren — Qualitäten führen. Wir werden diesen Aspekt der Dialektik unten im Zusammenhang mit der Frage der Freiheit und Gleichheit des Menschen näher erörtern. (§ 11 A). Für jetzt genügt es, festzustellen, daß es gemäß der kommunistischen Ideologie zwischen dem Menschen und dem Tier einen „Sprung" gibt, und daß der Mensch deshalb Träger einer höheren Qualität ist. Anders gesagt: die Menschheit bildet eine besondere höhere Stufe (genauer eine Reihe von solchen hohem Stufen) und zwar eine nicht nur graduell, sondern qualitativ von den andern verschiedene.

D. HISTORISCHER MATERIALISMUS Fragt man sich nun, worin diese relative Transzendenz des Menschen besteht, so scheint die Antwort nach der kommunistischen Ideologie darin zu liegen, daß der Mensch nicht ausschließlich den naturwissenschaftlichen, sondern auch den sozialwissenschaftlichen Gesetzen untersteht. Freilich gibt es (z. B. bei Engels verschiedene andere Unterschiede zwischen Mensch und Tier; diese sind aber offenbar graduell, also quantitativ und qualitativ aufzufassen (vgl. § 11 A), d. h. sie machen keinen „Sprung" aus und geben dem Menschen keine wesentliche Transzendenz. Der „Sprung“ besteht dagegen im Übergang in das „Geschichtliche". also in das Gebiet der sozialen Gesetze.

Das Wesentliche dieser Gesetze ist im historischen Materialismus zusammengefaßt. Der wichtigste Text darüber stammt von Marx; er wird durch Lenin und dann Stalin als „abgeschlossene Formulierung“ und als „geniale Formulierung" angeführt:

In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomsche Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein des Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt

Weiter sagt Marx, daß es sich hier um die „juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz ideologischen Formen“

handelt.

Es ergibt sich daraus, daß das Spezifische im Menschen, also das, was seine relative Transzendenz in Bezug auf andere Naturdinge ausmacht, der Geist, das Bewußtsein, das soziale Leben selbst, auf materielle Bedürfnisse zurückzuführen ist. Somit wird die durch die kommunistische Ideologie dem Menschen zugeschriebene relative Transzendenz ganz bedeutend eingeschränkt: sie ist nur eine Transzendenz des m o d u s, in welchem er den Gesetzen der materiellen Natur untersteht.

Daraus folgt sekundär, daß die kommunistische Ideologie auch mit der Anerkennung der menschlichen Existenz im Sinne Kierkegaards und der heutigen Existenzphilosophie unverträglich ist. Denn die Existenz ist gerade dadurch gekennzeichnet, daß sie in keiner Weise den genannten Gesetzen der materiellen Natur untersteht. Somit ist der kommunistischen Ideologie auch dieser Weg zur Annahme der menschlichen Transzendenz verschlossen. Wir erörtern dieses Problem nicht näher, weil es von den „Klassikern“ direkt nicht berührt wurde; die wohlbekannte Haltung der kommunistischen Schriftsteller gegenüber dem Existenzialismus ist aber zweifellos ganz folgerichtig aus den Prinzipien ihrer Ideologie abgeleitet.

E. ZUSAMMENFASSUNG Wir haben also das folgende Ergebnis: es gibt nichts außer der Materie im strengen und gewöhnlichen Sinne; also kann es auch keinen trans-materiellen Faktor geben. Solche — Gott, der Absolute Geist — werden auch ausdrücklich verworfen. Der Mensch selbst ist der Materie vollständig immanent: er ist eine unter den Erscheinungen der Materie. Unter diesen Erscheinungen der Materie ist er wohl (augenblicklich, weil die Dialektik weiter geht) die höchste; er unterscheidet sich von den anderen qualitativ; aber diese Transzendenz in Hinblick auf andere materielle Dinge ist nicht nur keine Transzendenz der Materie, sondern sie besteht auch nur in einem besonderen — historischen, sozialen — m o d u s des Unterstehens (nämlich den Gesetzen der materiellen Welt).

Es folgt, daß der Mensch voll und ganz der Materie immanent ist, und daß kraft des Materialismus dem Menschen auch keine Wertautonomie zukommen kann. § 7. Wertrelativismus Sowohl aus der Dialektik (§ 5) wie aus dem Materialismus (§ 6 E) ergibt sich zwangsläufig ein extremer sozialer Wertrelativismus. Aus der Dialektik, weil diese nicht nur die Seins-sondern auch die Wert-autonomie dem Menschen abspricht; aus dem Materialismus, weil dieser den Menschen der Materie voll immanent auffaßt. Die Materie aber kennt keine unbedingten Werte. Darüber hinaus ergibt sich derselbe Wertrelativismus ganz besonders aus dem historischen Materialismus, weil nach ihm alle Werte nur „Abbildungen" des „Seins“ der Gesellschaft sind, welches „Sein“ gemäß der kommunistischen Lehre in ständiger Veränderung ist.

Diese Folgerung haben denn auch die „Klassiker" mit jeder wünschbaren Deutlichkeit gezogen. Wir belegen zuerst (A) den allgemeinen Wertrelativismus mit einigen Stellen, dann ziehen wir eine größere Anzahl Texte von (B) Engels und (C) Lenin heran, die den ethis eben Relativismus beschlagen. Gerade die Aussagen über den ethischen Relativismus zeigen am klarsten, wie sich die kommunistische Ideologie zur Frage der menschlichen Wertautonomie verhält. Auf Grund dieser Texte werden wir (D) die Lehren des kommunistischen Wertrelativismus zusammenfassen können.

A. ALLGEMEINER WERTRELATIVISMUS Engels (von Lenin zitiert) sagt an einer Stelle, die uns bereits zur Verdeutlichung der Dialektik gedient hat:

„Vor ihr" (der dialektischen Philosophie) „besteht nichts Endgültiges, Absolutes, Heiliges; sie weist von Allem und an Allem die Vergänglichkeit auf, und nichts besteht vor ihr als der ununterbrochene Prozeß des Werdens und Vergehens.“

Es ist dabei wohl zu beachten, daß sich diese dynamische und relativistische Auffassung nicht nur auf die Dinge (objektive Dialektik), sondern auch auf Begriffe, Werte usw. (subjektive Dialektik) erstreckt. Im selben Zusammenhang zitiert Lenin nämlich den Satz von Engels:

„Der große Grundgedanke,“ ... „daß die Welt nicht als ein Komplex von fertigen Dingen zu fassen ist, sondern als ein Komplex von Prozessen, worin die scheinbar stabilen Dinge nicht minder wie ihre Gedankenbilder in unserem Kopf, die Begriffe, eine ununterbrochene Veränderung desWerdens undVergehens durchmachen ... “ • Es handelt sich, nebenbei bemerkt, bei Engels um eine grobe Verwechslung von subjektiven Begriffen (also psychischen Phänomenen) mit den objektiven (den Inhalten der ersteren). Die Behauptung bezieht sich aber klar auch auf die objektiven Begriffe.

Man darf sich also nicht wundern, wenn Stalin aus dem zweiten Gesetz der Dialektik, nach welchem alles „als Zustand unaufhörlicher Bewegung und Veränderung“ zu betrachten ist den folgenden Schluß zieht:

Wenn die Welt sich in ununterbrochener Bewegung und Entwicklung befindet, ... so ist es klar, daß es keine „unerschütterlichen"

gesellschaftlichen Zustände, keine „ewigen Prinzipien“, des Privateigentums und der Ausbeutung, keine „ewigen Ideen“ der Unterwerfung .. . gibt

Wir haben es also mit einem radikalen Relativismus zu tun.

B. ETHISCHE THEORIE: ENGELS Eine vollständige wertrelativistische Auffassung der Moral finden wir schon im „Kommunistischen Manifest" von Marx und Engels; anstatt aber diese weitverbreitete Schrift anzuführen, wenden wir uns sogleich Engels zu. Dieser polemisiert gegen Dühring und zieht zuerst folgende Stelle von ihm heran:

Die moralische Welt hat „so gut wie diejenige des allgemeinen Wissens ... ihre bleibenden Prinzipien und einfachen Elemente“, die moralischen Prinzipien stehen „über der Geschichte und auch über den heutigen Unterschieden der Völkerbeschaffenheit..."

Nachdem er sich polemisch gegen diese Auffassung ausgesprochen hat, schreibt er u. a.:

Wenn es jemandem Vergnügen macht, gewaltige Worte auf sehr einfache Dinge anzuwenden, so kann man sagen, daß gewisse Ergebnisse dieser Wissenschaften (der Mathematik, Astronomie, Mechanik, Physik, Chemie, Zusatz des Vers.) ewige Wahrheiten, endgültige Wahrheiten letzter Instanz sind; weshalb man diese Wissenschaften auch die exakten genannt hat. Aber noch lange nicht alle Ergebnisse

Daß zweimal zwei vier ist, daß die Vögel Schnäbel haben, oder derartiges wird nur der für ewige Wahrheiten erklären, der mit der Absicht umgeht, aus dem Dasein ewiger Wahrheiten überhaupt zu folgern, daß es auch auf dem Gebiete der Menschengeschichte ewige Wahrheiten gebe, eine ewige Moral, eine ewige Gerechtigkeit usw., die eine ähnliche Tragweite und Geltung beanspruchen wie die Einsichten und Anwendungen der Mathematik

Wahrheit und Irrtum, wie alle sich in polaren Gegensätzen bewegenden Denkbestimmungen, haben absolute Gültigkeit eben nur für ein äußerst beschränktes Gebiet.. . Sobald wir den Gegensatz von Wahrheit und Irrtum außerhalb jenes oben bezeichneten engen Gebietes anwenden, wird er relativ und damit für genaue wissenschaftliche Ausdrucksweise unbrauchbar

Wenn wir schon mit Wahrheit und Irrtum nicht weit vom Fleck kamen, so noch viel weniger mit Gut und Böse. Dieser Gegensatz bewegt sich ausschließlich auf moralischem, also auf einem der Menschengeschichte angehörigen Gebiet, und hier sind die endgültigen Wahrheiten letzter Instanz gerade am dünnsten gesät

Engels bekennt sich also (im Widerspruch zu seinem allgemeinen Relativismus) im Gebiet der exakten Wissenschaften zu endgültigen Wahrheiten. Für die Moral lehnt er aber ausdrücklich solche Wahrheiten ab.

Wenn wir nun aber sehn, daß die drei Klassen der modernen Gesellschaft, die Feudalaristokratie, die Bourgeoisie und das Proletariat jede ihre besondere Moral haben, so können wir daraus nur den Schluß ziehn, daß die Menschen, bewußt oder unbewußt, ihre sittlichen Anschauungen in letzter Instanz aus den praktischen Verhältnissen schöpfen, in denen ihre Klassenlage begründet ist — aus den ökonomischen Verhältnissen, in denen sie produzieren und austauschen

Wir weisen demnach eine jede Zumutung zurück, uns irgendwelche Moraldogmatik als ewiges, endgültiges, fernerhin umwandelbares Sittengesetz aufzudrängen, unter dem Vorwand, auch die moralische Welt habe ihre bleibenden Prinzipien, die über der Geschichte und den Völkerverschiedenheiten stehn. Wir behaupten dagegen, alle bisherige Moraltheorie sei das Erzeugnis, in letzter Instanz, der jedesmaligen ökonomischen Gesellschaftslage. Und wie die Gesellschaft sich bisher in Klassengegensätzen bewegte, so war die Moral stets eine Klassenmoral; entweder rechtfertigte sie die Herrschaft und die Interessen der herrschenden Klasse, oder aber sie vertrat, sobald die unterdrückte Klasse mächtig genug wurde, die Empörung gegen diese Herrschaft und die Zukunftsinteressen der Unterdrückten

C. ETHISCHE THEORIE: LENIN In welchem Sinne verneinen wir die Moral, verneinen wir die Sittlichkeit?

In dem Sinne, in dem die Bourgeoisie sie predigte, die diese Sittlichkeit aus den Geboten Gottes ableitete. Hier sagen wir natürlich, daß wir nicht an Gott glauben und sehr gut wissen, daß die Geistlichkeit, die Gutsbesitzer und die Bourgeoisie im Namen Gottes redeten, um ihre Ausbeuteinteressen durchzusetzen. Oder anstatt diese Moral aus den Geboten der Sittlichkeit, aus den Geboten Gottes abzuleiten, leiteten sie sie aus idealistischen oder halbidealistisehen Phrasen ab, die stets ebenfalls auf etwas hinausliefen, das den Geboten Gottes sehr ähnlich sah.

Jede solche Sittlichkeit, die aus einem über dem Menschen stehenden klassenlosen Begriff abgeleitet wird, lehnen wir ab. Wir sagen, daß das ein Schwindel, daß das Lug und Trug ist, eine Verkleisterung der Hirne der Arbeiter und Bauern im Interesse der Gutsbesitzer und Kapitalisten.

Wir sagen, daß unsere Sittlichkeit völlig den Interessen des proletarischen Klassenkampfes untergeordnet ist. Unsere Sittlichkeit entspringt aus den Interessen des proletarischen Klassenkampfes

Der Klassenkampf geht weiter, und unsere Aufgabe ist es, alle Interessen diesem Kampf unterzuordnen.

Lind wird ordnen unsere kommunistische Sittlichkeit dieser Aufgabe unter. Wir sagen: sittlich ist, was der Zerstörung der alten Ausbeutergesellschaft dient und dem Zusammenschluß aller Werktätigen um das Proletariat, das die neue kommunistische Gesellschaft errichtet.

Die kommunistische Sittlichkeit ist jene Sittlichkeit, die diesem Kampf dient . . .

Wenn man uns von Sittlichkeit redet, so sagen wir: für den Kommunist besteht die Sittlichkeit ganz und gar in dieser festen, solidarischen Disziplin und in dem bewußten Kampf der Massen gegen die Ausbeuter. An eine ewige Sittlichkeit glauben wir nicht, und wir entlarven den Betrug aller möglichen Sittlichkeitsmärchen ...

Die Grundlage der kommunistischen Sittlichkeit ist der Kampf für die Festigung und Vollendung des Kommunismus. Darin besteht denn auch die Grundlage der kommunistischen Erziehung, Bildung und Schulung . ..

Die Menschen waren in der Politik immer die einfältigen Opfer von Betrug und Selbstbetrug, und sie werden es immer sein, solange sie nicht lernen, hinter allen möglichen moralischen, religiösen, politischen und sozialen Phrasen, Erklärungen und Versprechungen die Interessen dieser oder jener Klasse zu finden

D. ZUSAMMENFASSUNG Zusammengefaßt ist die kommunistische ethische Theorie die folgende: die Moral ist 1. nicht allgemein, sondern immer klassengebunden; jede Klasse hat ihre eigene Sittlichkeit;

2. nicht in dem Sinne absolut, daß sie für sich selbst unabhängig von Zwecken bestehen sollte, sondern eine relative, den Interessen der Klasse dienende;

3. nicht beständig, sondern paßt sich immer den laufenden Interessen der Klasse an.

Wir stellen demnach fest, daß es nach der kommunistischen Ideologie keine unantastbaren moralischen Werte gibt, und darüber hinaus keine unbedingten Werte.

Es muß aber noch bemerkt werden, daß wir es hier mit einer der zahlreichen Unstimmigkeiten der kommunistischen Ideologie zu tun haben. Denn alle Werte können nicht als bedingt aufgefaßt werden: sie müssen ja durch etwas bedingt sein, und dieses etwas wird letzten Endes unbedingt sein, — da wir aber von Werten sprechen, wird es ein unbedingter Wert sein. Und tatsächlich g i b t e s in der kommunistischen Ideologie einen solchen: es ist nämlich der Wert des Klassensieges, und letztlich der Fortgang des dialektischen Prozesses der Natur. Dieser gilt hier als absoluter Wert, und alles Übrige ist in Bezug auf ihn nur Mittel. Somit dürfte unser Schluß aus den behandelten Lehren der folgende sein:

Es gibt nach der kommunistischen Ideologie nur einen unbedingten Wert, den in den Klasseninteressen verkörperten Fortschritt der Dialektik der Materie; alles Übrige ist in Hinblick auf ihn nur bedingter Wert und Mittel. § 8. Der kommunistische Humanismus Wir stellen uns die Frage, was unter dem sogenannten „kommunistischen Humanismus“ zu verstehen ist. „Humanismus" ist eine Lehre, die auf den Menschen einen besonderen Nachdruck legt, also ihm eine besondere Würde zuschreibt. „Würde" kann nun verschieden verstanden werden, und je nach diesem Verständnis erhält auch das Wort „Humanismus"

verschiedene Inhalte. Die Frage, welche Bedeutung es in der kommunistischen Ideologie annimmt, ist für das hier behandelte Problem direkt von Belang.

Sieht man sich nun die kommunistische Literatur an, so findet man, daß man unter diesem Namen zwei verschiedene Sachen versteht. Einerseits bezieht man sich nämlich auf die kommunistische Eschatologie, d. h. auf einen mythischen Zustand, der in einer näher nicht zu bestimmenden Zukunft verwirklicht sein soll. In diesem Zustand sollen die Menschen frei und gleich sein. Dabei ist wahrscheinlich eine gewisse Würde mitgedacht, jedoch wird sie ausdrücklich nicht genannt. Es wird deshalb zweckmäßiger sein, diese Eschatologie im zweiten Abschnitt (§ 14) zu erörtern, — dies um so mehr, weil dieser Humanimus für unsere Frage überhaupt wenig Bedeutung besitzt, da es sich darin um den zukünftigen, mythischen Menschen, und nicht um den jetzigen ‘wirklichen handelt, auf welchen sich der Satz der Würde bezicht.

Mit dem gleichen Wort „Humanismus" wird aber in der kommunistischen Literatur auch etwas ganz anderes benannt, nämlich die Lehre, die von Stalin in seiner Rede vom 2. Mai 193 5 dargelegt wurde. Diese Rede wird unter dem Titel „Das wertvollste Kapital — die Menschen"

verbreitet, und der Titel wie der Inhalt weisen darauf hin, daß auch Stalin dem Menschen eine gewisse Würde zuschreibt.

Stalin beschreibt zuerst die Lage in Sowjetrußland unmittelbar nach der Revolution. Es galt damals, sagt er, entweder das Land „vom Gleis des Mittelalters und der Unkultur auf das Gleis der modernen Industrie und der mechanisierten Landwirtschaft hinüberzuleiten", oder seine Unabhängigkeit angesichts der „imperialistischen Mächte" zu verlieren.

Damals galt also die Losung „Die Technik entscheidet alles". Aber die Lage hat sich geändert:

... nach Überwindung der Hungerperiode auf dem Gebiet der Technik sind wir in eine neue Periode eingetreten, in eine Periode, möchte ich sagen, des Hungers auf dem Gebiet der Menschen, auf dem Gebiet der Kader, auf dem Gebiet, der Arbeitskräfte, die es verstehen, die Technik zu bezwingen und sie vorwärtszubringen. Die Sache ist die, daß wir Fabriken, Werke, Kollektivwirtschaften, Sowjetgüter, eine Armee haben, daß die Technik für alles dies vorhanden ist, es aber an Leuten mit ausreichender Erfahrung fehlt, die notwendig ist, um aus der Technik das Höchstmaß dessen herauszuholen, was aus ihr herausgeholt werden kann. Früher sagten wir:

„die Technik entscheidet alles" ... Das ist sehr gut, aber noch lange, lange nicht genug. Um die Technik in Bewegung zu bringen und sie restlos auszunutzen, braucht man Menschen, die diese Technik bereits beherrschen, braucht man Kader, die fähig sind, sich die Technik anzueignen und sie nach allen Regeln der Kunst auszunutzen. Eine Technik ohne Menschen, die diese Technik beherrschen, ist tot ...

Aus diesem Grunde muß jetzt das Schwergewicht gelegt werden auf die Menschen, auf die Kader, auf die Arbeitskräfte, die die Technik gemeistert haben. Aus diesem Grunde muß die alte Losung „die Technik entscheidet alles“ . . . durch eine neue Losung ersetzt werden, durch die Losung „die Kader entscheiden alles“. Das ist jetzt die Hauptsache

Dies ist, wie man sieht, keine „philosophische“, sondern eine rein praktisch-politische Betrachtung: zuerst mußte man die Maschinen her-schaffen, jetzt braucht man mehr qualifizierte Arbeiter. Daraus — aus diesen praktisch-ökonomischen Erwägungen — leitet nun Stalin die Folgerung ab, daß man sich um diese Arbeiter, also um diese Menschen mehr kümmern soll. Er fährt fort:

Kann man sagen, daß unsere Leute die große Bedeutung dieser neuen Losung verstanden und voll erfaßt haben? Ich möchte das nicht sagen. Sonst hätten wir nicht ein so unerhörtes Verhalten den Menschen, den Kadern, den Arbeitskräften gegenüber, wie wir es nicht selten in unserer Praxis beobachten. Die Losung „die Kader entscheiden alles" erfordert, daß unsere Leiter unsern Arbeitskräften, den „kleinen" und den „großen“ gegenüber, auf welchem Gebiet sie auch arbeiten mögen, das sorgsamste Verhalten an den Tag legen . . .

Es folgt eine scharfe Kritik an der Bürokratie, die sich um den Menschen nicht kümmert, mit einem derben Beispiel aus den Erinnerungen Stalins an Sibirien. Darauf kommt die immer wieder zitierte Stelle:

Darum, Genossen, müssen wir, wenn wir den Hunger auf dem Gebiet der Menschen überwinden und es erreichen wollen, daß unser Land eine genügende Menge Kader hat, die fähig sind, die Technik vorwärtszubringen und in Bewegung zu setzen, es vor allen Dingen lernen, die Menschen zu schätzen, die Kader zu schätzen, jede Arbeitskraft zu schätzen, die fähig ist, unserer gemeinsamen Sache Nutzen zu bringen. Man muß endlich begreifen, daß von allen wertvollen Kapitalen, die es in der Welt gibt, das wertvollste und das entscheidende Kapital die Menschen, die Kader sind. Man muß begreifen, daß unter unseren heutigen Verhältnissen „die Kader alles entscheiden". Haben wir gute und zahlreiche Kader in der Industrie, in der Landwirtschaft, im Verkehrswesen, in der Armee, so wird unser Land unbesiegbar sein. Haben wir solche Kader nicht, so werden wir auf beiden Beinen lahmen

Diese ausführlichen Texte erlauben es, ohne jeden Zweifel einzusehen, um was es sich bei diesem „Humanismus" handelt: 1. Stalin spricht von Einzel menschen, nicht von der Menschheit. Für diesen fordert er die Sorge der „Leiter", ihm schreibt er den Wert des „wertvollsten Kapitals“ zu. 2. Es handelt sich nicht um einen eschatologischen Gedanken, um einen mythischen zukünftigen Zustand, sondern um die Gegenwart: schon jetzt sollen die Menschen gut behandelt werden. 3. Der Grund endlich, warum dies so sein soll, liegt ebenso offenbar darin, daß man die Technik ohne Menschen nicht ausnützen kann. Es handelt sich also um die bloße Nützlichkeit: für die Zwecke der sowjetrussischen Wirtschaft ist es — jetzt (denn früher war es nicht so) — nützlich, die Menschen gut zu behandeln. Denn der Mensch ist ein Kapital: Kapital aber ist, wie bekannt, ein Mittel zum Zweck und nicht ein Zweck.

Daß eine so aufgefaßte „Würde“ mit jener, die im Satz der Würde genannt ist, nicht das mindeste gemeinsam hat, ist einleuchtend. Es ist aber auch klar, daß dieser „kommunistische Humanismus“ aus den Grundsätzen der kommunistischen Ideologie, insbesondere aus dem sozialen Wertrelativismus gefolgert ist. Die unantastbare Würde des Menschen wird von diesem Humanismus nicht nur nicht anerkannt, sondern geradezu geleugnet, — da der Mensch nur insoweit als wertvoll erachtet wird, als er für die Interessen der Klasse nützlich ist. § 9. Zusammenfassung Wir sind jetzt im Stande, unsere drei Teilfragen (§ 4 C) zu beantworten: 1. Ist die kommunistische Ideologie mit der Annahme der Seinsautonomie der Person des E i n z e 1 m e n s c h e n verträglich?

Die Antwort lautet offensichtlich negativ: Dem Menschen kommt gemäß der kommunistischen Dialektik keine Seinsautonomie zu: er ist bloß ein „Moment“ des jeweiligen „Ganzen“ und darüber hinaus des dialektischen Prozesses der Natur. Er ist kein selbständiges, seinsautonomes Subjekt (§ 5 C). 2. Ist diese Ideologie mit der Wertautonomie des Menschen verträglich?

Diese Frage muß entschieden verneint werden. Dem Menschen kommt nach der kommunistischen Dialektik keine Wertautonomie zu (§ 5 C). Die vom Materalismus gelehrte vollständige Immanenz des Menschen in Hinblick auf die Materie (§ 6 E) verbietet ihrerseits die Annahme einer solchen Autonomie, da das Reich der Materie keine wertautonomen Subjekte kennt. Lind die Werttheorie bestätigt dies, indem sie die Moral, also die Regeln des menschlichen Tuns, ganz den Bedrüfnissen der Klasse unterordnet (§ 7 D). Der Einzelmensch ist nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel aufzufassen. 3. Ist die kommunistische Ideologie mit der Annahme von unbedingten Werten verträglich?

Auch diese Frage ist zu v e r n e i n e n. Solche Werte werden sowohl durch die Dialektik verworfen, vor welcher es „nichts Heiliges" gibt *) wie durch den Materialismus, der nichts außer der Materie, also des Reiches, in welchem keine unantastbaren Werte bestehen können, annimmt (§ 6 E), und ganz besonders durch die kommunistische Wert-theorie, welche ausdrücklich lehrt, daß es keine unbedingten Werte gibt, sondern daß alles den Zwecken des Klassenkampfes unterzuordnen ist (§ 7 D). Stillschweigend wird freilich dabei der Sieg der Klasse als unbedingter Wert anerkannt. Aber außer dem Klassensieg und — letztens — dem Gang des dialektischen Prozesses — gibt es evident nur bedingte Werte.

Was nun über den sogenannten „kommunistischen Humanismus“ gesagt wird, steht damit in voller Übereinstimmung. Dieser „Humanismus“ behauptet lediglich, daß der Mensch unter allen anderen Natur-dingen das wertvollste Kapital ist, also ein Mittel zur Förderung der Produktion, d. h.der Klasseninteressen (§ 8).

Daraus ergibt sich aber die Lösung des Hauptproblems dieses Abschnittes:

Die kommunistische Ideologie steht mit notwendigen Bedingungen des Satzes der Würde im Widerspruch, sie ist also mit diesem Satze logisch unverträglich.

III. Freiheit und Gleichheit der Menschen

§ 10. Problemstellung A. SINNANALYSE 1. Freiheit Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland kommen die Worte „frei“ und „Freiheit“ mehrmals vor. So besagen: Art. * 2 (1) „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit". Art. 2 (2) „Die Freiheit der Person ist unverletzlich“. Art. 4 (1) „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich". Art. 5 (1) „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten . .. Die Presse f r e i h e i t und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet". Art. 5 (3) „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung". Art. 11 gewährleistet die „Freizügig-k e i t", während Art. 12 (1) allen Deutschen „das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen“, zusichert.

Alle diese „Freiheiten" sind offenbar jene Rechte, von welchen der Art. 1 (2) sagt: „Das Deutsche Volk bekennt sich ... zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten“. Im Sinne des Grundgesetzes kommt also dem Me. n sehen die Freiheit genau dann zu, wenn er diese Menschenrechte besitzt. Es handelt sich um die s o z i a 1 -p o 1 i t i s c h e Freiheit im Sinne der Definition B.des „Vocabulaire technique et critique de la Philosophie“ der Französischen Philosophischen Gesellschaft

Die in diesem Sinne gedeutete Aussage des Art. 2 (2) wird hier „Satz der Freiheit" genannt. 2. Gleichheit Der Art. 3 der Grundordnung für die Bundesrepublik Deutschland enthält u. a. die folgenden zwei Bestimmungen:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechte«, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Es handelt sich also um Gleichheit vor dem Gesetz; und zwar erhellt aus den Bestimmungen, die unmittelbar nach dem angeführten Artikel folgen, daß hier vor allem (obwohl nicht ausschließlich) jene gesetzlichen Vorschriften gemeint sind, die unter dem Namen „Menschenrechte“ zusammengefaßtt sind. Die Grundordnung bezieht sich also direkt nur auf rechtliche Gleichheit. Auch das in Absatz (3) festgelegte Verbot der Bevorzugung kann nicht ganz allgemein verstanden werden; es wäre nämlich sinnwidrig, anzunehmen, daß die Grundordnung einem verbietet, z. B. Menschen einer bestimmten Sprache oder Rasse in seinen privaten Beziehungen zu bevorzugen; der Sinn ist offenbar der, daß dies im Bereiche des Gesetzes und im Handeln der öffentlichen Behörden unerlaubt ist.

Die in diesem Sinne gedeutete Aussage des Art. 3 (1) wollen wir kurz „Satz der Gleichheit“ nennen. 3. Zusammenhang Die Sätze der Freiheit und Gleichheit bestehen offenbar im Sinne des Grundgesetzes nicht unabhängig. Vielmehr hängt der Satz der Freiheit mit den „Grundrechten", die die Freiheit ausmachen, eng zusammen, und zwar in zweifacher Weise:

1. zuerst dadurch, daß die in den Grundrechten festgelegte Gleichheit in vielen andern Artikeln dieses Kapitels des Grundgesetzes vorausgesetzt ist — so in jenen Artikeln, die mit dem Ausdruck „Jeder hat das Recht . . und ähnlichen beginnen: Art. 2 (1) (2), Art. 5 (1), Art. 8 (1), Art. 9 (1), Art. 11 (1), Art. 12 (1) (2), Art. 16 (1)

2. ferner aber dadurch, daß der in Art. 1 enthaltene Satz über die Menschenrechte sich evident auf die Annahme einer jedem Menschen in gleicher Weise zukommenden Autonomie (vgl. § 4) stützt.

Andererseits scheint der Satz der Gleichheit einer unter jenen zu sein, die die Grundrechte des Menschen bestimmen, also im Sinne der Grundordnung ein Bestandteil der Freiheit sind.

Beide Sätze hängen wieder im Sinne desselben Grundgesetzes mit dem Satz der Würde zusammen. Denn nach der Erklärung. „Die Würde des Menschen ist unantastbar" folgt im Grundgesetz unmittelbar: „Das Deutsche Volk bekennt sich d a r u m zu unverletzlichen . .. Menschenrechten", — also zum Satz der Freiheit und, nach dem oben Gesagten, auch zum Satz der Gleichheit.

Wie der Satz der Würde, so beziehen sich auch die Menschenrechte zweifellos auf den wirklichen, jetzigen Menschen, und nicht auf einen Menschen der Zukunft. Das geht auch daraus hervor, daß alle Vorschriften des Grundgesetzes, die über die Menschenrechte und die Gleichheit handeln, in der Zeitform des Präsens stehen.

B. LOGISCHE ANALYSE UND PLAN An und für sich könnten sowohl der Satz der Freiheit wie der Satz der Gleichheit unabhängig vom Satz der Würde anerkannt werden; dies wäre, was den ersten betrifft, aus praktischen sozial-politischen Gründen denkbar, — in Hinblick auf den zweiten kann man sich eine Lage vorstellen, in welcher man die Menschen deshalb als gleich anerkennt, weil man ihnen allen gerade die Menschenwürde abspricht; jedenfalls könnte auch dieser Satz rein aus sozial-politischen Gründen aufrechterhalten werden.

Es ergibt sich daraus die Notwendigkeit, die Frage der Verträglichkeit der kommunistischen Ideologie mit unsern zwei Sätzen gesondert von dem im ersten Abschnitt behandelten Problem der Menschenwürde zu untersuchen.

Zu diesem Zweck werden wir zuerst die einschlägigen Grundlagen der kommunistischen Ideologie darlegen; sie sind ebensowohl in der dialektischen Theorie der Entwicklung (§ 11) wie in der historisch-materialistischen Klassenlehre (§ 12) enthalten. Darauf werden wir zu den Folgerungen übergehen, die die „Klassiker" aus den genannten Grundlehren für die (in der Übergangsperiode geltende) Theorie der Diktatur abgeleitet haben (§ 13). Ergänzend wird die eschatologische Theorie der endgültigen Freiheit und Gleichheit des Menschen (§ 14) behandelt. Anschließend werden wir im Stande sein, die Folgerungen in Hinblick auf unser Problem zu ziehen, und damit das Problem dieses Abschnittes zu lösen (§ 15). § 11. Dialektische Theorie der Entwicklung Wie in der Frage der Menschenwürde, so bildet die Hegelsche Dialektik in dem jetzt behandelten Problem die letzte Grundlage der kommunistischen Lehre. Und zwar haben hier vor allem zwei Bestandteile dieser Dialektik eine ausschlaggebende Bedeutung: (A) die Theorie der qualitativen Sprünge und (B) die Lehre von den Widersprüchen.

A. THEORIE DER QUALITATIVEN „SPRÜNGE“

1. Hegel Hegel unterscheidet scharf (obwohl „dialektisch“) die Qualität von Quantität. Die erste wird als wesentliche, innerliche, „mit dem Sein identische“ Bestimmtheit aufgefaßt Zwei Dinge, die durch verschiedene Qualitäten bestimmt sind, sind also ihrer Natur nach verschieden; sie gehören zwei radikal gesonderten (obwohl selbstverständlich „dialektisch“ gebundenen) Seinsstufen an. In moderner Terminologie ausgedrückt anerkennt Hegel einen kategorialen Pluralismus, — mehrere qualitativ verschiedene Seinsschichten.

Der Qualität wird die Quantität entgegengesetzt; diese ist eine „äußerliche Bestimmtheit“ und „mit dem Sein nicht mehr unmittelbar identisch“

Nun besteht die Entwicklung nach Hegel darin, daß neue Qualitäten erscheinen, und zwar durch Sprünge, in welchen die Quantität in Qualität plötzlich übergeht:

Es gibt keinen Sprung in der Natur, wird gesagt; und die gewöhnliche Vorstellung, wenn sie ein Entstehen oder Vergehen begreifen soll, meint, ... es damit begriffen zu haben, daß sie es als ein allmähliches Hervorgehen oder Verschwinden vorstellt. Es hat sich aber gezeigt, daß die Veränderungen des Seins überhaupt nicht nur das Übergehen einer Größe in eine andere Größe, sondern Übergang vom Qualitativen in das Quantitative und umgekehrt sind, ein Anderswerden, das ein Abbrechen des Allmählichen und ein qualitativ Anderes gegen das vorhergehende Dasein ist. Das Wasser wird durch die Erkältung nicht nach und nach hart, so daß es breiartig würde und allmählich bis zur Konsistenz des Eises sich verhärtete, sondern ist auf einmal hart; schon mit der ganzen Temperatur des Eispunktes, wenn es ruhig steht, kann es noch seine ganze Flüssigkeit haben, und eine geringe Erschütterung bringt es in den Zustand der Härte

Die Entwicklung ist also so zu verstehen: zuerst häufen sich allmählich kleine quantitative, also unwesentliche und äußerliche Veränderungen am Dinge; wenn sie genügend groß geworden sind, folgt auf die allmähliche und äußerliche Evolution eine „Revolution", ein plötzlicher „Sprung“ in eine neue Qualität, also in eine wesentlich neue Art. 2. Die „Klassiker"

Diese Lehre ist nun von Marx, besonders aber von Engels und dann auch von Lenin und Stalin übernommen worden. Aus den sehr zahlreichen Texten, die diese Gedanken entwickeln, wollen wir nur einige herausgreifen:

Engels:

Dies können wir für unsern Zweck dahin ausdrücken, daß in der Natur .. . qualitative Änderungen nur stattfinden können durch quantitativen Zusatz oder quantitative Entziehung von Materie oder Bewegung ...

In der Physik, und noch mehr in der Chemie, findet aber nicht nur fortwährende qualitative Änderung statt infolge quantitativer Änderungen, Umschlag von Quantität in Qualität, sondern auch sind eine Menge qualitativer Änderungen zu betrachten, deren Bedingtheit durch qualitative Veränderung keineswegs erwiesen ist

Äggregatzustände — Knotenpunkte, wo quantitative Veränderung in qualitative umschlägt

Diese Mittelglieder beweisen nur, daß es in der Natur keinen Sprung gibt, eben weil die Natur sich aus lauter Sprüngen zusammensetzt

Lenin:

Worin unterscheidet sich der dialektische Übergang vom undialektischen? Durch den Sprung. Durch den Widerspruch. Durch die Unterbrechung der Allmählichkeit. ..

Stalin:

Im Gegensatz zur Metaphysik betrachtet die Dialektik den Entwicklungsprozeß nicht als einfachen Wachstumsprozeß, in welchem quantitative Veränderungen nicht zu qualitativen Veränderungen führen, sondern als eine Entwicklung, die von unbedeutenden und verborgenen quantitativen Veränderungen zu sichtbaren Veränderungen, zu grundlegenden Veränderungen, zu qualitativen Veränderungen übergeht, in welcher die qualitativen Veränderungen nicht allmählich, sondern rasch, plötzlich, in Gestalt eines sprunghaften Übergangs von dem einen Zustand zu dem andern Zustand eintreten ...

Man darf somit feststellen, daß die Hegeische Lehre von den qualitativen Unterschieden und von den Sprüngen nicht nur vollständig übernommen, sondern vielleicht auch präziser durch die „Klassiker“ formuliert wurde: besonders das letzte Zitat zeigt, daß es sich hier um fundamentale, „grundlegende“ Unterschiede handelt.

Die kommunistische Ideologie lehrt also, daß die Entwicklung in sprunghaften Übergängen zu wesentlich neuen Qualitäten besteht, und daß das Seiende demgemäß aus wesentlich getrennten Stufen gebildet ist.

B. LEHRE VON DEN WIDERSPRÜCHEN UND VOM „KAMPF“

Die Sprünge kommen nun gemäß der kommunistischen Ideologie deshalb zustande, weil es im Wesen der Dinge Widersprüche zwischen entgegengesetzten Kräften, bzw. Faktoren gibt. Auch dies ist eine Hegelsche Lehre; sie wurde von Marx übernommen, vor allem aber durch Lenin ausgearbeitet. Marx faßt (nach Lenin) die Entwicklung als eine sprunghafte, mit Katastrophen verbundene, revolutionäre Entwicklung; „Unterbrechungen der Allmählichkeit"; Umschlagen der Quantität in Qualität; innere Entwicklungsantriebe, ausgelöst durch den Widerspruch, durch den Zusammenprall der verschiedenen Kräfte und Tendenzen .. .

Lenin äußert sich weiter zum Problem:

Im eigentlichen Sinne ist die Dialektik das Studium des Widerspruchs im Wesen der Gegenstände selbst: nicht nur die Erscheinungen sind vergehend, beweglich, fließend, . .. sondern auch die Wesenheiten der Dinge

1. die Bestimmung des Begriffs aus ihm selbst... 2. das Widersprechende im Dinge selbst („das Andere seiner“), die widersprechenden Kräfte und Tendenzen in jedweder Erscheinung; 3. die Vereinigung von Analyse und Synthese. Dies sind allem Anschein nach die Elemente der Dialektik. Man kann sich diese Elemente wohl auch detaillierter so vorstellen: ... 4. die innerlich widersprechenden Tendenzen (und Seiten) in diesem Dinge. 5. das Ding (die Erscheinung etc.) als Summe und Einheit der Gegensätze.

6.der Kampf resp, die Entfaltung dieser Gegensätze .. .

Der Widerspruch — das ist hier die wichtigste These — liegt also nach Lenin im Wesen jedes Seienden; und dieser Widerspruch wird als „Kampf“ aufgefaßt. Soweit folgt Lenin einfach Hegel und Engels; Origineller ist dagegen der folgende Gedanke: Es gibt zwei Auffassungen der Bewegung:

Bei der ersten Auffassung der Bewegung bleibt die Selbst-bewegung ihre treibende Kraft, ihre Quelle, ihr Motiv im Schatten (oder diese Stelle wird nach außen verlegt — Gott, Subjekt etc.). Bei der zweiten Auffassung richtet sich die Hauptaufmerksamkeit gerade auf die Erkenntnis der Quelle der „Selbst" -

Bewegung.

Die erste Auffassung ist tot, arm, trocken. Die zweite lebendig.

Nur die zweite liefert den Schlüssel zum Verständnis der „Selbstbewegung" alles Seienden; nur sie liefert den Schlüssel zum Verständnis der „Sprünge“, der „Unterbrechung der Kontinuität“, der „Verwandlung in das Gegenteil", der Vernichtung des Alten und der Entstehung des Neuen.

Die Einheit (Zusammenfallen, Identität, Wirkungsgleichheit) der Gegensätze ist bedingt, zeitweilig, vergehend, relativ. Der Kampf der sich gegenseitig ausschließenden Gegensätze ist absolut, wie die Entwicklung, die Bewegung absolut ist

Das Neue im Hinblick auf Hegel liegt hier in der Betonung des Vernichtens des Alten als wesentlich für die Entwicklung jedes Seienden; die Entwicklung kommt nach Lenin durch Kampf zustande. Es liegt im Wesen des Seins, daß in ihm ein ewiger Krieg vor sich geht.

C. ZUSAMMENFASSUNG Die beiden eben dargelegten Lehren hängen eng miteinander zusammen, wie aus den angeführten Stellen, besonders aus klar hervorgeht. Das Gesamtbild der Entwicklung, das sich aus ihnen ergibt, ist das folgende:

In jedem gegebenen Augenblick bestehen an jedem Subjekt (Ding usw.) zwei Seiten, Aspekte, die untereinander qualitativ, d. h. wesentlich verschieden sind. Die eine beherrscht und bestimmt das Subjekt, die andere ist unterdrückt. Sie stehen gegenseitig in „Widerspruch“ und „Kampf“. Dieser Widerspruch scheint hier als erster statischer Sinn des „Sprunges“ aufgefaßt zu sein: zwischen den beiden Seiten gibt es eine Kluft, eine radikale Verschiedenheit.

Der Kampf, der zuerst rein quantitive, also das Wesen nicht berührende Formen annimmt, führt in einem späteren Augenblick zum Bruche: die alte Qualität, die bis jetzt das Subjekt beherrschte, wird vernichtet und durch die neue ersetzt. Dies ist der zweite, dynamische Sinn des „Sprunges“. Gemäß den allgemeinen Grundgesetzen der Dialektik muß aber jetzt eine dritte Qualität erscheinen, die mit der jetzt siegreichen wieder in Widerspruch und Kampf stehen und sie letztlich durch einen neuen Sprung beseitigen wird — und so weiter ins Unendliche, denn der Prozeß der dialektischen Entwicklung ist unendlich.

Dies sind die tiefsten Grundlagen der kommunistischen Freiheitsund Gleichheitslehren. § 12. Klassenlehre Die oben dargelegten Grundsätze der Dialektik werden auf die uns hier interessierenden Fragen der Freiheit und Gleichheit des Menschen von den kommunistischen Ideologien nicht direkt, sondern vermittels der Klassenlehre angewandt. Wir werden deshalb hier (A) den Begriff der Klasse und (B) die Lehre vom Klassenkampf darlegen. Darauf wird (C) der Zusammenhang mit der Dialektik besprochen, um daraus Folgerungen für die Gleichheit abzuleiten.

A. BEGRIFF DER KLASSE Der Begriff der „Klasse“ wurde trotz seiner großen Bedeutung, soweit uns bekannt ist, durch Marx oder Engels nie genau definiert. Dagegen finden wir eine solche Definition bei Lenin in seiner Broschüre „Die große Initiative“:

AIs Klassen bezeichnet man große Menschengruppen, die sich voneinander unterscheiden nach ihrem Platz in einem geschichtlich bestimmten System der gesellschaftlichen Produktion, nach ihrem (größtenteils in Gesetzen fixierten und formulierten) Verhältnis zu den Produktionsmitteln, nach ihrer Rolle in der gesellschaftlichen Organisation der Arbeit und folglich nach der Art der Erlangung und der Größe des Anteils am gesellschaftlichen Reichtum, über den sie verfügen. Klassen sind Gruppen von Menschen, von denen eine sich die Arbeit einer anderen aneignen kann infolge der Verschiedenheit ihres Platzes in einem bestimmten System der sozialen Wirtschaft

In dieser Definition sind folgende Einzelheiten zu beachten: 1. Die Klassen sind durch ihren Platz in der gesellschaftlichen Produktion differenziert; dies ist aber nicht so zu verstehen, daß sie nur in dieser Hinsicht verschieden wären: im Gegenteil hat jede Klasse nach dem allgemeinen Prinzip des historischen Materialismus (§ 6 D) einen eigenen „Überbau“, d. h. eigene soziale Ideen, eine spezifische Moral, Kunst, Wissenschaft usw. Aber grundsätzlich sind die Klassen durch wirtschaftliche Verhältnisse bestimmt. 2. Die Klassen gehören zu geschichtlich bestimmten Systemen der Produktion. Dieser Ausdruck hat einen zweifachen Sinn: a) Solange es überhaupt Klassen gibt, hat jedes geschichtliche System der Produktion seine eigenen Klassen (etwa Sklavenbesitzer und Sklaven im Altertum, Kapitalisten und Proletarier in moderner Zeit); b) Klassen gibt es nicht immer, sondern nur in bestimmten Perioden. Lenin zitiert selbst eine Aussage von Marx, der sich die Entdeckung zuschreibt, daß „die Existenz der Klassen bloß an bestimmte historische Entwicklungsphasen der Produktion gebunden ist" Stalin (darin Engels folgend) sagt, daß die erste der fünf „Grundtypen von Produktionsverhältnissen“, nämlich die Urgemeinschaft „keine Ausbeutung, keine Klassen" kennt 3. Ein wesentliches Kennzeichen jeder Klasse ist es, daß sie „sich die Arbeit einer anderen aneignen kann“; die Klasse kann eine Ausbeuterklasse sein.

B. KLASSENKAMPF Solange es Klassen gibt, stehen sie notwendig in einem Verhältnis des gegenseitigen Kampfes. Marx und Engels schrieben im „Kommunistischen Manifest":

Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen.

Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz Unterdrücker und Unterdrückte standen 123 in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen LIntergang der kämpfenden Klassen

Dabei ist nach Engels freilich die Behauptung unrichtig, daß die ganze bisherige Geschichte Klassenkämpfe gekannt habe, da es einmal, wie gesagt, eine klassenlose Gesellschaft gab. Man begegnet dem Gedanken von Marx sehr oft in der kommunistischen Literatur; einige weitere einschlägige Stellen sind unten im Zusammenhang der Theorie der Diktatur angeführt [vgl. Fußnoten

C. KLASSENLEHRE UND DIALEKTIK Die Theorie der Klassen und des Klassenkampfes scheint durch Marx zuerst auf induktivem Wege als erklärende Hypothese aufgestellt worden zu sein. Er hat sie einfach auf Grund des von ihm durchgearbeiteten geschichtlichen Materials unter Zuhilfenahme des historischen Materialismus gebildet. Daraufhin wurde sie aber mehr und mehr als Anwendung der Gesetze der Dialektik angesehen. Das Interesse, welches Lenin dem Gesetz der Widersprüche und der „Sprünge“ entgegenbrachte, stammt offenbar daher, daß er darin die Grundlage seiner Theorie der Klassenkämpfe sah. Bei Stalin ist die Ableitung in diesem Punkt ausdrücklich:

Wenn die Entwicklung in Form des Hervorbrechens der inneren Widersprüche, in Form von Zusammenstößen gegensätzlicher Kräfte auf der Basis dieser Widersprüche verläuft mit dem Ziel, diese Widersprüche zu überwinden, so ist es klar, daß der Klassenkampf des Proletariats eine völlig natürliche und unvermeidliche Erscheinung ist.

Also . . . darf man den Klassenkampf nicht eindämmen, sondern muß ihn zu Ende führen.

Um also in der Politik nicht fehlzugehen, muß man eine unversöhnliche proletarische Klassenpolitik, und nicht eine reformistische Politik der Interessenharmonie . . . durchführen

Um also in der Politik nicht fehlzugehen, muß man Revolutionär sein und nicht Reformist

Für andere Thesen der kommunistischen Klassenlehre besitzen wir ebenso eindeutige Ableitungen nicht. Jedoch ist gerade dieser Punkt für unsere Betrachtung von ausschlaggebender Bedeutung. Denn: stehen die Klassen in jenem Verhältnis der „gegensätzlichen Kräfte“, durch welche die Qualitäten in der Dialektik gekennzeichnet sind, — und kommt es dabei zu einem „Sprung“, so folgt daraus, daß die verschiedenen Klassen als Träger von verschiedenen „Qualitäten“ aufgefaßt sind. Dies wird noch dadurch bestätigt, daß die kommunistische Lehre von der Revolution und Diktatur, wie auch die kommunistische Eschatologie mit dieser Auffassung übereinstimmen: das gegenseitige Verhältnis der Klassen wird überall gemäß den Grundsätzen der Dialektik bestimmt. So wird die Revolution z. B., wie jeder „Sprung“, durch langsame „quantitative“ Änderungen vorbereitet; so wird die alte Klasse durch die neue beherrscht und vernichtet; so wird die siegreiche Klasse wieder „aufgehoben“ usw.

Ist dem aber so, dann gibt es zwischen den Klassen einen qualitativen Unterschied; und das bedeutet, daß die kommunistische Ideologie zwischen ihnen einen „Sprung“ (im statischen Sinne), also eine Wesens-verschiedenheit annimmt. Damit gehören die Glieder der einen Klasse zu einer wesentlich andern Seinsstufe als die Angehörigen einer andern Klasse, — oder: es gibt keine einheitliche Menschheit, keine allen Menschen gleich zukommende Natur, sondern mehrere „Menschheiten“, d. h. Klassen. Aus der Klassenlehre ergibt sich also das Prinzip der wesentlichen Ungleichheit der Menschen, solange es Klassen gibt.

Aus diesem Prinzip wurden von den Kommunisten für die Theorie der Diktatur Schlüsse gezogen: da die Menschen nicht wesensgleich sind, § 13. Theorie der Diktatur des Proletariats Dia kommunistische Lehre vom Klassenkampf wird in der Theorie der sogenannten „Diktatur des Proletariats“ expliziert. Wir behandeln hier (A) die Notwendigkeit der Diktatur, (B) ihren Begriff, (C) die Lehre von den Menschenrechten in der Periode der Diktatur, um schließlich (D) die Ergebnisse im Hinblick auf unsere Frage zusammenzufassen.

A. NOTWENDIGKEIT DER DIKTATUR Lenin zitiert in diesem Zusammenhang die folgende Stelle von Marx:

Was ich neu tat, war nachweisen: ... 2. daß der Klassenkampf notwendig zur Diktatur des Proletariats führe; 3. daß diese Diktatur selbst nur den Übergang zur Aufhebung aller Klassen... bilde

Dies kommentiert Lenin so:

Ein Marxist ist nur, wer die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats ausdehnt

An einer anderen Stelle führt er den folgenden Text von Engels an:

„Haben sie einmal eine Revolution gesehen, diese Herren“

(Antiautoritären)? „Eine Revolution ist gewiß die autoritärste Sache, die es gibt, ein Akt, durch den ein Teil der Bevölkerung seinen Willen dem andern Teil durch Flinten, Bajonette und Kanonen, alles das sehr autoritäre Mittel, aufzwingt; und die Partei, die gesiegt hat, muß ihre Herrschaft durch den Schrecken, den ihre Waffen den Reaktionären einflößen, behaupten ..."

Lenin kommentiert:

Da habt ihr die „reine Demokratie“!

Für Lenin ist die Diktatur des Proletariats unbedingt notwendig, ebenso wie der Krieg gegen nichtkommunistische Staaten:

Die Aufhebung der Klassen ist unmöglich ohne die Diktatur der unterdrückten Klasse, des Proletariats. Die freie Vereinigung der Nationen im Sozialismus ist unmöglich ohne den mehr oder weniger langwierigen Kampf der sozialistischen Republiken gegen die rückständigen Staaten

Der Sieg des Sozialismus (ist) in einem einzeln genommenen kapitalistischen Lande möglich ... Nachdem das siegreiche Proletariat dieses Landes die Kapitalisten enteignet ... hat, würde es sich gegen die übrige kapitalistische Welt erheben, die unterdrückten Klassen der anderen Länder für sich gewinnen, in diesen Ländern den Aufstand gegen die Kapitalisten anfachen und im Notfall sogar mit Kriegsgewalt gegen die Ausbeuterklassen und ihre Staaten vorgehen

B. BEGRIFF DER DIKTATUR Auch die Definition der Diktatur des Proletariats ist bei Lenin und Stalin klar herausgearbeitet. Stalin führt die folgenden Texte an:

„Der wissenschaftliche Begriff der Diktatur bedeutet nichts anderes als die durch nichts eingeschränkte, durch keinerlei Gesetze, absolut durch keinerlei Regel gehemmte, sich unmittelbar auf die Gewalt stützende Macht“ ... „Die Diktatur bedeutet — nehmt das ein für allemal zur Kenntnis, ihr Herren Kadetten — die uneingeschränkte, sich auf die Gewalt und nicht auf das Gesetz stützende Macht...“

Die Diktatur des Proletariats ist die durch kein Gesetz beschränkte und sich auf Gewalt stützende Herrschaft des Proletariats über die Bourgeoisie — eine Herrschaft, die die Sympathien und die Unterstützung der werktätigen und ausgebeuteten Massen besitzt „Die Diktatur des Proletariats ist der aufopferungsvollste und schonungsloseste Krieg der neuen Klasse gegen den mächtiger e n Feind .. .“

Solange also die Diktatur in Kraft bleibt, bestehen keine Regeln und keine Gesetze. Es stellt sich natürlich die Frage, wie lange die Periode der Diktatur dauern soll. Diese Frage wird durch Lenin dahin beantwortet, daß die „Ausbeuterklassen", welche durch die Revolution die Ober-hand im Staat verloren haben, dennoch eine größere Macht beibehalten, und zwar während einer längeren Zeit; deshalb muß auch die Diktatur lange dauern. Ja, auch wenn die bürgerlichen Klassen in einem Lande ausgerottet sind, aber in anderen Ländern noch an der Macht bleiben, muß die Diktatur des Proletariats noch bestehen. Lenin schreibt:

Der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus umfaßt eine ganze geschichtliche Epoche. Solange sie nicht abgeschlossen ist, behalten die Ausbeuter unvermeidlich die Hoffnung auf eine Restauration, und diese Hoffnung verwandelt sich in Versuche der Restauration

Die Aufhebung der Klassen ist das Werk eines langwierigen, schweren, hartnäckigen Klassenkampfes, der nach dem Sturze der Macht des Kapitals, nach der Zerstörung des bürgerlichen Staates, nach der Aufrichtung der Diktatur des Proletariats nicht verschwindet.. .

Lind Stalin folgert daraus:

Es erübrigt sich wohl nachzuweisen, daß die Erfüllung dieser Aufgaben in kurzer Zeit, die Durchführung alles dessen in ein paar Jahren ein Ding der Unmöglichkeit ist. Deshalb darf die Diktatur des Proletariats, den Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus nicht als eine schnell vorübergehende Periode mit einer Reihe von „hochrevolutionären" Akten und Dekreten betrachten, sondern man muß sie als eine ganze historische Epoche betrachten .. .

Die kommunistische Ideologie verlangt also, daß während einer langen Periode die Diktatur des Proletariats in Gestalt des hemmungs-und schonungslosen Kampfes herrsche.

C. MENSCHENRECHTE UNTER DER DIKTATUR 1. Der Gegner Während dieser langen Periode der Diktatur des Proletariats soll es keine Rechte für die Gegner des Proletariats geben. Dies ist die Hauptthese der umfangreichen Schrift Lenins gegen Kautsky Lenin faßt sie im Werk „Staat und Revolution“ in folgender Weise zusammen:

Die Diktatur des Proletariats aber, d. h. die Organisierung der Avantgarde der Unterdrückten zur herrschenden Klasse zwecks Niederhaltung der Unterdrücker, kann nicht einfach nur eine Erweiterung der Demokratie ergeben. Zugleich mit der gewaltigen Erweiterung des Demokratismus, der zum erstemal ein Demokratismus für die Armen, für das Volk wird und nicht ein Demokratismus für die Reichen, bringt die Diktatur des Proletariats eine Reihe von Freiheitsbeschränkungen für die Unterdrücker, die Ausbeuter, die Kapitalisten. Diese müssen wir niederhalten, um die Menschheit von der Lohnsklaverei zu befreien, ihr Widerstand muß mit Gewalt gebrochen werden, — es ist klar, daß es dort, wo es Unterdrückung, wo es Gewalt gibt, keine Freiheit, keine Demokratie gibt.

Engels hat das ausgezeichnet in seinem Brief an Bebel zum Ausdruck gebracht, wenn er ... sagt, daß „. .. solange das Proletariat den Staat noch gebraucht, gebraucht es ihn nicht im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner . .

Demokratie für die riesige Mehrheit des Volkes und gewaltsame Niederhaltung der Ausbeuter, der Unterdrücker des Volkes, d. h. ihre Ausschließung von der Demokratie — diese Modifizierung erfährt die Demokratie beim Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus Und noch nachdrücklicher:

Das notwendige Merkmal, die unerläßliche Bedingung der Diktatur ist die gewaltsame Niederhaltung der Ausbeuter als Klasse und folglich eine Verletzung der „reinen Demokratie", d. h.der Gleichheit und Freiheit gegenüber dieser Klasse

Kautsky hat sich über alles mögliche ausgelassen, ... — nur nicht über die Hauptsache, nur nicht darüber, daß das Proletariat nicht siegen kann, ohne den Widerstand der Bourgeoisie gebrochen, ohne seine Gegner gewaltsam niedergerungen zu haben, und daß dort, wo es ein „gewaltsames Niederhalten“ gibt, wo es keine „Freiheit" gibt, es selbstverständlich keine Demokratie gibt

Und Stalin im selben Sinne:

Die Diktatur des Proletariats kann keine „vollständige" Demokratie, keine Demokratie für alle, sowohl für die Reichen als auch für die Armen, sein . .. Das Gerede der Kautsky und Konsorten über allgemeine Gleichheit, über „reine" Demokratie, über „vollkommene" Demokratie usw. ist eine bürgerliche Verschleierung der unzweifelhaften Tatsache, daß eine Gleichheit zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutern unmöglich ist. ..

... Die Demokratie unter der Diktatur des Proletariats ist eine proletarische Demokratie, eine Demokratie der ausgebeuteten Mehrheit, die auf der Beschränkung der Rechte der ausgebeuteten Minderheit beruht und gegen diese Minderheit gerichtet ist 2. Das Proletariat Daß also unter der Diktatur des Proletariats keine Freiheit und Gleichheit für die Reichen bestehen sollen, ist klar genug. Weniger klar ist dagegen die Antwort auf die Frage, ob eine solche Demokratie und Anerkennung der Menschenrechte für die Mitglieder der KP und die Angehörigen des Proletariats selbst gelten soll. Was Lenin stets betont hat, ist die „eiserne Disziplin", welche in der Partei herrschen muß:

Sicherlich sieht jetzt schon fast jeder, daß die Bolschewiki keine zweieinhalb Monate, geschweige denn zweieinhalb Jahre die Macht hätten behaupten können, ohne die strengste, wahrhaft eiserne Disziplin in unserer Partei . . .

Die Erfahrung der siegreichen Diktatur des Proletariats in Rußland hat. . .deutlich gezeigt, daß unbedingte Zentralisation und strengste Disziplin des Proletariats eine der Hauptbedingungen für den Sieg über die Bourgeoisie sind

Die Traditionen der ganzen vorausgegangenen revolutionären Bewegung verlangen, daß die Sozialdemokratie gegenwärtig alle ihre Kräfte auf die Organisierung der Partei, auf die Festigung der Disziplin in ihrem Innern . .. konzentriere

... nicht in der Gewalt allein und nicht hauptsächlich in der Gewalt besteht das Wesen der proletarisdien Diktatur. Ihr Haupt-wesen besteht in der Organisation und Disziplin der fortgeschrittensten Abteilung der Werktätigen ...

Notwendig ist die Diktatur des Proletariats, die Macht einer Klasse, die Stärke ihrer Organisation und Disziplin, ihre zentralisierte Macht... sie ist notwendig, damit das Proletariat die Bauernschaft und alle kleinbürgerlichen Schichten überhaupt führen kann. Da helfen keine Phrasen über „Demokratie“ schlechthin ...

über „Gleichheit" aller „Menschen der Arbeit“ usw. usf.

Noch klarer in einer von Stalin angeführten Stelle:

„Tanner erklärt, daß er für die Diktatur des Proletariats sei, daß er sich aber die Diktatur des Proletariats nicht ganz so vorstelle wie wir. Wir verstünden unter der Diktatur des Proletariats i m Grunde genommen (von Stalin hervorgehoben) die Diktatur seiner organisierten und klassenbewußten Minderheit. Und in der Tat, im Zeitalter des Kapitalismus, wo die Arbeitermassen upaufhörlieh ausgebeutet werden und nicht imstande sind, ihre menschlichen Fähigkeiten zu entwickeln, ist für die politischen Parteien der Arbeiter gerade der Umstand am charakteristischsten, daß sie nur eine Minderheit ihrer Klasse erfassen können. Die politische Partei kann nur die Minderheit der Klasse erfassen, ebenso wie die wirktlich klassenbewußten Arbeiter in jeder kapitalistischen Gesellschaft nur die Minderheit aller Arbeiter bilden. Deshalb müssen wir anerkennen, daß nur diese klassenbewußte Minderheit die breiten Arbeitermassen leiten und führen kann. Wenn Genosse Tanner sagt, daß er ein Feind der Partei sei, daß er aber gleichzeitig dafür sei, daß eine Minderheit der am besten organisierten und revolutionärsten Arbeiter dem ganzen Proletariat den Weg weise, so sage ich, daß zwischen uns in Wirklichkeit keine Differenz besteht“

Stalin scheint also die Lehre Lenins korrekt zu referieren, wenn er schreibt, daß im Vergleich zu Marx das Neue in Folgendem bestehe:

a) daß die Partei die höchste Form der Klassenorganisationen des Proleteriats ist. . .; b) daß die Diktatur des Proletariats nur durch die Partei als ihre richtunggebende Kraft verwirklicht werden kann; c) daß die Diktatur des Proletariats nur dann vollkommen sein kann, wenn eine einzige Partei, die Partei der Kommunisten, sie führt, die die Führung mit andern Parteien nicht teilt und nicht teilen darf; d) daß ohne eiserne Disziplin in der Partei die Aufgaben der Diktatur des Proletariats . . . nicht erfüllt werden können.

Das ist im wesentlichen das Neue, das Lenin in seinen Werken gegeben hat, indem er die Marxsche Lehre entsprechend den neuen Bedingungen .. . konkretisierte und weiterentwickelte

Diese Stellen und besonders die letzte deuten darauf hin, daß Lenin eine Diktatur nicht nur des Proletariats, sondern auch über das Proletariat für notwendig gehalten hat. Allerdings gab Stalin den Texten eine andere Deutung. Seine Autorität ist in solchen Dingen freilich groß, doch sind seine Ausführungen hier schon an sich überzeugend; zudem stimmen das stets festgehaltene Verbot der Fraktionsmacherei wie auch die Methode von Kritik und Selbstkritik mit dem Prinzip der Diktatur über das Proletariat vollständig überein.

D. ZUSAMMENFASSUNG In der kommunistischen Theorie der Diktatur des Proletariats werden also aus den Lehren der Dialektik, in ihrer Anwendung auf die Theorie der Klassen und des Klassenkampfes, folgende Schlüsse — und zwar ganz richtig — gezogen:

1. Die alten Klassen sollen vernichtet werden.

2. Dazu ist es notwendig (und zwar während einer langen Periode nach der Revolution), die sog. „Diktatur des Proletariats“ aufrechtzuerhalten.

3. Diese besteht in einem hemmungs-und schonungslosen Kampf und Anwendung der Gewalt gegen die Angehörigen der gegnerischen Klasse.

4. Während der Periode der Diktatur soll diesen die Freiheit abgesprochen werden.

5. Ob dasselbe in Bezug auf die Glieder des Proletariats gelten soll, ist nicht klar gesagt, aber bereits nach der Theorie wahrscheinlich.

6. Alles dies setzt eine rechtliche Ungleichheit der Menschen; diese wird auch ausdrücklich behauptet. § 14. Die kommunistische Eschatologie Die Periode der Diktatur des Proletariats ist jedoch nach der kommunistischen Ideologie nur eine Übergangsperiode; sie wird zwar lange dauern, endlich aber wird sie aufhören, und dann soll ein Zustand verwirklicht werden, den wir hier „eschatologisch" nennen wollen, wegen seiner Ähnlichkeit mit den jüdischen Eschatologien, die ohne Zweifel Marx beeinflußt haben. Es scheint, daß die kommunistische Eschatologie zwei verschiedene, obwohl zusammenhängende Gedanken enthält, nämlich (A) den Gedanken vom „Sprung" in das „Reich der Freiheit" und (B) die Lehre von der Aufhebung der Klassen und des Staates. Nach der Darlegung beider Lehren werden wir (C) einen Vergleich mit den Sätzen der Freiheit und Gleichheit anstellen.

A. SPRUNG IN DAS REICH DER FREIHEIT Dieser Gedanke ist in einem berühmten und immer wieder herangezogenen Text von Engels formuliert:

Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten. Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion wird ersetzt durch planmäßige bewußte Organisation. Der Kampf ums Einzeldasein hört auf. Damit erst scheidet der Mensch, in gewissem Sinn, endgültig aus dem Tierreich, tritt aus tierischen Daseinsbedingungen in wirklich menschliche. Der Umkreis der die Menschen umgebenden Lebensbedingungen, der die Menschen bis jetzt beherrschte, tritt jetzt unter die Herrschaft und Kontrolle der Menschen, die nun zum ersten Male bewußte, wirkliche Herren der Natur, weil und indem sie Herren ihrer eigenen Vergesellschaftung werden. Die Gesetze ihres eigenen gesellschaftlichen Tuns, die ihnen bisher als fremde, sie beherrschende Naturgesetze gegenüberstanden, werden dann von den Menschen mit voller Sachkenntnis angewandt und damit beherrscht. Die eigene Vergesellschaftung des Menschen, die ihnen bisher von Natur und Geschichte oktroyiert gegenüberstand, wird jetzt ihre eigene freie Tat. Die obejktiven, fremden Mächte, die bisher die Geschichte beherrschten, treten unter die Kontrolle der Menschen selbst. Erst von da an werden die Menschen ihre Geschichte mit vollem Bewußtsein selbst machen, erst von da an werden die von ihnen in Bewegung gesetzten gesellschaftlichen Ursachen vorwiegend und in stets steigendem Maße auch die von ihnen gewollten Wirkungen haben. Es ist der Sprung der Menschheit aus dem Reich der Notwendigkeit in das Reich der Freiheit

Die wichtigsten Gedanken sind hier die folgenden:

1. Unter der liberalen Verfassung ist der Mensch der Herrschaft des Produkts unterworfen, sein gesellschaftliches Leben hängt nicht von ihm selber, sondern von den ihm fremden ökonomischen Gesetzen ab; in diesem Sinne ist er nicht frei.

2. Durch die Kollektivierung wird er Herr der Produktion und damit auch der eigenen „Vergesellschaftung".

3. Diese Herrschaft wird eine freie, bewußte, d. h. planmäßige sein;

darin besteht die genannte Freiheit.

4. Mit der Erreichung dieser Freiheit tritt der Mensch aus den „tierischen Daseinsbedingungen" in „wirklich menschliche“, — aus dem »Reich der Notwendigkeit“ in das „Reich der Freiheit“.

Fragen wir uns nun, was hier unter „Mensch" zu verstehen ist, so lautet die Antwort, daß es sich um die menschliche Gesellschaft handelt. Es ist die Gesellschaft, die durch ihre Planungsorgane bewußt die kollektivistische Produktion und das kollektivistische soziale Leben der Einzelmenschen beherrschen wird. Es ist die menschliche Gesellschaft, die im genannten Sinne „frei“ wird, weil sie planmäßig handelt; der Einzelmensch scheint hier nicht nur keine Freiheit gewinnen, sondern, im Gegenteil, viel mehr als in der liberalen Verfassung, der Gesellschaft untergeordnet zu sein: denn nicht nur die Produktion, sondern auch die „Vergesellschaftung“, d. h. nicht nur seine Arbeit, sondern auch seine menschlichen Beziehungen werden durch die planenden Büros bestimmt. Die pathetischen Worte über das „Reich der Freiheit“ besitzen darüber hinaus keinen weiteren Sinn.

B. AUFHEBUNG DER KLASSEN UND DES STAATES Wir finden aber bei Engels noch eine andere Lehre, deren wesenthiche Elemente im folgenden Text zusammengefaßt sind:

Proletarische Re völu tion , Auflösung der Widersprüche: Das Proletariat ergreift die öffentliche Gewalt und verwandelt... die ... Produktionsmittel in öffentlicher Eigentum ...

Die Entwicklung der Produktion macht die fernere Existenz verschiedner Gesellschaftsklassen zu einem Anachronismus. In dem Maß wie die Anarchie der gesellschaftlichen Produktion schwindet, schläft auch die politische Autorität des Staats ein. Die Menschen, endlich Herren ihrer eigenen Art der Vergesellschaftung, werden damit zugleich Herren der Natur, Herren ihrer selbst — frei

Diese Stelle wird durch Lenin so erklärt:

Als Endziel setzen wir uns die Abschaffung des Staates, d. h.

jeder organisierten und systematischen Gewalt, jeder Gewaltanwendung gegen Menschen überhaupt. Wir erwarten nicht den Anbruch einer Gesellschaftsordnung, in der das Prinzip der Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit nicht eingehalten werden würde. Aber in unserem Streben zum Sozialismus sind wir überzeugt, daß er in den Kommunismus hinüberwachsen wird, und im Zusammenhang damit jede Notwendigkeit der Gewaltanwendung gegen Menschen überhaupt, der Unterordnung eines Menschen unter den andern, eines Teiles der Bevölkerung unter den andern verschwinden wird, denn die Menschen werden sich gewöhnen, die elementaren Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens ohne Gewalt und ohne Unterordnung einzuhalten

So utopisch-naiv diese Eschatologie auch anmuten mag — sie setzt u. a. voraus, daß die Menschen nur wegen wirtschaftlichen Angelegenheiten manchmal mit Gewalt in Ordnung gehalten werden müssen — so haben wir dennoch daraus Wichtiges für unser Problem zu behalten:

1. Es handelt sich um den Einzelmenschen, nicht um die Menschheit.

2. Die Wesensgleichheit ist dem Menschen durch die Aufhebung der Klassen gewährleistet.

3. Darauf stützt sich eine Art rechtlicher Gleichheit, da der Staat in jener Zukunft „einschlafen“ bzw. „absterben“ wird. Es wird deshalb kein Recht mehr im heutigen Sinne (mit Vollstreckungsgewalt) vorhanden sein, also auch keine Möglichkeit, die Menschen rechtlich ungleich zu behandeln.

4. Aus demselben Grunde werden auch die Menschen frei sein. Daß sie ganz „vergesellschaftlich“ sein werden, ist hier belanglos, weil sie sich daran „gewöhnen" und es freiwillig auf sich nehmen werden.

C. ZUSAMMENFASSUNG Das Ergebnis ist also das folgende: Der erste eschatologische Gedanke bezieht sich auf die Menschheit, nicht auf den Einzelmenschen; er ist deshalb für unsere Frage belanglos, Im zweiten aber handelt es sich klar genug um den Einzelmenschen. Ihm kommt Freiheit und Gleichheit in einem Sinne zu, welcher zunächst jenem Sinn nicht unähnlich ist, den unsere Sätze der Gleichheit und Freiheit vor-auszusetzen. Es besteht nur e i n Unterschied: alles das ist ja Eschatologie, nicht Lehre von der Wirklichkeit, sondern von einem mythischen Menschen der Zukunft. Somit handelt es sich auch beim zweiten eschato 1ogischen Gedanken um etwas, was mit den Sätzen der Freiheit und Gleichheit nicht übereinstimmt, denn diese meinen den heutigen, wirklichen Menschen.

Es sei noch ein Zweifaches bemerkt:

1. Die kommunistische Ideologie behauptet, daß die Sätze der Freiheit und Gleichheit den Menschen keine praktische, sondern nur eine theoretische, d. h. fiktive Freiheit und Gleichheit gewährleisten, weil sie keine wirtschaftliche Gleichheit sichern und die Unterdrückung eines Teiles der Menschen durch einen anderen zulassen; diesen Sätzen wird deshalb die Lehre von der eschatologischen Freiheit und Gleichheit gegenübergestellt. Wir gehen auf diese Behauptungen nicht weiter ein, weil alles, was darin für das hier behandelte Problem von Belang ist, noch klarer in der Theorie der Diktatur enthalten ist. Es sei aber bemerkt, daß die kommunistische Ideologie gerade durch diese Gegenüberstellung anerkennt, daß ihre Eschatologie mit unseren Sätzen nicht identisch ist.

2. Diese Eschatologie ist zwar aus der kommunistischen Dialektik abgeleitet, andererseits scheint sie aber mit ihren fundamentalen Gesetzen im Widerspruch zu stehen. Denn das Gesetz des „Kampfes" legt diesen Kampf in das Wesen des Seins selbst. Solange es also Sein gibt, muß es Kampf geben, und solange es Gesellschaft gibt — so könnte man meinen — muß es gesellschaftliche Vernichtungskämpfe geben. Die Dialektik kennt keinen Halt: der Krieg muß ewig dauern. Wie man angesichts dieser Grundthese der Dialektik von der Aufhebung der sozialen Kämpfe (ja schon jetzt vQm Pazifismus) sprechen kann, ist nicht klar.

Aus diesem letzten Gesichtspunkt erscheint die kommunistische Eschatologie noch mythischer als sie bereits ist. Der Anerkennung von Werten, die dem wirklichen, jetzigen Menschen eigen sind, stellt die kommunistische Ideologie einen ausgesprochenen Mythus der Zukunft entgegen. § 15. Zusammenfassung Das in diesem Abschnitt behandelte Problem lautete: Ist die kommunistische Ideologie mit den Sätzen der Freiheit und Gleichheit der Menschen (im Sinne des § 10 A, B) verträglich?

Die Frage muß verneint werden. Dies geht sowohl aus direkten Aussagen, die in der kommunistischen Ideologie als klassisch und maßgebend gelten, wie aus dem ganzen Zusammenhang dieser Lehre hervor.

Wir haben nämlich gezeigt, daß das Seiende, gemäß der kommunistischen Dialektik aus wesentlich getrennten Stufen besteht (11 A); diese Lehre wird auf die Gesellschaft in Gestalt der Klassenlehre angewandt, die eine Wesensungleichheit der Menschen lehrt (12 C). Andererseits lehrt dieselbe Dialektik, daß zwischen den verschiedenen Seinsstufen („Qualitäten“) Widerspruch und Kampf notwendig besteht (11 B), was übertragen auf die Klassenlebre zur Behauptung des notwendigen Kampfes zwischen den Klassen führt (12 B). Eine weitere Anwendung dieser Grundthesen ist die Theorie der Diktatur des Proletariats: einem Teil der Menschen sollen die Menschenrechte während einer langen Periode abgesprochen werden; ihre Freiheit soll beschränkt sein; ihre rechtliche Gleichheit wird verworfen (13 D). Diese Verwerfung des Satzes der Freiheit gilt ausdrücklich in Bezug auf die Angehörigen der gegnerischen Klasse (13 C 1); ob auch in Bezug auf die Angehörigen des Proletariats, ist nicht klar gesagt, aber wahrscheinlich (13 C 2). Wenn die kommunistische Ideologie gleichzeitig Freiheit und Gleichheit der Menschen in einer eschatologischen Periode lehrt, so ist eine solche Freiheit und Gleichheit für unsere Frage ohne Belang, weil es sich dabei nicht um jetzige, wirkliche, sondern um zukünftige, mythische Menschen handelt (14 C); darüber hinaus ist diese Eschatologie mit logischen Schwierigkeiten behaftet (14 C).

Daraus ergibt sich eindeutig die Lösung unseres Problems:

Die kommunistische Ideologie steht — sowohl in ihren direkten Aussagen wie in ihren Grundlagen — im Widerspruch mit den Sätzen der Freiheit und Gleichheit; sie ist mit diesen Sätzen nicht verträglich.

IV. Gesamtergebnis

§ 16. Die zwei Wertordnungen und die Sinnunterschiebung Ergänzend stellen wir uns noch zwei Aufgaben:

A Einerseits darauf hinzuweisen, daß wir es im Grundgesetz und in der kommunistischen Ideologie mit zwei in sich einheitlichen, in allen Einzelthesen aber in gegenseitigem Widerspruch stehenden Wertordnungen zu tun haben;

B. Zweitens uns die Frage zu stellen, wie angesichts dieses Widerspruchs die Verträglichkeit der kommunistischen Ideologie mit der Grundordnung, auf welcher das Grundgesetz fußt, behauptet werden kann. Abschließend wird C. die Hauptfrage des § 1 A beantwortet.

A. DIE ZWEI WERTORDNUNGEN Grundgesetz Kommunistische Ideologie 1. Es gibt seinsautonome Einzelmenschen, Keinem Einzelmenschen die selbständige Subjekte die Seinsautonomie zu, und nicht nur Teile eines jeder ist bloß ein Teil und Moment größeren Ganzen sind.

eines größeren Ganzen, vor allem der Klasse.

2. Dem Einzelmenschen kommt 2. Dem Einzelmenschen kommt Wertautonomie zu; er ist nicht keine Wertautonomie zu; er ist bloß ein Mittel, sondern auch ein nur ein Mittel, das „wertvollste Selbstzweck.

Kapital" für dieZwecke der Klasse.

3. Es gibt unbedingte Werte, 3. Es gibt keine unbedingten insbesondere unantastbare moralische inbesondere keine unantastbaren Gesetze.

moralischen Gesetze: gut und sittlich ist, was den Zwecken der Klasse dient.

4. Ein solcher unantastbarer 4. Dem heutigen, wirklichen Wert ist die Würde des Einzel-menschen. kommt keine unantastbare Würde zu.

Grundgesetz Kommunistische Ideologie 5. Und deshalb gibt es unveräußerliche Und deshalb gibt es keine Menschenrechte. unveräußerlichen Menschenrechte.

6. Auf Grund dieser Würde 6. Die heutigen, wirklichen und dieser Rechte sind alle heutigen, sind nicht wesensgleich, wirklichen Menschen wesensgleich. nach Klassen verschieden.

7. Aus diesem Grunde sind sie 7. Aus diesem Grunde sind sie auch vor dem Rechte gleich; jedem auch vor dem Rechte nicht gleich. Menschen müssen dieselben Grundrechte Angehörigen der gegnerischen zuerkannt werden. Klassen können nicht dieselben Grundrechte zuerkannt werden, wie jenen der proletarischen Klasse.

8. Und allen Menschen kommt 8. Und nicht allen Menschen die grundsätzliche Freiheit zu. kommt die grundsätzliche Freiheit zu: vielmehr soll sie den Gliedern der gegnerischen Klasse abgesprochen werden.

Die tiefste logische Grundlage der Wertordnung, auf welcher das Grundgesetz fußt, ist in ihm nicht ausdrücklich genannt; sie ist aber leicht zu erschliessen. Dagegen nennt die kommunistische Ideologie ihre Grundlage deutlich genug. 9. Der Mensch ist über das 9. Der Mensch ist vollständig Reich der materiellen Natur erhaben: Reich der materiellen Natur er untersteht also nicht immanent: er untersteht ausschließlich ihren Gesetzen, er kennt noch ihrem Gesetz des Vernichtungskampfes als Nützlichkeitswerte.

und kennt keine anderen als Nützlichkeitswerte. B. SINNUNTERSCHIEBUNG Es drängt sich angesichts dieses Sachverhaltes die Frage auf, wie diese zwei Wertordnungen als verträglich, ja als im Grunde identisch aufgefaßt werden können; die Antwort lautet: dies ist nur mit Hilfe einer Sinnunterschicbung möglich. Und zwar ist diese eine zweifache: einmal wird für die Person des E i n z e 1 m e n s c h e n die Menschheit unterschoben; andererseits wird für den wirklichen, jetzigen Menschen der Mensch der Zukunft unterschoben.

Die Grundordnung setzt die Seinsautonomie des Einzelmenschen voraus: es wird nur gesagt, daß die kommunistische Ideologie gerade dasselbe lehrt, da sie aus dem Menschen den Herrscher über die Natur und über sich selbst machen will. Es ist eine Sinnunterschiebung: denn es ist die Menschheit, und zwar die Menschheit in einer mythischen Zukunft, die diese Seinsautonomie haben wird, und nicht der Einzel-mensch; dieser wird ewig ein „Moment" des Ganzen bleiben.

Die Grundordnung vertritt die Wertautonomie des Menschen: Es wird argumiert, daß dies genau die Lehre des Kommunismus ist. Es handelt sich aber wieder um eine Sinnunterschiebung: denn die (übrigens relative, weil durch das Ganze der Natur bedingte) Wertautonomie kommt in der kommunistischen Ideologie nicht dem Einzel-menschen, der ewig ein bloßes Mittel bleibt, sondern der Menschheit zu; dabei wird dem wirklichen Menschen die Wertautonomie so eindeutig wie nur möglich abgesprochen.

Die Grundordnung bekennt sich zu unveräußerlichen Menschenrechten: es wird behauptet, daß diese Menschenrechte nach der kommunistischen Ideologie dem Menschen im höchsten Grad zukommen. Noch einmal handelt es sich aber um eine Sinnunterschiebung: als Menschenrechte denkt man sich die freiwillige Unterordnung des Menschen unter die Gesetze der kollektivistischen Gemeinschaft in einer mythischen Zukunft und die bewußte Herrschaft der Menschheit über die Natur. Was den wirklichen, jetzigen Einzelmenschen betrifft, so wird er wieder eindeutig der Menschenrechte durch die kommunistische Lehre beraubt.

Die Gleichheit der Menschen wird durch die Grundordnung anerkannt: man bemerkt dazu, daß dieselbe durch den Kommunismus ebenfalls behauptet wird. Dies ist jedoch eine vierte und unter allen vielleicht die krasseste Sinnunterschiebung: es handelt sich ja in der kommunistischen Ideologie klar genug um den zukünftigen Menschen der eschatologischen Periode, nicht um den wirklichen, der heute lebt. Die heutigen, wirklichen Menschen, so lehrt diese Ideologie, sind ihrem Wesen nach, und folglich auch vor dem Recht, ungleich, — sie dürfen und sollen nicht als gleich anerkannt werden.

Die Sinnunterschiebung ist aber kein Argument: sie besteht darin, daß Worten, die im gegebenen Zusammenhang eine eindeutig bestimmte.

Bedeutung haben, eine andere sinnwidrig zugeschrieben wird. Daß aber den Worten der kommunistischen Ideologie die hier beschriebene Bedeutung und keine andere zukommt, wurde in der vorliegenden Abhandlung bewiesen.

C. BEANTWORTUNG DER HAUPTFRAGE Somit lautet die Antwort auf die am Anfang (§ 1 A) gestellte Frage:

Die kommunistische Ideologie ist mit der Anerkennung der Würde, Freiheit und Gleichheit der Menschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1 9 4 9 nicht verträglich.

QUELLEN UNr ABKÜRZUNGEN A—D = Engels, F., Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (AntiDühring), Zürich 1945.

DdN = Engels F.. Dialektik der Natur. Berlin 1952.

DHM = Stalin J.. Über dialektischen und historischen Materialismus (in: Geschichte der KPdSU (B), Kurzer Lehrgang).

FdL = Stalin J„ Fragen des Leninismus, Berlin 1951.

KL Berl = Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion ((Bolschewiki), Kurzer Lehrgang, Berlin 1947.

KL Mosk = Geschichte . . . wie ob.. Moskau 1939.

LAW = Lenin W. I.. Ausgewählte Werke in zwei Bänden. Moskau 1946/1947.

LF = Engels F., Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie. Berlin 1952.

LSW = Lenin W, L. Sämtliche Werke, vom Lenin-Institut in Moskau autorisierte Ausgabe. Wien-Berlin (später: Zürich, Moskau) 1927 ff.

. ME AS = Marx K. und Engels F.. Ausgewählte Schriften in zwei Bänden, Berlin 1953.

MEGA = Marx/Engels Gesamtausgabe, hrg. im Auftrage des Marx-Engels-Instituts Moskau von D Riazanov und V. Adoratskij, Frankfurt a. M.

(später; Berlin. Moskau) 1927 ff.

MEGA SA = MEGA. Sonderausgabe. Moskau 1935.

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MEMP = Lenin W. L. Materialismus und Empiriokritizismus, Berlin 1949.

Nachlaß = Lenin W. I., Aus dem philosophischen Nachlaß. Exzerpte und Rand-glossen, Berlin 1949.

Die neueren (überprüften) Ausgaben, aus denen zitiert wird, werden stets an erster Stelle angeführt. Anschließend wird (in Klammern) auf größere Ausgaben verwiesen, soweit sie die betr. Schriften enthalten und erreichbar waren. Übersetzungen aus dem Russischen weisen in den verschiedenen Ausgaben oft kleine Varianten auf.

Anmerkung:

Prof. Dr. Dr. Josef Maria Bochenski O. P., geb. 31. 8. 1902, seit 1948 Professor für zeitgenössische Philosophie (mathem. Logik) an der Universität Freiburg, Schweiz. Zur Zeit Gastprofessor an der Universität Notre Dame, USA. Gilt als einer der besten Kenner des Dialektischen Materialismus in der Welt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. VgL Walter G„ Lenin«. Paris 1950.

  2. VgL Boschenski L. Die zeitgensischen Denkmethoden. Bem 1954. S. 82. 101.

  3. Bochenski L. Der Sowjet russisdhe dialektische Materialismus (Diamat). Bem 1950, s. 185-206.

  4. Wetter. G.. Der dialektische Materialismus, Wien 1952, S. 617— 629.

  5. Marx/Engels, Gesamtausgabe, hrg. im Auftrage des Marx-Engels-Instituts Moskau von D. Rjazanow und V. Adoratskij, Frankfurt a. M. (Berlin Moskau) 1927 ff.

  6. DHM, KL Berlin S. 141 (Moskau S. 126).

  7. A propos du marxisme en linguistique (1950). Les Problemes conomiques du socialisme en U. S. S. R. (1952), in: Derniers Ecrits 1950— 1953, Paris 1953

  8. Über die Grundlagen des Leninismus, FdL S. 9— 100. Zu den Fragen des Leninismus. FdL S. 134— 192.

  9. s. ob. 8).

  10. Joad C. E. M., Guide to the Philosophy of Morais and Politics, London 1940, S. 607.

  11. Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung, 1. d., LAW 1 S. 194 (LSW IV (2) S. 152).

  12. A. a. O., S. 195 (LSW IV (2) S. 153).

  13. KL Berl. S. 141 (Moskau S. 125 f.).

  14. A. a. O., S. 479 (Moskau S. 429).

  15. Über die Grundlagen des Leninismus III, FdL S. 24 f.

  16. Kalinin M. L, Über kommunistische Erziehung, Berlin 1951, S. 26.

  17. A. a. O.. S. 27.

  18. A. a. O., S. 325.

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  20. Leonov M. A., Ocerk dialekticeskogo materializma, 1948, S. 46.

  21. Lidov Noviny, Prag 29. Dez. 1951.

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  23. Propagandist I. 1945, S. 43— 47.

  24. Vgl. Delbos Y„ L’exprience rouge, Paris 1933.

  25. News From Behind the Iran Curtain, New York, Juni 1952.

  26. Neuer Weg, Ostberlin, Nr. 14/15 1953.

  27. Rechenschaftsbericht an den XVIII. Parteitag über die Arbeit des ZK der KPdSU (B) am 10. März 1939, FdL S. 719.

  28. Kalinin M. I., Über kommunistische Erziehung, Berlin 1951, S. 326.

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  30. Sovietskaja Kniga, Oktober 1952.

  31. Trund, Moskau, 5. Mai 1953.

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  34. Beschluß des ZK der KPdSU (B) vom 25. I. 1931, Übersetzung in: Wetter G. Der dialektische Materialismus, Wien 1952, S. 593.

  35. Prawda, Moskau, 13. November 1938.

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  50. Hegel, Die Vernunft in der Geschichte, Sämtl. Werke hrg. G. Lassen, Meiner (Phil. Bibi. 171a). 3. Ausl. Leipzig 1930, 11 1 b, S. 34.

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  56. DHM, KL Berlin S. 143 ff. (Moskau S. 127 ff.).

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  71. s. ob. 71).

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  79. s ob 66)

  80. s. ob. 66).

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  88. A. a. O., MEM S. 14 (LSW XVIII S. 17); zit. aus: LF, S. 42 (ME AS II S. 361).

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  98. Die Aufgaben der Jugendverbände. Rede auf dem III. allrussischen Kongreß des kommunistischen Jugendverbandes Rußlands, MEM S. 391 f. (LAW II S. 788, LSW XXV S. 483).

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  100. A. a. O., MEM S. 395 (LAW II S. 791 f„ LSW XXV S. 487 f.).

  101. Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus, III, MEM $. 59 (LAW IS. 67).

  102. Rede im Kremlpalast vor den Absolventen der Akademien der Roten Armee am 4. Mai 1935, Moskau-Leningrad 1935 (FdL S. 590— 596),

  103. A. a. O., S. 9 ff. (FdL S. 593).

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  105. A. a. O., S. 13 f. (FdL S. 595).

  106. Vocabulaire technique et critique de la Philosophie, 5. Auf!., Paris 1947, S. 544 f.

  107. Hegel, Wissenschaft der Logik I, Sämtliche Werke hrg. G. Lassen. Bd 111, Leipzig 1948, S. 97.

  108. Hegel, System der Philosophie I, Sämtliche Werke Jubiläumsausgabe. Bd. VIIL, S. 217.

  109. Hegel, Wissenschaft der Logik .. . s. ob.. S. 383.

  110. DdN, S. 54 (MEGA SA S. 501).

  111. DdN. S. 268 f. (MEGA SA S. 470 f.).

  112. DdN. S. 305 (MEGA SA S. 605)

  113. DdN. S. 289 (MEGA SA S. 468).

  114. Nachlaß, S 221.

  115. DHM, KL Berl S. 144 (Mosk S. 129).

  116. „Karl Marx". MEM S. 15 (LSW XVIII S 18f

  117. Nadilaß. S 188

  118. Nachlaß S. 144

  119. Nachlaß, S. 286.

  120. Die große Initiative. LAW II S. 570.

  121. Staat und Revolution, II 3. MEM S. 292 (LAW II S. 182, LSW XXI S. 493); zit. aus: Marx, Brief an Weydemeyer 5. März 1852, ME AS II S. 425).

  122. DHM, KL Berl S. 168 (Mosk S. 150).

  123. Marx/Engels, Manifest der kommumistischen Partei, Zürich 1945, S. 12 (MFGA 1. Abt. VI S. 525 f.).

  124. A. a. O., Fußnote von Engels zu „Gesellschaft".

  125. DHM, KL Berl S. 149 f. (Mosk S. 133).

  126. A. a. O.

  127. s. ob. 124).

  128. s. ob. 124).

  129. Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky, LAW II S. 422.

  130. A. a. O.

  131. Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa, MEM S. 247.

  132. A. a. O.. S. 246 f.

  133. Zu den Fragen des Leninismus. IV, FdL S 145.

  134. Über die Grundlagen des Leninismus, IV, FdL S. 44.

  135. A. a. O., S. 41.

  136. Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky, LAW II S. 434.

  137. Gruß an die ungarischen Arbeiter, MEM S. 338.

  138. Über die Grundlagen des Leninismus, IV, FdL S. 41.

  139. Die prol. Rev. . . . s. ob. 139) LAW 11 S. 411— 495.

  140. Staat und Revolution, V, LAW II S. 225 (LSW XXI S. 544).

  141. Die prol. Rev. . . . s. ob. 139) LAW II S. 436.

  142. A. a. O., S 437.

  143. Über die Grundlagen des Leninismus. IV, FdL S. 44 f.

  144. Der „linke Radikalismus", die Kinderkrankheit im Kommunismus, LAW II S. 671 (SW XXV S. 205).

  145. A. a. O., LAW II S. 272 (LSW XXV S. 206).

  146. Ein Protest russischer Sozialdemokraten. MEM S. 90.

  147. Gruß an die ungarischen Arbeiter, MEM S. 337 f.

  148. Zu den Fragen des Leninismus, FdL S. 152.

  149. Aus der Unterredung mit der ersten amerikanischen Arbeiterdelegation 9. Sept. 1927, in; LAW 1 S. 43.

  150. A-D, S. 330 f. (MEGA SA S. 294 f.).

  151. Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, III, ME AS II S. 143 f.

  152. Staat und Revolution, IV, LAW II S. 220 (. LSW XXI S. 537 f).

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